von Lasse Eilers | Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten | Unsere Wertung: 4,5 / 5,0
Angecheckt: 1010music nanobox fireball

Angecheckt: 1010music nanobox fireball  ·  Quelle: Gearnews

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Aller guten Dinge sind zwei! Nach dem lemondrop muss jetzt auch der 1010music nanobox fireball im Angecheckt beweisen, was er kann. Wir haben den knallroten, achtstimmig polyphonen Wavetable-Synth im reisefreundlichen Miniaturformat getestet.

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1010music nanobox fireball im Test

Erst vor zwei Wochen hatten wir in unserer Angecheckt-Serie den quietschgelben nanobox lemondrop im Test. Der zweite neue Mini-Synthesizer des Herstellers ist aber nicht weniger interessant: Statt Granularsynthese arbeitet der rote fireball mit Wavetables, und die sind ja spätestens seit dem ASM Hydrasynth, Modal Electronics Argon8 und Waldorf M wieder sehr gefragt. Wavetables versprechen eine große klangliche Bandbreite und viele interessante Modulationen. Deshalb bin ich auf den nanobox fireball mindestens genauso gespannt wie auf den lemondrop.

1010music nanobox fireball

1010music nanobox fireball: Wavetables im Taschenformat · Quelle: Gearnews

Äußerlich gleicht der fireball dem lemondrop, nur dass er eben knallrot statt gelb ist. Das Kunststoffgehäuse, das in jede Jackentasche passt, macht einen sehr robusten Eindruck und dürfte auch häufige Transporte zu Gigs und Studiosessions unbeschadet überstehen. Die beiden Encoder sitzen fest und arbeiten präzise. Auch die vier Drucktaster wirken erfreulich robust und machen einen langlebigen Eindruck. Die Hardware fühlt sich also zum Glück überhaupt nicht nach Spielzeug an, sondern trotz der Winzigkeit nach einem soliden Instrument, das dem Produktionsalltag mühelos gewachsen ist.

1010music nanobox fireball

Der Synthesizer ist winzig, aber gut verarbeitet · Quelle: Gearnews

Anschlüsse

Auch die Anschlüsse des fireball sind mit denen des lemondrop identisch. Rückseitig findet man einen Slot für die mitgelieferte microSD-Karte, die neben dem Wavetable-Vorrat und den Preset-Daten auch die Firmware des Synthesizers enthält. Per SD-Karte lassen sich auch eigene Wavetables laden. Daneben gibt es insgesamt fünf Miniklinkenbuchsen für Line In und Out, Clock In und MIDI In und Out. Beide TRS-MIDI-Standards (Typ A und Typ B) werden unterstützt; ein Adapter auf DIN liegt der nanobox fireball bei.

Der USB-C-Anschluss dient nur der Stromversorgung und sendet und empfängt leider keine MIDI-Daten. Wie schon beim lemondrop finde ich das ebenso schade wie unverständlich. MIDI muss grundsätzlich über die Miniklinkenbuchsen laufen, was gerade unterwegs etwas umständlich sein kann. Man braucht immer ein USB-Kabel für Strom, ein Line-Out-Kabel und – sofern man den Synthesizer extern ansteuern möchte – zusätzlich mindestens ein Kabel für MIDI und ggf. noch ein Interface dazu. Für mobile Laptop-Sessions wäre USB-MIDI schon sehr vorteilhaft und ich verstehe nicht ganz, warum 1010music sich entschieden hat, diese Funktion nicht zu implementieren.

