Song 2 von Blur: So bekommt ihr den Sound für Gitarre & Bass
Herrlich einfach und roh: Wie aus einer albernen Idee einer der größten Hits der 1990er-Jahre wurde
Mit ihrem fünften Album kehrten sie der klassischen Britpop-Formel den Rücken zu und kein Titel könnte diesen Spurwechsel besser verdeutlichen, als Song 2 von Blur. Zwei kurze Minuten, die eigentlich als Scherz an die Plattenfirma gedacht waren, wurden zu ihrem größten Hit, mit dem die Briten eine unglaubliche Wall of Sound aus den Lautsprechern schoben. Und das mit einfachsten Mitteln, wie wir in diesem Sounddesign-Workshop sehen werden. Viel Spaß beim Lesen!
Song 2 von Blur: Alles begann als Scherz
Es ist schon sehr ironisch, dass Blurs erfolgreichste Single nur deshalb entstand, weil die britische Rockband ihrer Plattenfirma einen Streich spielen wollte. Blur-Gitarrist Graham Coxon erzählt im unten verlinkten Video von „Produce Like A Pro„, dass Frontmann Damon Albarn eine eher ruhige und langsame Akustiknummer parat hatte, in der das markante „Woo-hoo“ bereits als gepfiffene Melodie enthalten war.
Coxon schlug vor, den Song viel zu schnell, laut und noisy einzuspielen, mit möglichst kaputtem Sound, um ihn dann der Plattenfirma kichernd als nächste Single zu präsentieren. Quasi auch als Parodie auf den alles dominierenden Grunge-Trend aus Seattle. Gesagt, getan. Allerdings wurden die Musiker eines Besseren belehrt, denn entgegen der Erwartung war die Plattenfirma begeistert! Tja, so einfach kommt man zu einem globalen Welthit.
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Und weil das Ganze als Parodie gemeint war, nahm man sich für die Produktion besonders wenig Zeit. So wurden die Drums nicht einmal komplett eingespielt, sondern man schnitt mal eben zwei Loops für Strophe und Chorus zusammen, um Zeit zu sparen. Auch die Vocals wurden einfach nur als Orientierungsspur (Scratch Vocal) aufgenommen, mit einem SM57 und mächtig viel Bleed von den Gitarren und Drums darauf, weshalb der gesungene Text auch für Muttersprachler nicht immer Sinn ergibt. Vermutlich hatte Frontmann Damon Albarn nicht einmal Kopfhörer auf und den Sound der aufgedrehten Studiomonitore gehört. So klingt jedenfalls die isolierte Einzelspur für mich.
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Graham Coxons Gitarrensound
Dafür, dass er 1996 bei den Aufnahmesessions in den Maison Rouge Studios dabei war und den Sound maßgeblich geprägt hat, kann sich Graham Coxon an erstaunlich wenig erinnern. Für die cleane Strophe wollte er einen „clangy crap guitar sound„. Also eher scheppernd, dünn klingend und nicht besonders tight gespielt. Folglich nahm er sich „wahrscheinlich“ seine Telecaster und stellte „vermutlich“ seinen 1959er Marshall Verstärker möglichst clean ein.
„I was just tired of doing complicated parts and I just wanted to make something as simple and horrible sounding, I always wanted to make as much noise as possible.„
Ihr seht schon, die Erinnerung ist schwammig. Aber sie macht vor allen Dingen einen Punkt deutlich, der sich durch die gesamte Produktion zieht: Es kommt überhaupt nicht auf teures Equipment und seltene Boutique-Produkte an! Ist das nicht herrlich? Grahams Hauptgitarre war die meiste Zeit seiner Karriere eine ’50s Reissue Telecaster in Butterscotch. Und YouTuber HarryAndAGuitar kommt mit genau diesen Zutaten (Tele + Marshall) erstaunlich nah ans Original heran.
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Wer es besonders genau und hochwertig möchte, der möge zur brandneuen Fender American Vintage II* mitsamt Marshall 1959 HW* greifen. Das halte ich allerdings für stark übertrieben, denn es ging ja in der ganzen Produktion um einen Lo-Fi-Sound. Demzufolge bin ich eher Fan einer Budget-Lösung, z. B. eine Squier* oder Harley Benton* mit Wampler Plexi-Drive Mini* vor dem Amp, den ihr ohnehin schon besitzt.
