von Julian Schmauch | Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Spotify Ghost Artists: Kleine Bands Werden Systematisch Verdrängt  ·  Quelle: Spotify

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Diese Nachricht wird wahrscheinlich niemanden überraschen, ist aber dennoch ziemlich entmutigend. Ein neuer Bericht des Harper’s Magazine über Spotify Ghost Artists zeigt, wie der Streaming-Anbieter zunehmend lizenzfreie Produktionsmusik anstelle von Songs echter Künstler in Stimmungs-Playlisten einfügt. Dadurch spart das Unternehmen möglicherweise Millionen von Dollar an Tantiemen.

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Spotify Ghosts Artists: Inhaltlich perfekt abgestimmt

Der Artikel „The Ghosts in the Machine“ der Autorin Liz Pelly, ein Auszug aus ihrem demnächst erscheinenden Buch „Mood Machine: The Rise of Spotify and the Costs of the Perfect Playlist“, zeigt detailliert, wie eng Spotify mit sogenannten Production Companies zusammenarbeitet. Diese Firmen beauftragen Musiker mit der Erstellung von lizenzfreier Musik, die von Content Creators als Hintergrundmusik verwendet werden kann.

Spotify und die Kostenfrage: CEO Ek unter Beschuss - Künstler und Fans schlagen zurück
Spotify und die Kostenfrage: CEO Ek unter Beschuss – Künstler und Fans schlagen zurück · Quelle: Image Press Agency / Alamy Stock Foto / Spotify

Pellys Recherchen deuten darauf hin, dass Spotify ein streng geheimes internes Programm namens Perfect Fit Content (PTC) betreibt. Dessen Hauptziel besteht darin, die Songs dieser Produktionsfirmen auf den von Spotify kuratierten Mood-Playlists zu platzieren, von denen einige Millionen Follower haben. Es geht hier scheinbar aber nicht darum, nur Füllmusik zu produzieren.

Im Gegenteil: Laut Pelly gibt es starke Anzeichen dafür, dass Spotify mit PTC Musik immer mehr Songs von echten Künstlern auf diesen Playlists ersetzen will. Mit diesen Spotify Ghost Artists könnte das Unternehmen Tantiemen in Millionenhöhe einsparen.

Pro rata 2.0

Pelly zitiert aus interne Dokumente und Screenshots von Slack, die zeigen, wie das Top-Management von Spotify in den letzten Jahren aggressiv Druck auf Kuratoren ausgeübt hat, um PTC-Material in die großen Mood-Playlists zu bringen. Und diese Entwicklung scheint erfolgreich gewesen zu sein.

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Große Playlists wie „Ambient Relaxation“, „Deep Focus“, „100% Lounge“, „Bossa Nova Dinner“, „Cocktail Jazz“, „Deep Sleep“, „Morning Stretch“ und „Detox“ bestehen mittlerweile fast ausschließlich aus Titeln von PTC-Songs. Da viele Hörer diese Stimmungs-Playlists als reine Hintergrundmusik nutzen, scheint es ihnen oft nicht so wichtig zu sein, woher diese Musik stammt. Da Spotify wie alle großen Anbieter digitaler Dienste (DSP) ein sogenanntes Pro-Rata-Lizenzsystem verwendet, bedeutet diese Entwicklung im Wesentlichen noch weniger Tantiemen für kleine Bands und Künstler.

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Ein Pro-rata-System (wie es auch von Apple Music, Amazon Music, Tidal und Deezer verwendet wird) verteilt die Tantiemen aus den Abonnementzahlungen der Nutzer und den Werbeeinnahmen nicht auf der Grundlage dessen, was ein einzelner Nutzer hört (was ein user-centric Modell wäre). Stattdessen werden alle Abonnementeinnahmen auf der Grundlage der Gesamtzahl der Klicks verteilt. Das bedeutet, dass, selbst wenn ihr große Artists wie Taylor Swift oder The Weekend überhaupt nicht hört, ein nicht unerheblicher Teil eurer monatlichen Zahlung auch an diese großen Künstler geht.

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Die Zunahme der Anzahl von Spotify Ghost Artists auf riesigen Mood-Playlisten, für die Spotify keine Lizenzgebühren zahlen muss, verzerrt das Pro-rata-System noch mehr zugunsten der größeren Künstler. Denn auf so einer Playlist zu landen, kann zu einem massiven Anstieg von Klicks führen, was kleinen Künstlern höhere Einnahmen bescheren würde.

Wäre eine Spotify-Alternative künstlerfreundlicher?

Wann immer in den letzten Jahren Nachrichten wie diese über Spotify Ghost Artists aufkamen, waren die Rufe nach einem Wechsel zu einem anderen DSP nicht weit. Nicht wenige führen schnell die viel höheren Zahlungen pro Klick von DSPs wie Apple Music oder Tidal an. Würde also die ausschließliche Veröffentlichung auf diesen Plattformen zu höheren Einnahmen oder einem faireren Umgang mit Musikern führen?

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Das ist sehr unwahrscheinlich. Experten weisen darauf hin, dass Spotify trotz vieler Unzulänglichkeiten und der oft unfairen Behandlung von Musikern für fast alle Bands und Musiker immer noch die mit Abstand größte Einnahmequelle im Streaming-Bereich ist. Jeder DSP, der eine ähnliche Marktdominanz erreichen würde, würde höchstwahrscheinlich genauso seine Tantiemen pro Klick senken und ähnliche Wege suchen, um profitabler zu werden.

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Eine wachsende Zahl an Künstlern wählt andere Wege, um Musik zu veröffentlichen. Es gibt eine ganze Reihe von Independent Bands, die ihre Musik ausschließlich auf Bandcamp (und vielleicht noch Soundcloud) veröffentlichen. Andere laden ihre Musik nur auf ihrem Social-Media-Profil hoch, bauen dort eine Fangemeinde auf und veröffentlichen die Musik dann nur auf einem physischen Tonträger. Damit wird man vielleicht kein Weltstar, aber sicherlich ein Weg, das „System“ zu umgehen, der in einem Nischengenre erfolgreich sein kann. Da die Menge an KI-erzeugter Musik momentan exponentiell wächst und Spotify keine Anzeichen zeigt, sie zu ignorieren, werden wir wahrscheinlich nicht das letzte Mal von Spotify Ghost Artists hören.

Infos über Spotify Ghost Artists

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