von claudius | Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
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Machen Messen heute noch Sinn?  ·  Quelle: Musikmesse / NAMM Show / Musicpark / Gearnews

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„Mit dem Internet haben die Messen ausgedient!“ Stimmt dieser Satz überhaupt, den man seit etlichen Jahren immer hört?

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Musikmesse

Ein bisschen Stolz schwingt da schon mit, wenn man von der Musikmesse berichtet. Eine Instanz in der Musikwelt aus Deutschland. Jeder kennt die „Messe“, in der letzten Zeit hört man aber mehr Unkenrufe über die Zusammenkunft von Herstellern in Frankfurt. Abgesehen von B2B und einer Menge (schlafender) ostasiatischer Familien gibt es da durch den Ausstellerschwund kaum mehr etwas zu sehen.

Natürlich ist das überspitzt, aber wer die Messe regelmäßig besucht, kann sein vielen Jahren einen Rückgang beobachten. Weniger Aussteller, leere/geteilte/abgehängte Hallen, trotzdem unerträglich laut, weniger Besucher. Schön ist anders.

Musikmesse - Kolume Hauptbild

Quelle: claudius grieger

Mal sehen, wie es mit der Musikmesse weitergeht. Und ob überhaupt. In Sachen Berichterstattung hat die Messe konstant an Wichtigkeit abgenommen: Während wir 2016 noch über 44 Neuheiten berichtet haben, waren es 2019 nur noch 8. Ob das nun an Fehlplanung, zu hohen Kosten für die Aussteller, dem abnehmend positiven Ruf in der Musikerwelt oder einfach einem Zufall geschuldet ist, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall finden wir es schade, dass die Messe nach und nach zugrunde gehen scheint.

NAMM Show

Ganz im Gegensatz zur Musikmesse ist die NAMM Show in Anaheim. Erst gestern wurde rumgeschickt, dass die Besucher um 7 % bei der eher unwichtigen Sommer NAMM 2019 gestiegen sind. Und auch in Sachen Neuheiten hat die Messe in Anaheim bei Los Angeles vor allem im Januar, bei der Winter NAMM Show, ordentlich zugelegt. Während im Sommer 2016 ganze 14

NAMM Show 2019 Preview Teaser Gearnews

Quelle: NAMM

Neuheiten berichtenswert für uns waren, sind es im Sommer 2019 schon 23. Im Winter ist es noch krasser: 117 Neuheiten 2016, 206 im Jahr 2019. Das ist schon eine Hausnummer, wenn man bedenkt, es sind 1-3 Tage, an denen die News abgefeuert werden.

Mehr Besucher, mehr Aussteller, mehr Neuheiten
Die Tendenz hält anscheinend an. Mit der Terminierung vor der Musikmesse hat die NAMM alles richtig (für sich) gemacht und so die ehemals wichtigste Messe rund um Musikinstrumente ausgebootet, die selbst dann nicht gut reagiert hat.

Musicpark

Im Frühjahr machte eine interessante Meldung die Runde: Es wird eine neue Messe in Deutschland geben. Genauer gesagt in Leipzig. IMHO eine gute Wahl, denn es ist in Mitteldeuschland, sehr gut international durch den schnell erreichbaren Flughafen angeschlossen und hat ein großes Messegelände, auf dem auch Buchmesse und anfangsdie GamesCON stattfanden, ehe Letztere nach Köln abwanderte.

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musicpark Musik Equipment Messe Leipzig Teaser

Quelle: shutterstock industryviews 1111931801 / musicpark

Von 1.-3. November werden wir dann sehen, ob die Veranstalter sich mit dem Konzept der Messe für alle Musiker nicht etwas verplant hat oder genau den Zahn der Zeit trifft. Namhafte Hersteller wie Yamaha, Roland, Ibanez, Ernie Ball und Meinl und andere haben schon zugesagt, die bei der Musikmesse teils nicht mehr vor Ort sein werden.

Nur beim Promovideo hat die zuständige Abteilung leider versagt. Das macht keine Lust auf mehr in der heutigen Zeit, sondern fühlt sich eher an wie fürs MDR Spätprogramm gedreht.

Wir sind gespannt, was daraus wird und werden für euch auf jeden Fall vor Ort berichten.

Superbooth

Eine kleine Ausnahme ist auch die Superbooth. 2016 fand sie das erste Mal in Berlin statt und ich war vor Ort. 2017 kam ein Ortswechsel und namhafte Hersteller hatten sie schon auf dem Schirm und veröffentlichten neue Produkte. Immerhin 22 Newsartikel gab es von uns – für das zweite Mal beachtlich. 2019 waren es bereits 50 Stück.

Superbooth 2017 Teaser Andreas Schneider

Quelle: Vimeo / Superbooth / Schneider

Dieses Jahr können wir behaupten, dass die Superbooth zwar immer noch klein ist und den frickelnden Nerd zufriedener stellt als den Messebesucher, der auf der Suche einer breiten Palette an Neuheiten ist, aber genau das ist auch das Konzept. Eine Nische mit speziellen Vorlieben bedienen und trotz aktueller Größe familiär aufziehen.

Messe vs. Internet

Die Masse der Instrumente wird heutzutage auf jeden Fall ohne eine Messe einfach präsentiert, wenn sie fertig sind. Das ist gut so, denn es gibt keinen echten Grund in der trotzdem vorhandenen Masse der Neuerscheinungen auf deiner Messe für Musikinstrumente mitzuschwimmen und vielleicht gar nicht gebührend in Erscheinung zu treten.

