Gitarre trifft Umwelt: Nachhaltigkeit in der Musikwelt
Der ökologische Fußabdruck der Musikindustrie
In einer Welt, in der der verzweifelte Ruf nach Nachhaltigkeit immer lauter wird (werden muss), steht auch die Musikindustrie vor einer entscheidenden Wende. Insbesondere bei Gitarren und Bässen, die traditionell aus wertvollen und oft bedrohten Hölzern gefertigt werden, wird der Druck, ökologisch verantwortungsvoll zu handeln, immer größer. Doch wie reagieren alteingesessene und neue Hersteller auf diese Herausforderung? Welche Initiativen gibt es bereits? Was wird seitens der Industrie getan und welche Auswirkungen haben politische Entscheidungen auf die Branche?
In diesem Artikel werden wir uns mit der aktuellen Situation in der Gitarrenindustrie auseinandersetzen, konkrete Beispiele für nachhaltige Ansätze der Industrie beleuchten und einen Ausblick darauf geben, wie die Zukunft nachhaltiger Gitarren aussehen könnte. Dabei wollen wir nicht nur die Produktion, sondern auch die Rolle des Verbrauchers und die Bedeutung des Gebrauchtmarktes in den Fokus rücken.
Aktuelle Situation und Herausforderungen für die Gitarrenindustrie
Die Musikinstrumentenindustrie, insbesondere die Gitarren- und Bassherstellung, steht vor einer Reihe von Herausforderungen und Problemen, die in den letzten Jahren immer deutlicher geworden sind.
Die Verwendung seltener Hölzer in der Gitarrenherstellung hat nicht nur ökologische, sondern auch ethische Bedenken aufgeworfen. Viele der Hölzer, die traditionell für hochwertige Gitarren verwendet werden, stammen aus Wäldern, die bereits stark abgeholzt sind – Mahagoni, Palisander, Ebenholz und Co. wachsen leider nicht in der Baumschule nebenan. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die lokalen Gemeinschaften, die von diesen Wäldern abhängig sind. Hinzu kommt das Problem des illegalen Holzeinschlags, der die Situation weiter verschärft.
Bedeutung von Tonhölzern für die Nachhaltigkeit
Jeder Gitarrist weiß, dass das Holz, aus dem eine Gitarre gefertigt ist, einen erheblichen Einfluss auf ihren Klang hat – wir haben dazu einen eigenen Artikel geschrieben: Tonholz E-Gitarre: Mehr als nur ein Stück HolzCITES II Update. Dadurch sind bestimmte „Tonhölzer“ besonders begehrt – indischer Palisander ist eines der bekanntesten Beispiele. Doch mit der steigenden Nachfrage nach diesen Hölzern wächst auch die Notwendigkeit, nachhaltige Alternativen zu finden, die die klanglichen Voraussetzungen erfüllen, ohne die Umwelt zu stark zu belasten.
Reaktionen der Industrie
Vor dem Hintergrund der Holzauswahl haben einige Akteure in der Musikinstrumentenindustrie bereits reagiert: Die Green Music Initiative beispielsweise setzt sich aktiv für eine nachhaltigere Musikbranche, auch mit Fokus auf Live-Events und Konzerte, ein. Australische Gitarrenhersteller wie Maton und Cole Clark haben begonnen, einheimische Hölzer zu verwenden, die nicht nur nachhaltig, sondern auch klanglich hervorragend sind. In Huiyang, China, wo ein erheblicher Anteil der weltweiten Gitarrenproduktion stattfindet, gibt es ebenfalls Bestrebungen, die Produktion umweltfreundlicher zu gestalten – leider noch nicht immer mit dem Effekt, den sich ambitionierte Umweltschützer erhoffen. Unter dem Strich sind die Reaktionen der Industrie noch immer verhalten. Doch es gibt Vorreiter. Einzelne Fortschritte bei bestimmten, namhaften Herstellern, die Nachhaltigkeit Gitarren und Natur in den Fokus stellen, stellen wir weiter unten vor.
Politische Initiativen und Vorgaben
In den letzten Jahren hat die Dringlichkeit des Klimawandels die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit erregt. Dies hat zu einer Reihe von politischen Initiativen und Vorgaben geführt, die auch den Fortschritt der Nachhaltigkeit bei Gitarre und Co. positiv beeinflussen. Uns Gitarristen ist dabei vor allem das CITES-Abkommen in Erinnerung geblieben.
