von Moogulator | Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
MIDI capability anfrage

MIDI capability anfrage  ·  Quelle: ADC

midi adc2017

midi adc2017  ·  Quelle: Video ADC

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Schon früher hatte ich mal über MIDI HD berichtet. Es handelte sich um einen „Standard“ im Protokoll für USB-MIDI-Geräte, der freiwillig genutzt werden kann. Außerdem berichtete ich über ein fehlendes technisches Normwerk zu MIDI über Miniklinkenstecker.

MIDI HD von 2015 als freiwilliger Vorschlag hat sich nicht nur nicht durchgesetzt, sondern wurde von keinem Hersteller adaptiert. Das Problem dabei ist, dass alles mit dem DIN-MIDI-Stecker auch kein MIDI HD sprechend durfte. Die Idee, dass USB ein livetaugliches Stecksystem sei, dürfte vielen, die auf Bühnen stehen, auch schon als nicht ideal bekannt sein. Dennoch ist MIDI auch sehr stark ein Protokoll, welches durch alle möglichen Kabel und Stecker „fließen“ darf, es sind ja nur Daten.

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Was will das neue Format tun, und wer steht dahinter? Es gibt dieses Mal ein wenig Hoffnung, da jetzt auch ein paar Hersteller das neue Format unterstützen möchten. Ob die kritische Masse erreicht wird, um es auf großer Fläche für alle verfügbar zu machen, ist allerdings fraglich. Skepsis ist sicher sehr berechtigt, denn da bewegt sich bekanntermaßen wenig, solange nicht die Großen und Namhafteren das voran treiben.

Was kann MIDI HD?

Es gibt in HD eine Anfrage an das Zielgerät. Dabei wird die Geschwindigkeit und die Art des Gerätes abgefragt. Die Antwort kann dann sein, dass es sich um einen Sequencer oder ein E-Piano handelt und für diese Gelegenheiten gibt es Konfigurationen wie etwa General-MIDI, „Ist MPE im Spiel?“, „Werden Controller versendet und wenn ja, welche?“

Wenn diese Grundlage erfragt ist, kann man Daten austauschen. Das kann auch die Liste der aktiven Patches sein. Damit würde ein SysEx-Dump wohl smarter werden können, und eine Reihe Controllerdaten sind davon getrennt. Neu ist also die Verhandlung von Geräten und damit ist den MIDI-Geräten klar, welche Art von Maschinen hier gerade miteinander reden.

Über Parameter-Exchange werden dann Hersteller und Typ, Patches, aktiv genutzte Controller und sogar die MIDI-Implementation selbst versendet und damit der Rahmen, welche Daten verschickt werden und welchen Typs sie sind. Zudem gibt es Daten, die mit Noten mitgeschickt werden können. Das ist wichtig für neue Controller, die mehr als nur Anschlagdynamik oder Druckdynamik einer einzigen Dimension übertragen wollen.

MPE

Wem MPE nichts sagt, der sei hier nur kurz informiert, dass damit Töne verschieden gebeugt werden können. Das ist notwendig, um Controller wie die von Roli oder das Haken Continuum sinnvoll und vollständig nutzen zu können. Jeder Ton erhält eine Art eigenes Pitchbending und Skalierung.

Wenn man speziell einer Note noch Daten „ankleben“ kann, so könnten dies Lippendruck oder mehrere Sensoren sein, die zum Zeitpunkt des Notenspiels wichtig sind. Diese sind nicht ganz so fest deklariert, sodass Blaswandler und ganz andere neuartige Steuergeräte möglich sind, die extrem vieldimensionale Steuerungen pro Note übertragen können.

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Es gibt natürlich mehr MIDI-Kanäle und mehr freie Controller. MIDI war bisher fest mit 16 Kanälen und 128 Controlleradressen ausgestattet. Man konnte diese jedoch „kaskadieren“. So schaffte z.B. der Alesis Andromeda eine Auflösung von 16384 Schritten pro Parameter, ohne dass es ein neues MIDI-Protokoll gab. Jedoch ist die Geschwindigkeit hier bei der reinen Datenmenge im Wege, da das Daten-Bündel jeweils 6 statt nur 1 Byte durch die langsame MIDI-Schnittstelle schieben muss – und das hat Grenzen.

