Angecheckt: Ableton Live 11
Überraschend präsentierte der Berliner Hard- und Software-Hersteller Ableton mit Live 11 eine neue Version seiner Flaggschiff DAW. Sie enthält viele neue interessante Funktionen und vor allem etliche Fehlerverbesserungen sowie eine erhebliche Performance-Steigerung. Trotzdem scheint die Welt gespalten. Denn äußerlich hat sich auf den ersten Blick nicht viel getan. Und es fehlen eine Handvoll an wichtigen Features, die Konkurrenz-DAWs schon seit etlichen Jahren bieten. Nichtsdestotrotz solltet ihr euch die neue Version und die neuen Funktionen einmal genauer unter die Lupe nehmen. Denn ein Upgrade lohnt sich auf jeden Fall!
Ableton Live 11 kommt
Die Marketing-Abteilung und das komplette Entwicklerteam arbeitete schon seit vielen Monaten an Live 11. Und das absolut geheim und ohne ein Leak. Das ist bei einer so beliebten und weit verbreiteten Software nicht einfach. Deswegen erstaunt uns eine so plötzliche Präsentation nochmals mehr. Und das, als jahrelanger Anwender und Fan der DAW, natürlich mit Staunen und Vorfreude.
Unsere News der Ankündigung könnt ihr euch hier durchlesen. Jetzt zeige ich euch, in diesem Angecheckt zu Ableton Live 11, welche Neuerungen mich beeindrucken und vor allem meine Kreativität im heimischen Musikzimmer beflügeln.
Comping
Das ist definitiv eins meiner Highlights dieser neuen Version. Auch hier dachte ich bei der Ankündigung, dass diese Funktion doch schon vor Dekaden in Cubase, Logic und Pro Tools integriert worden ist. Dazu scheint es doch zuerst ein eher langweiliges Feature für Recording Artists zu sein, die sich über die letzten Jahre in Live sicherlich schon weit bessere Workarounds angeeignet haben. Comping nimmt im eigentlichen Sinne in einem Loop fortwährend Audio auf. Nach dem Drücken der Stopptaste erscheinen sogenannte Lanes (Unterspuren der Hauptaudiospur).
Diese Lanes enthalten alle Aufnahmen chronologisch sortiert untereinander. Mit einem Comping Tool könnt ihr nun die besten Takes (auch Fragmente) von diesen Aufnahmen auswählen. Danach wird der Master-Take aus diesen Teilen wie ein Puzzle zusammengesetzt und ihr erhaltet die „ultimative Aufnahme“. So funktioniert Comping.
Ableton setzt dieser Funktion noch eins obendrauf und zeigt Comping 2.0. Denn sie nutzen den kreativen Faktor, der hinter diesem Feature steht. Ihr könnt nämlich diese Lanes (jede Audiospur lässt sich in den Lanes-Modus schalten) zweckentfremden und das zu der eigentlichen Funktion. Ihr könnt x-beliebig viele leere Lanes erzeugen und dort eigene Samples, Sounds, Loops und Recordings platzieren. Dann nehmt ihr euch das Stiftwerkzeug und klickt wild in die einzelnen Lanes. Und so entsteht eine neue Audiodatei (in der Master-Audiospur).
Es macht so viel Spaß hier zu experimentieren. Und das nicht nur mit Percussion und Drum Loops. Nehmt euch doch einmal Vocals zu einem Shaker Loop, darunter vielleicht noch eine harmonisch passende Fender Rhodes Linie und eine Bass Line. Ein neuer kreativer Loop entsteht. Sehr schön ist auch die Möglichkeit jederzeit die Lanes auszuklappen, um im Arrangement Variationen zu erzeugen.
Comping und MIDI
Ein zweites sehr überraschendes Feature ist Comping mit MIDI-Daten. Denn das ist mit Live 11 ebenso möglich. Und es macht natürlich, denn wie soll es auch anders sein, auch mit Noten- und Controller-Werten in MIDI-Clips mehr als Spaß. Neue Melodieverläufe, Arpeggio-Variationen, krasse Basslines entstehen. Und das im Handumdrehen. Sehr cool! Ansonsten funktioniert es gleich des Audio-Compings.
Zufälle bringen Leben in unsere Noten
Neben dem neuen Design des MIDI-Noteneditors, der längst überfälligen und wichtigen Einführung von Skalen (mit Sync zu Push), gibt es jetzt auch ein paar interessante Zufallsgeneratoren für die Noteneingabe. Wie oft musste ich eingespielte Shaker einer Sampler-Spur manuell durch ein komplettes Arrangement in der Anschlagstärke ändern. Das ist nun Geschichte! Denn ab Live 11 lassen sich Notenbereiche mit einem Velocity-Bereich versehen. Diese Noten werden dann zufällig in diesem Wertebereich angetriggert. Das gefällt!
des Weiteren könnt ihr nun Wahrscheinlichkeiten auf Noten anwenden. Das heißt: werden die Noten gespielt oder eben bei diesem Durchlauf übersprungen. Ganz einfach den Probability-Wert einstellen – alles andere übernimmt der Algorithmus. Gerade HiHat-Verläufe werden so extrem lebendig, aber auch Arpeggios können gewinnen an Spannung.