Verkabeln wir den fireball also mit einem USB-Netzteil (bei der Stromversorgung von einem Port meines iMac machten sich leider nervige Störgeräusche bemerkbar) und verschaffen uns anhand der gut 120 mitgelieferten Presets ein erstes Bild von den klanglichen Möglichkeiten.

nanobox fireball

Leider unterstützt der nanobox fireball kein USB-MIDI · Quelle: Gearnews

Erster Eindruck

Spontan gefällt mir der nanobox fireball beim ersten Anspielen sogar noch etwas besser als der lemondrop. Aus dem mitgelieferten Vorrat an gut 100 Wavetables schöpft der Synthesizer eine große Bandbreite druckvoller, eigenständiger und interessanter Sounds. Die Palette reicht von sphärischen Texturen über modulierte Pads bis hin zu Percussion, durchsetzungsstarken Leads und kraftvollen Bässen. Anders als beim lemondrop, bei dessen Sounds ich mich manchmal fragte, wofür man sie im Kontext einer Produktion eigentlich verwenden soll, sind viele Presets des fireball absolut praxistauglich und in vielen Stilen gut einsetzbar.

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Wie immer bei Wavetables wird es besonders interessant, wenn durch Modulation der Wavetable-Position Klangfarben und spektrale Verläufe entstehen, wie man sie mit Standard-Schwingungsformen nicht ohne Weiteres erreichen kann. Zu den besonderen Stärken des fireball gehören klare, brillante Sounds mit einem deutlich digitalen Einschlag, aber der Synthesizer kann auch warm und weich klingen.

Wavetable-Synthesizer

Aus über 100 Wavetables entstehen vielschichtige Sounds · Quelle: Gearnews

Durch die verschiedenen Modulationsmöglichkeiten, von denen viele zur internen oder externen Clock synchronisiert werden können, entstehen viele Klänge mit einer rhythmischen Komponente. Und bei monophonen Bässen und Leads sorgt ein Unison-Modus dafür, dass der achtstimmige fireball richtig Power entfalten kann. Nimmt man dann noch eigene User-Wavetables hinzu, die sich per SD-Karte laden lassen, dann sind den Möglichkeiten zur Klanggestaltung nur wenige Grenzen gesetzt.

Etwas störend ist, dass das Laden eines neuen Presets nicht immer ganz geräuschlos vonstatten geht. Ich habe nicht herausfinden können, woran das liegt und wann genau es passiert, aber manchmal hört man beim Laden noch Effektanteile des zuvor geladenen Sounds. Das ist bei Performances natürlich nicht so schön.

Zwei Wavetable-Oszillatoren

Die Struktur der Klangerzeugung ähnelt der des lemondrop, nur dass der fireball die doppelte Polyphonie hat (acht Stimmen) und statt der beiden Granulatoren mit zwei Wavetable-Oszillatoren aufwartet. Die beiden geladenen Wavetables werden dynamisch auf dem recht fein auflösenden Touchscreen dargestellt, was einen guten Überblick über das Geschehen vermittelt.

Um die Oszillatoren einzustellen, genügt es, eine der Waves auf dem Bildschirm zu berühren. Im Menü kann man dann das Wavetable auswählen, Stimmung, Lautstärke und Position einstellen und die entsprechenden Modulationsquellen zuweisen. Das sind deutlich weniger Parameter pro Wavetable-Oszillator als bei den Granulatoren des lemondrop, sodass alle Einstellungen auf einer Displayseite Platz finden.

Neben den beiden Wavetables bietet der fireball einen dritten Oszillator mit den Standard-Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck, Rechteck (modulierbar), Sinus und Noise. Er eignet sich beim Sounddesign besonders dazu, Sounds anzufetten und modulierten Wavetables einen stabilen „Ankerpunkt“ zur Seite zu stellen.

nanobox

Die Filter lassen sich per Touchscreen grafisch editieren · Quelle: Gearnews

Zwei Filter und reichlich Modulation

Die beiden Multimode-Filter des nanobox fireball lassen sich parallel oder seriell betreiben. Beide können als Tiefpass, Hochpass, Bandpass oder Bandsperre (Notch) arbeiten. Die Filterkurve ist per Touchscreen editierbar, wodurch man Cutoff und Resonance gleichzeitig steuern kann. Da man mit den Encodern immer nur einen Wert zurzeit im Zugriff hat (der andere Drehregler steppt durch das Menü), ist diese Möglichkeit besonders willkommen.

