Virtuelle Mix-Räume und Studios über Kopfhörer – Ein Überblick
Mittlerweile gibt es eine ganze Anzahl von Plug-ins und weiteren Tools, die euch das Mixing mit Kopfhörern zu einem neuen Erlebnis machen wollen. Dabei nimmt die Simulation von unterschiedlichen Abhörumgebungen eine große Rolle ein. Dieser Artikel gibt euch eine Übersicht der dafür aktuell erhältlichen Produkte und erklärt nochmal kurz, worum genau es dabei geht.
Virtuelle Mix-Räume und Studios mit Kopfhörern
Warum überhaupt auf Kopfhörern mixen, wo diese doch bei den meisten Tipps, Empfehlungen und Workshops meistens als Alternative zu Studiomonitoren genannt werden? Gründe gibt es genug. Zum Beispiel weil ihr gerade unterwegs seid, andere nicht stören wollt oder einfach die Intimität von Kopfhörern bevorzugt. Außerdem ist es ja schon eine Sensation, wenn die Simulation eines edlen Studioraums oder einer beliebigen anderen Abhörsituation einigermaßen überzeugend gelingt. Ein weiterer Grund betrifft die Akustik. Denn diese Simulationen sollen akurate Abhörumgebungen nachbilden, die euch zu besseren Mixen verhelfen. Vielleicht dienen diese Eindrücke auch als weitere Option für die Berurteilung eurer Mixe. Die Hersteller sind sich jedenfalls ziemlich sicher, dass ihr genau das braucht, sonst würde es mittlerweile nicht so viele Lösungen dafür geben.
Im Kern geht es dabei um zwei Aspekte: Der Frequenzgang soll möglichst so abgebildet werden, wie dieser in den simulierten Referenzstudios entspricht. Außerdem soll Sound räumlich sein und ihr wirklich das Gefühl haben, euch an einer völlig anderen Hörumgebung zu befinden.
Korrektur des Frequenzgangs und 3D-Audio
Für die erste Aufgabe wird der Frequenzgang eures Kopfhörers entsprechend korrigiert. Damit das funktioniert, ist ein Profil des von euch verwendeten Kopfhörers notwendig. Mit dieser Information nimmt die Software dann eine entsprechende Korrektur vor. Im Prinzip müsst ihr euch das wie einen EQ vorstellen, der den Sound für eure Headphones zurechtbiegt. In der Regel bieten die verschiedenen Lösungen eine Auswahl der gängigen Kopfhörer an, ihr müsst dann euer Modell aussuchen. Bei einigen Herstellern könnt ihr sogar euren Kopfhörer einschicken und gegen Gebühr ein individuelles Profil erstellen. Einige wenige Anbieter setzen stattdessen auf einen spezielles Modell, auf das die Software dann passgenau angewendet wird.
Der zweite Aspekt liegt in der Simulation der Hörumgebung. Es geht also um räumliches Hören und nicht um den typischen Kopfhörer-Sound. Während dabei nämlich nur Signale in jedem Ohr ankommen, erreichen beim Hören über Speaker (egal ob teure Studiomonitore, Club-Pas oder Laptop-Lautsprecher) die Signale beide Ohren. Das ist eine knifflige Angelegenheit, die mit der Software berechnet werden muss. Für eine wirklich realistische Simulation müsste theoretisch auch die Bewegung und Position eures Kopfes berücksichtigt werden. In der Regel lösen das die Hersteller, indem sie euch in einen virtuellen „Sweet Spot“ versetzen – teilweise könnt ihr dann in der Software die (virtuelle) Position verändern. Eine aufwendigere Methode besteht im Tracking eures Kopfes – auch das gibt es. In der Übersicht machen wir auf die entsprechenden Verfahren aufmerksam.
Und für den Fall, dass ihr euch einen neuen Kopfhörer zulegen wollt, findet ihr hier ein paar Anregungen für aktuelle Modelle und hier etwas „ungewöhnliche“ Headphones.
SKnote MixingRoom
MixingRoom unterstützt eine ganze Reihe von Kopfhörern, die konsequent aktualisierte Liste findet ihr hier auf der Website des Herstellers. Die Modelle dieser Liste lassen sich hier ebenfalls als Target auswählen, das Plug-in simuliert also auch „einfach nur“ den Sound anderer Kopfhörer.
Die 3×3 Target Matrix lässt euch quasi „on the fly“ zwischen ausgewählten Monitoren, Kopfhören und Places wechseln. Fünf virtuelle Hörumgebungen stehen hier zur Verfügung, dabei sind auch bewusst ein paar „schlechte“ als zusätzliche Referenz dabei. Die grafische Darstellung hat hier auch einen praktischen Zweck lässt euch die virtuelle Abhörposition verändern. Preis: 99,99 US-Dollar.
