Avid schickt Pro Tools 12 ins Rennen – das neue Preismodell und andere Änderungen im Überblick
Wir hatten schon bei der Ankündigung auf der NAMM 2015 über das neue Pro Tools (PT) Preismodell geschrieben. „Damals“ waren nicht nur die gearnews-Leser hin- und hergerissen, auch die Messebesucher und die Foren wussten noch nicht genau, ob sie das neue Preismodell von Avid gut finden können.
Ich persönlich finde es auf der einen Seite gut, dass Firmen an den eigenen Fortbestand denken und die eigene Software als Abo-Modell anbieten. Dadurch können die Entwickler bezahlt werden und die Entwicklung geht weiter voran. Deswegen ist Avid auch nicht allein mit der Idee, denn bei Cakewalk wurde auch kürzlich umgestellt.
Aber wie schaffen es denn bitte die anderen Firmen, die pro Version einmalig den Kunden zur Kasse bitten und trotzdem Bugfixes und neue Features anbieten können? Bei FL Studio muss man gar nur einmalig zahlen und bekommt fortan alle neuen Versionsnummern kostenlos – Lifetime Update! Für den Nutzer ein Segen und die Firma gibt es nach vielen Jahren auch noch.
Das sind Avids neue Preis- bzw. Bezahlmodelle:
1. Pro Tools „monthly subscription“ – man zahlt monatlich ab 29,99 USD und erhält dafür die PT Lizenz für genau einen Monat. Oben drauf noch Support und Updates.
2. Pro Tools „annual upgrade plan“ – 12 Monate Updates und Support, geht je nach Version bei 199 USD los. Nur von älteren PT-Versionen möglich.
3. Pro Tools „annual subscription“ – man kauft ein Abo und zahlt im 12-Monats-Rhythmus ab 299 USD und erhält in dem Zeitraum Updates und Support.
4. Pro Tools „perpetual license“ – wie beim normalen Bezahlmodell kauft man hier eine Vollversion dauerhaft inkl. Updates und Support. Die Kosten liegen bei 899 USD. Nach 12 Monaten behält man die zuletzt erschienene Version dauerhaft oder ändert die Zahlmethode in „annual upgrade plan“ oder „annual subscription“ um.
Wenn man sonst in die Featureliste für Version 12 schaut, kann man sich zurecht ein wenig erschrecken. Denn hier steht nicht so viel, wie man für eine neue Version erwarten würde. Neu dazu kommt die Cloud Collaboration, mit der man über das Internet aufnehmen und auch Audio- und MIDI-Tracks austauschen kann oder Projekte speichert. Das möchte nach den vergangen Datenskandalen natürlich nicht jeder – kann ich sehr gut verstehen. Auf Youtube hat Avid dafür unter dem Vorstellungsvideo zur NAMM viel Schelte bekommen. Auch die Likes und Dislikes halten sich bei dieser Version die Waage. Das sah bei den Vorgängern deutlich positiver aus.
Abgesehen davon hat Avid noch den Marketplace vorgestellt. Hier kann man nicht nur seine Werke verkaufen, sondern auch Plugins kaufen und herunterladen und gleich im Projekt ohne Verzögerung nutzen. Ganz im Ernst: Das ist keine neue Pro Tools Version, sondern hätte auch nebenbei nachgereicht werden können. Wenigstens gibt es nun noch eine kostenlose Version „Pro Tools First“, die keinen Dongle benötigt, allerdings gibt es dazu leider noch keine neuen Infos.
Ich vermute, dass Avid als Aktiengesellschaft unter Zugzwang ist und die neue Version veröffentlichen musste. Schade, dass da nicht mehr Enthusiasmus in neue Features und Verbesserungen investiert oder Nutzerwünsche eingebaut wurden. Ob man das Abo-Modell mag oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für mich ist jedes Abo ein No-Go, denn in meinem Kopf herrscht noch der Gedanke, dass eine Firma für ein fertiges Produkt bezahlt wird und nicht im Nachhinein noch quasi kostenpflichtig an den Features herumschraubt und verbessert. Ist an einem Neuwagen ein Defekt (Bug), dann wird der selbstverständlich in der Gewährleistungszeit vom Hersteller kostenlos behoben. Ja, man bekommt noch Support und neue Versionen dazu, aber das ist doch kein Verkaufsargument … oder doch?
Mehr Infos zu Pro Tools 12 erfahrt ihr auf der Homepage von Avid.
4 Antworten zu “Avid schickt Pro Tools 12 ins Rennen – das neue Preismodell und andere Änderungen im Überblick”
Ich find das Preismodell immer noch schwachsinnig. Damit verlieren die alle kleinen Kunden. Mir solls recht sein, ich hab zu Cubase 7.5 umgestellt und bin sehr zufrieden.
„Dadurch können die Entwickler bezahlt werden und die Entwicklung geht weiter voran.“ Es ist immer wieder interessant, wie leichtgläubig die Medien die Argumentation der Firmen übernehmen und unters Volk bringen. Oder es zumindest versuchen. Jahrzehnte konnten Firmen und Entwickler gut von normalen Preisen leben. Und plötzlich soll das nicht mehr gehen? Angesichts der exorbitant gestiegenen Userzahl durch massive Verbreitung von Computern in den letzten 25 Jahren. Es geht einzig und allein um Gewinnmaximierung. Software (egal welche) ist im Gegenteil viel zu teuer. Eine Kopie kostet das Unternehmen garnichts und da heute fast nur noch als Download geliefert wird, spart man sich auch noch Press-, Druck- und Verpackungskosten. Durch das ständige Wiederholen der (falschen) Argumente (und Wiederkäuen in der Presse) glaubt der User aber am Ende wirklich, das alles seinen (hohen) Preis haben muss. Zeit aufzuwachen!
Muss am Ende jeder selbst wissen. Ich kann auch beide Seiten verstehen. Ob so eine riesen Firma wie Avid oder Roland sowas brauchen, sei dahingestellt. Meine Vermutung ist ja nicht die Gewinnmaximierung, sondern das Verhindern der Stagnation oder gar der Pleite, weil sich gehörig verkalkuliert wurde.
Denke ich auch. Ich habe auch Verständnis für beide Seiten, auch wenn ich als Kunde niemals eine Abo-Zahlung für Software „kaufen“ würde.
Wenn eine Firma den Schritt gehen will oder muss, dann scheint da mehr dahinter zu stecken. Und die Firmen, die damit bloß den Gewinn maximieren wollen und nicht ums eigene Überleben kämpfen, denen weine ich als User keine Träne nach.