Gitarren als Wertanlage – von Musikern und Sammlern
Wie Gitarrensammlungen nicht nur musikalische Freuden bringen
1959er Gibson Les Paul, 1962er Fender Stratocaster oder eine gut erhaltene Martin Akustikgitarre aus den 1930er-Jahren – Instrumente wie diese erzielen bei Auktionen mitunter gigantische Summen. Ob Gitarren und Bässe aber tatsächlich als Wertanlage taugen und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, stellen wir in diesem Artikel vor. Und nein, das hier ist definitiv keine Anlageberatung.
Vom Sammeln und Rechtfertigen
Während ich diesen Text schreibe, sitze ich in einem Raum, in dem sich 12 E-Gitarren befinden. Und eine schöne Takamine. Und nein, ich habe es mir nicht in den Thomann-Konferenzräumen gemütlich gemacht, sondern sitze in meinem Musikzimmer zuhause. Wie die allermeisten Gitarristen, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, neige auch ich zum GAS („Gear Acquisition Syndrom“).
Und klar, jeder Gitarrist, der sein Hobby einigermaßen ernst nimmt, braucht mindestens eine Paula, eine Tele, eine Akustik, eine Semi-Akustik und eine „Flitzefingergitarre“. Und natürlich auch irgendwas mit Doublecut, Explorer, Strat … Na, ihr wisst schon.
Ab einem bestimmten Punkt habe ich bei mir (und vielen anderen auch) festgestellt, dass man anfängt, die Ausgaben zu rechtfertigen. Zunächst mit musikalischen Notwendigkeiten („das muss auf einer Strat gespielt werden!“) und irgendwann auch mit finanziell fragwürdigen Argumenten („Das war ein absolutes Schäppchen – die wird mal richtig, richtig wertvoll.“).
Wertsteigerung und Wertverlust
Tatsächlich kann man sich beim Kauf von Instrumenten über die Wertentwicklung Gedanken machen und interessante Beobachtungen anstellen. Einige Gitarren, meist die neu gekauften, zeigen den klassischen Wertverlust eines Neuwagens. Kaum hat man den Laden mit dem neuen Schätzchen verlassen, muss man vom Neupreis ein paar Scheine abziehen.
Gerade bei älteren Instrumenten kann sich diese Wertentwicklung jedoch in der Tat ins Positive umkehren – vielfach werden sehr alte „vintage“ Instrumente für ein Vielfaches ihres ursprünglichen Preises gehandelt.
Dabei kommt es bei der Höhe der Wertsteigerung (und des Wertverlustes) weniger auf die musikalische Güte eines Instruments an, denn auf die englisch „Collectebility“ an. Manche Gitarren, so wie die eingangs genannten Gibsons, Martins oder Fenders, sind weltweit derart gesucht, dass sie Kultstatus und entsprechende Preise erreichen.
Manch eine Gitarre geht aber auch direkt von Werk aus als reine Sammler-Klampfe in den Sammlungen dieser Welt. So zum Beispiel die 149.999 € Martin.
Was macht eine Gitarre zur Wertanlage?
Wie bei allen Gegenständen, die zu sammeln sich eignen, kommt es auch bei der Gitarre als Wertanlage einzig auf eines an: Angebot und Nachfrage. Und eines muss klar sein: Auf dem Weg zu einer lukrativen Sammlung verlassen wir die Sphären der Musiker und begeben uns in die verwinkelte und unwirkliche Welt der Sammler.
Je seltener und gesuchter eine Gitarre ist, desto mehr steigen die Preise, die andere Sammler für das Instrument hinzulegen bereit sind. Die höchsten Preise und das größte Sammler-Prestige erzielen Instrumente, die neben einem großen Namen auf der Kopfplatte auch noch eine entsprechenden Vergangenheit vorweisen können. Instrumente bekannter Musikerinnen und Musiker erzielen die höchsten Preise und schaffen es immer wieder in die Schlagzeilen – Peter Moore’s Greeny oder Blacky von Eric Clapton sind nur zwei Beispiele.
