Wie sinnvoll ist Buchla heute?
Benötigt man überhaupt ein Buchla-Synthesizer für den Buchla-Sound?
Wie ist Buchla heute aufgestellt? Braucht man so ein System heutzutage? Oder ist das „Angeberei“? Du schaust durch die Demos und Sounds und findest hier und da einige Videos von Buchla-Modularsystemen. Die Leute, die wirklich so etwas besitzen, sind oft unglaublich stolz und dennoch gibt es viele Demos, die mehr oder weniger Blip- und Plopp-Sequenzen mit einer ordentlichen Menge Zufall spielen. Deshalb fragt man sich: Ist das sinnvoll oder können andere Zusammenstellungen oder gar Kompakt-Synthesizer von heute das genauso oder sogar besser? Wir grüßen aus der Ketzerei.
Buchla heute
Buchla heute: Geht es auch ohne?
Ich werde mir möglicherweise Feinde machen, da es doch in der Szene eine Menge Leute gibt, die sich abheben möchten. So ein Buchla-System sieht gut aus und viele kennen den Umgang nicht. Die passende Idee dazu heißt Westcoast und die Originalmodule sind aus der Serge– oder Buchla–Philosophie. Und schon ist die Aufmerksamkeit und die Sicherheit, dass man beachtet wird vorhanden?
Ist das nun die berühmte „gekaufte Kompetenz“ oder hat Buchla heute immer noch eine Berechtigung, obwohl es nicht nur Clones von Tiptop Audio und bei etlichen Herstellern die typischen Doppel-Oszillator-Prinzip-Idee zu kaufen gibt?






















Das gilt ebenso für Lowpass Gates** als Grundursache für artikulierte Klänge, auch gern als „Buchla Bongos“ belächelt. Aber auch mit normalen Synthesizern kann man langweiliges Getucker und Zufallsgebratzel bauen. Ist ein Buchla heute im Studio und im Jahr 2025 eher „Reichenspielzeug“ oder ein ernstes Musikinstrument?
** Lowpass-Gates ist eine kombinierte Steuerung von Lautstärke mit einem einfachen Filter.
Buchla Player
Der größte und bekannteste Player, auf den sich viele einigen können, ist sicher Alessandro Cortini, der bei Nine Inch Nails und solo mit seinen Projekten für einfühlsame Synthesizer-Klänge einen großen Buchla-Affinismus hervorhebt. Der kann es und der ist wirklich gut mit dem, was er macht. Also da ist schon etwas dran.
Bei der experimentellen Musik ist sicher Morton Subotnik und jemand wie Klangforscher Todd Barton bekannt. Ob und was an Musik „besser“ sei vermag kaum jemand gegeneinander ausspielen wollen, weshalb dies nicht der Ort sein sollte experimentellere Musik gegen Popmusik abzugleichen. Allerdings sind die Zeiten der analogen Synthesizer in der akademischen Musik länger vorbei.
Auch da Buchla schon früh mit digitaler Modulation/Automation experimentierte (700er Serie). Im WDR-Studio für Elektronische Musik und im akademischen Bereich hat Buchla allerdings kaum eine Rolle gespielt.
Buchla vs. Modular
Auch wenn „der Lowpass–Gate (LPG) Sound, bzw. das Patch,“ noch lange nicht identisch zu Buchla und Westcoast-Sound ist, so haben schon andere Firmen bewiesen, dass sie diese Standards ebenso beherrschen. Allerdings sind die sprichwörtlichen „Buchla Bongos“ eigentlich eine Nutzung von LPGs an Hüllkurven, was sofort einen gefilterten und klaren perkussiven Klang bereitstellt. Das kann selbstredend auch ein normaler anderer Synthesizer. So einfach entkulten kann man Buchla mit LPGs und Doppeloszillator nicht.
Die Kernidee liegt bei bei einer Verformung und Umwandlung auf einem Wege, mit möglichst keiner Verzerrung, als viel mehr mit Shaping oder FM. Filter spielen in der Buchla-Welt eine kleine bis keine Rolle. Das Shaping und noch mehr die FM von Pulsbreite oder Frequenz bis hin zur Phase mittels des Doppeloszillators ist allerdings genau der Teil, der den Hauptsyntheseprozess ausmacht. Dennoch muss man aber als Buchla-Spieler nicht so arbeiten. Außerdem sind Buchla-Synthesizer bekannt für fein justierbare Bereiche. Es gehört also mehr dazu.
Details und Konzept Buchla heute gegen den Rest
Buchlas enthalten viele Gegenstücke zu Abschwächern und Bereichswählern und sogenannten Attenuvertern. Eine gute Abstimmung der Regelbereiche ist schon in den allerersten Buchlas (System 100 und 200) ein Thema, ebenso die Steuerung außerhalb der klassischen Klaviatur.
Man kann dort klangliche Dinge angleichen, da man mit „anderem“ als Klaviaturtöne direkt steuert. Es kann auch ein Tänzer sein, kurz: Sensoren bevorzugt, bei denen man jeden Ton selbst definieren kann! Das braucht man sicher in der Popmusik weniger als in der experimentellen Welt.
Deshalb ist Buchla eher ein anderes Konzept und Herangehensweise und nicht unbedingt ein Versuch „besser“ zu sein.