Distortion: Double Trouble
Für den Chorus sprang Coxon auf zwei Pedale gleichzeitig. Auch hier ist er sich im Interview nicht sicher, vermutlich ein Shin-Ei Fuzz oder ein Wattson Fuzz (Klon eines Univox Super Fuzz) und definitiv ein ProCo RAT*. Auf jeden Fall zwei Pedale in Reihe. Nutzer des Super Fuzz beschreiben dessen Sound als fetter, mit einem Hauch von hoher Oktave im Signalweg. Und genau das meine ich auch zu hören.
Das alte BOSS Hyper Fuzz war ein erschwinglicher Super Fuzz-Klon, ist allerdings leider nicht mehr erhältlich. Glücklicherweise gibt es da noch Behringer: Das SF300* kostet schlappe 27 Euro und ist wiederum ein Klon des BOSS FZ-2. Doch sind wir mal ehrlich: Solltet ihr ein Big Muff euer Eigen nennen, kommt das in Kombination mit der RAT in eine ähnlich kaputte Richtung und ihr könnt das Teil auch gleich noch für den Bass benutzen.
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Der Bass in Song 2 von Blur
Bassisten aufgepasst, hier kommen zwei Fakten, die ihr höchstwahrscheinlich noch nicht gewusst habt! Erstens, die kleine Melodie, die immer am Ende des Chorus sowie im Outro zu hören ist, wird tatsächlich von Alex James am Bass gespielt. Und: Der Sound wurde mittels eines winzigen batteriebetriebenen Übungsverstärkers von Marshall* erzeugt. Ihr wisst schon: Der kleine MS-2, der jede Weihnachten als Geschenk vorgeschlagen wird und von dem man sich immer fragt, warum solch ein Schrott überhaupt hergestellt wird. Erstaunlich, nicht wahr?
Der Rest ist ebenfalls simpel: Music Man + Ampeg SVT = Liebe. Den MM-Bass gibt es glücklicherweise für wenig Geld von Sterling by Music Man. Da heutzutage niemand mehr einen großen Ampeg schleppen möchte, würde ich wahlweise zum Tech 21 SansAmp Character VT Bass DI* greifen oder, falls ihr den Klang am Rechner erzeugen wollt, das wunderbar simpel gehaltene Plugin BassKnob STD von Bogren Digital.
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Big Muff oder Marshall ShredMaster?
Gestritten wird sich lediglich über das verwendete Distortion-Pedal. Mr. Coxon kann sich mal wieder nicht erinnern und vermutet, dass es ein Big Muff oder Fuzz Face gewesen wäre. Ehrlich gesagt, klingt diese Theorie für mich auch am Wahrscheinlichsten. Allerdings ist im Musikvideo eindeutig ein Marshall ShredMaster zu sehen, den Bassman Alex wohl auch live benutzt.
Mein Tipp: Bevor ihr über 200 Euro für ein altes gebrauchtes Pedal ausgebt, das für Gitarre entwickelt wurde, kauft euch ein aktuelles Distortion / Fuzz für Bass, das mit Sicherheit kein Low-End verliert. Meine zwei Favoriten wären das Green Russian Big Muff Fuzz* und das Jam Pedals Rattler Bass*.
Fazit
Song 2 ist vielleicht das perfekte Beispiel dafür, dass weder teures Boutique-Equipment, noch auf die Millisekunde exakt geschnittene Instrumente nötig sind, um einen Welthit zu kreieren. Hier ist genau das Gegenteil der Fall: Eine alberne Idee wurde mit einfachsten Mitteln und ohne viel über die Performance nachzudenken in kürzester Zeit eingefangen. Und genau darin liegt die Magie! Ihr glaubt ja gar nicht, wie sehr ich mir solche Elemente in die aktuelle Popmusik zurück wünsche!
Weitere Informationen
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Videos zum Sounddesign von Song 2
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2 Antworten zu “Song 2 von Blur: So bekommt ihr den Sound für Gitarre & Bass”
Geil
Die besten Songs sind in 20 Minuten fertig.