von Lasse Eilers | Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten
Geschichte von Sequential

Geschichte von Sequential  ·  Quelle: Sequential

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Sequential feiert sein 50-jähriges Jubiläum! Mit dem Prophet-5 revolutionierte Dave Smith die Synthesizerwelt – es sollte nicht der letzte Meilenstein bleiben. Wir gratulieren und tauchen ein in die mittlerweile 50-jährige Geschichte von Sequential.

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Die Geschichte von Sequential

Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, dass es eine Zeit gab, in der Synthesizer keine Presets hatten. Um sich einen Sound zu merken, musste man zu Papier und Stift greifen – oder zum Fotoapparat. Solche Exemplare gibt es zwar heute immer noch (oder besser gesagt: wieder). Was heute vom Hauch des urtümlich Analogen umweht und von manchen Fans nostalgisch verklärt wird, galt damals jedoch einfach als Missstand, den es aus Sicht von Musikern und Synthesizer-Herstellern schnellstens zu beseitigen galt. 

Als Dave Smith mit der von ihm gegründeten Firma Sequential Circuits in den späten 1970ern den Prophet-5 auf den Markt brachte, ging für viele Keyboarder ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Die Speicherbarkeit, die damals ein echtes Novum war, hatte einen mindestens ebenso großen Anteil am Erfolg des Prophet wie sein Sound. Es war Dave Smiths erstes Meisterwerk – es sollte nicht das letzte bleiben.

Die Anfänge von Sequential Circuits

Die Bay Area um San Francisco ist als Technologie-Mekka bekannt und Geburtsstätte vieler Tech-Giganten wie Hewlett-Packard, Apple und Google. Nur Sequential Circuits wird in dieser Liste immer wieder vergessen – dabei ist die Firma doch mindestens ebenso wegweisend – oder etwa nicht?!

Der Informatiker und Elektroingenieur Dave Smith gründete Sequential Circuits Mitte der 1970er im kalifornischen San Jose, um zwei seiner Interessen zusammenzubringen: Musik und Elektronik. Wie auch Tom Oberheim begann er mit der Entwicklung von Sequencern – zunächst analog (Model 400, 1974), dann digital (Model 800, 1975). 1976 folgte der Programmer Model 700 für den Moog Minimoog und den ARP 2600. Zwar bot dieser bereits acht Speicherplätze für Patches, arbeitete aber noch mit diskret aufgebauten Schaltungen statt mit Mikroprozessoren, die später den Durchbruch bringen sollten.

Mit dem Prophet zum Profit

Die Synthesizerentwicklung schritt in den 1970ern rasant voran. In der zweiten Hälfte der Dekade erschienen zunehmend polyphone Instrumente, die mehrere Noten gleichzeitig spielen konnten – ein weiterer lang gehegter Wunsch vieler Musiker, den wir heute für selbstverständlich halten. Das größte Manko blieb jedoch die fehlende Speicherbarkeit. Weil die Instrumente immer komplexer wurden, konnte man nicht mehr mal eben auf der Bühne den passenden Sound zurechtschrauben. Dave Smith hatte die Idee, dieses Problem mittels der damals neuen Mikroprozessoren zu lösen und entwickelte gemeinsam mit John Bowen im Jahr 1977 den Prophet-5. Während die Klangerzeugung analog blieb, kümmern sich Z80-Chips beim Prophet um das Speichern von Presets.

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Sequential Circuits Prophet-5
Sequential Circuits Prophet-5 · Quelle: Genesis: a gear revelation WIKI / Sparks34 / CC BY-SA 4.0

Der Prophet-5 wurde sofort zum Hit und machte Sequential Circuits quasi über Nacht zu einem der gefragtesten Namen im Synthesizer-Business. Denn er war mit seinen Mikroprozessoren nicht nur ultra-modern, sondern konnte mit zwei Oszillatoren pro Stimme, einem 4-Pol-Filter mit Resonanz und einer einzigartigen Poly-Mod-Sektion auch klanglich überzeugen. Alle, die etwas auf sich hielten, mussten damals einen Prophet-5 haben. Er ist auf unzähligen legendären Alben zu hören – von Pop, Rock und New Wave bis Soul, Funk und Hip Hop. Sogar in der Karriere eines gewissen Dieter Bohlen soll der Prophet-5 eine wichtige Rolle gespielt haben …

1981 folgte der Pro-One, eine monophone Variante, die hauptsächlich als kostengünstige Alternative für Einsteiger und notorisch klamme Musiker gedacht war. Mit seinen zwei Oszillatoren erwies sich der Pro-One jedoch als wahres Bass-Monster und erfreut sich ebenfalls bis heute großer Beliebtheit. 

