Angecheckt: PWM Malevolent – semi-modularer Analogsynthesizer
Der PWM Malevolent war eine der großen Überraschungen der Superbooth 21. Ein neuer, günstiger, semi-modularer Analogsynthesizer aus England mit puristischer Architektur und reichlich Patchmöglichkeiten, erdacht von Paul Whittington und Future Sound Systems – das ließ aufhorchen. Jetzt ist der PWM Malevolent fertig und wir haben die Gelegenheit, den neuen Synthesizer im Angecheckt unter die Lupe zu nehmen.
PWM Malevolent im Test
Es kommt nicht so oft vor, dass ein bisher gänzlich unbekannter Hersteller einen neuen Synthesizer aus dem Hut zaubert, der dann nur wenige Monate später tatsächlich beim Händler verfügbar ist. Viele ehrgeizige Projekte motivierter Indie-Entwickler versanden auf Kickstarter, schaffen es erst nach Jahren bis zur Produktionsreife oder kommen nie über eine Kleinserie hinaus. Ganz anders beim Malevolent, der schon ziemlich ausgereift aussah, als der Hersteller damit an die Öffentlichkeit ging, und nur kurze Zeit später erhältlich ist. Gerade in Zeiten chaotischer Lieferketten muss man PWM für diese Leistung Respekt zollen.
Hinter der neuen Firma steckt Paul Whittington, der zuvor unter anderem für Novation und M-Audio arbeitete. Zur Umsetzung seines eigenen Konzepts eines semi-modularen Synthesizers tat er sich mit der britischen Eurorack-Schmiede Future Sound Systems zusammen. Herausgekommen ist ein kompakter Synthesizer mit Zweieinhalb-Oktaven-Tastatur, der eine bewährte, überschaubare Struktur mit jeder Menge Patchmöglichkeiten verbindet. Es liegt auf der Hand, dass in der Kombination mit Eurorack-Systemen eine der Stärken des Malevolent liegt. Doch der Synthesizer lässt sich natürlich auch allein nutzen. Probieren wir also aus, ob das Erstlingswerk von PWM gelungen ist.
Konzept
Der PWM Malevolent ist ein monophoner Analogsynthesizer mit 32 Minitasten. Obwohl der Hersteller ihn als „modular“ bezeichnet, ist seine Struktur semi-modular ausgelegt. Das bedeutet, dass viele Audio- und Modulationsverbindungen intern vorverdrahtet sind; man kann den Synthesizer also spielen, ohne ein einziges Patchkabel zu benutzen. Über zahlreiche Patchbuchsen lassen sich die vorgegebenen Verbindungen auf Wunsch ergänzen oder durch andere ersetzen. Zudem ermöglichen die Buchsen die Einbindung des Malevolent in ein Modularsystem, bzw. die Erweiterung der Möglichkeiten durch Hinzunahme externe Module. So kombiniert der Synthesizer die Vorzüge eines kompakten, in sich abgeschlossenen Instruments mit der Vielseitigkeit modularer Systeme.
Die Eckdaten der Klangerzeugung bergen zunächst keine Überraschungen: zwei Oszillatoren mit den Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck und Rechteck, ein Rauschgenerator, ein Mixer, ein Filter, zwei Hüllkurven und „eineinhalb“ LFOs (ein vollwertiger LFO und ein simpler Vibrato-LFO mit fester Frequenz, der über den Joystick bedient wird). Auch ein Arpeggiator darf natürlich nicht fehlen.
Das ist eine beliebte Konfiguration, wie sie auch viele andere Synthesizer bieten. Durch die semi-modulare Struktur ergeben sich trotz des recht einfachen Aufbaus aber viele interessante Möglichkeiten zur Klanggestaltung.
Eine gewisse konzeptionelle Ähnlichkeit besteht auch zum Moog Grandmother – ebenfalls ein semi-modularer Tastatursynthesizer mit zwei Oszillatoren und vielen Patchmöglichkeiten. Allerdings unterscheiden sich die Synthesizer im Detail doch erheblich voneinander. So bieten die Oszillatoren des Malevolent mehr FM-Möglichkeiten und den Vorteil gleichzeitig nutzbarer Schwingungsformen. Außerdem ist ein völlig anderes Filter verbaut. Den Federhall des Grandmother lässt der Malevolent vermissen, bietet dafür aber eine zweite Hüllkurve. Trotz dieser Unterschiede bedient er aber das gleiche Segment: ein in sich abgeschlossener, patchbarer Synthesizer mit zwei VCOs, der zugleich eine ideale Ergänzung zu einem modularen System darstellt.
