Dieses Equipment wurde im Studio für „Nirvana – Incestiside“ verwendet
Selbst unter Nirvana-Fans wird das Album Incestiside kontrovers diskutiert. Das Album, bzw. die Compilation, hat viele Gesichter und klingt daher nicht für alle Ohren gut. Ohne Frage beinhaltet es aber großartige Songs. Zum 30. Geburtstag des Albums schauen wir uns einmal genauer das Gear von Kurt Cobain an.
Nirvana Incestiside
Das Album ist eigentlich eine Compilation, also eine Sammlung von B-Seiten, Outtakes, Songs, die es nicht auf die beiden vorhergehenden Alben Bleach und Nevermind geschafft hatten und verschiedenen BBC-Sessions. Vor allem wird immer wieder in Fankreisen die Nase gerümpft, dass das Album nur wegen dem immensen Erfolg von Nevermind zusammengestellt wurde. Warum es existiert, ist aber auch eigentlich heute egal. Es existisert – und es sind ein paar großartige Songs darauf.
Die Rock-Welt wäre vermutlich etwas ärmer ohne die rotzigen Grunge-Titel wie Dive oder Stain, die New Wave’igeren Lieder Mollys Lips, dem Son of a Gun Cover oder (New Wave) Polly. Bis zu den sperrigeren Songs wie Mexican Seafood und Hairspray Queen ist alles drauf. Und Aneurysm als Abschluss bleibt noch lange im Ohr. Auch wegen der Vielfalt ist es eines meiner Lieblingsalben. Und ja, ich nenne es einfach Album. Deal with it. ;)
Equipment nachkaufen – Sinn oder Unsinn?
Ich hatte schon zum 30sten Geburtstag von Nevermind über den Sinn und Unsinn von Gear nachkaufen lamentiert. Kurzfassung: Du solltest wissen, warum du eventuell deinem Idol etwas nachkaufen möchtest – oder Signature-Gear kaufst. Möchtest du ihm/ihr einfach nur etwas näher sein oder genau so klingen?
Im zweiten Falle muss ich dich enttäuschen, du wirst tendenziell auch mit dem identischen Gear nicht so klingen. Du kannst aber immerhin dem Ganzen etwas näher kommen. Oder nachempfinden, was du mit DEM Equipment anstellen würdest. Zum zweiten Kurt Cobain wirst du damit allerdings eher nicht. Ob das überhaupt erstrebenswert ist, steht auf einem anderen Blatt.
Gear von Kurt Cobain
Falls bei dir das Geld locker sitzt, schau dich doch mal nach dem Original-Gear um, das Kurt Cobain gespielt hatte. Du brauchst ein paar Millionen: Martin D-18E, Skystang III, Jag-Stang Prototyp, Hagstrom Blue Sparkle Deluxe oder die vermutlich letzte Stratocaster. Ach ja, die Smells Like Teen Spirit Mustang. Für alles zusammen kannst du dir sicherlich auch ein paar Wohnungen oder Häuserzeilen kaufen – je nach Gegend.
Etwa für alle anderen gibt es aber sehr ähnliche Modelle, auch als Reissue-Signature oder im Falle von Effektpedalen sogar die gleichen nachkaufen. Kurt hat meist normale Stangenware gespielt. Vieles vom Equipment stammt aus der Nevermind-Zeit, daher verweise ich für die Vollständigkeit einfach auf den vorhergehenden Artikel, der sich damit näher auseinandersetzt.
Übrigens: Hier geht es gar nicht so sehr darum, ob Kurt Cobain ein guter Gitarrist war. Seine Musik hat Millionen Menschen bewegt, zudem etliche zur Musik gebracht. Für mein Empfinden ist das mehr, als viele technisch Virtuose schaffen. Geschmackssache. Schreib gern deine Meinung in die Kommentare – konstruktiv und freundlich, dann wird er auch freigeschaltet. ;)
Da es für einige Sessions keine genauen Aufzeichnungen des verwendeten Equipments gibt, beruhen Gitarren, Effekte und Amps auf verschiedenen Überlieferungen. Durch die Vielzahl an Recording-Sessions ist es schwer, alle Eventualitäten mitzunennen.
