Best of 2024 Lasse: Meine Highlights des Jahres
Ich liebe diese Ruhe „zwischen den Jahren“. Zeit, um etwas herunterzufahren, zu entspannen und das Jahr Revue passieren zu lassen – zum Beispiel mit einem Rückblick auf meine persönlichen Highlights des Jahres. Welche Synthesizer und anderen Neuerscheinungen haben mich 2024 besonders beeindruckt? Gar nicht so einfach, aber ich habe mich an einer Zusammenfassung versucht.
Bei so viel interessantem neuem Gear fiel es mir in diesem Jahr wirklich nicht leicht, eine Auswahl zu treffen. Zudem habe ich mich mit Neuanschaffungen für mein eigenes Studio ziemlich zurückgehalten, obwohl mir auch das nicht immer leicht fiel … 😉 Trotzdem gab es natürlich einige Neuerscheinungen, die für mich definitiv in diese Liste gehören. Hier kommen meine persönlichen Highlights des Jahres 2024.
Highlights des Jahres
Elektron Digitakt II: Liebe auf den zweiten Blick
In diesem Jahr ist es mir ganz gut gelungen, mein G.A.S. im Zaum zu halten. Bis auf ein paar Software-Synthesizer und Plugins, die gerade im Angebot waren, ist tatsächlich kein neues Gear hinzugekommen. Mit einer Ausnahme: Als Elektron im Frühjahr den Digitakt II vorstellte, habe ich noch am selben Tag auf den Bestellknopf gedrückt. Schon kurze Zeit später stand der Sampler bei mir im Studio und ich war sehr gespannt: Würden wir Freunde werden?
Ich dachte nämlich lange, dass Elektron und ich nicht zusammenpassen. Im Laufe der Jahre hatten zeitweise ein Analog Four, ein Analog Keys und ein Analog Rytm in meinem Studio gestanden. Wirklich warm geworden war ich mit keinem von ihnen. Gerade in Bezug auf analoge Synthese funktionierte der Elektron-Workflow für mich irgendwie nicht.
Dass in den letzten Jahren wohl kaum ein Gerät häufiger in Live-Sets anzutreffen war als der Digitakt (vom Octatrack vielleicht mal abgesehen), blieb mir aber natürlich nicht verborgen. Irgendwas musste also dran sein an der Maschine; Elektron hatte offensichtlich vieles richtig gemacht. Und da ich seit Längerem auf der Suche nach einem Hardware-Sampler war, der keine MPC ist, beschloss ich kurzerhand, es noch einmal zu versuchen.
Denn Elektron hat den Digitakt kräftig aufgebohrt und viele Schwachstellen des Vorgängers beseitigt. Nicht nur bietet die neue Version viel mehr Speicher; auch die Zahl der Tracks wurde verdoppelt. Zudem können Patterns nun doppelt so lang sein wie zuvor und alle 16 Tracks lassen sich flexibel für interne Samples oder externes MIDI-Equipment einsetzen. Während der Vorgänger noch stark auf Drums ausgerichtet war, ist der Digitakt II viel universeller als Sampler einsetzbar – von der immer noch fehlenden Polyphonie einmal abgesehen.
Und was soll ich sagen – plötzlich funktioniert es! Der Digitakt II ist für mich eines der Highlights des Jahres und zu einem festen Bestandteil meines Setups geworden. Anders als bei den anderen Elektron-Gerätschaften, die ich im Laufe der Jahre ausprobiert hatte, empfinde ich die Arbeit mit ihm als sehr inspirierend und möchte ihn nicht mehr missen – erst Recht nicht, seit Elektron im Herbst endlich Overbridge nachlieferte. Gut möglich, dass er nicht mein letztes Gerät von Elektron bleibt. Wer weiß, wann das G.A.S. wieder zuschlägt … Erstmal sind jetzt allerdings neue Monitore dran.
