Roland SH-5: Der Besondere unter den Exoten im aktuellen Studio
Der Roland SH-5 ist, wie alle Synthesizer aus meiner kleinen „Vintage-Betrachtungsreihe“, nicht zufällig gewählt. Wieso ist er da, wo er ist, und wie gut passt er in heutige Studios? Ein Gerät ohne MIDI, aber vollständiger CV/Gate-Ausstattung, das schau ich mir jetzt an.
Roland geht immer?
Es gab eine Zeit in der faktisch jeder bekanntere Roland-Synthesizer einfach automatisch in Preis und Wunsch nach ihm stärker wurde. Es gab bis 1978 mit dem SH-7 das gefühlte Top-Modell, was aber seltener als der SH-5 (1975) ist und nicht nur Vorteile gegenüber diesem hat. Davor gab es SH-1 und SH-2, die etwas einfacher aufgebaut sind und das „große“ System-100, eine in zwei Teile geteilte Variante des SH-5 und SH-7.
Damals machte man das so, um finanziell erreichbar zu sein, denn man hat ihn gar nicht so modular gemacht, wie man denken mag. Jeder Teil des Systems enthielt einen Oszillator, Filter und LFO. Heute gibt es solche Ideen kaum noch. Die Nutzer des System 100 sind allerdings zahlreicher und bekannter, als die des SH-5.
Der Sound der SH-Serie hat Roland immerhin dazu gebracht, eine ganze Serie zu erfinden: die Aira-Maschinen. Der schöne, holzige und mittige Sound passte gut in Pop, Synthpop und Techno. Der SH-5 ist aber schon noch ein Sonderling, der ein paar andere Dinge tut, die sogar für Drum’n’Bass passen oder in andere „Genres“. Auch das Verhalten der einzelnen Baugruppen ist gutmütig und offen.
Auch wenn die Serie sich durchaus in Details unterscheidet, der Grundsound wäre heute doch eigentlich durch System-1m und System-8 erreicht, nicht mehr so ganz von der „klanglich“ wieder etwas abgespeckten Zen-Core-Serie. Ich habe ein Gegeneinander mit SH-5, der Basis-Engine des System 1m und dem Plugout SH-2 antreten lassen – dabei kam ich verdammt weit.
Was dort aber nicht ging, sind genau die Dinge, die den SH-5 vom Rest der Serie trennen.
Was hat der SH-5 was andere nicht haben?
Gegenüber der Roland-Familie gibt es sehr analoge Gründe für den SH-5. Er hat ein hochmanuelles Bandpass-Filter, was eine sehr schöne Betonungen von Frequenzen erlaubt und auch resonanzfähig ist. Das passiert zusätzlich zu dem Multimode-Filter (= mit Hoch-, Band- und Tiefpass-Modus). Das manuelle Filter klingt wirklich phantastisch und muss wirklich von Hand gesteuert werden.
Bei den Oszillatoren liefern „aktuellere“ Synthesizer durchaus nicht weniger, mit Ausnahme von Soft–Sync. Diese Methode ist gut für bestimmte Bässe.
Wenn Sounds Modulation bekommen, sind die LFOs und der echte Sample & Hold Generator ein Vorteil gegenüber klassisch-historischen SH/System-Synths. Die Update-Frequenz des Sample & Hold ist sehr schnell und durch die beiden LFOs ist wesentlich mehr zu machen, als mit den „alten“ anderen Familienmitgliedern der Siebziger inklusive der „Ein-LFO“-System-Synthesizer der „heutigen“ Zeit. Dazu bietet er die Vorteile von zwei unabhängigen LFOs mit verschiedenen Wellenformen und Zielen. Dadurch sind sehr viele schöne Drone-Sounds, Flächen und Modulationsklänge machbar, die bestenfalls das System-100 mit seinen beiden Teilen halbwegs herstellen könnte.
SH-5 Routing sucht Nachahmer
Das ist noch immer nicht alles, denn anders, als die anderen, kann jeder Oszillator, der Ringmodulator, der Rauschgenerator und ein externes Signal getrennt verschaltet werden. Direkt an den VCA oder wahlweise an eines der Filter oder es lassen sich beide zusammen routen. Damit kann etwa nur das Rauschen durch das Bandpass geleitet werden, der erste Oszillator durch das Filter laufen und der Zweite direkt an die Lautstärkesteuerung weitergegeben werden. Das ist auch mit dem Ringmodulator-Ergebnis genau so machbar. So erklären sich die 5 zentralen Fader in der Mitte. So etwas sucht man anderswo vergebens. Ausnahmen wie die Yamaha CS-Serie der gleichen Zeit der SH-Serie oder später in den Korg Radias von 2006 haben immerhin zwei verschiedene „Kanäle“ die Oszillatoren und Rauschen jeweils durch verschiedene Filter laufen lassen. Damit lassen sich ganz andere Klangelemente isolieren.
Der zweite LFO und der Sample & Hold kann jeweils die beiden Hüllkurven unabhängig voneinander neu starten und damit regelrecht Drones und arbeitende Sounds generieren. Das Sample & Hold hat 100 Hz und damit extrem schnelle Retrigger-Möglichkeiten. Solche Details hat der SH-5 und einige anderen SH’s. Es gibt bei den Hüllkurven zwei Schalter, die jeweils sogar externe Quellen zur Auslösung ermöglichen. Der SH-5 ist einfach ein ziemlich interessanter „Sound Verarbeiter“.
