Die besten Gitarristen aller Zeiten – Sound und Gear von Joe Bonamassa
Der Museumsdirektor unter den Gitarristen
Es gibt Gitarristen, die sind Virtuosen. Es gibt Gitarristen, die sind Sound-Tüftler. Und dann gibt es Joe Bonamassa – ein Phänomen, das beides in einer Person vereint. Der Mann hat nicht nur eine der beeindruckendsten Bluesrock-Karrieren der Gegenwart hingelegt, sondern auch ein Gear-Arsenal aufgebaut, das seinesgleichen sucht.
Das Gear von Joe Bonamassa ist ein Paradebeispiel dafür, wie tief Leidenschaft gehen kann. Seine Gitarrensammlung umfasst unzählige, unschätzbare Instrumente. Dazu kommen Dutzende Vintage-Amps, Effektgeräte aus allen Jahrzehnten und ein Studio, das mehr nach Museum aussieht als nach Tonregie. In diesem Artikel nehmen wir das Gear von Joe Bonamassa genau unter die Lupe: Was macht den Sound eines der besten Gitarriste aller Zeiten aus? Übrigens: Hier findet ihr unseren Artikel über Kirk Hammett.
Das Gear von Joe Bonamassa – Inhalt
Wer ist Joe Bonamassa?
Frag niemand ernsthaft, oder? Joe Bonamassa wurde 1977 in New Hartford, New York geboren – und stand bereits mit zwölf Jahren mit B.B. King auf der Bühne. Seitdem hat er sich zu einem der profiliertesten Bluesrock-Gitarristen der Welt entwickelt. Über 20 Soloalben, zahlreiche Kollaborationen, Projekte wie Black Country Communionoder Rock Candy Funk Party und ausverkaufte Hallen weltweit sprechen für sich. Doch neben seiner Karriere als Musiker ist er vor allem für eines bekannt: sein unermüdlicher Drang nach perfektem Ton – und das entsprechende Equipment dazu.
Was bei Bonamassa auffällt: Er ist kein reiner Gear-Sammler, sondern ein echter Nutzer. Seine Gitarren sind keine Museumsstücke, sie kommen zum Einsatz – live, im Studio, bei YouTube-Demos. Dabei liebt er vor allem Vintage-Instrumente und -Amps, oft in Originalzustand, manchmal liebevoll restauriert. Bonamassa hat ein feines Gespür dafür, wie kleine Details – wie etwa die Wicklung eines alten PAF-Tonabnehmers – den Sound prägen können.
Die Gitarren von Joe Bonamassa

Es ist schwer, alle Gitarren von Joe Bonamassa aufzulisten – selbst er verliert dabei wohl gelegentlich den Überblick. Doch es gibt einige Modelle, die seinen Ton und seine musikalische Identität besonders geprägt haben. Ein kurzer Überblick zum Gear von Joe Bonamassa.
Gibson Les Paul Standard „Principal Skinner“ (1959)
Der heilige Gral unter den Gitarren – Bonamassa besitzt gleich mehrere originale Gibson Les Pauls aus dem Jahr 1959. Die berühmteste davon ist „Principal Skinner“, benannt nach dem Direktor seiner alten Schule. (Oder dem der Simpsons?)
Diese Gitarre ist auf zahlreichen Studioaufnahmen zu hören und gilt als tonale Benchmark für den klassischen Les-Paul-Sound: satte Mitten, singende Höhen und ein unglaubliches Sustain. Ausgestattet mit originalen PAF-Humbuckern, zeigt sie eindrucksvoll, warum diese Gitarren als „Burst“ in die Geschichte eingingen.
Gibson Les Paul „Lazarus“ (1959, restauriert)
Ein ganz besonderes Stück ist „Lazarus“, eine 1959er Les Paul, die völlig heruntergekommen in einem Musikgeschäft auftauchte – mit neuem Finish, verbastelten Teilen und einem kaputten Hals. Bonamassaerkannte ihr Potenzial und ließ sie fachgerecht restaurieren. Heute zählt „Lazarus“ zu seinen Lieblingsgitarren. Der Klang? Warm, holzig, mit einer außergewöhnlich direkten Ansprache – ein Beweis dafür, dass das richtige Holz helfen kann**.
Wer selbst keinen 6-stelligen Betrag übrig hat, findet mittlerweile eine ganze Reihe von hervorragenden 1959er Reissues — sei es aus dem sagenumwobenen Murphy Lab oder von Epiphone.






