Synthesizer aus Italien: Von Elka und Crumar bis IK Multimedia
Synthesizer aus Italien hatten immer ihren ganz eigenen Charme. Mit ihrem speziellen Charakter bildeten sie schon bei ihrem Erscheinen einen erfrischenden Gegenpol zu den großen Massenmarkt-Herstellern aus den USA und Japan. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Highlights aus fünf Jahrzehnten italienischer Synthesizergeschichte.
Synthesizer aus Italien
Einigen der größten Namen der Synthesizergeschichte wie Moog, Sequential und Oberheim haben wir in dieser Reihe bereits eigene Artikel gewidmet. Und obwohl diese Schwergewichte natürlich ein wichtiger Teil der Geschichte sind, sind sie eben nur ein Teil. Auch andere, seltenere Instrumente haben der Musik ihren Stempel aufgedrückt – zum Beispiel die Synthesizer aus Italien, um die es in dieser Folge gehen soll.
Leider würde es ein bisschen den Rahmen sprengen, alle Synthesizer aufzulisten, die das Land im Laufe der Jahrzehnte hervorgebracht hat – deshalb versuchen wir es erst gar nicht. Also bitte nicht böse sein, falls dein Lieblings-Synthesizer aus Italien nicht dabei ist.
Synthesizer aus Italien
Synthesizer aus Italien: Elka
Unweit von Ancona an der italienischen Adriaküste liegt die kleine Gemeinde Castelfidardo. Wie zum Beispiel auch der sogenannte Musikwinkel im Vogtland oder das japanische Hamamatsu ist Castelfidardo seit Langem eine Hochburg des Musikinstrumentenbaus – nicht umsonst schloss man im Jahr 2003 eine Städtepartnerschaft mit dem sächsischen Klingenthal. Lange Zeit lag der Schwerpunkt auf dem Bau von Akkordeons. Später sollten jedoch auch andere Instrumente aus Castelfidardo kommen – unter anderem Synthesizer.
Einer der Hersteller, die ihre Wurzeln in traditionellen Instrumenten hatten und sich später Synthesizern zuwendeten – man muss ja schließlich mit der Zeit gehen! – war Elka. Die Firma hatte ihren Sitz im selben Gebäude, in dem schon der Großvater des Mitgründers Piero Crucianelli seine Akkordeonfabrik betrieben hatte. Elka stellte zunächst auch Akkordeons her, später kamen Orgeln und schließlich Synthesizer hinzu.
Eines der ersten erwähnenswerten Ergebnisse dieser Entwicklung war die 1974 erschienene String-Machine Rhapsody 610, die unter anderem von Größen wie Tangerine Dream, Jean-Michel Jarre und Vangelis verwendet wurde. Der Synthesizer verfügte über vier Sounds (Violoncello, Strings, Clavichord, Piano), die sich miteinander mischen ließen.

Besonders bekannt ist Elka heute allerdings für einen Synthesizer, der gar nicht von dem Hersteller selbst konstruiert worden war. Der 1981 erschienene Synthex war eine Entwicklung des unabhängigen Designers Mario Maggi, der Elka als Produktions- und Vertriebspartner hatte gewinnen können. Der achtstimmig polyphone Analogsynthesizer verfügte über moderne DCOs, was für die damalige Zeit ein echtes Novum war.
Technisch war der Synthex zweifellos in jeder Hinsicht beeindruckend. Leider haftete italienischen Produkten aber schon damals der (oft unbegründete) Ruf an, nicht besonders zuverlässig zu sein – man denke nur an die sprichwörtlichen „Fehler In Allen Teilen“. Auch das trug wahrscheinlich dazu bei, dass dem Synthex nicht der kommerzielle Erfolg vergönnt war, den er verdient gehabt hätte. Nur etwa 1950 Stück wurden hergestellt, weshalb man heute leider lange suchen muss, um ein Exemplar in funktionsfähigem Zustand zu ergattern. Zum Glück gibt es inzwischen einige Software-Emulationen wie Elka-X von Cherry Audio.


