Fairchild Kompressor: Hardware und Plugin Alternativen
Viel Fairchild-Sound für weniger Geld
Der Fairchild Kompressor/Limiter ist eines dieser Studiogeräte, die heute einen Legendenstatus haben. Den Sound kennst du von vielen Hits, allerdings haben die wenigsten von uns jemals ein Original irgendwo stehen sehen. Denn das in zwei Versionen existierende Original ist einfach unglaublich teuer und zudem selten. Gut 30.000 Euro kosten heutige Reissues, selbst Nachbauten sind erst ab mehreren Tausend Euro zu haben. Und das Vintage-Original kann auch schon mal 230.000 Euro oder mehr kosten! In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit den Eigenschaften des Fairchild Kompressors, schauen uns die Modelle 660/670 an und zeigen heutige Hardware und Plugin Alternativen.
Inhalt:
Der Name Fairchild steht für einen legendären Röhrenkompressor und Limiter
Ein Kompressor gehört zu den heute fast schon essentiellen Effekten für die Dynamikbearbeitung im Studio. Und natürlich gibt es auch bei diesem Studio-Equipment einige Namen, die fast alle kennen. Dazu gehört neben den Klassikern 1176 und LA-2A ohne Frage auch Fairchild.
Die Geschichte des 2007 in die TECnology Hall of Fame aufgenommenen Fairchild Kompressors beginnt bereits im Jahr 1959, als der Fairchild 660 vorgestellt wird. Dabei handelt es sich um einen (Mono-) Röhrenkompressor, der von Rein Narma entworfen und dann von dem Unternehmen Sherman Fairchild lizenziert wurde. Mit dem 670 bezeichneten Modell erschien bereits kurze Zeit später eine Stereovariante, die für das Vinyl-Mastering bei Plattenfirmen wie Blue Note Recordings zum Einsatz kam.
Die Technik ist beeindruckend: In einem Fairchild 670 stecken 20 Röhren, 11 Übertrager und 2 Induktoren. Der in einem Rack ganze 14 Höheneinheiten einnehmende Kompressor kommt zudem auf ein Gewicht von fast 30 kg.
Was macht den Fairchild Kompressor so besonders?
Bei einem Fairchild handelt es sich um einen Vari-Mu-Kompressor, der durch die Röhren eine „wohlige“ Färbung des Audiomaterials erzielt und sich sehr gut zum Verdichten und Veredeln eignet. Mit einem Kompressor dieses Typs lassen sich also nicht nur einzelne Spuren wie Vocals, akustische Gitarren, Pads und Leads bearbeiten, sondern ebenso Busse und ganze Mixe.
Im Gegensatz zu anderen Kompressoren funktioniert ein Vari-Mu-Kompressor wie der Fairchild nicht mit einem typischen Regler für die Ratio – stattdessen bestimmt die Lautstärke des eingehenden Signals, wie stark dieses komprimiert wird. Bei niedrigen Pegeln wird mit einer ungefähren Ratio von ungefähr 2:1 komprimiert, während bei hohen Pegeln eine Ratio von bis zu 30:1 entsteht und sich das Gerät wie ein Limiter verhält. Natürlich gibt es nicht nur diese Extreme, stattdessen bewegt sich die Dynamikbearbeitung je nach Pegel zwischen diesen Werten.
Speziell der Fairlight 670 ist für sehr schnelle Attack-Zeiten (von 0,2 bis 0,8 Millisekunden) bekannt, die Release-Zeiten lassen sich in sechs Schritten von 300 Millisekunden bis zu 25 Sekunden einstellen.
Interessant sind die Möglichkeiten des Stereo-Modells, das nicht nur getrennt zwei Monokanäle oder eben eine Stereosumme zu veredeln, sondern ebenso Mid-/Side-Bearbeitungen beherrscht. Dies ist auch einer der Gründe, warum der Fairchild Kompressor schnell beim Mastering einen Platz fand.
Grundsätzlich ist diese Studio-Hardware für eine sehr neutrale Komprimierung des Audiosignals bekannt, die relativ rauscharm klingt und wenig Verzerrung besitzt. Aber ebenso beherrscht der Fairchild bei hohen Einstellungen einen pumpenden und schmutzigen Charakter.
