von claudius | Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Software kaufen und laufende Kosten für Nachkomma-Updates? Geniale Idee .... nicht!  ·  Quelle: avid.com

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Avid hat kürzlich einen neuen Finanzierungsplan für Pro Tools vorgestellt. Laut diverser Internet-Meinungen (Beispiele: eins und zwei) könnte das wohl die Folge aus stagnierenden Verkäufen dieser DAW: Aktuell ist der Markt gesättigter als noch in den 90ern, wo sich Pro Tools als digitale Aufnahmemöglichkeit zum neuen Studio-Standard mauserte. Zeit für einen Umbruch?

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Um euch ellenlange Texte zu ersparen, hier die Quintessenz des Plans: Der Anschaffungspreis von Pro Tools 11 (Native, nicht HD) steigt auf 899 USD. Damit man als Nutzer danach Updates und Bugfixes (!) bekommt, zahlt man eine jährliche Gebühr von 199 USD bzw. 599 USD für die HD-Version. Dabei geht es aber nicht nur um irgendwelche Major-Updates von Verison 11 auf 12, sondern um die Nachkommastellen – zum Beispiel von 11.6 auf 11.7. Dafür darf man als Non-HD-Nutzer einmal pro Monat den Support per Telefon kostenlos kontaktieren. Jeder weitere Kontakt per Telefon kostet 40 USD, E-Mail Support bleibt kostenlos.

Liebe Menschen bei Avid, meint ihr das wirklich ernst? Ist die aktuelle Marktlage nicht schon Anzeichen genug, dass eure Preispolitik nicht wirklich fruchtet? Steinberg ist ja schon dadurch ein bisschen in Verruf geraten, die x.5er Updates kostenpflichtig zu machen – aus meiner Sicht könnte eure Idee also kaum weltfremder sein. Welcher Genius hat sich das nur ausgedacht? Das können sich vielleicht große Studios leisten, die ohnehin ihr Geld damit verdienen. Aber der „kleine Mann“, der sich gerade in die DAW-Welt einarbeitet, wird doch schon von so einem Kostenrahmen abgeschreckt. Und genau mit diesen „Kleinen“ sammelt man die späteren Nutzer: Einmal in das jeweilige Ecosystem einer Produktionsumgebung eingetaucht, bleibt der Mensch als Gewohnheitstier dabei. Das solltet ihr doch wissen – oder wollt ihr diese Leute nicht mehr?

Wie viele andere auch, mag ich Pro Tools wirklich gern, nutze es allerdings wegen der jetzt schon recht hohen Release-Preise nicht mehr. Aber selbst der Blog Pro-Tools-Expert hat kürzlich ein Video-Review mit Presonus Studio One im Hintergrund herausgebracht. Eingefleischte Pro Tools Nutzer wie Kenny Goia (bekannt von Groove3) „gestehen“ mittlerweile öffentlich in Fachforen, dass sie als Backup immer Reaper haben und sich darin langsam einarbeiten, um den Absprung rechtzeitig zu schaffen.

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Auf der anderen Seite muss man fairerweise sagen, dass die Entwicklung von Updates natürlich Geld kostet. Allerdings wäre es wiederum auch nur fair, wenn diese dann wirklich neue Features beinhalten. Denn Bugfixes sind sozusagen die Beseitigung des Versagens der Programmierer. Das sollte man  wirklich nicht auf den Nutzer abwälzen! Wenn ein Produkt für eine Firma aber nur die roten Zahlen in die Höhe treibt, sollte man doch als erstes vielleicht die Produktpolitik überdenken – und nicht stumpf die Kosten erhöhen.

Adobe hat mit einem Mietsystem einen anderen Weg eingeschlagen und sich so wohl vor roten Zahlen gerettet. Dort gibt es auch den in meinen Augen recht überzogenen Anschaffungspreis nicht: man zahlt nur eine Abo-Gebühr. Vielleicht wäre dieses Preismodell etwas für euch? Zumindest wäre es für Anwender meiner Meinung nach fairer! Man bekommt eine stetig aktuelle Version, hat aber, sobald man nicht mehr zahlt, auch keine Software mehr.

Auf Pro-Tools-Expert ist aktuell eine interessante Umfrage geschaltet: Es wird gefragt, welche PT-Version genutzt wird und wieviele Nutzer ein Update planen. Bei PT10 sind es mehr als doppelt so viele, die nicht weiter updaten werden als die, die weiterhin die Preise anstandslos bezahlen – bei PT11 ist es immerhin ein Drittel mehr.

Wenn Avid das wirklich durchzieht, sehe ich ehrlich gesagt keinen grünen Zweig für Pro Tools mehr. Diese Chance werden sich andere DAWs wie Presonus Studio One, Steinberg Cubase oder Cockos Reaper nicht entgehen lassen: Die lassen sich ganz nebenbei auch an den Nutzer anpassen und nicht anders herum. Falls das neue Preismodell allerdings wider Erwarten gut ankommen sollte, werden wohl andere Hersteller  auch auf diesen Zug aufspringen. Ein Schritt rückwärts.

UPDATE 11.11.14: Die bei Veröffentlichung meiner Kolumne genannten Preise waren nur Spekulationen von Pro-Tools-Expert.com und haben sich als falsch herausgestellt. Avid hat auf der eigenen Website inzwischen nähere Infos zur neuen Preispolitik veröffentlicht: 199 USD für die normale Version, und 599 USD für die HD-Verison – beides jährlich. Ich habe die Preise oben entsprechend verbessert.

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5 Antworten zu “[Kolumne] Avid kündigt neue Kosten für Pro Tools Nutzer an – DAW zum Taxi-Tarif?”

    cubendo sagt:
    0

    Kras o.O Da bin ich als Cubase Nutzer noch gut dran :D

    BlackSun sagt:
    0

    Noch! … Ja, noch sind wir gut dran… und bald feiert Steinberg IHRE große neue Preispolitikidee… *ich heul jetzt schon mal vor*

    ex-avid-user sagt:
    0

    Der längst überfällige Gnadenstoß für Avid. Wer lässt den sowas mit sich machen? Ich bin froh, vor einem Jahr auf Nuendo umgestiegen zu sein.

    Studio-One-User sagt:
    0

    WTF!!!!

    Aber jetzt erklärt sich auch, warum das ElevenRack seit kurzem mit (http://www.thomann.de/de/avid_eleven_rackpro_tools.htm) und ohne (http://www.thomann.de/de/avid_eleven_rack_hardware_only.htm) PT angeboten wird, während da vorher ja eine möglichste enge Verzahnung als PT-Einstiegsangebot für Gitarristen und Gitarren-Recorder zu erkennen war….
    Mal sehen, wohin das so führen wird.

    ich sagt:
    0

    Ich zahle gern den Preis für PT. Alle anderen DAW’s sind nicht mein Ding.

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