Akustikgitarre aufnehmen – Was du brauchst und wie es geht
Wie bereitest du dich am besten vor und welche Tools brauchst du dafür?
Akustikgitarre aufnehmen – oder Westerngitarre – bringt einige Herausforderungen mit sich. Denn im Vergleich zu E-Gitarre oder Stimme sollte man hier anders herangehen. Was du vorab beachten solltest, welches Mikrofon du brauchst und warum du selbst der wichtigste Faktor der Aufnahme bist, erfährst du in unserem großen Workshop.
Alle Schritte unseres Workshops:
Was beeinflusst beim Akustikgitarre aufnehmen die Qualität am meisten
Gerade am Anfang, wenn man frisch an das Akustikgitarre aufnehmen herangeht, kann es sein, dass man eventuell falsche Prioritäten setzt, was die Wichtigkeit aller Bestandteile der Aufnahme betrifft. Denn häufig sind Gitarre, Mikrofon und Audiointerface die Ersten, auf die sich Einsteiger fokussieren. Versteht mich nicht falsch, eine richtig gute Akustikgitarre, ein paar hochwertige Kleinmembranmikrofone und ein Interface mit guten Wandlern tragen definitiv zum guten Sound bei.
Aber viel wichtiger bist du selbst. Sprich, hast du den Song nicht gut eingeübt, sind viele Störgeräusche zu hören oder klingen Akkorde und Noten unsauber, hilft die teuerste Technik nicht. Klar, zur Not kannst du mit den Mitteln heutiger DAWs Noten und Akkorde einzeln und bei langsamerem Tempo aufnehmen und dann zusammenschneiden, schneller geht es aber, wenn du den Song beherrschst.
Dazu sind für eine hochwertige Aufnahme frische Saiten Pflicht. Neben deinem Spielstil ist in den allermeisten Fällen der Raum, in dem du aufnimmst, wichtiger als Mikrofon oder Gitarre. Denn mäht der Nachbar Rasen, rauscht die Klimaanlage oder kreischen die Kinder im Garten, wird das nichts mit deinem Folksong. Dazu beeinflusst die Akustik deines Aufnahmeraums massiv das Akustikgitarre aufnehmen.
Saiten für Westerngitarren:
Saiten für Akustikgitarren:
Vorbereitung – das brauchst du zum Akustikgitarre aufnehmen
Frische Saiten habe ich schon erwähnt. Die solltest du idealerweise nach jedem, aber spätestens jedem dritten Aufnahmedurchlauf stimmen – kaum etwas ist so frustrierend, wie verstimmte Aufnahmen, die man zwar mit Tools wie Melodyne vielleicht noch retten kann. Aber das kostet oft mehr Zeit, als man denkt.
Auch wichtig und erstaunlich oft übersehen: deine Kleidung! Ketten, Uhren, Armbänder, Metallknöpfe, knarzende Lederhosen – alles „perfekte“ Störer, die man in den meisten Aufnahmen nicht herausgeschnitten bekommt. Auch quietschende Stühle und knarzende Holzböden sind hervorragende Kandidaten.
Idealerweise nimmst du zu einer Tageszeit auf, wo möglichst wenig Alltagsgeräusche zu hören sind, falls du nicht in einem akustisch optimierten Studioraum beim Akustikgitarre aufnehmen bist. Nimmst du, wie die meisten von uns, zu Hause auf, können schon ein paar Tagesdecken oder Teppiche an den Wänden oder die freigeräumte Kleiderkammer enorm zu besserer Raumakustik beitragen. Und ein persönlicher Tipp zum Schluss für die Akkordschrammler unter uns: Legt euch drei, vier verschieden dicke Plektren bereit, um Soundoptionen bei der Aufnahme zu haben.
Workflow beim Akustikgitarre aufnehmen
Viele Faktoren spielen eine Rolle bei der Art und Weise, wie du deinen Aufnahmeprozess gestaltest. Eines vorweg: Das One-Take-Wonder ist fast niemand. Sprich, natürlich ist es ehrenhaft, an das Aufnehmen von Akustikgitarre mit dem Vorhaben heranzugehen, den kompletten Song durchzuspielen. Aber wie du vielleicht schon bis hierher bemerkt hast, gibt es derart viele Faktoren (Stil, Übung, Raum, Nebengeräusche, Mikrofon etc.), die die Aufnahme beeinflussen, dass es einfacher ist, die Aufnahme aufzuteilen.
Hier gibt es zwei Denk- oder Produktionsschulen: Entweder man nimmt Songpart für Songpart, also Intro, Strophe, Chorus etc. solange auf, bis der perfekte Take, also der perfekte Durchlauf dieses Teils im Kasten ist. Oder man nimmt mehrere Takes eines Parts direkt hintereinander auf und schneidet dann die besten Stellen zusammen – Comping nennt man diesen Workflow und fast jede heutige DAW bietet hierfür Werkzeuge. Auch kannst du den Song mehrfach ganz durchspielen und per Comping dann die besten Momente deiner Takes zusammenschneiden.
Wie du aufnimmst (siehe unten), hat auch stark damit zu tun, welche Rolle die Gitarre im Arrangement deines Songs spielt. Bei einem zarten Folksong nur mit Gitarre und Stimme würde man insbesondere harte Schnitte im Audiomaterial schneller hören, als in einem vollgepackten Pop- oder Indierock-Song, hier wäre also ein Durchspielen der Parts oder des ganzen Songs wichtiger. Auch kommt es darauf an, wie du spielst, also, ob du zupfst, Arpeggios spielst, lange getragene Akkorde und schnelle Stakkato-Rhythmen.
