Access Virus Alternativen: Ist der Virus unersetzlich?
Der Access Virus wird nicht mehr hergestellt – eine Ära virtuell-analoger Synthese ist zu Ende gegangen. Jahrzehntelang war der Virus eine feste Größe in den Studios und auf den Bühnen dieser Welt. Welche Alternativen zum Access Virus bieten sich nach dem Produktionsstopp des Klassikers an? Gibt es überhaupt Alternativen, die den Virus auch nur annähernd ersetzen können?
Seit 1997 stand der Access Virus für leistungsstarke virtuell-analoge Synthese. Acht Jahre später hob der Virus TI das Konzept auf eine neue Stufe und erweiterte die klanglichen Möglichkeiten nochmals enorm. Jetzt bot der Virus nicht mehr nur virtuell-analoge Synthese, sondern auch Wavetables sowie Grain- und Formant-Oszillatoren. Hinzu kamen duale Multimode-Filter, drei LFOs, eine umfangreiche Modulationsmatrix, eine üppige Effektsektion und ein Arpeggiator. Bahnbrechend war damals außerdem die Möglichkeit, den Virus TI über ein Plugin nahtlos in die DAW zu integrieren. Da die USB-Schnittstelle auch Audio überträgt, kann man den Hardware-Synthesizer auf Wunsch genau wie einen Software-Synth nutzen.
Dieses Gesamtpaket ist bis heute ziemlich einzigartig. Deshalb kann natürlich keine dieser Alternativen jeden Sound und jede Funktion des Access Virus TI 1:1 ersetzen. Die bis zu 90-stimmige Polyphonie macht dem Virus TI keiner der hier aufgelisteten Synthesizer nach, ebenso wenig wie den 16-fachen Multi-Mode, die über 3800 (!) Preset-Speicherplätze und natürlich die „Total Integration“. Aber alle der im Folgenden aufgeführten Instrumente sind sehr vielseitige und gut klingende polyphone Synthesizer, die ein breites Klangspektrum abdecken können – vielleicht die größte Stärke des Virus und ein Grund für seine anhaltende Beliebtheit.
DSP56300 OsTIrus: Kostenlose Emulation des Access Virus als Plugin
[Update 25.04.2024] Hinter DSP56300 verbirgt sich ein Team von Software-Tüftlern, die eine virtuelle Emulation der DSP563xx-Chips von Motorola entwickelt haben. Auf diesen DSPs basieren zahlreiche virtuell-analoge Synthesizer wie Clavia Nord Lead 3, Waldorf Q, Novation Supernova und eben auch die Access-Virus-Familie. Das bedeutet: Sofern ihr im Besitz der Original-Firmware des Access Virus seid, könnt ihr euch den Synthesizer mit dem Plugin OsTIrus kostenlos in die DAW holen – und das auf macOS, Windows und Linux. Ist das derzeit vielleicht die Alternative zum Access Virus, die dem Original klanglich am nächsten kommt?
Wichtig: Zusätzlich zu dem kostenlosen Plugin benötigt ihr die Original-Firmware eines der Synthesizer der Access Virus TI-Serie. Da diese nicht frei verfügbar ist, stellt DSP56300 keinen Download-Link für die Firmware zur Verfügung. Das Plugin ist laut den Entwicklern als experimentelle Ergänzung zur Hardware gedacht. Daher müssen wir an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen: Wer sich die Firmware auf eigene Faust besorgt, handelt auf eigenes Risiko!
Waldorf Quantum: Eine Alternative zum Access Virus?
Der Waldorf Quantum ist von den derzeit erhältlichen Hardware-Synthesizern wohl die Alternative, die dem Virus in Sachen Möglichkeiten am nächsten kommt – allerdings mit einem Bruchteil der Polyphonie (8 Stimmen). Wie der Virus TI bietet er neben virtuell-analoger Synthese auch Wavetables. Darüber hinaus stehen mit Resonator- und Kernel-Synthese sowie granularem Sampling weitere Syntheseverfahren zur Verfügung, die den Quantum zu einem außergewöhnlich vielseitigen Synthesizer machen.
Auch die Modulationsmöglichkeiten des Quantum können sich sehen lassen: Neben je sechs LFOs und Hüllkurvengeneratoren gibt es einen komplexen Multistage-Modulator. Auch der integrierte Sequencer kann zu Modulationszwecken genutzt werden. Eine Modulationsmatrix mit 40 Slots dient der Zuweisung.
Den Waldorf Quantum bekommt ihr bei Thomann*.
Wer auf die analogen Filter des Quantum verzichten kann, greift zum deutlich günstigeren Iridium, der stattdessen mit dualen Digitalfiltern ausgestattet ist. Das hat den Vorteil, dass sich zu einem geringeren Preis eine höhere Stimmenzahl (16 Stimmen) realisieren lässt, die allerdings immer noch Lichtjahre von der des Virus TI entfernt ist. Auch der Iridium bietet aber die leistungsstarken Oszillatoren mit fünf Syntheseformen und die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten des Quantum. Als Iridium Core gibt es ihn inzwischen auch in einer besonders kompakten Desktop-Version mit 12 Stimmen. Alle drei Versionen des Iridium gibt es bei Thomann*.