Gibson Flying V „Amos“ (1958)
Bonamassa besitzt eine der seltenen originalen Flying Vs aus der ersten Serie von 1958. Diese Gitarre, liebevoll „Amos“ genannt, wurde ursprünglich in einem Autoladen in Indiana entdeckt. Ihr aggressiverer Ton – vor allem durch die PAFs in Kombination mit der Korina-Bauweise – eignet sich hervorragend für rockigere Nummern mit mehr Gain. Auch optisch ist sie ein Statement auf der Bühne.
Korina Flying Vs sind eine Seltenheit, umso geiler ist es, dass Epiphone eine hervorragende Variante der V herausgebracht haben. Perfekt für alle, die die offizielle Joe Bonamassa Amos Signature verpasst haben.


Martin 000-45 Joe Bonamassa: Akustik!

Diese akustische Schönheit ist eine auf nur 45 Exemplare limitierte Replika von Joes originaler Martin 000-45 aus dem Jahr 1941. Die Gitarre wurde mit Martin’s Vintage Tone System® (VTS) behandelt und besteht aus Adirondack-Fichte (Decke) sowie guatemaltekischem Palisander (Boden und Zargen).
Das Originalinstrument – einst über drei Generationen in Südkalifornien geblieben – kam auf bewegtem Wege zu Bonamassa. Der Verkauf rettete damals das Zuhause der Vorbesitzerin. Martin rekonstruierte das Modell mit viel Liebe zum Detail: inklusive Hide-Glue-Konstruktion, spezieller Halsform und periodenkorrekter Snowflake-Inlays.
Klanglich liefert sie genau das, was man erwartet: klar, voll, resonant – mit Vintage-Charme pur.
Nur ein Haken gibt es: Auch die Reissue kostet schlappe 20.000 US Dollar.
Fender Telecaster – Der Twang im Arsenal
Für bestimmte Sounds greift Bonamassa auch zur Fender Telecaster, etwa bei Country-inspirierten Licks oder klaren Slide-Parts. Eine seiner bekanntesten ist eine 1953er mit Butterscotch-Finish, die live regelmäßig für Songs wie The Ballad of John Henry oder Woke Up Dreaming verwendet wird.


Weitere Gitarren
Zu seiner Sammlung zählen außerdem:
- Gibson ES-335 Modelle für jazzige Töne
- Double Necks (Gibson EDS-1275)
- Diverse Martin- und Gibson-Akustikgitarren
- Boutique-Gitarren von Don Grosh und Ernie Ball Music Man
- Prototypen und Einzelanfertigungen aus dem Gibson Custom Shop
Wer sich einen Überblick zur Sammlung des Bluesers verschaffen möchte, sollte einen Abstecher nach Nerdville machen:
Verstärker – Röhren, Wärme und Charakter