Neue Live Devices in Live 11
Da ich selbst auf unzählig viele hochwertige Plug-ins von Drittherstellern zurückgreife, schaue ich selten auf die integrierten Tools der DAWs. Bei diesem Update ist es aber anders. Denn auch Max for Live wurde nun näher und besser in die DAW integriert. Modulationsquellen, wie LFOs, Hüllkurvengeneratoren und mehr sind jetzt direkt verfügbar. Aber auch der neue Hybrid Reverb liefert spannende neue Möglichkeiten Sounds zu formen. Ihr habt hier in einem Tool zwei verschiedene Hallgeräte in einem. Und diese lassen sich, typisch Live, sehr interessant miteinander zu verschalten.
Wer auf Resonatoren steht, kann diese jetzt sogar harmonisch zum Song passend spielen lassen. Denn der Effekt reagiert auf eingehende MIDI-Noten. Ich freue mich dazu sehr auf die Inspired by Nature Tools, die Ableton in Zusammenarbeit mit dem Max for Live Entwickler Dillon Bastan gefertigt hat. Denn hier lassen sich mit verschiedenen physikalischen Algorithmen neue Grooves erstellen oder Klänge erzeugen.
Makros und Snapshots
Nicht nur Live Performer werden sich über diese Neuerung freuen. Denn auch im Studio war es oftmals lästig Effektgruppen wieder in Gruppen zu verschachteln, um mehr als acht Makroregler zu erhalten. Jetzt gibt es bis zu 16 von diesen frei belegbaren Drehreglern. Endlich! Aber das ist ja noch nichts Besonderes. Diese Makrosektion enthält ab sofort einen Snapshot-Bereich. Dort lassen sich die Einstellungen aller Regler dieser Gruppe festhalten und mit einem Klick aufrufen. Sehr interessant ist natürlich, dass ihr das Aufrufen dieser Snapshots wiederum automatisieren könnt.
Eine Idee: so lässt sich sicherlich ziemlich einfach ein Granular-Sampler bauen. Oder ihr könnt sehr schnell einen Synthesizer umprogrammieren, während der Song abgespielt wird. Aber auch Live ist dieses Feature großartig. Denn so lassen sich verschiedene Sounds, Effekteinstellungen und mehr ablegen, die ihr mit einem Controller und einem Klick aufrufen könnt.
Fazit
Die erste Zeit mit Live 11 in meinem Studio lief absolut reibungslos und völlig ohne Probleme und Fehler. Im Vergleich zu Live 10 habe ich auch zeitweise viel bessere Performance erlebt. So soll das auch sein bei einem Versionssprung einer Software. Die neuen Add-ons sind gelungen und bringen erheblich viel Kreativität in mein Arbeiten. Mit MPE muss ich mich erst noch ein wenig anfreunden und einige MPE-fähigen Klangerzeuger ausgiebig testen. Der Push 2 Controller kann ja jetzt auch (eingeschränkt) MPE Daten senden. Und seht cool ist das mitgelieferte Max for Live Device, mit dem ihr wirklich jeden Software-, aber auch Hardware-Klangerzeuger mit MPE ausstatten könnt. Denn es lassen sich alle Expression-Modulationen an MIDI-CC oder VSTi-Parameter durchreichen.
Sehr spannend ist auch die Möglichkeit Live auf eine externe Beat-Spur reagieren zu lassen. Somit können unter anderem ein externes Modular System oder ein echter Drummer das Tempo vorgeben. Mir persönlich fehlt immer noch MIDI-CC und NRPN Einbindung in der Arrangement-Ansicht. Das können alle Konkurrenz-DAWs eigentlich schon immer. Und durch Behringer und Co. erleben die Hardware Synthesizer und externen Effekte auch in kleinen Home Studios eine Renaissance. Also muss diese Funktion hoffentlich bald nachgereicht werden. Bis zur Veröffentlichung dauert es ja noch einige Wochen. Vielleicht kommt Ableton bis zum diesem Datum mit weiteren Features um die Ecke. Abwarten.
Alles in allem lohnt sich ein Update für alle Vorbesitzer von Live 11 auf jeden Fall. Besonders jetzt mit 20 Prozent Rabatt bis zum Release-Tag. Aber auch ein Check für Nutzer anderer DAWs könnte sich lohnen, denn so kreativ könnt ihr sicherlich nicht mit anderen Programmen arbeiten. Was fehlt euch in dieser neuen Version?
Weitere interessante Produkte unserer „Angecheckt“-Reihe findet ihr hier. Ihr habt Vorschläge? Dann her damit!