Novation Summit/Peak: Hybridsynthesizer mit FPGA-Oszillatoren
Als vielseitige Hybridsynthesizer sind auch der Novation Summit und die Desktop-Variante Peak mögliche Alternativen zum Access Virus. Beide bieten drei digitale, FPGA-basierte New-Oxford-Oszillatoren pro Stimme, die sowohl virtuell-analoge Schwingungsformen als auch Wavetables liefern können. Ein Editor ermöglicht das Erstellen eigener Wavetables. Die dualen Filter und die VCAs sind hingegen analog. Somit kombinieren Summit und Peak klangliche Vielfalt mit einem druckvollen Analogsound. Alle wichtigen Parameter sind auf dem Bedienfeld in direktem Zugriff.
Der 16-stimmige Summit ist bitimbral, kann also zwei Sounds gleichzeitig erzeugen. Diese Möglichkeit gibt es beim 8-stimmigen Peak nicht. Die Struktur der Klangerzeugung ist jedoch bei beiden Synthesizern identisch.
Die Hybridsynthesizer Novation Summit und Peak gibt es bei Thomann*.
ASM Hydrasynth: Vielseitiger Wavemorphing-Synthesizer
Auch der ASM Hydrasynth kommt als Alternative zum Access Virus infrage – insbesondere die große Version Hydrasynth Deluxe. Als einziger Hydrasynth ist er bitimbral und bietet 16 Stimmen. Die anderen Versionen sind mit 8 Stimmen etwas eingeschränkter, bieten aber die gleiche leistungsstarke Sound-Engine.
Zwar stehen die Wavemorphing-Fähigkeiten beim Hydrasynth klar im Vordergrund, aber dem Synthesizer lassen sich durchaus auch analogartige Klänge entlocken. Vor allem aber ist er extrem vielseitig. Neben den leistungsstarken Oszillatoren sind dafür vor allem die „Mutants“ (Waveshaper), die dualen Filter (Multimode und state-variable) und die enormen Modulationsmöglichkeiten mit je fünf LFOs und Envelopes verantwortlich. Die Effektsektion reicht zwar nicht an die des Virus heran, bietet mit zwei Effektblöcken (Pre und Post) und getrennten Effektketten für jeden Multi-Part (nur Hydrasynth Deluxe) aber viele Möglichkeiten.
Mit polyphonem Aftertouch, zuweisbaren Makros, einem Ribbon-Controller und nicht zuletzt der übersichtlichen Bedienung, die sich am Blockdiagramm des Synthesizers orientiert, ist der Hydrasynth auch für Performances bestens gerüstet.
Alle drei Tastaturversionen des ASM Hydrasynth sind bei Thomann* erhältlich.
Arturia PolyBrute: Analoge Alternative zum Access Virus?
Als der erste Access Virus 1997 erschien, gab es überhaupt keine polyphonen Analogsynthesizer auf dem Markt, die in nennenswerten Stückzahlen produziert wurden. Virtuell-analoge Synthesizer wie der Nord Lead, JP-8000 oder eben der Virus waren damals die hochmodernen Alternativen für polyphonen Analogsound.
Das hat sich inzwischen geändert: Wer analog und polyphon möchte, muss längst nicht mehr zu einem Vintage-Synthesizer greifen. Und deshalb kann auch ein waschechter Analogsynthesizer wie der Arturia PolyBrute heute als Alternative zum Access Virus gelten – zumindest zu dessen virtuell-analogem Teil.
Mit zwei Waveshaping-Oszillatoren pro Stimme, dualen Analogfiltern und je drei Hüllkurvengeneratoren und LFOs ist der PolyBrute äußerst vielseitig. Hinzu kommt die Morph-Funktion, die stufenlos zwischen zwei verschiedenen Einstellungen überblenden kann. Auch das intuitive Matrix-Interface zur Zuweisung von Modulationen und zur Steuerung des Sequencers sowie der dreidimensionale Morphée-Controller sind Highlights des PolyBrute. Abstriche muss man hingegen bei der Polyphonie machen, was bei einem Analogsynthesizer zu erwarten ist. Mit nur sechs Stimmen ist der PolyBrute in dieser Hinsicht keine echte Alternative zum Access Virus.
Den Arturia PolyBrute bekommt ihr bei Thomann*.
Gibt es überhaupt echte Alternativen zum Access Virus?
Wer heute nach modernen Alternativen zum Access Virus TI sucht, wird sofort feststellen: In Sachen Polyphonie und Multitimbralität kann kein heute erhältlicher Synthesizer dem Virus auch nur annähernd das Wasser reichen. Eine so hohe Stimmenzahl findet man sonst nur bei Synthesizer-Workstations – die kommen aber mit jeder Menge Ballast, den man vielleicht gar nicht benötigt, und zeichnen sich meist nicht durch eine sonderlich einfache Bedienung aus. Die Kombination aus einer extrem leistungsstarken DSP-Engine mit einer intuitiven Bedienung und einem grandiosen Sound, der irgendwie immer passt, macht den Virus bis heute ziemlich einzigartig. Schade, dass diese Ära nun zu Ende ist!
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