Die kostenlose Software DSP56300 emuliert digitale Synthesizer-Klassiker
Bei Plug-ins nehmen wir oft das Wort Emulation in den Mund. Das ist in vielen FÀllen aber vermutlich eine etwas vereinfachte Beschreibung. Vielmehr bilden die Plug-in Versionen eines Synthesizers oder Effekts in der Regel eher das (klangliche) Verhalten und die Bedienung nach, als wirklich jede Komponente bis ins kleinste Detail. Bei dem Projekt DSP56300 sieht das allerdings etwas anders aus. Hinter der kostenlosen Software steckt nÀmlich ein purer Emulator, der quasi die Original-Software von digitalen Synthesizern abspielt. Das ist ziemlich abgefahren und einen Blick wert.
DSP56300 Emulator
Der DSP56300 Emulator macht es möglich und lĂ€dt die sogenannten âROMSâ von digitalen Synthesizern wie Access Virus, Novation Supernova, Clavia Nord Lead 3, Waldorf Q und Microwave II oder Korg MS2000. Weil diese (und einige weitere Modelle) auf den Motorola-Chips der Reihe DSP563xx basieren, lassen sich die Synthesizer dann per Emulation auf dem Rechner wie die Originale spielen. Lediglich die Bedienung funktioniert wegen fehlender Haptik und passendem Interface natĂŒrlich etwas anders. Ein Editor wie VirusHC hilft aber zum Beispiel bei dem Access Virus weiter. In Bezug auf die Performance gibt es auĂerdem noch einige Luft nach oben.
Wer sich mit Arcade-Games oder klassischen Homecomputern beschĂ€ftigt, kennt das Prinzip. Ein Emulator lĂ€dt die Original-Software eines Spiels oder die Software eines alten Computers und bringt diese auf dann auf anderer Hardware zum laufen. Das sorgt nicht zwangslĂ€ufig fĂŒr eine originalgetreue Wiedergabe, denn das ROM lĂ€uft eben nicht auf einer nativen Umgebung. Der notwendige Emulator stellt eine Art virtuelle Version der Original-Hardware dar und benötigt in der Regel viel Prozessorlesitung fĂŒr eine angemessene Performance.
Bei diesem Projekt wird dieses Prinzip nun auf die oben genannten Synthesizer angewendet. Und in der Tat benötigt ihr dafĂŒr ebenfalls ROMs der entsprechenden OriginalgerĂ€te. Und damit kommen wir schon zu der brenzligen Frage, wie legal das ĂŒberhaupt ist.
Legal, illegal, völlig egal?
Der Emulator selbst dĂŒrfte unproblematisch sein, das Beschaffen der ROMs mit Sicherheit aber nicht. Denn wĂ€hrend die Software des Emulators eine eigenstĂ€ndige Entwicklung darstellt, sind ROM-Images im Besitz der entsprechenden Firmen und damit Copyright-geschĂŒtzt.
Es könnte in einem gĂŒnstigen Fall passieren, dass die namenhaften Hersteller neugierig werden, wenn sich die Performance von DSP56300 auf einem zufriedenstellenden Niveau befindet. Dann wĂ€ren kommerzielle und legale Software-Versionen der verschiedenen Synthesizer denkbar. Access, Novation, Korg, Clavia und Waldorf mĂŒssten sich in diesem Fall dann ânur nochâ um das Interface kĂŒmmern.
Es ist auch denkbar, dass die Hersteller in Zukunft das kommerzielle Interesse an ihren alten Produkten verlieren und die Emulationen eine Art digitaler Erhaltung darstellen.
Es gab schon mal vergleichbare AnsÀtze
Die Idee, das OS eines digitalen Synthesizers in anderer Umgebung zu verwenden, ist ĂŒbrigens gar nicht mal so neu. So gab es fĂŒr die TDM-Version von Pro Tools bereits eine originalgetreue Version des Access Virus, weil die damaligen DSP-Karten auf dem gleichen Chip-Typ von Motorola basierten. Bei diesem Beispiel handelt es sich strenggenommen nicht mal um eine Emulation, denn keine Software muss vorher einen Motorola-Chip âvorgaukelnâ.
Vergleichbarer wĂ€re vermutlich QasarBeach, die Emulation eines Fairlight CMI IIx. Ich erinnere mich auch an ein Projekt, bei dem Patches des Nord Modular G2 (basiert ebenfalls auf Motorola-Chips) in Code fĂŒr Csound umgewandelt werden.
Spezifikation
DSP56300 lĂ€uft auf macOS, Windows und Linux â bisher gibt es lediglich eine Plug-in-Version des Access Virus. Weitere Informationen findet ihr auf der Website des Projekts. Die Downloads sind kostenlos.