Preise und Zubehör zu Live 11
Ableton Live 11 wird im Frühjahr 2021 öffentlich verfügbar sein. Bis zu diesem Termin könnt ihr euch Live 10 (neu oder als Update/Upgrade) mit 20 Prozent Rabatt zulegen und ihr bekommt das Upgrade auf Live 11 kostenlos bei Release. Das Angebot ist aktiv bis zur Veröffentlichung der neuen Version.
Live 10 Intro erhaltet ihr hier bei Thomann.de (Affiliate) zum Preis von 61 Euro.
Die Live 10 Standard Version kostet hier bei Thomann.de (Affiliate) 272 Euro.
Live 10 Suite mit allen Extras gibt es hier bei Thomann.de (Affiliate) zum Preis von 466 Euro.
Ein Update oder Upgrade gibt es hier bei Thomann.de (Affiliate) zu verschiedenen Preisen.
Aber auch das Update von Live 10 auf Live 11 bekommt ihr zurzeit 20 Prozent günstiger im Ableton Webshop. Die Software läuft auf macOS 10.13 oder höher und Windows 10 oder höher. Zurzeit könnt ihr euch hier für den öffentlichen Beta-Test anmelden.
Mehr Infos
Videos zu Live 11
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10 Antworten zu “Angecheckt: Ableton Live 11”
Überall werden ausführlichste Test der Features von Live 11 besprochen und gefeiert, so dass der geneigte User diese auch sofort kaufen möchte. Das geht leider nicht, erscheint erst allerfrühestens in 4-5 Monaten. Was soll das eigentlich. Da wird man geil gemacht und dann heißt es: aber anfassen is nicht. Scheinbar aber doch, weil es ja schon so super bei so vielen Testern läuft. Das nimmt irgendwie überhand. Seltsame Zeiten.
Ja. Ich gebe dir Recht. Aber hierfür gibt es ja von Ableton zur Zeit und bis zur VÖ einen 20% Rabatt für ein Update. Und zum Test anmelden darf jeder Interessierte vorher und bis zum Release (und das kostenlos!).
„Da wird man geil gemacht und dann heißt es: aber anfassen is nicht.“
Ich sehe, Du warst ebenfalls in einer (dämlichen) GoGo-/Strip-Bar. Vielleicht noch nicht einmal im Sektraum.
Rausgeworfene Gulden, wie für die meiste Weichware. In 2 Jahren nicht mehr unterstützt!
Ok, wenns man es sieht a la „fettes Easen,
(und dank meiner recht fetten Finger…)
.
Sollte heissen: „Fettes Essen gehabt, das einmal verbraucht und dann halt Pech gehabt.“
Nichts von Dauer. Ist wie ein beschissenes Abo. „Lifetime“ gültig kann, siehe HP Lifetime Ink, mal sogar noch weniger wie 12 Monate heissen.
Danke für die ausführliche Beschreibung!
Ableton live 11 funktioniert laut Ableton ausschließlich mit mit Windows 10. Windows 7 und 10 mit live 10.
Die Windows 7 User werden mit Live 11 nicht Glücklich werden.
Hi Marcus,
Wie war das mit dem eingeschränkten MPE bei Push 2 gemeint? Dass es da jetzt per-Note-Aftertouch gibt, oder gibts da noch mehr Parameter jetzt?
Und hat sich was an der AT-Problematik des P2 geändert? Im Gegensatz zum P1 muss dort nämlich viel stärker gedrückt werden, um überhaupt AT zu aktivieren und dann fehlt einem in diesem starken Druckbereich schon jede Feinfühligkeit, um da sanfte Abstufungen zu senden. Total grobschlächtig, komisch und schade. Gerade auch weil P1 das ja schon besser konnte
Ja. Polyphonic Aftertouch ist gemeint. Hier bei cdm ist das super erklärt: https://cdm.link/2020/11/live-11-also-turns-push-1-and-2-into-more-expressive-polyphonic-instruments/. Ich habe mit meinem Push 2 keine „Probleme“ mit den Tasten. Falls du mehr „erleben“ möchtest, solltest du dir den Sensel Morph anschauen. Der soll wirklich gut mit MPE umgehen können!
Mich würde der Aspekt der Perfomance-Verbesserung im Detail noch mehr interessieren.
Ist denke ich ein würdiges Update, auch wenn es schade ist, dass das GUI wieder nicht verbessert wurde. Es gab schon tolle Entwürfe von ambitionierten GUI Designern wie hier zum Beispiel:
https://macprovideo.com/article/audio-software/is-this-what-ableton-live-10-will-look-like
Ja, mich auch!
Gerade in Bezug auf Max hat sich einiges getan! Diese Schnittstelle wurde noch tiefer in der Software verankert und läuft jetzt stabiler und wesentlich performanter. Viele Plug-ins basieren jetzt auch vermehrt auf m4l.
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