Die Erfindung von MIDI

1982 kam mit dem Prophet-600 schließlich ein weiterer der vielen Meilensteine im Leben Dave Smiths. Denn diesem vergleichsweise günstigen, 6-stimmigen Polysynth gehört für immer die Ehre, der erste Synthesizer mit MIDI gewesen zu sein. Unvergessen ist der Moment, als Dave Smith auf der NAMM-Show einen Prophet-600 mit einem Roland Jupiter-6 verband, um das von ihm gemeinsam mit Ikutaro Kakehashi von Roland ertüftelte Protokoll publikumswirksam in Szene zu setzen. Wie war das noch gleich mit den Sachen, die wir heute für selbstverständlich halten?

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Die Geschichte von Sequential: Die 80er

Angesichts der Konkurrenz durch digitale Synthesizer verlegten sich viele Analoghersteller in den 1980ern auf günstigere Instrumente. So auch Sequential Circuits, die bei Instrumenten wie dem Six-TrakMax und Split-Eight auf CEM-Chips setzten, um Kosten zu sparen. Besonderer Erfolg war diesen Synthesizern zu ihrer Zeit leider nicht vergönnt. Zusammen mit fehlgeschlagenen Experimenten mit Computer-Peripheriegeräten und digitalen Effekten trug dies dazu bei, dass der Hersteller zunehmend in finanzielle Schieflage geriet.

Sequential Circuits Six-Trak
Sequential Circuits Six-Trak · Quelle: Matt Perry, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Aber es gab auch Highlights. Die 80er standen ganz im Zeichen der Digitaltechnik – und auch Sequential Circuits ging mit der Zeit. Der 1986 erschienene Prophet VS verband digitale Schwingungsformen mit analogen Filtern. Auch seine Vektorsynthese, die ein Überblenden zwischen vier verschiedenen Waves ermöglichte, war einzigartig – genau wie sein kristallklarer Sound mit einer ordentlichen Portion Aliasing.

Prophet VS
Prophet VS · Quelle: Electronic Music Wiki

Sequential experimentierte auch mit Samplern: 1985 erschienen der Prophet 2000 und die Rack-Version Prophet 2002. Zwei Jahre später folgten das Studio 440 – Sequentials Version einer MPC-artigen Maschine – und der Prophet 3000. Das vorläufige Ende konnte dadurch aber nicht mehr abgewendet werden.

Geschichte von Sequential: Das vorläufige Ende

Im Jahr 1987 übernahm Yamaha den Hersteller. Dave Smith und ein Teil seines Teams waren von nun an Angestellte des japanischen Konzerns. Ein Instrument aus dieser Zeit war der SY22 (1990), der das Konzept der Vektorsynthese aufgriff und Samples mit FM-Synthese verband. Später wechselte das Team zu Korg und entwickelte mit der Wavestation einen der größten Hits des Herstellers – zufälligerweise ebenfalls ein Vektor-Synthesizer.

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Ein neuer Anfang

Nachdem er einige Jahre mit seiner Firma Seer Systems an Software-Synthesizern gearbeitet hatte, begann Dave Smith Anfang des neuen Jahrtausends wieder mit der Entwicklung von Hardware-Instrumenten. Los ging es mit dem Evolver (2002), einem monophonen Hybridsynthesizer mit analogen und digitalen Oszillatoren. Da die Rechte am Namen „Sequential Circuits“ nach wie vor Yamaha gehörten, erschien er unter der Marke Dave Smith Instruments. In der Folge entwickelte Dave Smith nicht nur das Evolver-Konzept weiter (Poly Evolver, Mono Evolver), sondern brachte 2007 auch den Namen Prophet zurück. Der Prophet 08 war ein achtstimmiger Analogsynthesizer mit zwei DCOs pro Stimme. Die monophone Variante hieß Mopho und erschien zunächst als quietschgelber Desktop-Synthesizer.