Welche Gitarren als Wertanlage taugen – und welche nicht
Bei der Gitarren des berühmten Gitarristen aus den letzten Jahrzehnten ist beinahe egal, was mit dem Instrument alles geschehen ist oder welche Marke auf dem Headstock steht. Oder würdet ihr die erste (gefälschte) Les Paul von Slash als wertlose Gibson-Kopie verschmähen?
Anders sieht es bei „anonymen“ Instrumenten aus. Hier kommt es dann neben Marke und Modell vor allem auf den Zustand des Instruments an. Spielspuren sind regelmäßig akzeptiert und können sogar den Mojo-Faktor deutlich nach oben treiben – nicht umsonst sind Relics aktuell überall gefragt.
Die musikalische Qualität eines Instrumentes allerdings, also der eigentliche Klang und der Sound, den eine Gitarre bringen kann, spielen eher eine untergeordnete Rolle. Wie schon beschrieben – Sammler sind ein eigenes Völkchen. Die oft zitierten Case-Queens liegen selten ohne Grund lange im Koffer und werden über Jahrzehnte hinweg kaum gespielt. Doch Instrumente, die für Musiker wegen fehlendem Esprit nicht wirklich relevant scheinen, können am Markt einiges an Geld bringen.
Wie fängt man eine Sammlung von Gitarren zur Wertanlage an?
In der Regel wird aus einer musikalischen Sammlung irgendwann eine kleine Wertanlage und die Sammelleidenschaft für Gitarren verschiebt sich. Was als Hobby beginnt, kann nach einige Zeit umschlagen und einen monetären Hintergrund haben.
Wer nun aber, sei es als Gitarrist oder nicht, mit dem Gedanken spielt, Gitarren als Wertanlage zu sammeln, sollte sich im Vorweg über mehrere Faktoren informieren.
Zunächst sollte der Markt bekannt sein. Welche Instrumente werden für welche Preise gehandelt? Wo können alte, begehrte Instrumente erstanden werden? Gibt es besondere Serien oder Modelle, die noch nicht auf dem Schirm der Sammler aufgetaucht sind? Wie kann man Künstler-Modelle erstehen?
Einige Modelle, Serien und Ideen für den Start finden
Wer sich ernsthaft mit der Materie auseinandersetzt, stellt schnell fest, dass der Markt skrupellos und unübersichtlich ist. Daher werden die meisten Sammler ihren Fokus schnell auf einen bestimmten Hersteller, evtl. sogar auf eine bestimmte Serie oder gar ganz ausgewählte Farbvarianten aus speziellen Jahren richten.
Die Wünsche nach Les Pauls aus den 50ern, Stratocastern aus den 60ern oder einer sehr gut erhaltenen Gibson ES werden in der Regel unerfüllt bleiben – es sei denn, der angehende Sammler ist bereit, sechsstellige Summen zu investieren.
Doch auch abseits der großen Namen kann es interessante Nischen und Möglichkeiten geben, der Gitarrenliebe zu frönen und dabei noch ein wenig etwas für die Altersvorsorge zu tun.
Japan – Land der erstklassigen Kopien?
Nachdem die heute ikonischen Instrumente weltweit immer mehr Ruhm einheimsten, war das Rennen um die beste Kopie von Paula und Co. gestartet. Bereits in den frühen 1980er-Jahren taten sich besonders die japanischen Hersteller als begnadete Handwerker und Instrumentenbauer hervor. Nicht umsonst wurden die teilweise über dem Qualitätsstandard der US-Hersteller gefertigten Gitarren schnell patentrechtlich verboten.
Dennoch sind gerade diese „Law-Suit-Aera“ Instrumente angehende Sammlerstücke. Und noch dazu bieten sie auch dem musikalischen Ansatz einiges. Frühe Kopien etwa von Tokai, Greco, Ibanez oder Orville können teils locker mit dem Original mithalten.
Auch Metal-Legande ESP hat bereits in dieser Zeit grandiose Instrumente gebaut, die erst nach und nach auf dem Markt auftauchen und als Wertanlage erkannt werden.