Dass Musiker und Künstler der freieren Ecke diese besonders erwähnen, liegt sicher auch daran. Erarbeiten muss man sich Klänge auf beiden/allen Systemen.
Buchla Steuerung / Controller
Hier zwei Beispiele von Re-Releases der Buchla Idee mit typischen Finger-Sensoren. Die Buchla Red Panel Series ist ein eigener Nachbau der allerersten klassischen Buchla Box 100. Unten ist eine Art Remake des Thunder Controllers von Sensel, das stark an das silbrige Original erinnert. Die Steuerung über Flächen und Sensoren ist typisch für Buchla-Synthesizer. Das hat es bei dem „Gegenspieler“ Moog und so nicht gegeben, dennoch gab es dort Ribbon-Controller.


Einige Baugruppen und Module, die Buchla-ähnliche Ergebnisse ermöglichen
Selbstverständlich gibt es schon lange tolle Module, die Buchlas Philosophie umsetzen können. Darunter auch solche, die darüber hinausgehen, wie etwa das Endorphines „Shuttle“ Modularsystem (weiter unten verlinkt).
Neben diesen, die symbolisch für eine Reihe von Funktionen der Westküste und damit für Buchla stehen, gibt es ebenfalls kompakte Synthesizer, die versuchen in diese Richtung Angebote zu machen…
Darunter ist der Einstiegs–Synthesizer aus Korgs Volca Serie, der Volca Modular. Neben dieser sehr günstigen Idee gibt es bereits „Weiterentwicklungen„, die durchaus mit dem „Bruch“ zwischen West/East Coast spielen. So kam es zur „0-Coast“ Serie (keine Küste) von Make Noise und Angeboten von Pittsburgh oder dem erwähnten Endorphines System.
Buchla heute
Es gibt genug „Buchla heute“-Alternativen, dennoch werden Freunde der Buchla-Synthesizer noch immer einen Easel für etwa 4000 Euro kaufen, dem „Minimoog des Westens™“. Er ist noch immer spannend, da er einen kleinen Sequencer besitzt, der dazu aufruft keine Tonhöhen-8-Noten-4/4-Sequenzen damit zu bauen. Er ist ein Ausdrucksinstrument. Seine interessanten Ausdrucksmöglichkeiten mit seinem besonderen Touch–Arpeggio–Keyboard und teilmodularer Bauweise, ist noch immer nicht langweilig.

