Angecheckt: Artiphon Orba
Artiphon Orba ist eine Symbiose aus Synthesizer, Looper und Effektgerät. Das kleine Instrument passt locker in die Hand und lässt sich dank Akku überall hin mitnehmen. Es verfügt über integrierte Speaker, Bluetooth, einen Stereo-Klinkenausgang, selbst Gesten- und Lageerkennung sind integriert. On top lässt sich das Teil als MIDI-Controller für PC/MAC, DAW, Plug-ins, iPad/iPhone und Android einsetzen. Mit 99 Euro seid ihr dabei.
Auspacken und anfassen
Viel ist nicht drin in der Verpackung: Der Orba, ein USB-Ladekabel und ein Faltblatt, Bedienungsanleitung wäre zu hoch gegriffen – allerdings ist das Gerät auch quasi selbsterklärend. Das Design ist puristisch, mir gefällt’s, und wer Schwarz nicht mag, kann sich noch bunte 10-Euro-Gummisleeevs, die selbstverständlich auch vor Kratzern schützen, für sein mobiles Soundvergnügen holen, aktuell in Blau oder Grün und Schwarz. Eine Hardcase-Tragetasche ist auch für gut 15 Euro verfügbar.
Leicht und handlich ist der Orba schon einmal, das ist sicher. Lediglich 158 g bringt er auf die Waage, die Höhe beträgt gut 48 cm und der Durchmesser 81 mm. Das ist etwas mehr als die Hälfte eines durchgeschnittenen Tennisballs, aber unterdrückt bitte das Wurfverlangen. Weil das Gerät an der Hinterseite abgeflacht ist, schmiegt sich nahezu perfekt in die Handfläche ein, zumindest in der eines Erwachsenen. Zwei Gummilippen in Bogenform unterhalb der Konstruktion beugen einem Verrutschen auf glatten Oberflächen vor.
Artiphon Orba Bereiche
Artiphon Orba ist in drei Bereiche aufgeteilt. Oben das Instrument, in der unteren Halbkugel finden sich die Speaker und am seitlichen Ring entdeckt man den Einschaltknopf und Lautstärkeregler. Daneben die die USB-Buchse. Der USB Anschluss steht zum Aufladen, für USB-MIDI und für die Verbindung zur Orba App bereit, obschon Erwähnung finden muss, dass sich Orba auch drahtlos mit mobilen Endgeräten und Computern verbinden kann.
Last but not least ist hier eine 3,5 mm Stereo-Klinkenausgang beheimatet. Hier könnt ihr euren Kopfhörer anschließen. Wer mag, kann aber auch via Adapterkabel einen Mixer oder Speaker anfahren, wobei ich gleich mal einen Nachteil festhalten möchte: Bluetooth-Boxen können mit dem Gerät nicht gepaart werden. Bluetooth-MIDI ist angesagt.
Positiv dann wieder: Das seitliche Stellwerk und die Buchsen wirken keinerlei störend, wenn Orba in der Hand liegt und über die integrierten Boxen gespielt wird, die 3 Watt Leistung bringen. Der integrierte Li-Pro-Akku liefert 1250 mAH, das soll laut Hersteller für etwa für ca. 4 Std. ununterbrochenen Betrieb ausreichen. Zugegebenermaßen ist der Sound aus den Boxen etwas quäkig, besonders beim FX-Einsatz, mit dem Kopfhörer macht es mehr Spaß, dann habt ihr allerdings das „Kabel an der Backe“ – wäre das cool, könnte ich hier meine Airpods Pro verwenden. Vielleicht bei einem Orba Pro?
Let’s play Artiphon Orba
Spielerischen Zugang in die Welt der Musik für jeden – das hat man sich bei Artiphon auf die Fahne geschrieben (und das ist ja im Gitarrenbereich mit dem Instrument 1 schon mal nicht schlecht gelaufen). Also in die Hand nehmen und einfach loszulegen? Exakt so einfach ist das im Grunde auch.
Die integrierte Sound-Engine setzt auf einen vierteiligen, polyphonen Synthesizer mit subtraktiven und Physical-Modeling-Synths und 10 Stimmen. Gesteuert wird der Orba mittels acht Touchpads, die in der Lage sind, neben der bloßen Berührung auch die Intensität zu erfassen, ebenfalls Drehen, Kippen, an die Hand Schlagen und wild hin und her Winken. Neben jedem Pad ist eine Mehrfarb-LED verbaut, die euch über den aktuellen Status der Gerätes und die aufgerufenen Funktion informiert.