Hardware-Alternativen zu einem Fairlight 660/670
Wie bereits erwähnt, sind die Originale dieses Kompressors quasi unbezahlbar. Tatsächlich wird das Original aber heute wieder gebaut, allerdings musst du für einen modernen Fairchild 670 knapp 40.000 Euro auf den Tisch legen. Und um es gleich vorwegzunehmen: Aktuell erhältliche Nachbauten sind vielleicht nicht ganz so teuer, kosten aber immer noch ziemlich viel Geld.
Heritage Audio legt mit Herchild 660 und 670 gleich beide Modelle des Fairchild als moderne Nachbauten vor. Du bekommst also die Mono- und Stereo-Variante des Kompressors, der in der Stereo-Version gleich mit 22 Röhren bestückt ist. Zu den Extras gehören ein Sidechain-Filter und die DC-Threshold-Funktion. Darüber lässt sich vereinfacht gesagt einstellen, ab welchen Pegeln der Kompressor loslegt. Beide Modelle bekommst du hier bei Thomann*.
Bei dem Manley Variable Mu handelt es sich um einen Kompressor, der ebenfalls mit Röhren bestückt ist und als Alternative zu dem Fairchild angesehen werden kann. Natürlich hinkt der Vergleich ein bisschen, denn der mittlerweile in drei Varianten erhältliche Röhrenkompressor hat durchaus seine eigene Klangsignatur. Hier bei Thomann erhältlich*.
Chandler Limited RS660 spielt im Namen bereits an das Vorbild an. Tatsächlich handelt es sich um eine Art Best-of von Fairlight 660 und dem Altec 436B – beides Equipment , wie es in den EMI Abbey Road Studios zum Einsatz kommt. Zu den erwähnenswerten Eigenschaften gehören hier die drei Kompressionsmodi (THD, Comp, Limit) und variable Zeitkonstanten mit sieben Einstellungen. RS660 ist sehr flexibel und eignet sich für so ziemlich jedes Audiomaterial. Für eine Stereo-Bearbeitung lassen sich zwei Geräte miteinander verlinken. Hier bei Thomann kaufen*.
Speziell für Mastering-Aufgaben bietet sich IGS Audio Tubecore 3U an. Der für Stereobearbeitungen ausgelegte Kompressor orientiert sich an einem Var-Mu-Design und bietet ein paar sehr schöne eigenständige Funktionen. Röhren lassen sich beispielsweise austauschen, es gibt ein zuschaltbares Sidechain-Filter und über den Mix-Regler ist eine parallele Kompression ganz einfach zu realisieren. Und auch eine Mid-/Side-Bearbeitung ist hiermit möglich. Hier bei Thomann erhältlich*.
Und nun zu einem Tipp für alle, die eine Lunchbox und System 500 Module verwenden: WesAudio Rhea ist ebenfalls ein Röhren-Kompressor, zusätzlich ausgestattet mit Carnhill Eingangs-Übertragern. Natürlich handelt es sich um keinen 500er-Klon des Fairchild 670, dafür bringt dieser Stereo-Kompressor auch zu viele moderne Features ins Spiel. So kannst du die harmonische Verzerrung in zwei Stufen umschalten, es gibt einen Mix-Regler (für Parallel-Kompression), außerdem erwartet dich ein Sidechain-Filter. Sehr cool ist, dass sich WesAudio Rhea über USB mit dem Rechner verbinden lässt und so auch direkt über die DAW bedient werden kann – inklusive Total Recall für Einstellungen. Und gemessen an den Features geht der Preis absolut in Ordnung. Bekommst du hier bei Thomann*.
Plugins und Emulationen des Fairlight 660/670
Wir haben dir ja gesagt, dass es nicht unbedingt günstig wird. Falls dich die gerade vorgestellten Hardware-Modelle etwas geschockt haben, kommt jetzt eine versöhnliche Nachricht: Mit Plugins bekommst du den Sound des Fairchild deutlich günstiger! Und tatsächlich ist sogar ein kostenloses Angebot dabei. Ein ganz großer Vorteil der Emulationen ist, dass du beliebig viele Instanzen verwenden kannst und sämtliche Einstellungen im Projekt gespeichert werden. Und oft kommen viele nützliche Extrafunktionen dazu!