Waldorf Microwave 1 Plugin: Software-Highlight des Jahres
Als Schüler in den 90ern war der Waldorf Microwave für mich ein unerreichbares Objekt der Begierde. Leisten konnte ich mir den Wavetable-Synthesizer damals leider noch nicht. Jedoch blieb mir nicht verborgen, welche kraftvollen und vielseitigen Sounds er hervorbringen konnte. Irgendwann würde ich auch einen besitzen, hoffte ich damals.
Wie gut, dass wir heute wieder so viele Optionen haben, um in den Genuss der klassischen Wavetable-Sounds zu kommen. Nicht nur hat Waldorf mit dem M inzwischen einen hybriden Hardware-Synthesizer im Angebot, der sozusagen die moderne Reinkarnation des Microwave und Microwave II ist. In diesem Jahr brachte der Hersteller den Klassiker auch als Software-Synthesizer heraus. Einfacher war es noch nie, an einen Microwave zu kommen. Nebenbei beseitigen die modernen Alternativen den größten Schwachpunkt des Originals: die nicht mehr zeitgemäße Bedienung.
Das Waldorf Microwave 1 Plugin emuliert den hybriden Klassiker in allen Details. Neben dem von Wolfgang Palm mitentwickelten ASIC-Chips werden auch die analogen Bausteine des Originals präzise emuliert, ebenso wie die Eigenheiten der D/A-Konverter. Und da Waldorf inzwischen auch eine Version für das iPad nachgeliefert hat, kann man nun sogar bequem im Zug oder im Urlaub an Wavetables schrauben.
Für mich ist das Waldorf Microwave 1 Plugin definitiv eines der Software-Highlights des Jahres.
Beetlecrab Tempera: Granularer Sample-Spielplatz
Das interessanteste Testgerät, das ich in diesem Jahr ausprobieren durfte, war ohne Zweifel der Beetlecrab Tempera. Zwar dauerte es eine Weile, bis ich mich mit dem granularen Sampler„angefreundet“ hatte – am Anfang hatte ich erstmal große Fragezeichen in den Augen. Aber nach einer Weile entpuppte Tempera sich als unglaublich vielseitig und inspirierend. Die Art und Weise, wie man auf der Multi-Touch-Oberfläche mit Samples performen kann, ist absolut neu und einzigartig.
Das Prinzip im Schnelldurchlauf: Mit den Fingern bewegt man sogenannte „Emitter“ auf der „Leinwand“, die aus bis zu acht nebeneinander angeordneten Samples besteht. Die vertikale Position auf dem Touch-Pad entspricht der Position innerhalb der Samples. Für jeden einzelnen Emitter kann man einstellen, auf welche Weise er Grains aus den darunter liegenden Samples gewinnt und abspielt. Man kann Emitter innerhalb eines Samples bewegen oder von einem Sample zum nächsten springen. Und da die Emitter einen horizontalen Spread-Parameter haben, kann ein einzelner Emitter auf Wunsch Grains aus mehreren benachbarten Samples abspielen. Diese neuen Möglichkeiten zum kreativen Kombinieren von Samples sind mit das Spannendste am Tempera.
Wer gern völlig neue Sounds aus Samples gewinnt, sollte sich diesen granularen Spielplatz unbedingt einmal ansehen. Für mich war der Test des Tempera definitiv eines der Highlights des Jahres!
KORG multi/poly: Moderne Neuinterpretation des Mono/Poly
Das Jahr 2024 war wirklich nicht arm an tollen neuen Hardware-Synthesizern. Vom beeindruckenden Arturia PolyBrute 12 (natürlich auch eines der Highlights des Jahres!) über den Moog Muse bis zum Oberheim TEO-5 durften wir uns über viele hochkarätige Neuvorstellungen freuen. Alle hätten es verdient, hier aufgezählt zu werden. Für meine persönlichen Highlights des Jahres habe ich mich jedoch für den KORG multi/poly entschieden, der neben den anderen spektakulären Polysynths des Jahres 2024 fast ein bisschen unterging.