Grüner Giftzwerg?
Mit knapp 50 cm Breite und 32 Minitasten ist der Malevolent größenmäßig im Microkorg-Territorium unterwegs. Die Patchbuchsen und Regler lassen sich dennoch allesamt gut bedienen und es geht zum Glück nicht so klaustrophobisch zu wie bei vielen Eurorack-Modulen.
Die Verarbeitung des Kunststoffgehäuses ist in Ordnung. Mit der Haptik von Premium-Instrumenten von Moog und Co. kann der Malevolent aber nicht mithalten. Dazu fühlen sich die Drehregler etwas zu wackelig an und auch an der Wahl der Materialien lässt sich erkennen, dass der Synthesizer in preiswerteren Regionen unterwegs ist. Eine gute Idee sind hingegen die magnetischen Seitenteile, die sich einfach abnehmen lassen und den Zugang zu den Gehäuseschrauben freigeben. Das spricht für die Reparaturfreundlichkeit.
An Minitasten scheiden sich wie immer die Geister. Für monophone Leads, Bässe und Arpeggiator-Chords finde ich die Klaviatur durchaus brauchbar. Wer mehr will, hat immer die Möglichkeit, den Synthesizer über USB, MIDI oder natürlich CV/Gate anzusteuern. Links von der Tastatur gibt es einen Joystick, der neben Pitch-Bend und Vibrato auch die Hold-Funktion (statt Sustainpedal) steuert und beispielsweise zur Auswahl von Arpeggiator-Mustern dient.
Apropos Anschlüsse: An der Rückseite des Gehäuses findet man einen USB-C-Anschluss, der MIDI-Daten empfängt und sendet. Hierüber lässt sich der Synthesizer auch mit Strom versorgen; es gibt aber auch einen separaten Anschluss für das mitgelieferte Netzteil. Auch ein traditionelles Pärchen MIDI-Buchsen hat PWM dem Malevolent spendiert. Daneben sind Clock In/Out, ein Kopfhörerausgang und ein Line-Ausgang vorhanden.
Das integrierte (USB-)MIDI-to-CV-Interface lässt sich unabhängig von der Klangerzeugung des Synthesizers auch für andere Geräte oder Modularsysteme nutzen. Auf dem Panel findet man Ausgänge für Pitch, Velocity und Gate, die sich den diversen Modulationszielen zuweisen und/oder extern verwenden lassen. Der Arpeggiator sendet MIDI, CV/Gate und Clock, wodurch sich der Synthesizer durchaus auch als universelle Tastatur und Steuerzentrale für ein Modularsystem anbietet.
Eher Punk als Disco
Schon bei meinen ersten Gehversuchen mit dem Malevolent wird klar: Der Kleine ist ganz schön ungezogen und auf eine sympathische Art rotzfrech. Der Name des Synthesizers, der sich mit „böswillig“ übersetzen lässt, ist also durchaus Programm. Wer auf den seidigen, voluminösen und kultivierten Sound eines Moog schwört, wird mit dem Malevolent möglicherweise nicht auf einer Wellenlänge liegen. Fans von MS-20, Wasp und Co. kommen schon eher auf ihre Kosten. Der Grundsound ist eher mittenbetont, manchmal etwas nasal und oft ziemlich ungehobelt.
Die beiden identisch ausgestatteten Oszillatoren haben daran natürlich einen großen Anteil. Beide bieten die Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck und Rechteck, die sich per Taster aktivieren und auch gleichzeitig nutzen lassen. Nicht nur das Rechteck, sondern auch die beiden anderen Schwingungsformen lassen sich mit dem Shape-Regler und per CV modulieren. Als Modulationsquelle ist die Dreieckform des LFO vorverdrahtet; beliebige andere Quellen können per Patchkabel zum Einsatz gebracht werden. Dies verschafft den Oszillatoren des Malevolent eine große klangliche Bandbreite. Während Sägezahn und Rechteck eher etwas dünner klingen, als ich es von anderen Synthesizern gewohnt bin, klingt das Dreieck im Bassbereich sehr rund und voll und eignet sich somit bestens dafür, Sounds eine solide Basis zu verschaffen.