Fangen wir mit eine der bekanntesten Emulationen des Fairchild an. Die Universal Audio Fairchild Tube Limiter Native (Collection) enthält Fairchild 660 und 670 sowie 670 Legacy für UAD-2. Die Plugins bilden den Sound der Schaltungen, Röhren und Übertragern so penibel wie möglich nach und versprechen den typisch „seidig-warmen“ Klang der Originale. Und selbstverständlich erwarten dich auch hier erweitere Funkionen wie Parallelkompression, Sidechain-Filter und regelbarer Headroom. Hier bei Thomann erhältlich*.
FireChild nennt sich die Emulation von Tone Empire, die gleich drei Revisionen der Röhren (A, B, C) anbietet und fast selbstverständlich auch ein paar Extras spendiert. Zum Beispiel drehst du mit dem Drive-Regler eine Sättigung in das Signal – noch bevor die eigentliche Komprimierung einsetzt. Das ergänzt der Hersteller mit Reglern für Bias, sechs Release-Zeiten, einer Knee-Kontrolle, Sidechain-Sektion (mit Hoch- und Tiefpassfilter!) sowie einem Mix-Regler für Parallelkompression. Hier kommt übrigens eine Convolution-Technik zum Einsatz, der Sound wird also über Impulsantworten erzielt, die hier allerdings dynamisch benutzt werden. Das Plugin bekommst du hier bei Plugin Boutique*.
IK Multimedia bietet ebenfalls eine Emulation von Fairchild 670 an. In Vintage Compressor Model 670 wurde laut Herstellerangaben monatelange Arbeit hineingesteckt – speziell in Hinblick auf die genaue Analyse des Originals. Das Plugin bleibt auch in Bezug auf die Features sehr nah an der Vorlage, großartig erweiterte Funktionen solltest du also nicht erwarten! Die Emulation ist Teil von T-Racks – beim Kauf erhältst du also je nach Ausführung weitere hochwertige Studioeffekte. T-RackS 5 SE ist hier bei Thomann erhältlich*, die „volle Packung“ gibt‘s mit T-RackS 6 Max*.
Eine weitere erwähnenswerte Emulation kommt von Overloud. COMP670 emuliert gleich drei verschiedene Geräte (und bietet damit drei unterschiedliche Klangcharakeristiken), bietet Extras wie Parallel-Kompression, Einstellungen für Soft-und Hard-Knee mit zusätzlichem Parameter für DC-Threshold (um so das Verhalten des Kompressors zu verändern) sowie einen Sidechain mit Filter. Das Plugin bekommst du hier beim Hersteller.
Hier ein kostenloses Plugin: VladG Molot Compressor orientiert sich ebenfalls an dem legendären Kompressor. Leider handelt es sich um ein Legacy-Produkt, das nicht mehr weiter gepflegt wird und deshalb beispielsweise keine Unterstützung mehr für Apple-Rechner mit Apple Silicon Chipsatz bietet. Falls du dich davon (und der kyrillischen Beschriftung) nicht abschrecken lässt, solltest du aber trotzdem mal das Plugin downloaden – hier bei Tokyo Dawn Labs.
Fazit
Fairchild 660 und 670 sind legendäre Röhrenkompressoren, die im Original extrem teuer sind und auch als (moderne) Nachbauten viel Geld kosten. Die verfügbaren Alternativen im Hardware-Bereich nehmen den Vari-Mu-Stil zum Vorbild, liefern aber oft erweiterte Möglichkeiten und einen eigenständigen Charakter für einen Bruchteil des Preis. Wer den Sound so günstig wie möglich nutzen will, ist auf Plugins angewiesen. In diesem Bereich gibt es einige sehr hochwertige Emulationen, die meist über nützliche zusätzliche Funktionen verfügen. Und bei unseren Empfehlungen findest du sogar ein kostenloses Plugin.
Weitere Infos
- Mehr über die Unterschiede bei Kompressoren
- Workshop: So benutzt du den Kompressor als kreativen Effekt
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