Noch langsamer sind Echtzeit-SysEx-Befehle, da sie per se 6 Byte pro „Befehl“ übertragen. Erhöht wird daher nicht nur die Geschwindigkeit, sondern damit auch die Übertragungsmenge. Die schon etablierten NRPN-Controller-Kaskaden mit ihren aktuell 6 Byte werden vereinfacht und ermöglichen damit eine effizientere Übertragung, da man nicht nur 6 Byte sondern einfach größere Zahlen übertragen kann. Damit wäre MIDI kein Flaschenhals mehr. Das gilt auch für Programmwechselbefehle und den schon immer etwas unfertigen Bank-Select, der in MIDI 1.0 jeweils 128 Sounds enthielt und aus 2 Bytes bestand. Im Zeitalter sehr großer Speichermengen ist das auch zeitgemäßer.

Aufwärtskompatibel

Natürlich laufen alte Geräte weiter. Das Ausverhandeln über technische Daten in MIDI HD 2017 ermöglicht eine Kompatibilität mit dem klassischen Format. Jedoch ist nach „oben“ deutlich mehr möglich. Und wenn HD-Geräte im Spiel sind, können sich diese auch mit den neuen Möglichkeiten verständigen.

Wir können alle nur hoffen, dass sich neue Möglichkeiten auch umsetzen und durchsetzen werden. Denn damit sind musikalisch auch ganz neue Dinge überhaupt machbar, die bisher unelegant über USB oder Ethernet gelöst wurden. Oder neuerdings durch Bluetooth- und WLAN/IP-Protokolle, die jedoch nicht unbedingt immer ideal für Echtzeit-Musik sind. Es ist jedoch wichtig für das Verständnis, dass physikalische Dinge wie Steckerformen und Buchsen oder die USB-Schnittstelle als solche etwas anderes ist als das MIDI-Protokoll und deren Stecker und Daten.

Und zu allem Überfluss handelt diese Geschichte, die durch die ADC Conference ausgelöst wurde, nicht von einem echten Arbeiten an MIDI und einem echten, fertigen Standard, sondern möchte diesen endlich einmal festlegen und zwar sinnvoll. Das ist der schwere Teil.

Was passiert?

Wer 6 Stunden Nerdtalk aushält, kann sich das ADC-Video anschauen, in dem man einige Hersteller hören kann, die faktisch ihre Entwicklungen zeigen. Vermutlich wird nicht jeder sofort die Ideen, die hier geschrieben stehen, direkt erfassen und so verstehen können. Aber wer interessiert ist, was möglich sein soll und wird und was wichtig wäre, sollte hier mal einen Blick riskieren.

Dabei geht es sogar um Sampling, Charakterisierung von Sounds und deren Übertragung (ROLI/Ex-fxpansion). Hochinteressant! Die Hersteller sagen, es sei nicht schwer gewesen 20 Hersteller zusammenzubekommen, die Lust auf MIDI HD haben.

Übrigens wird MIDI HD nicht zwangsweise genau so heißen. Dennoch ist die Funktionsweise schon sehr gut vorgedacht.Es ist möglich, dass wir auch in einiger Zeit damit wirklich arbeiten können. Bei etwa 32:00 sieht man ein hochspannendes Gespräch über die neuen Möglichkeiten. Es ist also definitiv viel viel mehr als je vorher – die haben wirklich Bock! Wir auch!

Interessant ist, dass auch Google und andere hier mit dabei sind, also Firmen mit Kraft. Dort geht es natürlich eher um Controller und Gestenübertragen. Das würde helfen, MIDI HD deutlich weiter zu verbreiten und durchzusetzen.

Darüber sprechen kann man auch hier.

Video

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