Synthesizer aus Italien: Crumar
Piero Crucianellis Bruder Mario verließ Elka im Jahr 1971 und gründete zusammen mit seinem Geschäftspartner die Firma Crumar. Wie zuvor bereits Elka machte der neue Hersteller sich zunächst mit Orgeln und String-Synthesizern einen Namen – String-Machines lagen zu jener Zeit im Trend und gehörten einfach zu den Spezialitäten italienischer Synthesizer-Hersteller. Das wichtigste Instrument aus dieser Ära war der Performer aus dem Jahr 1979, der mit der für String-Machines typischen Frequenzteiler-Architektur arbeitete und neben Streicher- auch Bläsersounds liefern konnte. Vor einigen Jahren ließ die wiederbelebte Marke Crumar den Performer als Software-Synthesizer wieder aufleben.



Später stellte Crumar dann auch „richtige“ Synthesizer her, von denen der 1983 erschienene Spirit der wichtigste werden sollte – und einer der wichtigsten Synthesizer aus Italien überhaupt. Der von keinem Geringeren als Bob Moog zusammen mit dem Co-Designer des Minimoog Jim Scott und dem früheren Moog-Mitarbeiter Tom Rhea entwickelte Spirit war ein monophoner Synthesizer mit einer Reihe ungewöhnlicher Features. Unter anderem verfügte er über zwei verschiedene Filter (Ladder und SEM) und eine unkonventionelle Architektur mit zwei separaten Signalsträngen. 2023 brachte Crumar eine limitierte Neuauflage des Spirit heraus.
Die frühen 1980er waren bekanntlich jedoch keine gute Zeit, um einen monophonen Analogsynthesizer wie den Spirit auf den Markt zu bringen – da konnte er noch so gut sein. Mit dem Siegeszug der Digitaltechnik waren analoge Sounds schlagartig ziemlich abgemeldet. Den Verheißungen des Yamaha DX7 (Glasklare Sounds! Presets!) hatte kaum ein Hersteller etwas entgegenzusetzen – erst Recht nicht, wenn der Firmenname hauptsächlich mit eher uncoolen E-Pianos und String-Machines der Disco-Ära in Verbindung gebracht wurde.
Mit dem 1984 erschienenen, von Mario Maggi selbst entwickelten Bit One versuchte Crumar es trotzdem. Die unbequeme Wahrheit, dass der Synthesizer analog war, überspielte man gekonnt mit der „digital“ anmutenden Bedienoberfläche (eine Taktik, die zum Beispiel auch KORG beim Poly-61 und Roland beim JX-3P/JX-8P anwendeten) und nicht zuletzt dem Namen „Bit“. Später ließt der Hersteller die Rack-Variante Bit 01 und die Weiterentwicklung Bit 99 folgen.