Kleinmembran, Piezo und Smartphone
Kommen wir doch aber mal langsam zu dem Bereich beim Akustikgitarre aufnehmen, der den Sound letztlich aufnimmt: das Mikrofon. Wie eben erwähnt, spielt hier eine große Rolle, was du spielst und wie wichtig der Sound im Arrangement ist. Hier gilt: je wichtiger, desto hochwertiger.
Viele Westerngitarren und sogar einige Akustikgitarren kommen mit einem Piezo-Tonabnehmer-System. Damit haben sie ähnlich, wie E-Gitarren, einen Klinkenausgang, über den du die Gitarre direkt an dein Audiointerface anschließen kannst. Der Vorteil: Raumakustik und Störgeräusche (außer an die Gitarre klopfende Manschettenknöpfe) spielen kaum eine Rolle. Der Nachteil: du wirst schnell hören, dass ein Piezo-Signal allein oft recht dünn und flach, also nicht räumlich klingt. Wie gesagt, je nach Song kann das aber vollkommen reichen.
Wenn es um die Mikrofonierung geht, kannst du mit einem Werkzeug, dass die meisten von uns im Alltag ständig mit sich herumtragen, mittlerweile erstaunliche Ergebnisse erreichen: deinem Smartphone. Hier die Diktierfunktion anzuwerfen und das Mikrofon des Smartphones ungefähr auf den 12. Bund zu richten, kann in nicht wenigen Fällen für volle Arrangements reichen. Der Berliner Produzent Blvth, der das Soloalbum von Kummer, Frontmann von Kraftklub vor einigen Jahren produzierte, erzählt in einem gerade erschienenen Interview, dass er für einen der Songs die Aufnahme genauso gemacht hat: mit seinem iPhone. Die Königsklasse beim Akustikgitarre aufnehmen sind aber immer noch Kleinmembran-Kondensatormikrofone.
Westerngitarren:
Akustik- oder Konzertgitarren:
Akustikgitarre aufnehmen – die besten Mikrofone
Warum nicht dynamische Mikrofone oder Großmembran? Zuerst einmal: In der Musikproduktion ist alles erlaubt, was gut klingt. Und wenn du mit einem SM58 oder einem Rode NT1 genau die Ergebnisse erzeugst, die in deinem Song gut klingen, fragt niemand. Häufig kann es aber passieren, dass Aufnahmen mit diesen Mikrofontypen das Filigrane und Komplexe von Akustik- und Westerngitarren nicht so fein aufgelöst einfangen können, wie mit Kleinmembranmikrofonen.
Hier gilt das KM184 von Neumann* als das Maß aller Dinge. Viel feiner aufgelöst und hochwertiger einfangen bekommt man seinen Gitarren-Sound kaum. Aber, um mal etwas am anderen Ende des Preisspektrums anzufangen, es kann schon das SC 140 Bundle von the t-bone (für 99,- Euro bei Thomann*) sein, mit dem ihr vollkommen passable Ergebnisse erreicht.
Im Mittelklassebereich während da unter anderem Modelle wie das Matched Pair der Lewit LCT 140 Air (für 249,- Euro bei Thomann*), das Rode NT-5 Mikrofon-Set (für 339,- Euro bei Thomann*) und das Set Universal Audio SP-1 (399,- Euro bei Thomann*) zu nennen.
Akustikgitarre aufnehmen – Die richtige Positionierung
Akustik- oder Westerngitarre, gezupft oder gestrichen, zu Hause oder Studio – ein „stell das Mikrofon hier hin und es klingt IMMER gut“ kann es bei so vielen Faktoren nicht geben. Ein guter Kompromiss in vielen, akustisch weniger optimalen Situationen ist beim Einsatz eines einzelnen Mikrofons dieses in ca. 20 bis 30 cm Entfernung auf den zwölften Bund zu richten. Damit fängst du das Beste aus Korpusresonanz und Spielgeräuschen ein.
Nimmst du in einem hervorragend klingenden Raum auf, kann es beispielsweise aber auch sinnvoll sein, wenn du das Mikrofon weiter weg positionierst. Möchtest du Akustikgitarre aufnehmen im Gegensatz zu Westerngitarre und dein Song beinhaltet vorwiegend gezupfte, sehr dynamische Parts, kann das Mikrofon näher am Korpus zu besseren Ergebnissen führen.
Wie du in unserer Auflistung der besten Mikrofone vielleicht schon festgestellt hast, erhält man Kleinmembranmikrofone häufig als „Matched Pair“, also aufeinander abgestimmtes Paar. Damit geht es dann zur Stereo-Mikrofonierung. Ein viel breiterer, feiner aufgelöster Sound ist so möglich, setzt aber umso mehr eine gute Raumakustik voraus. Ob man in Stereo aufnehmen sollte, hängt auch wieder davon ab, welche Rolle die Gitarre im Arrangement spielt. Weil zum Beispiel ein super breit klingendes Akkordspiel in der vollgepackten Ballade gar nicht unbedingt Platz hätte.
Fazit
Solltest du ganz am Anfang stehen und oft über die Qualität deiner Aufnahmen stolpern: Sei geduldig mit dir, wir sind da alle durchgegangen! Und du würdest staunen, mit welchen oft einfachen Mitteln (siehe iPhone-Aufnahme) heutzutage manchmal Gitarren in den größten Hits aufgenommen wurden.
Sich selbst aufzunehmen, kann ein sehr unbarmherziger Spiegel der eigenen Fähigkeiten (besser: des Übungsstandes) sein. Und den vorgehalten zu bekommen, kann abschrecken. Kein Mikrofon, keine Gitarre und erst recht keine DAW kann das verhindern. Aber bist du einigermaßen in Übung und beherrschst den Song aus dem Effeff, kommst du schon mit einfachen Mitteln und günstigen Mikrofonen zu professionell klingenden Ergebnissen.
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