Das Gear von Joe Bonamassa umfasst eine Ampsammlung, die fast genauso legendär ist wie seine Gitarren. Er bevorzugt alte Röhrenverstärker mit Charakter – laut, dynamisch, ungeschliffen, aber musikalisch. Sein Ton entsteht nicht nur durch ein einzelnes Gerät, sondern durch das geschickte Kombinieren verschiedener Amps mit unterschiedlichen Klangprofilen.
Bonamassa kombiniert dabei zwei bis drei Amps parallel – über ABY-Schalter, Looper oder Stereo-Rigs. So kann er z. B. einen Marshall für die Mitten, einen Fender für die Höhen und einen Dumble für die Tiefe einsetzen – und das alles gleichzeitig. Und auch gern live, dann allerdings abgenommen per Mikrofon. Dazu gab’s auch mal was: Verstärker Mikrofonieren
Marshall Silver Jubilee 2555
Einer seiner Hauptverstärker live ist der Marshall Silver Jubilee – ein Amp, der ursprünglich zum 25-jährigen Firmenjubiläum von Marshall 1987 herauskam. Der Silver Jubilee kombiniert die Aggressivität eines JCM800 mit der Wärme eines Plexi – ideal im Gear von Joe Bonamassa für bluesrockige Leads mit Punch.


Marshall 1959SLP Super Lead Plexi
Ein absoluter Klassiker im Gear von Joe Bonamassa: der Marshall 1959SLP, auch bekannt als „Super Lead Plexi“. Dieser Amp liefert jenen legendären Crunch, der Anfang der 70er Jahre Gitarrensounds prägte. Offen, laut, roh – der perfekte Kontrast zu einem Fender Twin im selben Setup.