Gitarren von Kurt Cobain auf Incestiside
Da einige der Songs aus den Nevermind Studio-Sessions stammen, wurde sicherlich auch bei den Songs die gleichen Gitarren verwendet. Mit dabei waren die ikonische Jaguar mit DiMarzio PAF und Super Distortion Humbuckern mit Creme-Kappen. Die gibt es auch als Artist-Modell zum Nachkaufen*.
Dann wären noch die 1960s Mustang in LPB und eine 1960s Mustang in Sonic Blue, die definitiv im Einsatz waren. Außerdem einige japanische Stratocaster-Modelle mit Humbucker an der Brücke. Daraus stammt auch die All-Black-Strat. Genau, die mit dem Vandalism-Sticker. Die Jag-Stang* kam erst viel, viel später.
Aus der Bleach-Zeit wurde überliefert, dass eine Univox HiFlyer 57 im Einsatz war und vielleicht auch eine Mustang. Nach dem Motto: Was eben gerade verfügbar war. In den Videos, Live und Proben kamen auch andere Modelle wie die Washburn Force 31 oder eine Hagstrom zum Einsatz. Sogar Hondo Les Paul Kopie, Greco Firebird Kopie, geliehene Thinline Tele, Gibson SG und Epiphone ET270 wurden von Kurt gespielt. Auch hier wurde verwendet, was gerade verfügbar war – die komplette Liste findest du hier. Am Ende klang alles nach irgendwie Nirvana und Cobain. Für den „überlieferten“ Studiosound waren die aber nicht verantwortlich.
Die Univox gibt es heute nur noch abgeschrammelt ab 1500€ (und so gut waren die jetzt auch nicht, dass sich das über den Hype hinaus lohnen würde), es gibt aber ein paar Nachbauten. Einige sind sogar sehr günstig. Kurt hätte es gefallen, wobei du davon keine Wunder erwarten solltest. Daher nur als Beispiel:
Effektpedale von Kurt Cobain auf Incestiside
Für die Nevermind Studio-Sessions wurden Boss DS-1*, Boss DS-2*, ProCo Rat 2* und ein EHX Big Muff PI* USA zum Verzerren verwendet. Nicht mein Muff-Favorit, aber hey, ich klinge auch nicht wie Nirvana. Als Modulationseffekt kam lediglich ein EHX Small Clone* Chorus zum Einsatz. Das war alles nicht nur damals günstige Stangenware, sondern ist es auch heute noch.
Auch bei Bleach kam lediglich ein Boss DS-1* und ein nicht näher bezeichnetes Wah-Pedal zum Einsatz – gemessen an den anderen Pedalen würde ich einfach auf das Standard Dunlop Cry Baby* tippen.
Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie gut Dinge klingen können und auch große Künstler mit solider Hardware genialste Dinge anstellen. Währenddessen sucht die Welt auf dem Boutique-Markt nach dem heiligen Gral, während andere einfach machen und sich weniger über Namen und Hype Gedanken machen.
Amps von Kurt Cobain auf Incestiside
Bei den Verstärkern wird es auch spannend. Angefangen mit Bleach: Es war wohl ein Randall Commander geplant, einem Twin Nachbau in Transistorbauweise. Wohl nicht so schlimm, denn es kam ein echter Fender Twin (unklar, ob Twin Reverb* oder eine andere Ausführung) vom Recording-Engineer zum Einsatz, der ohne Speaker lief, aber an eine BFI Bullfrog 2×12 Box angeschlossen war, die mit zwei Celestion mit 70 oder 75 Watt gefüllt war. Damals Budget Low End. Abgenommen wurde mit einem sehr nah platzierten Shure SM58*. So wurden Hits gemacht.