Toll sind die vielen Möglichkeiten der Frequenzmodulation. Die beiden Oszillatoren verfügen über je zwei regelbare FM-Inputs. Mit zwei FM-Quellen pro Oszillator lässt sich eine ganze Menge anstellen. Vorverdrahtet sind jeweils Envelope 1 und der LFO. Per Patchkabel können sich die Oszillatoren beispielsweise gegenseitig frequenzmodulieren, oder man benutzt den Rauschgenerator oder zieht eine externe Quelle hinzu. Aggressive FM-Sounds sind in meinen Augen einer der klanglichen Sweetspots des Malevolent.
Die per Taster ausgewählten Schwingungsformen werden gemischt und über Level-Potis an den Mixer weitergeleitet. Zusätzlich besteht aber auch die Möglichkeit, die Schwingungen einzeln über die entsprechenden Patchbuchsen abzugreifen. Dies ist einerseits für FM-Zwecke praktisch; andererseits ergeben sich Möglichkeiten, wie beispielsweise eine Sägezahnschwingung separat in den Bandpass-Eingang des Filters zu patchen und erst danach mit den übrigen Schwingungsformen zu mischen.
Im Mixer gibt es einen Regler für den Rauschgenerator, der sich dank des entsprechenden Ausgangs auch als Modulationsquelle nutzen lässt. Außerdem wartet hier ein Aux-Eingang für ein weiteres Audiosignal (intern oder extern).
Ziviler Ungehorsam
Die zweite Komponente, die entscheidend für den giftigen Sound des Malevolent verantwortlich ist, ist das Filter. Es handelt sich um ein Sallen-Key-Filter mit 12 dB/Okt. Flankensteilheit – eine eher einfache Schaltung, die mit viel weniger Bauteilen auskommt als beispielsweise ein Moog-Ladder-Filter. Und das dürfte auch der Grund dafür sein, weshalb ich mich manchmal an den MS-20 erinnert fühlte – dessen berühmtes Filter basiert nämlich auch auf der Sallen-Key-Topologie.
Das Filter arbeitet als Tiefpass, Bandpass und Hochpass, wofür jeweils eigene Eingänge bereitstehen. Wenn nichts anderes gesteckt ist, führt der Ausgang des Mixers in den Eingang des Tiefpassfilters. Auch hier gibt es zwei FM-Inputs, von denen einer standardmäßig mit Envelope 1 verbunden ist, der andere mit dem LFO. Hier kann man also auf Wunsch diverse andere Modulationsquellen zum Einsatz bringen, beispielsweise die VCOs oder den Rauschgenerator.
Was den Sound und das Verhalten des Filters angeht, bin ich zwiegespalten. Der raue und ungezügelte Klang hat seinen Reiz, insbesondere bei aggressiven Leads oder Arpeggiator-Sounds. Allerdings ist er gar nicht so einfach zu bändigen. Nicht nur kippt das Filter ziemlich schnell in die Selbstoszillation (teilweise schon, wenn die Resonanz noch nicht mal zur Hälfte aufgedreht ist). Es scheint sich auch alles gegenseitig zu beeinflussen, was es manchmal schwierig macht, reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen.
Zum Beispiel kann es passieren, dass man den Pegel am Eingang des Filters leicht erhöht (mit den Level-Potis der Oszillatoren kann man hier nämlich durchaus kräftig übersteuern) und das Filter daraufhin plötzlich ganz anders reagiert. Einerseits gefällt mir diese Raubeinigkeit sehr und viele der besten Sounds des Malevolent entstehen genau aus diesen Situationen, wo der Synthesizer beinahe lebendig wirkt. Andererseits braucht es doch eine ganze Weile, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie das Filter auf verschiedene Situationen, Pegel und gesteckte Verbindungen reagiert.
Um all dem noch die Krone aufzusetzen, wartet in der VCA-Sektion eine Distortion-Schaltung. Wenn es noch nicht schmutzig genug klingt, hat man hier also eine weitere Möglichkeit der Verzerrung. Interessant ist außerdem, dass es auch hier zwei Eingänge zur Modulation gibt. Standardmäßig sind die Inputs AM1 und AM2 mit Hüllkurve 2 und dem LFO verbunden; der Amplitudenmodulation durch andere Quellen steht aber nichts im Weg.