Die beiden LFOs liefern je neun Schwingungsformen: Sägezahn steigend und fallend, Dreieck bipolar, Dreieck unipolar, Sinus bipolar, Sinus unipolar, Rechteck bipolar, Rechteck unipolar und Random. Neben einer Beat-Sync-Option zur Synchronisation zur Clock (intern oder extern) gibt es einen Restart-Parameter, der dafür sorgt, dass der LFO bei jeder Note seine Schwingung erneut beginnt. Außerdem verfügt der fireball über zwei ADSR-Hüllkurven, deren Decay- und Release-Phasen modulierbar sind.

Der integrierte Modulationssequenzer ist besonders interessant und seine Stärken kommen in Verbindung mit Wavetables besonders gut zur Geltung. Hier kann man Sequenzen von bis zu 32 Steps erstellen, die sich dann zur Modulation beliebiger Parameter wie der Wavetable-Position einsetzen lassen und eine Quelle vielschichtiger, rhythmischer Sounds voller Bewegung sind. Der Sequenzer ist über den Touchscreen editierbar; man kann Sequenzen und Modulationskurven also einfach mit dem Finger „malen“. Auch hier gibt es eine Retrigger-Option, um den Sequenzer bei jeder Note neu zu starten. Außerdem lassen sich die ausgegebenen Werte quantisieren, wodurch auch Pitch-Sequenzen in sauberen Halbtonschritten möglich sind. Sehr schön!

Modulation Sequencer

Der Modulationssequenzer ist per Touchscreen editierbar · Quelle: Gearnews

Die LFO- und Hüllkurvenverläufe sowie die Auswirkungen von Modulationen auf die Oszillatoren und Filter werden während des Spielens grafisch dargestellt, was einen schnellen Überblick über das klangliche Geschehen gibt. Man sieht sofort, wo und in welchem Tempo etwas passiert und kann dann gezielt eingreifen. Das finde ich sehr gut gelöst.

Auch die Zuweisung von Modulationsquellen ist einfach: Überall dort, wo sich etwas modulieren lässt, sieht man drei kleine Quadrate. Dann kann man die Pfeiltaste nach rechts drücken und kommt zu einem Menü, in dem sich bis zu drei Modulationsquellen konfigurieren lassen. Neben den internen Modulatoren (LFOs, Hüllkurven, Sequenzer, X/Y-Pad) können auch MIDI-Informationen wie Velocity, Aftertouch und Notennummer sowie das Modulationsrad und beliebige andere MIDI-CCs zur Modulation dienen, sodass sich die nanobox fireball umfangreich über MIDI steuern lässt. Für die Zuweisung von MIDI-Controllern gibt es eine einfache Lernfunktion.

Effekte

Am Ende des Signalwegs warten zwei in Reihe geschaltete Effektprozessoren auf ihren Einsatz. Einer davon kümmert sich um Flanger/Distortion, Chorus oder Phaser, während der zweite für Delay oder Reverb zuständig ist. Viele Effektparameter sind modulierbar, sodass die Effekte kreativ ins Sounddesign eingebunden werden können. Über den Line-Eingang lassen sich auch externe Signale durch die Effekte schicken.

Grid Keyboard

Über die Grid-Tastatur ist der nanobox fireball ohne MIDI-Input spielbar · Quelle: Gearnews

Bedienung

Die Bedienung des nanobox fireball läuft größtenteils über den zwar gut ablesbaren Touchscreen. Der Bildschirm reagiert präzise und verzögerungsfrei auf Berührungen und es kommt trotz der geringen Größe nur sehr selten vor, dass man sich mal vertippt.

Die Menüführung ist größtenteils selbsterklärend. Man berührt auf dem Bildschirm das, was man bearbeiten möchte (also Oszillatoren, Filter, Hüllkurven, LFOs/Sequenzer oder Effekte) und es öffnet sich das entsprechende Menü. Dann kann man mit dem oberen Encoder durch die Einträge scrollen und Werte mit dem unteren Encoder einstellen. Der Layer-Button dient dazu, zwischen den verschiedenen Oszillatoren, Filtern, LFOs usw. hin und her zu wechseln; beispielsweise schaltet man damit zwischen LFO1 und LFO2 um. Ein Druck auf den Home-Button bringt einen jederzeit zurück zur Hauptansicht, die von 1010music als „Dashboard“ bezeichnet wird.