Der wirklich schwere Synthesizer ist in ein „Case“ eingebaut und mit diesem „transportabel“. Sogar das Stromkabel hat eine kleine Klappe und damit ist das Transportproblem primär die Fähigkeit schwer zu schleppen.
SH-5 Anschluss gesucht
CV und Gate gibt es auf der Rückseite als Aus- und Eingang. Das war damals keineswegs „üblich“. Dem kleinen SH-3A fehlen solche Anschlüsse vollständig. Man muss also nicht basteln und es macht einfach Spaß mit diesem Sound zu arbeiten. Für mich bleibt er wegen der vielen guten Ideen ein sehr rundes Paket und klingt wundervoll. Will und sollte man auf so etwas heute warten und sparen? Wenn man den Sound liebt, ja. Meine private Entscheidung war vor gut 10 Jahren gefallen – kauf ihn jetzt noch oder nie mehr, denn danach wird er verdammt viel kosten. Das stimmt leider auch.
Unter 2.5k€ wird man heute nicht mehr dran kommen, eher wird Behringer für einen Clone sorgen. Es gibt Module von G-Storm und anderen, die Teile davon bereit stellen, dennoch gibt es noch immer keinen direkten Klon oder Alternativen. Wohl aber lassen sich zwei Oszillatoren, Filter und auch Multimode-Filter im System-8 darstellen und polyphon spielen – dort sind fast alle Dinge dieses Abschnittes jedoch nicht zu haben und müssen anders erkämpft werden. Dafür gibt es mehr Synthese zwischen den Oszillatoren, wie FM (das hat der SH-5 generell nicht) und natürlich die Annehmlichkeiten heutiger Synthesizer (MIDI, USB, Controller, Polyphonie, etc).
Der SH-5 heute
Ein heutiges Studio kann durchaus wieder mit vielen Sequencern und mehr eingesetzt werden, denn CV/Gate hat heute faktisch eher jeder neue Sequencer und sogar jedes halbwegs gute Masterkeyboard. Bässe, Ereignisse, Texturen, Melodien und Sync-Sounds, Mischungen, Filterungen und mehr vermag er sehr gut zu beherrschen. Es ist seltsam, dass die Anbieter noch immer keinen bekannten Softsynth oder so etwas aufgestellt haben.
Wieso er und nicht der SH-7? Nun, aus heutiger Sicht ist dieser einfach zu rar, kann zwar FM liefern und besitzt einen additiven Mischoszillator, dafür fehlt der zweite LFO, das Multimode-Filter, das Misch-Routing und das Bandpassfilter. Er hat zwei ADSR-Hüllkurven, aber der Sync klingt dort etwas verhunzt und unsauber. Seine Hüllkurven brauchen sehr spitze Finger. Es gab mal eine Windows-32-Bit-Emulation, ob diese jedoch diesen Sound wirklich realistisch simulierte? Eher eine Strukturkopie. Wer ihn nicht erreichen kann, weil er einfach zu teuer ist oder nie auftaucht, kann sich tatsächlich an das System-8 und System-1m wenden.
Historische SH Serie
Roland SH09 subtractive,analog
Roland SH1 subtractive,analog
Roland SH1000 subtractive,analog
Roland SH101 subtractive,analog
Roland SH2 subtractive,analog
Roland SH2000 subtractive,analog
Roland SH201 subtractive,digital
Roland SH3a subtractive,analog
Roland SH5 subtractive,analog
Roland SH7 subtractive,analog
System Serien
Roland System1 subtractive,digital
Roland System100 modular,analog
Roland System100m modular,analog
Roland System1m subtractive,digital
(ferner noch)
Roland System500 modular,analog
Roland System700 modular,analog
Alternativen
Video
Ich zeige dir, wie System-1m und SH-5 im Vergleich klingen können und vieles mehr.
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4 Antworten zu “Roland SH-5: Der Besondere unter den Exoten im aktuellen Studio”
Ernst Horn von Deine Lakaien hat gleich 2 davon und ich würde mich sehr über einen Klon vom SH5 freuen :)
einer meiner lieblings synths!
<3
Mich hat dieser Synthesizer, aber auch der SH7 sehr angesprochen. Das sind Geräte mit Charisma, die Kreativität allein dadurch anregen können.
Komm wir rufen alle gaaaanz LAUT: ULLIIIIIIH bring das mal inordnung! Wir brauchen dich hier. Ich glaub der macht schon einen Clone, aber das Vst Dings von Roland am Bildschirm ist ja auch nicht das Wahre. Trotzdem sind solche Berichte nie ganz uneigennützig und vielleicht hat der Ulli beim Thomann bescheid gesagt, dass sein Clone bald fertig ist und man die Musiker hier schon einstimmen kann. Also Schleichwerbung sozusagen. Man weiß es natürlich nicht, aber es war schon mal so, dass plötzlich ein WASP Original genau erklärt wurde und bumms da war es bald soweit, kam der Clone in den Laden….. Finds echt klasse!