Die Bit-Synthesizer klangen durchaus gut und boten im Vergleich zur direkten Konkurrenz von Roland und Korg einige Vorteile wie zwei Oszillatoren pro Stimme, eine flexiblere Modulationsarchitektur und sogar eine Anschlagdynamik. Trotz der „modernen“, aus heutiger Sicht fragwürdigen Digital-Bedienung konnten sie dem DX7 jedoch nicht das Wasser reichen und blieben Randnotizen der Synthesizergeschichte.
Wie fast alle Hersteller analoger Synthesizer, musste Crumar im Jahr 1987 vorerst seine Türen schließen. Im Jahr 2008 wurde die Marke wiederbelebt und besteht bis heute fort – allerdings hauptsächlich als Hersteller von Orgeln (Mojo) und Stagepianos (Seven, Seventeen, Parsifal).
Synthesizer aus Italien: Siel
Die Societa Industrie Elettroniche, besser bekannt als Siel, begann in den 1970ern mit der Produktion von elektronischen Orgeln und Synthesizern. Außerhalb Europas wurden einige Instrumente von Siel von anderen Herstellern in Lizenz gebaut und unter anderen Namen verkauft.
Der 1979 erschienene Orchestra war ein Performance-orientierter, voll polyphoner Analogsynthesizer mit vier Preset-Sektionen (Brass, Strings, Reed, Piano). Viele Möglichkeiten zum Schrauben an Sounds bot er hingegen nicht. Später übernahm ARP den Synthesizer, tauschte die Reed-Presets gegen Orgelsounds aus und verkaufte ihn unter dem Namen Quartet.
1982 folgte mit dem OR400 Orchestra 2 eine erweiterte und verbesserte Version, die unter anderem mit Pitchbend, einem grafischen Equalizer, Flanger- und Chorus-Effekten und einem LFO aufwartete. Erneut wurde der Synthesizer in den USA von einem anderen Hersteller vertrieben – diesmal jedoch von Sequential Circuits als Prelude.
Die Zusammenarbeit beim Prelude blieb kein Einzelfall: Der Siel Cruise (1981), der ein polyphones Orchestra mit dem monophonen Mono verband, wurde zum Sequential Circuits Fugue. Synthesizer aus Italien findet man also mitunter auch dort, wo man sie am wenigsten vermuten würde!
Der wohl bekannteste Synthesizer von Siel folgte schließlich im Jahr 1983. Der Opera 6, der später als DK600 neu aufgelegt wurde, ist ein sechsstimmig polyphoner Analogsynthesizer mit zwei Oszillatoren pro Stimme und SSM2044-Filtern. Bei seinem Erscheinen war er einer der ersten erschwinglichen Polysynths mit Anschlagdynamik und MIDI.
Der digitalen Übermacht aus Fernost hatte jedoch auch Siel wenig entgegenzusetzen. 1987 wurde der Hersteller schließlich von Roland übernommen. Aus den Resten von Siel wurde Rolands italienische Niederlassung, die noch bis ins Jahr 2014 Bestand hatte und für Roland unter anderem Arranger-Keyboards und – hier schließt sich der Kreis – digitale Akkordeons entwickelte und herstellte.
Synthesizer aus Italien: Jen
Ein weniger bekannter und eher obskurer Synthesizer aus Italien ist der SX-1000 Synthetone des Orgelherstellers Jen, der jedoch in gewissen Kreisen heute Kultstatus genießt. Eine Besonderheit des kleinen monophonen Synthesizers: Er verfügte bereits im Jahr 1978 über einen digital gesteuerten DCO, der von Fans des SX-1000 besonders für seine Rechteckschwingung mit satter Pulsbreitenmodulation geschätzt wird.
Synthesizer aus Italien: IK Multimedia
Nicht alle Synthesizer aus Italien sind Relikte einer vergangenen Zeit. Die ursprünglich als Software-Hersteller gestartete Firma IK Multimedia aus Modena baut inzwischen auch Hardware-Synthesizer. Vom analogen UNO Synth sind bisher drei Versionen erschienen, die sich wie ihre Vorfahren im Geiste durch einen eigenständigen Charakter auszeichnen.
Der erste UNO Synth erschien im Jahr 2018. Entwickelt wurde der Synthesizer vom italienischen Designer Soundmachines und Erik Norlander. Der kompakte monophone Analogsynthesizer mit zwei VCOs bietet ein Multimode-Filter mit Overdrive und einen Sequencer, der unter anderem prädestiniert für 303-artige Patterns ist.



2021 folgten zwei Versionen des UNO Synth Pro: eine Kompaktvariante für den Desktop und eine größere Version mit einer 3-Oktaven-Tastatur von Fatar – übrigens ebenfalls aus Italien. Mit drei Oszillatoren, die sich dreistimmig paraphon spielen lassen, zwei Filtern und integrierten Effekten ist der UNO Synth Pro zu einer großen Bandbreite charakterstarker Sounds fähig.

2023 erschien mit dem UNO Synth Pro X (hier im Angecheckt) schließlich der (vorläufige?) Höhepunkt der Reihe. Dank vieler Regler für direkten Zugriff auf die Klangparameter macht er noch mehr Spaß als die Vorgänger – ein moderner Synthesizer aus Italien, der jede Menge intuitiven Schraubspaß bietet.


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Hinweis: Die Idee zu diesem Artikel stammt von Adam Douglas auf gearnews.com.
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