Um Klang zu erzeugen, muss man lediglich die A-Taste (sie dient stets zum Selektieren der Funktionsbereiche) drücken, in den Segmente 1-4 Drum, Bass, Chords oder Lead auswählen und kann sich dann mit der Bedienung und den Beats und Sounds anfreunden. Oder gleich die REC-Taste betätigen, Drum auswählen, Beat eintappen, Bass überlagern, Chords dazu (wobei diese vordefiniert sind und sich nicht editieren lassen) und ein paar Leads on top. Die aufgezeichnete Loop-Länge ist dabei immer für sämtliche 4 Bereiche vorgegeben.
Vibrationsmotor und Gyroskop
Der Vibrationsmotor erzeugt auch gleich beim Spielen ein haptisches Feedback – find ich interessant, wäre aber schön, könnte man dies optional abschalten, denn manch einer könnte es als störend empfinden. Neben anschlagdynamischem Spielen kann man je nach ausgewähltem Sound auch swipen oder Kreisbewegungen vollziehen. Aufgrund des integrierten Gyroskops sieht sich Aritphons Klanghalbkugel außerdem in der Lage zu erkennen, ob ihr die Kiste dreht oder schüttelt, was zur Effektsteuerung und Klangveränderung genutzt wird.
Simples Beispiel: Schlagt ihr das Teil im Drum-Mode gegen die Hand, gibt’s einen Clap (zumindest im Werks-Preset, das sich allerdings austauschen lässt, dazu später mehr). Dreht ihr es im Synth-Mode, werden Effekte aktiviert usw. Nicht weniger simpel: die Geschwindigkeit via BPM-Sektion (Sektion 7) eintappen oder die Oktave hoch- oder runterswipen im Oktaven-Shifter (Sektion 8).
Doch die Bedienung hat so ihre Tücken. Beispielsweise ist es mir immer mal wieder passiert, dass mein Finger versehentlich eine Note triggert, besonders der Daumen ist hier anfällig, ein Nachbarfeld zu berühren. Die Tasten wollen auch richtig gedrückt werden, doch haut man im Drum-Mode hingegen zu fest drauf, löst das Clap mitunter aus, beim Bass schrebbelt es schon mal aus den Boxen, wenn die Rotation eingesetzt wird. Das Stoppen der Aufnahme, darauf gehe ich gleich noch ein, ist manchmal etwas Glückssache, kurzum: Die Tasten und Sensorik hätten noch Optimierungspotenzial. Sektion 5 und 6 habe ich euch noch vorenthalten, die folgen nun.
Recording
Startet ihr via REC-Taste den 4-Spur-Looper, könnt ihr direkt mit der Aufzeichnung eures ersten Songs beginnen. Das Metronom tickt mit, der Looper hat eine maximale Länge von 8 Takten (wird via fortlaufender LED angezeigt). Beendet wird die Aufzeichnung des jeweiligen Instruments über die A-Taste, danach spielt Orba eure Noten ab und springt direkt zur nächsten Sektion, wobei die Recording-Funktion und Playback weiterläuft. Das geht zügig von der Hand und ist eine prima Idee, um mal eben ein paar musikalische Skizzen festzuhalten oder spontane Song-Ideen. Hier stoße ich auf zwei „Nachteile“. Quantisiert werden die Benutzereingaben nicht, also ist exaktes Timing gefragt. Es ist ferner nicht möglich, den Loop-Buffer vorzugeben, also beispielsweise 2 Takte als Aufnahmelänge im Vorfeld einzustellen (Kombination von REC, A und einer weiteren Taste z. B.).
Das zeigt, dass eine Shift-Taste allgemein vielleicht nicht schlecht gewesen wäre, um zukünftige Feature-Updates zu bedienen. Obendrein kann zum aktuellen Zeitpunkt immer nur 1 Song im Gerät gespeichert werden, der Export muss via APP erfolgen, dazu gleich mehr.
Artiphon Orba als MIDI-Controller
Orba kann aber auch als MIDI-Controller mit MPE-MIDI-Unterstützung eingesetzt werden und ist kompatibel zu iOS, Mac, Windows und Android sowie vielen DAWs einschließlich, Ableton Live, Bitwig, Cubase, FL Studio, GarageBand, Logic, Pro Tools, Studio One etc. Und das ist ein großer Bonus für das Gerät, denn hier steckt einiges an Potenzial drin für DJs, Live-Performance, Synth-Sessions, ja auch für Standard-DAW Befehle (Play/Pause/Rec, Volume etc.).