CITES und die Holzindustrie: CITES, das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen, hatte direkte Auswirkungen auf die Gitarrenindustrie. Viele der Hölzer, die traditionell für die Herstellung von Gitarren verwendet werden, sind durch CITES geschützt. Der internationale Handel mit diesen Hölzern wurde stark reguliert.
Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Gitarrenhersteller nach alternativen Hölzern suchen oder sicherstellen müssen, dass ihr Holz aus legalen und nachhaltigen Quellen stammt. Auch der Verbraucher wurde dabei in die Pflicht genommen, auf den Handel mit entsprechenden Hölzern zu achten. Wir haben in der Vergangenheit bereits mehrfach zu den Neuerungen im Abkommen geschrieben: CITES II Update. Die Abkommen wurden jedoch ständig verändert und aufgeweicht. So ist die Auswirkung auf den tatsächlichen Nutzen der bedrohten Arten jedoch leider noch immer fragwürdig.
Die MusicWood Coalition: Bei der NAMM-Konferenz im Sommer 2006 brachte Greenpeace wichtige Köpfe von Gibson, Fender, Martin und Taylor zusammen. Sie gründeten die MusicWood Coalition. Diese Koalition arbeitet proaktiv daran, nachhaltige Ressourcen zu schaffen und sicherzustellen, dass auch in Zukunft qualitativ hochwertige Gitarren verfügbar sind.
Die MusicWood Coalition hat sich zum Ziel gesetzt, die FSC-Zertifizierung für Sealaska, ein Unternehmen in Südost-Alaska, zu fördern. Dies würde zum Beispiel dazu beitragen, die für Akustikgitarren wichtige Sitka-Fichte nachhaltiger zu machen.
Initiativen von Musikinstrumentenherstellern – Nachhaltigkeit oder Greenwashing?
In einer Ära, in der das Bewusstsein für ökologische Fragen immer präsenter wird, haben zahlreiche Hersteller von Musikinstrumenten Programme und Initiativen ins Leben gerufen, die ihre grünen Bemühungen betonen. Doch wie tief gehen diese Bemühungen wirklich? Leider lassen sich lange nicht alle Hersteller in die Karten schauen. Wir stellen dennoch zwei bekannte Projekte vor, die in der Vergangenheit dem Thema Nachhaltigkeit nachgegangen sind.
Martin Guitars
Als Pionier in der Welt der akustischen Gitarren hat Martin nicht nur durch herausragende Instrumente beeindruckt, sondern auch durch sein Engagement für den Umweltschutz. Schon früh, im Jahr 1990, setzte Martin Maßstäbe mit einer umweltfreundlichen Politik. Heute sind sie Vorreiter bei der Herstellung von Instrumenten, die den Planeten respektieren. Einige ihrer Modelle, wie die 0ME Cherry, sind aus 100% FSC-zertifizierten Hölzern gefertigt.
Taylor:
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Taylor hebt sich durch seine Partnerschaft mit einer Ebenholz-Sägemühle in Kamerun hervor. Das Ebony Project von Taylor legt den Ursprung ihres Ebenholzes offen und zeigt, wie sie die natürliche Schönheit von gemasertem Ebenholz wertschätzen. Darüber hinaus engagiert sich Taylor für den Schutz der Biodiversität und unterstützt lokale Gemeinschaften, indem sie Bäume nachpflanzen und so zur Wiederaufforstung beitragen.
In der Produktion finden bei Taylor immer wieder interessante Hölzer ein zuhause. So verwendet etwa die Taylor Builders Edition 324ce sogenanntes „Roadside-Ash“. Das Holz stammt hier von Eschen, die an Straßenrändern von Highways und Co. standen.