Neben den Kopien sind auch Neuauflagen der großen Hersteller immer einen Blick wert. So haben die Köpfe hinter Fender in den 1970er- und 1980-Jahren begonnen, sogenannte Reissues herauszubringen – allesamt heute bei Sammlern und Musikern gleichermaßen beliebt.
Die richtigen Instrumente finden
Ist der Fokus für die eigene Sammlung geschärft, kommt nun die große Aufgabe, die entsprechenden Instrumente zu akquirieren. Die Vorstellung, auf irgendeinem alten, verstaubten Dachboden die Jahrhundert Strat zu finden, ist zwar recht romantisch, doch realistisch wohl kaum.
Internetbörsen, Online-Händler, Kleinanzeigen und das gute, alte Pfandleihhaus können erste Anlaufadressen sein. Flohmärkte bieten ebenfalls Möglichkeiten (Hände weg aber von Musikerflohmärkten – hier jagt meist ein Sammler den nächsten und auch die krummste Gurke wird als Meisterstück angeboten).
Andere Sammler werden kreativer, grasen die alten Jazzclubs und Musikkneipen ab, sprechen mit alternden Musikern und kommen so direkt in Verhandlungen. Sogar in Altersheimen sollen schon Zettel verteilt worden sein. Über moralische Fragen jedoch möchte ich hier nicht schreiben.
Sammler, sei gewarnt
Gitarristen eignen sich grundsätzlich gut als Sammler für Gitarren als Wertanlage, kennen sie sich doch mit dem Teil der Begierde gut aus. Doch auch als Musiker ist man nicht davor gefeit, Fehlentscheidungen zu treffen.
Neben böswilligen Fälschungen sind besonders die Instrumente „gefährlich“, die nachträglich verändert wurden. Nachlackierungen, Neubundierungen, getauschte Pickups etc. All diese Punkte müssen kleinlichst beachtet und dokumentiert werden.
Außerdem ist sämtliche Zubehör wichtig, um eine Gitarre als wirkliche Wertanlage zu qualifizieren. Am besten mit Originalrechnung aus dem Gitarrenladen in Oregon, in dem Wieheißternochmal von Led DC gejobbt hat.
Die heiligen Gräle
Ok, Butter bei die Fische. Gitarren, die auf jeden Fall immer wertstabil oder wertsteigernd sein werden sind die folgenden:
Gibson Les Pauls von den 50ern bis 1960 gelten als unerreicht. Danach kommen ES-335, ES-355 und ES-345 aus der sogenannten Stoptail Periode, die Ende der 1950er-Jahre begann und bis ins Jahr 1964 reichte. Auch die SGs zwischen 1960 und 1966 sind schwer angesagt. Bei Fender sind die pre CBS Modelle begehrt – der ein oder andere Sammler bezeichnet die Zeit ab 1965 auch als die „falsche“ Zeit.
Preise? Bei entsprechendem Zustand mindestens fünfstellig. Eher mehr. Wer im unteren Preisbereich sucht, kann sich mit deutschen Instrumenten von Hoyer, Framus oder Höfner aus den 50er- und 60er-Jahren versuchen. Zudem die bereits aufgeführten japanischen Instrumente (Tokai, Orville, ESP, Ibanez etc.).
Gitarren als Wertanlage – Fazit
Da sitze ich nun mit meinen 12 E-Gitarren und frage mich, ob ich alles richtig gemacht habe. Keine 59er Les Paul, keine Nocaster, von einer pre CBS keine Spur … Also, rein finanziell und im Sinne einer Wertanlage schon mal nicht. Musikalisch allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich auf der richtigen Spur bin. Nicht angekommen. Nein, das sicher noch lange nicht. Aber auf dem Weg. Einzig, so eine richtig schöne, abgehangene und durchgespielte SG. Das wär doch noch was …
Videos zum Thema Gitarren als Wertanlage
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Weitere Infos zur Recherche und für angehende Sammler
Interview mit Gitarrenbauer Lutz Heidlindemann: Spiegel.de
Der Handel mit Vintage- und Custom-Shop Gitarren: Bonedo.de
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