Darüber hinaus stecken zwei praktische Spielhilfen, die sich den Touchscreen zunutze machen, im nanobox fireball. Zum Einen ist das eine einfache Grid-Tastatur, wie sie aus einigen anderen Geräten des Herstellers wie der Blackbox bekannt ist. Diese „Tastatur“ stellt drei Oktaven einer einstellbaren Tonleiter dar und ermöglicht es, den Synthesizer auch ohne MIDI-Input zu spielen. Gerade für mobile Sessions ist das natürlich sehr praktisch, zumal der Synthesizer ja leider kein USB-MIDI unterstützt.

Zum Anderen gibt es ein X/Y-Pad, das die gleichzeitige Steuerung mehrerer Parameter ermöglicht. Es lässt sich wie jede andere Modulationsquelle mehreren Zielen zuweisen und ist vom Hauptbildschirm mit nur einem Tastendruck erreichbar. Gerade für Performances ist das eine sehr schöne Ergänzung.

X/Y-Pad

Das X/Y-Pad kann mehrere Parameter gleichzeitig steuern · Quelle: Gearnews

Fazit

Trotz seiner kleinen Größe sollte man den 1010music nanobox fireball auf keinen Fall unterschätzen. In dem knallroten Mini-Gehäuse mit Touchscreen steckt ein vollwertiger und sehr gut klingender Wavetable-Synthesizer mit acht Stimmen und vielen Möglichkeiten für kreatives Sounddesign. Features wie der Modulationssequenzer, das Laden eigener Wavetables und das X/Y-Pad zur Steuerung mehrerer Parameter sorgen für viel Potenzial für interessante Sounds und überzeugende Performances. Dabei passt der Synthesizer in jede Tasche und kann problemlos überall hin mitgenommen werden. Ein kleines Manko ist die fehlende Implementation von MIDI über USB. Trotzdem macht der fireball jede Menge Spaß – für meinen Geschmack sogar etwas mehr als der lemondrop, da seine Sounds universeller einsetzbar sind.

Preis und Verfügbarkeit

Den 1010music nanobox fireball bekommt ihr hier bei Thomann (Affiliate).

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Kundenbewertung:
(4)

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3 Antworten zu “Angecheckt: 1010music nanobox fireball – Wavetable-Synthesizer im Test”

    karbunkeljoe sagt:
    0

    Ich finde die beiden kleinen Dinger sehen irgendwie ganz nett aus, auch wenn es zu wenig Bedienelemente gibt und die Größe bestimmt nervt, sobald man dann Strom- Audio- und MIDI-Kabel dran hat.

    Aber was zur Hölle haben die sich denn bei dem Preis gedacht?!

    Das Ding hat vier Knöpfe, zwei Encoder und nen Touchscreen. Drinnen dann ein Microcontroller und ein bisschen Peripherie – das kann doch in der Produktion nicht annähernd so viel kosten. Wer bei klarem Verstand ist, kauft sich da doch lieber einen gebrauchten Blofeld, Microfreak oder legt etwas mehr drauf für einen Hydrasynth Explorer.

      Ted sagt:
      0

      Oder einen Argon8.

      Ich würde sagen, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Schade drum.

      René sagt:
      0

      Mann sollte aber bedenken, dass trotz der minimalen Größe ein kompletter Wavetable-Synth vorliegt. Und viel wichtiger: Der 1010music-Workflow bzw. das Bedienkonzept ist extrem durchdacht und meiner Erfahrung einzigartig. Ich habe den Blackbox-Sampler des gleichen Herstellers und bin erstaunt wie intuitiv und schnell der kreative Prozess unterstützt wird. Da steckt schon viel Gehirnschmalz hinter der Entwicklung. Und: Alleine die mega-robuste Bauweise und der exquisite Touchscreen rechtfertigen schon einen Aufpreis von ca. 100 €.

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