Auf der Website könnt ihr ein MAX 4 Live Preset runterladen (Ableton 10 vorausgesetzt). Zieht ihr dies in eure MIDI-Spur und speichert das Preset, findet ihr es danach Im Max-MIDI-FX Ordner und innerhalb von Live werden euch die Mapping Möglichkeiten für die Parameter Radiate, Tilt, Spin, Press, Vibrato, Move und Shake sowie Bump offeriert – nice.
Zum Ausprobieren kann man auf der Hersteller-Website drei Templates – sogenannte Orba Sessions – für Live, GarageBand, Logic und FL Studio runterladen.
Desktop und iOS App
Die Apps sind – anders als man es vielleicht gerade für die Tablet-Versionen erwarten würde – keine Sound-Tools. iOS und Desktop-App ermöglichen gleichermaßen, die Presets der vier Spuren individuell auszutauschen. Aktuell offeriert der Browser 10 Presets, somit kommt ihr auf insgesamt 40 „Soundbänke“ wie Ambeant, Bedroom, Chill und Cartridge, um nur einige zu nennen. Mehr dürften folgen, mitunter auch kostenpflichtige Erweiterungen. Ferner könnt ihr hier eure Songs speichern und taggen bzw. MIDI-Modus und Pitchbending anpassen, den Batteriestatus überprüfen und Firmware-Updates vornehmen. Bis auf den letzten Punkt ist dies analog zur iOS App.
Wer kann das gebrauchen
Orba ist ein multifunktionaler MIDI-Controller und Klangerzeuger, der Neulingen einen intuitiven Zugang zur Musik bietet und fortgeschrittene User über die MIDI-Controller-Funktion ansprechen könnte, in einige Teilen jedoch noch Optimierungspotenzial darlegt. Ich sehe den Orba-Soundgenerator daher als mobile Spaßmaschine sowie als Skizzenblock für spontane musikalische Eingebungen und es macht eine gewisse Zeit schon Laune, mit den Presets und dem Looper, den Tasten und dem Gyroskop herumzuexperimentieren. Ein interessantes Weihnachtgeschenk übrigens auch für Freunde und Kids, wie ich finde.
Als intuitiver MIDI-Controller der anderen Art richtet sich der Artiphon auch an erfahrene Anwender und nerdige Einsätze, beispielsweise zur Steuerung von Parameterfahrten in der DAW und für Plug-ins sowie für Transport- und Pegelkontrolle beispielsweise, aber durchaus auch für die experimentelle Performance oder als MIDI-Impulsgeber für eine DJ-Software etc. Vielleicht entsteht über die Zeit sogar eine Community, die ihre Kreationen mit den Anwendern teilt. Ein bissl mehr Komplexität und/oder Einflussnahme hatte vielleicht nicht geschadet, widerspricht aber mitunter dem Gesamtkonzept.
Schlussendlich darf man Artiphon wohl attestieren, dass sie hier ein interessantes, wenngleich noch nicht perfekt umgesetztes Sound- und MIDI-Tool entwickelt haben, bei dem man gespannt sein darf, was noch über Firmware-Updates nachgereicht wird.
Weitere Informationen
Artiphon Orba Features
- portabler Synthesizer, Looper und MIDI-Controller
- 8 feinfühlige Touchpads erkennen Velocity, Vibrato und Pressure
- 8 Multicolour-LEDs
- Bewegungs- und Lagesensoren zur Erkennung von Winken, Neigen, Schütteln uvm.
- Vibrations-Motor für direktes Feedback
- Onboard-Looper mit 4 Spuren
- Sound-Engine mit 4-Part polyphonem Synthesizer mit subtraktiven und Physical-Modeling-Synths und 10 Stimmen
- MPE-MIDI-Unterstützung
- Bluetooth LE MIDI
- Orba-App zur Verwaltung von Songs, Loops und Presets
- USB-C Port (USB 2.0 Class Compliant Audio/MIDI)
- Kopfhörer/Line Ou,t 3,5 mm, Stereoklinke
- Lautstärke +/- Taster
- Power/Bluetooth-Taster
- Eingebauter 1250 mAH Li-Po Akku für ca. 4 Std. ununterbrochenen Betrieb
- eingebauter Lautsprecher mit 3 W Musikleistung
- inklusive USB-C-A Kabel
- Abmessungen: Durchmesser 81 mm; Höhe 48,5 mm
- Gewicht: 158 g
Video:
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