Dave Smith Instruments Poly Evolver
Dave Smith Instruments Poly Evolver · Quelle: Digimart

Die Rückkehr des Namens Sequential

Roland-Gründer Ikutaro Kakehashi (der Miterfinder von MIDI) sollte ein weiteres Mal eine wichtige Rolle in der Geschichte von Sequential spielen. Im Jahr 2015 setzte er sich persönlich bei Yamaha dafür ein, Dave Smith die Namensrechte zurückzugeben. Yamaha willigte ein. Erstmals seit den 1980ern konnte Smith seine Synthesizer also wieder unter dem Namen herausbringen, mit dem er Ende der 1970er zur Legende geworden war.

Sequential Prophet-5
Sequential Prophet-5 · Quelle: Sequential

Der erste Synthesizer, auf dem der neue (alte) Name prangte, war der Prophet-6 (2015). Nach wie vor stand aber auch „Dave Smith Instruments“ darauf, auch auf dem in Kooperation mit Tom Oberheim entstandenen OB-6. Erst im Jahr 2018 wurde die Firma offiziell wieder in „Sequential“ umbenannt. Das „Circuits“ entfiel, um den Namen prägnanter und moderner zu machen.

Der Prophet-6 war zwar unübersehbar eine Hommage an den Prophet-5. Allerdings war es keine exakte Kopie, sondern eher eine Neuinterpretation mit modernen Features. Unter anderem die Effekte, den polyphonen Step-Sequencer und den Arpeggiator hat der Prophet-6 dem historischen Vorbild voraus, wie natürlich auch die sechste Stimme.

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In den Folgejahren erschienen der Prophet X – ein wuchtiger Hybridsynthesizer mit umfangreicher Sampling-Engine – und der Prophet REV2, eine verbesserte Neuauflage des Prophet 08. 

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Auch die Pro-Serie lebte wieder auf und wurde mit dem Pro 3 gekrönt – einem äußerst vielseitigen, bis zu 3-stimmig paraphonen Hybridsynthesizer mit zwei analogen und einem digitalen Oszillator, drei verschiedenen Analogfiltern und einem extrem leistungsstarken Sequencer.

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Die Geschichte von Sequential: Der Kreis schließt sich

Dem Trend, legendäre Synthesizer neu aufzulegen, konnte sich jedoch auch Sequential nicht widersetzen. Im Jahr 2020 erfüllte Dave Smith seinen Fans schließlich den Herzenswunsch. Sequential brachte nicht nur eine offizielle Neuauflage des Prophet-5 heraus, sondern auch den zehnstimmigen Prophet-10. Umschaltbare Filter bilden die verschiedenen Varianten ab, die das Original im Laufe seiner Produktionszeit durchlief (SSM und Curtis). Beide Synthesizer sind auch als Desktop-Module erhältlich.

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Nun hatte sich für Sequential also ein Kreis geschlossen. Das bedeutete aber nicht, dass Dave Smith sich zur Ruhe setzte. Mit dem Take 5 erschien 2021 ein vergleichsweise günstiger Synthesizer mit fünf Stimmen. 2022 folgte der Trigon-6 mit drei Oszillatoren pro Stimme und einem Ladder-Filter im Moog-Stil.

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Leider wurde der Trigon-6 zum letzten Synthesizer, an dessen Entwicklung Dave Smith persönlich beteiligt war. Ende Mai 2022 starb der legendäre Entwickler mit 72 Jahren. Kurz zuvor hatte er noch den gemeinsam mit Tom Oberheim und Marcus Ryle entwickelten Oberheim OB-X8 vorgestellt. Die Auslieferung des Trigon-6 im Herbst 2022 durfte er nicht mehr miterleben.

Die Firma, mit der er unsterblich wurde, gibt es jedoch weiterhin. Mittlerweile gehört Sequential zur Focusrite-Gruppe (wie zum Beispiel auch Novation); den Deal hatte Dave Smith 2021 noch selbst eingefädelt. Wir hoffen, dass der unerwartete Tod des Gründers der Innovationsfreude des Herstellers keinen Abbruch tut. Auf dass die Geschichte von Sequential noch lange fortgeschrieben wird!

Mehr über den Hersteller und die Synthesizer-Geschichte

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