Acustica Audio Sienna
Hier habt ihr es gleich mit einer Suite von vier Plug-ins zu tun. Sienna Reference konzentriert sich auf die Korrektur eures Kopfhörers, Sienna Room erledigt das ebenfalls und liefert zusätzlich die Raumsimulation. Sienna Guru erweitert dies mit weiteren Funktionen für genaue Anpassungen und Sienna Reference Pro stellt die „Pro“-Variante von Reference dar.
Die Simulationen bilden nicht nur verschiedene Hörumgebungen ab, sondern auch unterschiedliche Abspielgerätschaften. Neben Hi-Fi, Car Stereo oder Boomboxen sind natürlich auch Studiomonitore dabei und verschiedene Kopfhörer. Dafür setzt der Hersteller auf Pakete, die teilweise optional kaufen müsst und zusätzlich Geld kosten (aktuell 69 Euro pro Paket). Drei davon gibt es im Augenblick – das erste ist bei der Grundversion enthalten. Da sind bereits 180 Kopfhörer-Emulationen dabei, drei Studios sowie insgesamt neun Lautsprecher-Systeme. Preis: 149 Euro.
Dear Reality dearVR MONITOR
Ihr bekommt dearVR Monitor als Plug-in sowie als Standalone-App. Interessant ist hier, dass ihr damit nicht nur an Stereo-Mixes arbeitet, sondern auch Surround-Formate wie 5.1, 7.1 oder Dolby Atmos unterstützt werden. Fünf Studioumgebungen und 11 unterschiedliche Umgebungen wie Live-Venue, Club, Auto oder Kino simuliert dieses System. Mit dem grafischen Interface stellt ihr dafür Feinheiten wie zum Beispiel den Umfang der Reflexionen oder den Fokus ein.
Eine Korrektur des Frequenzgangs schient hier nicht so sehr im Fokus zu stehen. Ihr könnt eure eigenen Kopfhörer benutzen, dearVR MONITOR setzt dabei aber nicht auf vorgefertigte Profile, sondern auf eure eigenen Anpassungen und wie zufrieden ihr mit den Ergebnissen seid. Das muss kein Nachteil sein – setzt aber voraus, dass ihr ein ausreichendes Urteilsvermögen besitzt. Preis: 249 US-Dollar.
Slate Audio VSX 2.0
Der Hersteller Slate setzt für VSX auf einen eigenen Kopfhörer. Das bringt den Vorteil, dass sich die Software nicht um einzelne Profile für jede Menge aktuell erhältlicher Kopfhörer kümmern muss, sondern ganz gezielt auf eine Hardware zugeschnitten ist. Dieser arbeitet mit einem geschlossenen System mit Beryllium Treibern und erledigt die Basswiedergabe über das patentierte Acoustic Ported Subsonics (APS). Das will sich ungenutzten Luftdruck zunutze machen und und eine sehr tiefe Wiedergabe der Bässe ermöglichen.
VSX will euch auch mit namenhaften Studioräumen locken, die hier simuliert werden. Wer wollte nicht schon einmal in dem Mastering-Studio von Howie Weinberg sitzen oder in dem NRG-Studio (wo schon Billy Joel oder Beyoncé aufgenommen haben). Ansonsten gibt es aber auch Clubs, das Zimmer eines High-End-Fans, verschiedene Autos, ’ne Boombox oder „einfach“ verschiedene Kopfhörer. Mittlerweile sitzt Slate an VSX 2.0, das Warten darauf lohnt sich vielleicht.
Mehr über VSX (die erste Version)
Sound Magic Headphone Mix 4
Dieses Plug-in führe ich mal der Vollständigkeit auf. Für meinen Geschmack sieht hier aber alles zu „simpel“ aus und irgendwie sprechen die Features nicht gerade an. Der Hersteller drückt sich bei der Beschreibung auch sehr schwammig aus und beschränkt sich darauf, dass ihr Raumsimulation, Frequenz-Kompensation und eine „HRTF-Technologie“ bekommt. Da sehen eigentlich alle anderen Produkte hier wesentlich ergiebiger aus, speziell bei dem regulären Preis von 99 US-Dollar.
Vielleicht liege ich mit meiner Einschätzung völlig daneben und es handelt sich hier um einen etwas ungeschliffenen Diamanten. Falls dem so ist, dürft ihr gerne mal einen Kommentar dazu schreiben.
Waves Nx
Das ist doch mal ein schön kurzer Produktname, oder? Waves hat die Idee von virtuellen Mix-Räumen im Kopfhörer schon sehr früh aufgegriffen und sich Gedanken gemacht. Tracking spielt hierbei nämlich eine Rolle. Über die Kamera eures Rechners oder den speziellen Nx Head Tracker will das Plug-in die Bewegung eures Kopfes erfassen und dessen Position in die Simulation einfließen lassen.
Und Waves hat sich auch früh damit beschäftigt, nicht nur Abhören von Stereo-Systemen nachzubilden, sondern ebenso 7.1, 5.1 oder 5.0 Surround. Und auch das Ambisonics B-Format unterstützt Nx. Gängige Kopfhörer funktionieren mit Nx – eine Übersicht findet ihr hier.