Am besten klingt der Malevolent, wenn man sich ein Stück weit von seinen Eigenarten und, ja, auch von seinen kleinen Unzulänglichkeiten leiten lässt, mit Patchverbindungen experimentiert und bereit ist, sich überraschen zu lassen. Dann belohnt er den kreativen Schrauber mit kraftvollen Sounds, die ebenso durchsetzungsstark wie eigenständig sind.
Was fehlt?
Leider bleiben aber auch einige Chancen ungenutzt. Mit ein paar Ergänzungen hätte man diesen Synthesizer in meinen Augen noch besser machen können.
Zum Beispiel bieten weder der LFO noch die VCOs eine Sync-Option. Oszillator-Synchronisation würde die klangliche Bandbreite noch erheblich vergrößern, gerade auch in Kombination mit den vielen Möglichkeiten, die Frequenz zu modulieren. Und der LFO ist mit zwei Schwingungsformen und ohne die Möglichkeit, ihn zum Keyboard Gate oder zum Arpeggiator / zur Clock zu synchronisieren, leider wirklich sehr rudimentär geraten. Böte er zum Beispiel zusätzlich noch Sample&Hold, gäbe es noch viel mehr Möglichkeiten für interessante, rhythmische Modulationen.
Was auch fehlt, ist eine Möglichkeit, die Hüllkurven negativ zum Einsatz zu bringen oder ganz allgemein Modulationssignale zu invertieren. Ein einfacher, patchbarer Attenuverter wäre eine tolle Ergänzung. Wer ein Eurorack-System besitzt, kann sich natürlich jederzeit mit einem entsprechenden Modul behelfen. Noch besser wäre es allerdings, wenn der Malevolent diese Möglichkeit gleich mitbrächte. Das gilt im Übrigen auch für Multiples; eine simple Vorrichtung zur Verteilung einer Spannung auf zwei oder drei Ziele stünde dem Synthesizer sehr gut zu Gesicht.
Wo Licht ist, ist also leider auch ein bisschen Schatten. Allerdings sind es ja oft gerade solche Limitierungen, die den Charakter eines Instruments ausmachen. Und an Charakter mangelt es dem Malevolent mit Sicherheit nicht.
PWM Malevolent: Fazit
Als Erstlingswerk eines neuen Herstellers setzt der PWM Malevolent auf jeden Fall ein Ausrufezeichen. Der semi-modulare Synthesizer überzeugt mit einem günstigen Preis, reichlich Patchmöglichkeiten und einem im positiven Sinne ungehobelten, durchsetzungsstarken Sound. Am wohlsten fühlt er sich bei aggressiven Leads, Sequenzen und Bässen, kann durch die vielen Modulationsmöglichkeiten aber auch abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs sein und eignet sich hervorragend als Ergänzung eines Eurorack-Systems. Allerdings muss man diesen Sound, der definitiv eher Punk als Hi-Fi ist, auch mögen. Meine Vermutung ist daher, dass der Malevolent polarisieren wird. Manche werden ihn großartig finden. Wer einen kultivierteren, gefälligeren Sound bevorzugt, dürfte mit ihm aber eher weniger anfangen können.
Preis und Verfügbarkeit
Den PWM Malevolent bekommt ihr hier bei Thomann (Affiliate).
Mehr Infos zum PWM Malevolent
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3 Antworten zu “Angecheckt: PWM Malevolent – semi-modularer Analogsynthesizer”
580 Öcken! I d du bekommst einen interessanten anständigen Synth! Das gab’s vor Behringer nicht! Da gäbe eher u ausgereifte komische Kisten für 999€ und 5 Knöpfe dran und üble Bedienung…… Kongurenz belebt bekanntlich das Geschäft, und das hat auch seine guten Seiten! Der hier gezeigte synth hat Charakter und Charme für die Kohle eine Kongurent zu so manchen Behringer. Nur die total gleich geformten und gleifarbigen Drehknöpfe finde ich unübersichtlich. Aber sonst, weiter so r
Für 600 Teuros gibt es bei deinem Lieblingshersteller einen polyphonen Analogsynth oder ein komplexes Semimodularsystem. Aber kannst ja gerne in den 0815 Synth oben investieren und darauf rumdudeln. ps. woher kommt diese übermäßige Freude am Leben ?
ich finde der synth sieht zu billig aus, zwergen pots aus der micromodular welt und ein design von ikea. werden ihn deshalb definitiv nicht kaufen