Weitere Infos
Video und Soundbeispiele
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8 Antworten zu “Die kostenlose Software DSP56300 emuliert digitale Synthesizer-Klassiker”
Interessante technische Entwicklung. Auf KvR steht bereits fĂŒr den ein oder anderen ehr die Frage im Vordergrund, ob dass nutzen von Firmwares legal oder illegal ist (wenn man nicht im Besitz der GerĂ€te ist). WĂŒrde mich freuen wenn die Original Hersteller ihr okay geben, oder dass Projekt sogar aktiv unterstĂŒtzen wĂŒrden. FĂŒr eine digitale Virus, Nordlead, oder Supernova Lizenz, wĂ€re ich bereit Geld zu bezahlen.
Wie im Artikel beschrieben, sieht die rechtliche Situation relativ klar aus. Eine aktive UnterstĂŒtzung seitens der Hersteller wĂ€re natĂŒrlich wĂŒnschenswert, halte ich aber aktuell nicht fĂŒr realistisch. Entweder dulden die das stillschweigend oder gehen mit rechtlichen Schritten gegen die Verbreitung ihrer Software vor. LĂ€sst sich ja gut bei klassischen Videospielen beobachten. Wenn die Hersteller ein GeschĂ€ft wittern, springen sie möglicherweise auf den Zug auf.
Danke fĂŒr den Artikel, wir bekommen gerade eine Menge Traffic von euch rein :) Eine kleine ErklĂ€rung/Korrektur, falls erlaubt:
Beim DSP-Emulator gibt es im Gegensatz zu einem Videospiel-Emulator keine Möglichkeit fĂŒr „AbkĂŒrzungen“ oder sonstige Tricks, wir emulieren den DSP genau so wie er geschaffen wurde. Es kommt im Artikel u.U. so rĂŒber, als wĂ€re die Emulation ungenau, das ist aber nicht der Fall. Unsere Audio-Ausgabe ist bis aufs Bit identisch mit der Virus-Hardware. Das Einzige, das fehlt, ist der D/A-Wandler.
Danke fĂŒr den Hinweis. Wirklich ein sehr faszinierendes Projekt.
Hallo Dirk.
Nochmals vielen Dank fĂŒr den Artikel. Inzwischen hat sich einiges getan, es gibt eine eigene BenutzeroberflĂ€che und die Performance wurde enorm verbessert. Vielleicht ja ganz interessant :) Im Blog-Bereich unserer Seite gibt es die UI zu sehen und auch in Video ist dabei.
„Es ist auch denkbar, dass die Hersteller in Zukunft das kommerzielle Interesse an ihren alten Produkten verlieren und die Emulationen eine Art digitaler Erhaltung darstellen.“
Das wage ich zu bezweifeln. Bei zu vielen alten GerÀten hÀtten die Hersteller das schon lÀngst machen können. Alesis-Fusion-Besitzer betteln geradezu seit einem Jahrzehnt darum, das Betriebssystem als Open Source freizugeben, und obwohl Alesis/inMusic schon lange kein interesse mehr daran hat und nicht plant, jemals wieder einen Synthesizer herzustellen, geschweigedenn das System jemals zu Ende zu programmieren, findet keine Freigabe statt. Die Hersteller sitzen auf ihren Produkten wie die Henne auf dem Ei.
Ich habe das Update des Emulators fĂŒr dem Virus. Finde ich auch faszinierend, aber ich werde das nĂ€chste Update von Adam Szabos Viper Plugin vorziehen, dass auch Virus Preset Import erlauben wird. Denn zum Arrangieren ist die DSP Emu wegen ser Performance-SprĂŒnge leider immer noch nicht geeignet. Ich freue mich aber schon auf die angekĂŒndigte Emu des Supernova Synths!
Danke an das DSP56300 Team.
Das Update von gestern ist Spitze. Im Gegensatz zum Viper, der Windows-only ist, lĂ€uft der Osirus perfekt auf dem Mac. Durch höhere Bufferwerte sind die Spitzen des DSPs ganz gut abzufangen. Ich habe bereits meine eigenen Virus A Sounds von 1998-2005 importiert. FĂŒr unterwegs auf jedenfalls eine gute Option. Meine beiden A’s können dann wohl bald in Rente.
Noch ist mir unklar, wie ich die mitgelieferten BĂ€nke komplett absave bzw. wo die sich im macOS Dateisystem befinden. FĂŒr meine eigenen BĂ€nke habe ich einen Ordner mit Syx Files angelegt, da tauchen sie sofort im Patchbrowser auf!
Cool gemacht.
Es wĂ€re tatsĂ€chlich nötig einen aktualisierten Bericht darĂŒber zu bringen, den nun ist der Plugin voll brauchbar ohne Workarounds.
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