Nachhaltigkeit bei Gitarren – noch immer die Ausnahme
Die Anstrengungen von Martin und Taylor Guitars deuten darauf hin, dass ein echtes Engagement für Nachhaltigkeit in der Branche möglich ist. Es bleibt jedoch wichtig, dass Musiker und Verbraucher wachsam bleiben und die Tiefe und Authentizität dieser Bemühungen stets hinterfragen. Gerade bei E-Gitarren werden nur wenige Projekte öffentlich, die auf den Einsatz von gefährdeten Arten verzichten. Zwar nutzen Fender und Gibson immer wieder auch Alternativen zu Palisander und Co.. Zertifiziert nachhaltige Gitarren sind aber noch immer nur die absolute Ausnahme oder gar eher Marketing-Stunt. So wie die neue Masterbuilt-Collection von Fender:
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Es ist unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass die Versprechen der Industrie nicht nur Marketing-Slogans sind, sondern echte Taten widerspiegeln – gerade in der umfassenden Serienproduktion ist da noch viel Luft nach oben. Doch es gibt Hoffnung: Immer mehr Hersteller nutzen alternative Materialien:
Alternative Materialien und innovative Ansätze
Die stetig wachsende Nachfrage nach Musikinstrumenten und die gleichzeitige Abnahme der verfügbaren natürlichen Ressourcen haben die Industrie dazu veranlasst, nach alternativen Materialien und innovativen Ansätzen zu suchen. Einige Hersteller experimentieren mit nicht-traditionellen Hölzern, die in größerer Menge verfügbar und nachhaltiger sind. Andere setzen auf komplett neue Materialien wie Carbonfasern oder recycelte Kunststoffe, um den Klang und das Gefühl traditioneller Instrumente nachzuahmen.
Ein weiterer innovativer Ansatz für nachhaltige Gitarren ist die Verwendung von „rescued wood“. Das ist Holz, das aus abgestorbenen oder gefallenen Bäumen gewonnen wird, anstatt gesunde Bäume zu fällen. Auch die Verwendung von „reclaimed Wood“, also wiederverwendetem Holz, wird ab und an praktiziert. Dies minimiert nicht nur den ökologischen Fußabdruck, sondern gibt auch jedem Instrument eine einzigartige Geschichte und Charakter.
Auch bekannte Musiker gehen diesen Weg. Metallica Frontmann James Hetfield stellte unlängst „Carl“ vor, eine Explorer aus dem Holz der alten Probe-Garage aus den Anfangstagen von Metallica: James Hetfields neue Explorer vorgestellt
Die Branche erkennt, dass Veränderung unvermeidlich ist und viele Hersteller sind bereit, in Forschung und Entwicklung zu investieren. So können wir sicherstellen, dass die Musikinstrumente von morgen nicht nur umweltfreundlich, sondern auch von höchster Qualität sind.
Die Rolle von gebrauchten Instrumenten
In der Musikwelt gibt es eine große Wertschätzung für Vintage-Instrumente, nicht nur wegen ihres reichen Tons und ihrer Geschichte, sondern auch wegen ihrer Nachhaltigkeit. Der Kauf und Verkauf von gebrauchten Instrumenten reduziert die Notwendigkeit, neue Ressourcen zu verbrauchen und trägt zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks bei.
Gebrauchte Gitarren sind nicht nur nachhaltig, viele von ihnen haben eine Geschichte, die sie einzigartig macht: Musiker, die sich für den Kauf gebrauchter Instrumente entscheiden, tragen nicht nur zur Erhaltung der Umwelt bei. Sondern werden oft auch mit einem Instrument belohnt, das einen Charakter und eine Seele hat, die schwer zu replizieren sind.
Nachhaltigkeit bei Gitarren – ein wichtiger Schritt für uns alle
Die Musikinstrumentenindustrie steht vor einer Reihe von Herausforderungen, wenn es darum geht, nachhaltig zu werden. Doch mit der Einführung von umweltfreundlichen Materialien, der Unterstützung von Initiativen und dem wachsenden Markt für gebrauchte Instrumente gibt es auch Gründe für Optimismus.
Musiker und Hersteller gleichermaßen fangen an, die Bedeutung von Nachhaltigkeit zu erkennen und müssen nun zusammenarbeiten. So können wir sicherstellen, dass die Instrumente, die wir lieben, auch in Zukunft auf eine Weise produziert werden, die unseren Planeten respektiert. So könnten Gitarre, Nachhaltigkeit und Natur zu Begriffen werden, die gut zusammen passen.
Mehr Infos zum Thema Nachhaltigkeit in der Musikindustrie
- Feature von Premier Guitar zum Thema: Green The Guitar
- Das Ebenholz-Projekt von Taylor: Das „Ebony-Project“
- Nachhaltiges Holz vom Wegesrand: Sustainable Roadside-Woods
- Martin zum Thema Nachhaltigkeit bei Gitarren: Martin Guitars – Sustainability
Videos zu Nachhaltigkeitsprojekten in der Gitarrenindustrie
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