Waves hat das Konzept in gleich drei verschiedenen Plug-ins umgesetzt, von denen zwei auf große Namen setzen. Waves Abbey Road Studio 3 versetzt euch in die berühmten namensgebenden Studios, mit Waves Nx Ocean Way Nashville geht es in ein weiteres prominentes Studio. Die Preise ändern sich bei Waves ja ständig, weil permanent irgendein Sale läuft. Wartet also am besten, bis ihr nicht den regulären Preis bezahlen müsst.
Ihr bekommt die Plug-ins auch bei unserem Partner Thomann, da findet ihr auch Bundles mit dem zugehörigen Headtracker. Hier eine Übersicht*
Embody Immersive Virtual Studio
Bei Immersive Virtual Studio geht der Entwickler Embody einen Schritt weiter als die Mitbewerber. Und da muss zunächst kurz über Head-Related Transfer Function – kurz HRTF – gesprochen werden. Nur kurz angerissen geht es darum, dass die Form und Größe der Ohren (und prinzipiell auch des Kopfes) darüber entscheiden, wie wir Frequenzen wahrnehmen. Diesen Faktor soll Immersive Virtual Studio in die Berechnung der Simulation und Frequenzkorrektur einfließen lassen. Für diesen Zweck müsst ihr mit dem Smartphone ein Foto eures Ohrs machen. Daraus erzeugt die zugehörige App dann ein persönliches Profil. Und das wiederum benutzt die Software.
Embody setzt wie einige andere Hersteller auf prominente Studios, die hier nachgebildet werden sollen. Das System unterstützt eine Reihe von Kopfhörern, dazu gehören Audeze, AKG, Audio-Technica, beyerdynamic und Sennheiser. Preise gehen ab 19,99 US-Dollar los (monatliches Abo für 24 Monate) bis zu 299 US-Dollar für Avid-Version.
Mehr über Immersive Virtual Studio
dSONIQ Realphones
Mittlerweile bei Version 1.7 angekommen, konzentriert auch Realphones sich auf die Abbildung realer Hörumgebungen und verändert den Frequenzgang des Kopfhörers. Die Anzahl der unterstützen Hersteller und Modelle ist sehr umfangreich, hier könnt ihr euch einen Überblick verschaffen. Neben einem „amtlichen“ Studioraum mit entsprechenden Monitoren bekommt ihr auch die Simulationen von diversem Hi-Fi- und Consumer-Equipment. Die Preise orientieren sich nach der Anzahl der enthaltenen Kopfhörerprofilen, gehen ab 37 Euro los (regulär 67 Euro) und reichen bis 99 Euro (regulär 179 Euro).
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6 Antworten zu “Virtuelle Mix-Räume und Studios über Kopfhörer – Ein Überblick”
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Mehr Informationen
Und hier noch der Link zum Original:
https://newaudiotechnology.com/
Seit Jahren auf dem Markt und in Sachen Soundqualität von der Konkurrenz unerreicht.
Müsste man eigentlich auf dem Zettel haben, wenn man sich mit dem Thema ernsthaft auseinander gesetzt hat.
Vielen Dank für die Übersicht jener Produkte.
Allerdings muss ich leider sagen, dass mich keines der o.g. Tools überzeugen konnte, einschließlich des Spatial Audio Designers, denn die für Kopfhörer typische „Im-Kopf-Lokalisation“ konnte keines der o.g. Plugins eliminieren, egal, welchen Kopfhörer ich probiert habe (AKG, Audio Technica, Sennheiser). Das wirklich einzige, überzeugende Produkt ist für mich der Realiser A16 von Smyth Research. Ja, das Teil ist eine externe Hardware, welche teuer und nicht unbedingt eines Industrie-Design-Preises würdig ist (https://smyth-research.com) , aber sobald das Teil einmal kalibriert ist (Headtracker eingeschlossen), haut es einen um, wie realistisch das Ergebnis ist. Aber das nur am Rande. Jedoch gehe ich davon aus, dass es sicherlich nur eine Frage der Zeit sein wird, bis reine SW-Lösungen das Niveau des A16 erreichen.
Preis auf Anfrage heißt meist schweineteuer.
Ich kann diese Kombi wärmstens empfehlen:
Sonarworks Reference + Goodhertz CanOpener (beide hintereinander geschaltet)
https://www.sonarworks.com/soundid-reference/for-headphones
https://goodhertz.co/canopener-studio/
Interessante Kombination. Danke für den Tipp!
Mit Realphones und meinem AKG 271 habe ich echt gute Ergebnisse bezgl. Kopfhörerkorrektur erzielt. Eine gewissen Eingewöhnung und herumexperimentieren mit den Einstellung waren nötig, aber dann passte das. Da sind plötzlich subs, zu hören, die vorher einfach nicht da waren. Auch die Mitten werden stark bearbeitet. So habe ich meine Kopfhörermixe aufgeräumter bekommen.
Den virtuellen Raum dagegen finde ich merkwürdig und bisher nicht überzeugend.