Trotzdem ist er und die Systeme von Buchla inkl. dem pro Modul 200e in der digitalen Welt „ersetzbar“ – bis auf genau jene Speicherfunktion. Musikalische Meister können noch einiges aus den Systemen herausholen, jedoch klanglich gibt es andere Angebote, die man bei Sparwunsch kaufen kann.
Durch eine Menge Bugs der einzelnen Firmwares in neueren Modulen, haben die echten User einige Zeit und Forschung gelassen, um die wirklich guten stabilen Systeme und Module und Zusammenstellungen zu finden. Toll ist, dass auch ein Vierkanalsystem durchaus schon vom Hersteller angedacht ist und damit ist es offen für Vieles. Dennoch ist es noch immer so, dass es ausreichend Unperfektion gibt, die man in der Preisklasse nicht erwartet.
Es ist und bleibt weiter ein spezielles Erlebnis mit Herausforderungen, speziell das Buchla 200e zu verwenden. Für die alten Systeme 100 und 200 gilt das eher nicht. Allerdings sind Buchla-Systeme wegen ihres eigentlich musikalischeren 1,2 V/Okt Systems zu nichts kompatibel. Viele moderne CV- Sequencer bieten es aber an.

Falls man frech genug ist, könnte man einen kleinen Synthesizer, der FM mit Sinus als Basis auf diverse Zielparametern (PWM, Shaping) beherrscht, als einfachen „Buchla“-System-Ersatz sehen – falls Shaping und ähnliche Prozesse im Synth verbaut sind. So etwas gibt es in „günstig“ schon mit dem Arturia Microfreak. In Software ist Aalto von Madrona Labs eine hervorragende Wahl, die den Gedanken der Buchla-Idee gut widerspiegelt, ohne ein simpler Clone zu sein. Also eine Software als moderner Buchla heute.
Auch ein Waldorf Iridium kann den Job erfüllen – sogar mehr als ein Buchla heute. Ein bisschen in die Richtung kann sogar der Hydrasynth liefern. Natürlich sind die Kompakt-Synthesizer hier ein wenig weiter weg als die Module und man muss etwas Fantasie beim Programmieren haben. Allerdings besitzen diese Synths alle keine LPGs, was man mit einem resonanzlosen Filter und VCA ohne Probleme nachbauen kann.
4 Antworten zu “Wie sinnvoll ist Buchla heute?”
Schönes Wohnzimmermöbel, wenn es zur Einrichtung mit dem nötigen Geld passt. Bei mir um die Ecke gibt es einen Laden der seit Jahren völlig erfolglos versucht Buchla zu verkaufen… soll massive Probleme mit der Oktoavreinheit geben was ein totales Zusammenspiel mit anderen Musikern zum Glücksspiel macht…naja, hat ja auch etwas. Sowie SpringReverb instabil und reparaturanfällig. Ich bin seit Jahrzehnten als Musiker unterwegs, als Veranstalter mit eigenem Jazzklub (u.a. Jazzfest Berlin etc.) tätig gewesen…habe noch nie einen Buchla auf der Bühne gesehen (andere Modularsysteme schon, wobei die Sinnfälligkeit mir sich auch nicht erschließt)… das sagt eigentlich alles. Nettes Spielzeug für Reiche, wer es braucht…..
Auf der Bühne ggf. bei NIN könntest du durchaus einen gesehen habe. Ein paar spezielle Performer (Suzanne Ciani, Kaitlyn Aurelia Smith) nutzen auch gern Buchla. Hier sind noch mehr https://daily.bandcamp.com/lists/bandcamp-buchla-synths-music
Danke Mick, für diesen schönen Bericht. Die Musik aus diesen Modulen ist sehr experimental und gerade deswegen für viele – auch mich eingerechnet – interessant.
Zur Not gibts ja noch die SW-Version von Arturia mit den bekannten Vor- und Nachteilen (Preis, Speicherbarkeit, DAW-Einbindung vs Haptik). Die Klangcharakteristik scheint mir heute etwas abgegriffen. In der Tat bietet der MicroFreak besser noch der MiniFreak sehr viel mehr experimentelles Klangfutter inkl. Controller, FX und Sequencer etc.