Fender Tweed Twin & Bassman (1950er)
Für wärmere, rundere Sounds setzt Bonamassa auf originale Fender Tweed Amps aus den 1950ern. Der Twin-Amp mit zwei 12″-Speakern liefert süße Höhen und ein offenes Klangbild, während der Bassman mit seinen vier 10″-Speakern einen druckvollen, mittigen Blues-Sound erzeugt. Beide Amps sprechen extrem gut auf Dynamik an – was Joe nutzt, um von Clean zu Crunch nur mit dem Volume-Regler der Gitarre zu wechseln.
Besonders live ist der Einsatz dieser, zeitweise recht zickigen Amps eine echte Herausforderung, die nur mit sehr geschickter Abschirmung und Mikrofonierung gelingt. Nicht zuletzt deshalb gibt’s sogar ein Joe Bonamassa Clearsonic Signature Penal. Wer also oft in der Royal Albert Hall spielt…
Dumble Overdrive Special
Bonamassa gehört zu den wenigen Glücklichen, die Zugang zu einem echten Dumble Overdrive Special haben – einem der teuersten und begehrtesten Boutique-Amps der Welt. Der Ton? Unfassbar weich, obertonreich, mit einem cremigen Gain, der niemals matscht. Der Amp eignet sich vor allem für melodische Soli und jazzige Phasen. Das Gear von Joe Bonamassa hat also einiges zu bieten, auch abseits von Marshall, Fender und Co.
Wer sich für das Einhorn unter den Amps interessiert, schaut bei Kollege Stephan vorbei: Der Dumble Sound
Effekte: Wenig.
Man könnte meinen, ein Gitarrist mit über 400 Gitarren und Dutzenden Boutique-Amps hat auch ein entsprechend umfangreiches Effektboard. Doch das Gear von Joe Bonamassa bleibt hier seiner Linie treu: Der Effekteinsatz ist geschmackvoll, sparsam und immer musikalisch. Dennoch ist jedes Pedal in seinem Rig sorgfältig ausgewählt und erfüllt einen präzisen Zweck.
Boost & Overdrive – Klarheit vor Kompression
Bonamassas Hauptsound ist stark von der natürlichen Verzerrung seiner Amps geprägt. Um diesen Ton zu kitzeln, nutzt er in erster Linie Boosts, gelegentlich leichte Overdrives, die den Preamp eines Amps „anschieben“, ohne ihn zuzumatschen.
- Keeley Katana Blues Driver
Ein Clean-Boost mit viel Headroom, der seinem Gitarrenton mehr Durchsetzungskraft verleiht. Joe nutzt ihn, um Clean-Passagen subtil zu verdicken oder Lead-Parts mit mehr Sustain zu versehen. Die Kollegen von Bonedo hatten mal eines zur Hand: Testbericht - Way Huge Overrated Special
Dieses Pedal wurde speziell für Bonamassa entwickelt. Es liefert einen mittig gefärbten Overdrive mit vielen Obertönen, ohne den Ton zu überdecken. Ideal, um den Sweet Spot zwischen Clean und Crunch zu betonen. Auch hier war Bonedo fleißig: Testbericht Way Huge - Ibanez Tube Screamer TS808
Auch dieser Klassiker hat einen Platz in seinem Board. Allerdings nutzt Joe ihn nicht für Sättigung, sondern als Mid-Boost, besonders wenn er mit Single-Coil-Gitarren spielt. Und ganz ehrlich: Wer braucht kein TS808? Eben.
Delay, Reverb & Modulation
Effekte dieser Kategorie nutzt Joe eher im Hintergrund, um Räumlichkeit und Tiefe zu erzeugen. Sie befinden sich meist im Wet-Kanal seines Rigs.
- MXR Carbon Copy Analog Delay
Warm, dunkel und dezent moduliert – dieses Delay färbt das Signal kaum und sorgt für analoge Echos, die nie aufdringlich wirken. - Boss CE-2 Chorus
Selten im Einsatz, aber wenn, dann subtil. Bonamassa setzt den Chorus eher als leichtes Doubling-Tool ein, nicht als klassischen 80s-Effekt. - Federhall & Spring Reverb
Ob aus dem Amp oder als separates Gerät – Spring Reverb ist ein integraler Bestandteil seines Sounds. Im Studio greift er auch auf echte Plattenhallgeräte zurück (z. B. EMT 140).
Bonamassas Live-Setup – Weniger ist mehr?
Während viele moderne Gitarristen mit digitalen Lösungen, Modeling-Amps und Co. arbeiten, geht das Gear von Joe Bonamassa den traditionellen Weg – nur eben extrem durchdacht. Seine Live-Rigs sind auf Effizienz, Klarheit und maximalen Sound ausgelegt. Und obwohl sein Equipment umfangreich ist, wirkt es nie überladen. Nur Nachmachen wird, ich sag’s gleich, schwierig. Es sei denn, die entsprechenden Original-Amps, die bei seinen Konzerten auf der Bühne stehen, stehen auch unseren Lesern in ausreichender Stückzahl zur Verfügung…
Für die Abnahme seiner Amps setzt Joe auf klassische Kombinationen:
- Shure SM57: fokussiert auf die Mitten, sehr direkt
- Royer R-121: Bändchenmikrofon mit viel Wärme und Tiefe
- Sennheiser MD421 (gelegentlich): breiter Frequenzgang, ideal für große Speaker
Das Live-Monitoring erfolgt klassisch über Wedges – kein In-Ear Monitoring. Er sagt selbst, dass er seine Gitarren „im Raum hören“ muss, nicht über einen Kopfhörer.
Das Gear von Joe Bonamassa – Fazit

Das Gear von Joe Bonamassa ist mehr als nur ein Fuhrpark edler Gitarren – es ist der feuchte Traum eines jeden Vintage-Fetischisten. Und Ausdruck einer Philosophie: Klang entsteht durch Kombination, Erfahrung, Intuition – und ja, auch durch ein bisschen Besessenheit.
Muss man 400 unersetzbare Vintage-Gitarren besitzen, um gut zu klingen? Sicher nicht. Wer Joe Bonamassa live hört, merkt schnell: Sein Ton ist nicht glatt oder perfekt. Aber er ist menschlich, lebendig, ehrlich. Genau deshalb inspiriert er so viele Gitarristen.
Also: Nein, du brauchst kein Nerdville. Auch wenn du es willst. Aber wenn ihr eine Les Paul, einen guten Röhrenamp und ein bisschen Feingefühl für Dynamik habt – seid ihr auf dem besten Weg in Richtung Bonamassa-Ton. Der Rest ist: Spielen, hören, spielen.
Hier findet ihr unseren Artikel über Kirk Hammett.
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