Bei Nevermind war schon etwas mehr Geld da. Im Studio wurden ein Fender Bassman* und ein Vox AC30* für die Clean-Passagen verwendet. Verzerrt mit den oben genannten Pedalen. Abgenommen wurden die Amps mit Shure SM57*, Sennheiser 421*, AKG 414* und Neumann U87*. Sehr guter Standard und sicherlich immer noch ein sicherer Griff für die allermeisten Situationen im Studio.
Selbst bei den Verstärkern wurde hier weniger auf den Hype geachtet, sondern eher das verwendet, was eben da war oder mindestens einen soliden Ruf hatte. In allen Bereichen. Kein von Elfen handverdrahteter Amp, kein in Atlantis entworfener TS-Clone oder von Elvis schon mal gespielte Gitarren.
Später soll Kurt auch teureres und vermeintlich besseres Equipment gespielt haben. Einige meinen, dass es aber nicht an Qualität gewonnen hat, sondern vielmehr an Charakter verloren. Auch hier: Geschmackssache.
Was vergessen?
Haben wir etwas übersehen? Dann lass unbedingt einen Kommentar da und wir fügen es hinzu.
Was ist eigentlich dein Recording-Gear? Hast du unterschiedliche Dinge? Setzt du auf analoge Amps oder gleich DSP-Systeme mit allem Pipapo für jede Situation?
Mehr Infos
Videos
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Hinweis: Dieser Artikel enthält Werbelinks, die uns bei der Finanzierung unserer Seite helfen. Keine Sorge: Der Preis für euch bleibt immer gleich! Wenn ihr etwas über diese Links kauft, erhalten wir eine kleine Provision. Danke für eure Unterstützung!
3 Antworten zu “Dieses Equipment wurde im Studio für „Nirvana – Incestiside“ verwendet”
Zu Thema nachkaufen. Ich habe für mich festgestellt dass eben Steve Vai einen guten Geschmack beweist wenn es um seine Signaturkram geht. Die Sachen die er bewirbt treffen meinen Geschmack sehr gut. Ansonsten ist es klar, wer seinen Namen für ein Produkt hergibt der will sich nicht lumpen lassen, das Produkt muss schon was gescheites sein! So finde ich können die Signatur Sachen gar nicht so schlecht sein. Allerdings sollte der Künstler noch leben und auch Einfluß nehmen können auf das Produkt. Also Elvis, Gary Moore Sid Vitous und Nirwana Gitarren sind für mich eher Mumpitz. Beim lebenden Musiker nimmt ja der Mann schließlich direkt Einfluß auf das Modmell, zumindest sollte das so sein. Wenn das aber nun auch schon wieder nicht stimmen sollte, dann oh man. Wird schon alles okay sein.
Die Jaguar und Jag-Stang sind ja zu Kurts Lebzeiten enstanden. Sonst gehe ich aber auf jeden Fall mit. Bin aber generell eher kein Freund von Signature-Gear. Entweder es ist gut und dann ist mir der Mensch dahinter egal, oder eben nicht. Aber nur wegen dem Erschaffer kaufe ich mir kein Instrument.
Kurt Cobain hat die Jag-Stang erfunden. Mehr Signature geht nicht mehr:
„While Fender often designs instruments for artists and has done so for decades, seldom if ever does it work the other way around. There was one noteworthy instance, however, of a Fender instrument that wasn’t Fender’s idea.
The Jag-Stang was Kurt Cobain’s idea.“
Quelle: https://www.fender.com/articles/gear/cobains-brainstorm-the-jigsaw-story-of-the-jag-stang
oder hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fender_Jagstang
Zu den anderen Gitarren (Mustang etc) – ich meine, dass Fender ihm irgendwann Linkshänder Gitarren zur verfügung gestellt hat. Aber da bin ich nicht ganz sicher. Habe das Interview mit Kurt dazu gefunden:
https://www.youtube.com/watch?v=NLMkb8qD5Xg&t=27s