Dennoch steigen die Zahlen bei der NAMM als „altes Medium“. Irgendwas muss also dran sein. Ob das auf einer Linie mit Schallplatten und manchen Tageszeitungen in einer Hype-Welle schwimmt, bleibt abzuwarten.

Ich denke nicht, dass Messen verschwinden werden, nur weil es Internet gibt. Die müssen sich nur einen Kopf machen, was sie uns künftig bieten können. Anspielen von vielen Neuheiten auf engem Raum ist definitiv ein Grund, das kann man so nicht beim Händler machen. Deswegen funktioniert ein B2C-Konzept besser als ein B2B oder ein Business to Fachbesucher – wobei letztes genau auf die NAMM zutrifft.

Eure Meinung

Wir wollen von euch wissen: Was meint ihr zur Messe als Konzept für Neuheiten? Spielt das künftig noch eine Rolle, oder ist die NAMM-Tendenz ein Zeichen für eine nicht aufzuhaltende Entwicklung?

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5 Antworten zu “Sind Messen wie NAMM und Musikmesse noch up to date?”

    Zorro sagt:
    0

    Spannendes Thema. Danke für die Zahlen. Das zeigt ja deutlich, wie der Hase läuft.

    Dass die Musikmesse es überhaupt noch probiert, finde ich beachtlich. In den 2000ern war sie noch die Instanz, hat aber den Zug verpennt. Und jetzt versucht sie, aus den Scherben wieder ein neues Haus zu bauen. Wird nicht klappen.

    Auch die Musicpark hat wohl schlechte Karten. In Leipzig war ich vor 2 Jahren – was für eine schöne und lebhafte Stadt, kein Wunder, dass die boomt.

    Ich denke aber nicht, dass das etwas an der Tatsache ändert, dass Messen in Deutschland mit ollem Konzept nicht mehr funktionieren. Wenn die Musicpark so schnarchig läuft wie das super lahme Video, dann wird es eine Totgeburt.

    Für mich ist es die gleiche Strecke wie nach FF a.M., ich muss sogar einmal weniger Umsteigen. Zur NAMM war ich noch nie. Und Flugscham verbietet es.

    aven sagt:
    0

    Ich denke für den Nutzer sind Messen kaum noch interessant. Für die Händler kann ich nicht sprechen, aber da könnte ich mir vorstellen das so eine Messe noch Sinn macht.
    In Zeiten von Dutzenden Webseiten und Video-Portalen ist man als Nutzer doch mehr als gut mit Infos versorgt. Die Geräte werden dann im Fachhandel getestet.
    So ein Konzept wie die Superbooth funktioniert zur Zeit ja sehr gut. Viel Rahmenprogramm, viele kleine Anbieter sind da zu finden die auf einer Messe wie in Frankfurt wohl keine Möglichkeit hätten einen Stand zu mieten. Die Superbooth ist ja eher Szenetreffen als Messe. ?

    Markus sagt:
    0

    Der Vorteil den Messen für mich als Konsument noch haben, ist die Möglichkeit vor allem Hardware vor Ort ausprobieren zu können. Ansonsten reichen Internetpräsentationen aus. Für Händler ist es finde ich ist es immer noch sinnvoll um sich vor Ort mit den Anbietern auszutauschen. In den 1990er bin ich noch regelmäßig nach Frankfurt gefahren, danach hat es sich einfach nicht mehr gelohnt.

    Markus sagt:
    0

    Ich war 2010 das letzte Mal auf der Messe – davor beinahe jedes Jahr seit 1986. 2010 waren Blogs, Social Media etc. (für die Hersteller) noch ziemlich neu und entsprechend arrogant hat man dort auf Interviewanfragen etc. reagiert. Besonders negativ hervorgetan hatte sich damals ein deutscher Hersteller von Audiointerfaces. Heute hecheln sie den Online-Magazinen hinterher und genau die sind es auch, die nun einen Messebesuch überflüssig machen. Ähnliches habe ich früher auch auf der Photokina erlebt.

    Ausprobieren konnte man doch eh noch nie richtig auf einer Messe und mit 30 Tagen Geld zurück bei den großen Musikhäusern, ist das auch nicht mehr notwendig. Früher kam man von der Messe mit Taschen voll Samples und Geschenken zurück und konnte richtige Musikgrößen live bestaunen. Jim Marshall gab Autogramme und verteilte Marshall-Stacks als Pins.

    Später (um 2004) war ich auch als Einkäufer für ein Musikhaus unterwegs und wir haben auf der Messe noch richtige Deals ausgehandelt. Auch das spielt heute keine Rolle mehr.

    Kleine „Hausmessen“ wie der Superbooth mit einer klaren Zielgruppe sind da sehr viel interessanter. Das sehe ich auch in meinem jetzigen Job im Marketing eines Maschinenbauers. Auch wir haben von Konferenzen und Seminaren mehr, als von großen und teuren Messen.

    marc sagt:
    0

    Eine interessante Frage, bei der sich souverän Dan Bell`s „Dead Mall“ Videos einfließen läßt.
    Die Ära der gigantischen Einkaufspaläste in den USA, scheint vorbei zu sein:

    https://www.youtube.com/playlist?list=PLNz4Un92pGNxQ9vNgmnCx7dwchPJGJ3IQ

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