Der kompakte multi/poly ist sozusagen eine moderne Neuinterpretation des Klassikers Mono/Poly. Allerdings ist er viel mehr als nur eine Emulation des Vintage-Synthesizers – damit hätte KORG sich angesichts der analogen Konkurrenz von Behringer auch keinen Gefallen getan. Klanglich erweist sich der multi/poly mit virtuell-analoger Synthese, Wavetables, einer großen Auswahl an Filtern und einem Waveshaper als äußerst vielseitig. Interessant ist auch das Konzept der virtuellen Voice-Cards, die die subtilen Unterschiede zwischen einzelnen Stimmen und das Modulationsverhalten verschiedener analoger Vorbilder emulieren.
Der Layer-Rotate-Modus ist eine Hommage an den paraphonen Modus des Mono/Poly. Ist dieser Modus gewählt, wechselt der vierfach multitimbrale multi/poly bei jeder neuen Note in Round-Robin-Manier zwischen vier verschiedenen Sounds. Vor allem in Kombination mit dem Arpeggiator oder Sequencer kann das tolle Effekte ergeben.
Während der ebenfalls in diesem Jahr vorstellte KingKORG Neo für meinen Geschmack ein bisschen uninspiriert daherkam, ist der multi/poly auf jeden Fall eines meiner Highlights des Jahres.
Cherry Audio Atomika: Endlich eine gute Polivoks-Emulation
Und nochmal Software: Mit Atomika veröffentlichte Cherry Audio vor einigen Monaten eine Emulation des sowjetischen Polivoks. Wegen seiner unorthodoxen Schaltungen und seines unbändigen Charakters widersetzte sich der Polivoks bisher beharrlich allen Nachbildungsversuchen – von keinem der einschlägigen Emulations-Entwickler wie Arturia, Softube oder GForce gab es bislang einen virtuellen Polivoks.
Cherry Audio hat es dennoch gewagt und zusammen mit dem DSP-Programmierer Mark Barton eine Emulation präsentiert, die sich wirklich sehen und hören lassen kann. Und wo sie schon einmal dabei waren, haben sie den Synthesizer auch gleich um viele neue Funktionen erweitert. So bietet Atomika einige neue Filtermodi, einen Starve-Regler, der das Filter noch unberechenbarer macht, Filter- und Amp-Overdrive sowie einige integrierte Effekte. Ach ja, und 16-stimmig polyphon ist der Software-Synthesizer auch.
Wer Lust auf den authentischen Polivoks-Sound hat, muss sich nun kein Modularsystem mehr bauen oder viel Zeit, Geld und Mühe in das Auftreiben eines funktionsfähigen Originals investieren. Für alle Polivoks-Fans ist das mit Sicherheit eines der Highlights des Jahres!
Übrigens: Seit Kurzem gibt es die Filtersektion aus Atomika auch separat als Effekt-Plugin. Mit Filtomika könnt ihr das Filter des Polivoks auf beliebiges Audiomaterial loslassen – auf eigene Gefahr! 😉
Und das waren sie, meine persönlichen Gear-Highlights des Jahres! Wie immer hätte ich gerne noch viel mehr aufgezählt. Aber irgendwie muss zwischen den Jahren ja auch noch Zeit zum Entspannen, Durchatmen und Auftanken für 2025 bleiben. Los geht das Gear-Jahr wie immer im Januar mit der NAMM-Show – und man munkelt, dass die nächste Ausgabe der Messe in Anaheim ein echtes Highlight werden wird! Ich bin auf jeden Fall schon gespannt, welche Neuheiten die Hersteller 2025 präsentieren werden.
Bis dahin: Kommt alle gut ins neue Jahr – wir sehen uns in 2025!
*Hinweis: Dieser Artikel enthält Werbelinks, die uns bei der Finanzierung unserer Seite helfen. Keine Sorge: Der Preis für euch bleibt immer gleich! Wenn ihr etwas über diese Links kauft, erhalten wir eine kleine Provision. Danke für eure Unterstützung!