Die Synthesizer der Indie-(Synth)Pop-Band Chvrches aus Glasgow
Churches schreiben sich aus optischen Gründen „Chvrches“. Mit ihrem zugänglichen Synthpop haben sie es kontinuierlich geschafft, sich neben dem üblichen Pop-Mainstream nach oben zu spielen. Sie sind echte Livemusiker, eigentlich aus der Gitarrenecke und schreiben klassische Songs, die aber nicht nur für ein „Projekt“ erschaffen werden, sondern für eine echte Band. Schauen wir uns doch einmal an, welche Synthesizer bei den drei Musikern im Vordergrund stehen. Das ist in dem Fall übrigens ziemlich deutlich.
Chvrches
Wer nach ihnen sucht, findet auch reizvolle Elektro-Coversessions, Akustik-Sessions und alles was Livemusikern Spaß macht. So ist auch ihre Instrumentenwahl sehr „Hands-On“, also sehr „handgreiflich“. Ihr Debut „the bones of the what you believe“ von 2013 enthält gleich mehrere Hits, die sie nach vorn gebracht haben („lies„, „the mother we share„). Das nächste Album bringt mehr Produktions-Skills ein, während das Erste fast noch mehr wie eine gute Live-Aufnahme wirkt.
Wir sind eine Rockband, die keine traditionellen Instrumente benutzen. (Dennoch benutzen sie vereinzelt Bass und Gitarre.)
Man merkt, dass die Band mehr Studioarbeit mit jedem Album gemacht hat, der Mix harmonischer wurde und ohne zu übertreiben hat man sich hier und da neue Studio-Synthesizer gekauft. So hat man den Voyager später wohl wieder durch einen „echten“ Minimoog ersetzt – er klingt noch tiefer und fetter. Das hört man bei Live-Ausschnitten gut heraus. Die leichte, aber reizvolle, Verstimm-Problematik gegenüber den Sequential-Synths ist sicher auch vorhanden, dennoch ist der Sound mit mehr „Wumms“ und Bass kein Nachteil für den Gesamteindruck, den die dritte Album-Tour zu „Love is Dead“ besonders macht.
Die typischen Synthesizer bei Chvrches (Bühne)
Das große Liveset bei den meisten Konzerten besteht fast durchgängig jeweils aus einem Roland Juno-60 oder Juno-106, dem Moog Voyager oder Minimoog und einem großen (5-oktavigen) Sequential Prophet 08 oder Prophet 6. Diese „drei Elemente“ sind bei kaum einer Band so deutlich, auch stimmig in Szene gesetzt und sind DIE Synthesizer, die in keinem Song fehlen. Dazu kommen bei einigen Songs Gitarre oder Bass hinzu und die Samples aus der NI Maschine Mk1, die immer von Martins Hand live eingespielt werden. Gelegentlich hat Lauren seinen Platz eingenommen und spielt ebenfalls Drums auf der Maschine. Die früheren Sets und Songs enthalten eine Menge Vocal-Stückchen, die als sehr typischer Chvrches-Erkennungs-Sound zu sehen sind.
Die Synthesizer sind bei den kleinen Sessions oft andere und die Geräte kleiner. Mal spielt Lauren einen Teenage Engineering OP-1 und auch mal Drums an der Maschine, ist aber sonst hauptsächlich für den Gesang zuständig. Iain und Martin haben offenbar ähnlich eingerichtete Studios, offenbar sogar beide mit SCI Prophet und Moog One ausgestattet. Sie wirken übersichtlich und durch Hardware und Spielfreudigkeit geprägt. Dennoch nicht überfüllt.
Hier kannst du in die Studios schauen (am Ende des Videos). Zwillinge?
Die Beiden spielen bei den Sessions auch einmal einen kleinen Dave Smith Mopho 4x sowie gerade in der ersten Zeit einen DSI Tempest oder auch vereinzelt Elektron Maschinen (Analog Four Keyboard und andere). Dabei sind Roland, Moog und Sequential doch meist die wichtigsten Hersteller. Als DAW wird Ableton Live eingesetzt und teilweise per iPad ferngesteuert. Ungewöhnlich ist auch, dass sich Martin mittels eines Roland A-800 Remote Keyboards (gute Tasten) ebenfalls Zugang zu den Synths verschafft und die beiden offensichtlich Instrumente tauschen und Synths des anderen spielen können. Auf der Bühne sind MIDI–Interfaces von MOTU (MIDI Express) sehr zentral für die Verteilung und damit ist das wirkliche Spielen und Parameter-Einstellen etwas, auf das sie bei jedem Set wert legen.
1. Roland Juno-60 oder Juno-106
Ich schreibe nun bewusst die Synthesizer auf, die man heute als Ersatz aktuell auch bekommen kann oder könnte. Auch auf die Gefahr hin, dass das wirkt, als ob hier etwas verkauft werden soll. Der Juno-106 ist etwas heller, der 60er hat deutlich mehr Moog-Element im Basisklang.
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Zu dem gibt es heute die Emulationen auf dem System-8 oder den JU-06A. Nach eigener Aussage scheint er doch sehr wichtig zu sein aber wohl auch unzuverlässiger als die anderen. Aber fehlen darf er nicht. Lediglich die Entscheidung zwischen dem 60er und dem 106er scheint offen.
Als Software kämen auch TAL Juno, Arturia oder Cherry Audio und andere Anbieter in Frage. Die Roland „Software“ ist in Form von „Plug-Outs“ innerhalb des System-8 allerdings auch der Arbeitsweise von Chrvches näher.
2. Sequential Prophet 08 (altes Set)
Nicht mehr im aktuellen Programm ist der Pr0phet 08, der heute durch den REV2 ersetzt wurde. Der 08 sieht dem REV2 nicht nur per Zufall sehr ähnlich, der ist tatsächlich der Nachfolger und in zwei Versionen erhältlich. Einer mit 8 und der andere mit 16 Stimmen. Er und der Mopho 4x haben klanglich viel gemeinsam.
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3. Sequential Prophet 6 und OB-6 (neues Set)
Wenn es irgendeinen Synthesizer gibt, der ein klassischer und typischer Live-Synths ist, dann sind es wohl diese beiden. Der OB-6 ist für Flächen und weichere Klänge auch wegen seines Multimode-Filters und der 12 dB / Oktave Flankensteilheit die bessere Wahl. Der LFO reicht auch in die Audiogeschwindigkeit hinein.
Sounds sind sehr einfach und leicht eingestellt und die Arbeit macht damit viel Spaß. Die Arpeggios und kleinen Sequenzen bei Chvrches kommen nicht selten aus diesen Synths, bzw. aus dem 08/REV2. Die unterscheiden sich durch deutlich mehr LFOs, aber weniger FM-Möglichkeiten.
4. Moog Voyager (altes Set)
Der „Minimoog Voyager“ war bei der Wiedererlangung des Namens Moog durch Bob Moog der „neue Minimoog“ mit einem etwas zarteren Sound. Er hatte Speicher und auch einige neue Zusätze in der Filterabteilung und Anschlagdynamik. Sicherlich ist er noch vielen ein Begriff, bei Chvrches steht er für die fetteren Bässe und Linien immer bereit und wird meist von Iain gespielt.
Die „von unten her“ sich stets durchsetzenden Bassfiguren sind aus dem Moog. Wenn sie sich noch mehr durchsetzen, stammen sie allerdings vom Vorgängern, dem…
5. Moog Minimoog (neuere Sets)
Der klassische und auch der „neuere“ Minimoog „Resissue“ sind von Kraftwerk bis Churches noch heute so etwas wie eine Referenz beim Thema durchsetzungsfähiger Bass. Man hatte ihn damals eigentlich etwas „zu heiß“ abgestimmt und genau das wurde zum großen Kult. Auch das hört man im Vergleich zum moderneren Kollegen Voyager ohne Mühen heraus. Der Vorteil für heutige Interessenten sind die vielen Clones für wenig Geld. Damit ließe sich ähnliches umsetzen, wie auf den Alben und in den Liveshows von Chvrches.
Der Zusatz „Model D“ ist übrigens vollkommen unwichtig, da die Modelle A-C niemals angeboten oder verkauft wurden. Meist handelt es sich um Besserwisserei und eher weniger edle Motive. Behringer hingegen nutze die Chance ihn nur Model D zu nennen und damit auf ähnlichem Niveau zu stehen, wie „Moog“ ohne den Namen zu nutzen. „Minibehringer“ klingt nun doch eher komisch. Aber Behringers Poly D hat vier Oszillatoren und ist damit schon fett. Roland bietet das speicherbar und gerade für die Bühne und kleine Räume bestens geeigneten SE-02 an.
6. Native Instruments Maschine Mk1
Kaum ein Gig ohne Finger–Drumming auf der Maschine. Bevorzugt ist es aber die unbunte „Mark 1“ Version. Vocal Samples und auch Drums live zu spielen, bringt Leben in die sonst zu sehr nach „19“ klingende Sample-Pop-Welt.
Die Band äußerte sich in einem Interview über die Zuverlässigkeit und ist daher auf den Mk1 scharf. Sie würden nahezu „alle alten Maschinen aufkaufen“. Ich hingegen habe es nie geschafft das Gerät synchron mit Hardware Grooveboxen zu bekommen. Vielleicht sollte man heute mit aktuellem macOS (was Chvrches ebenfalls nutzen) eine aktuelle Maschine einmal neu testen? Vielleicht hat man sich dieser Probleme ja auch angenommen? Bei Finger-Drumming ist das allerdings nicht so wichtig.
Gelegentlich wird für den Job auch ein Controller verwendet. Generell ist das Set durchaus auch eine ausreichende Last für Ableton gewesen und deshalb hat man heute einige entlastende Hardware im Einsatz. Allerdings nicht für Maschine sondern ehre für „Live“. Dort findet man MOTU 828 Audiointerfaces und für die Gitarren den Fractal Axe FX 2, um NI Guitar Rig als ziemlich rechenintensives aber gutes Tool zu entlasten.
7. Gadget-Zone – Teenage Engineering OP-1 vs. Tempest
Nur in einem Liveset sieht man den OP-1, der von Lauren gespielt wird. Auch Zola Jesus habe ich einst bei ihrem Live Auftritt mit diesem erwischt. Früh und immer wieder war die schwer unterschätzte aber nicht von jedem beherrschbare Drum-Maschine Tempest von Dave Smith zu hören und sehen (siehe hier).
Weitere Infos zur Band
Videos
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Chvrches Covers – wie wär’s mit Bauhaus „Bela Lugosi’s Dead“?
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Eine Antwort zu “Die Synthesizer der Indie-(Synth)Pop-Band Chvrches aus Glasgow”
Coole Band, danke für den Tip, die kannte ich noch nicht. Guter Synthgeschmack.!
In einem Clip hatten die aber auch ne Gitarre und ein Klavier. Gibt es sowas auch bei Thomann? Ein Link wäre hilfreich 😘