Der Congress tanzt! Chaos Computer Club vs. Synthesizer?
Was hat eigentlich der Chaos Computer Club zum Thema Synthesizer je für uns getan? Der 38c3 hat über die Weihnachtstage stattgefunden. Was wird eigentlich auf diesem Congress diskutiert? Und: Können Nerds eigentlich tanzen? Oder nur mit Robotern? Warum sieht man davon nie etwas?
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Der Congress 38c3 des Chaos Computer Clubs
Der Name 38c3 ist eine laufende Nummer und CCC steht für Chaos Communication Congress. 3 mal C ist durch c3 abgedeckt. So einfach ist das Kürzel des letzten Congress zu verstehen. Fotografieren von Menschen ist unerwünscht, wenn du dazu etwas lesen möchtest und weshalb, findest du das am Ende dieses Berichts, wir schauen uns erst einmal den musikalischen Teil an.
Aber wegen des besonderen Kodex für Bilder auf und vom Congress gibt es faktisch gar keine Berichterstattung, also versuche ich es mit dem, was vorhanden ist. Auch dieser Bericht wäre wesentlich attraktiver, wenn das „erlaubt“ wäre. Aber einmal muss irgendwer das mal gemacht haben.
Live Coding beim Congress – Flor on the Floor
Starten wir doch einmal mit Live-Coding. Das betreibt Flor de Fuega schon länger und zeigt den Freunden eines gepflegten Hacks, wie man Musik rein live per aktiver Codezeilen-Performance machen kann. Hier unten findest du einige optische und akustische Eindrücke davon. Profis starten mit leerem Bildschirm, besser aber wird es mit auskommentierten Zeilen, die wie „Track Mutes“ funktionieren.
Jede Zeile beschreibt, wie Samples angespielt werden, und es gibt kleine Sequenzen innerhalb einer Zeile und vieles mehr. Dasselbe kann man ebenso mit Bildern und Videos machen, die meist auf dem gleichen oder einem Nachbarmonitor laufen.
CCC Congress Musik
Es gibt auf dem Congress ein Synthesizer-Zelt, bzw. Meet-ups. Dort werden Eurorack und gemischte (elektronische) Instrumente gezeigt und natürlich gespielt. Die Leute dort sind neugierig und offen. Du kannst hier lernen und lehren. Das gilt ebenfalls für selbstgebaute Module und Instrumente und das pure „Machen“, löten und alles, was man unter Nerds vermutet. Auch virtuelle Modularsysteme sind vertreten. Zwei Stunden sind dem VCV Rack II gewidmet. Es ist also eine pure Einladung sich alles anzusehen und auszuprobieren oder zeigen zu lassen.
Außerdem wurde eine eigene Entwicklung namens Klangorium vorgestellt. Musik und Bands gibt es dort sowieso.
Als Basis kann man zunächst auf den Websites herumstöbern, auf denen über Musik-Beiträge gesprochen wird. Der CCC sammelt diese meist gern auf Clubseiten oder in Media-Stacks, weil man den Upload auf kommerzielle Videoportale nicht bevorzugt. Immerhin gibt es dort, nicht zu selten, Copyright-Probleme. Einige Dinge wären dort rechtlich bereits schwierig. Aber das meiste steht irgendwo auf Websites, die nicht unbedingt von den bekannten Synth-Videomachern gezeigt werden. Das ist echter Underground. Die Selbstbauszene war auch selten extrovertiert.
Spannende Videos aus dem CCC-Umfeld findest du stets unter: media.ccc.de. Dort ist nicht nur der Congress gelistet, sondern auch zahlreiche andere Events.
Klangorium
Das Klangorium ist eigentlich ein Lehrstück, um Synthese zu verstehen. Die Macher dahinter sind dir vielleicht bekannt. Einer der Entwickler hat für Erica Synths DIY-Module entworfen, Moritz Klein. Dazu und dabei sind ebenso Ray Wilson und René Schmitz. Leider wird vieles eher etwas kryptisch-humorvoll verkleidet. So lässt sich von außen nicht immer etwas finden, was man „einfach so findet“. Man muss suchen. So geht es aber vielen, die neu-gear-ig auf das CCC-Umwelt schauen und den CC-Congress. Die Klangorium Platine und den Schaltplan kann man frei einsehen und das Projekt ist ebenfalls frei.
Es besteht aus Logik-Bausteinen auf CMOS 4000 Basis. Es sollen Leute an die Logik-Gatter herangeführt werden. Das Gerät enthält mehrere Oszillatoren mit Rechteck, Dreieck und Sägezahn, eine Art Übersteuerung und dazu Festfrequenz–Oszillatoren. Außerdem gibt es Filter, Mixer und VCAs. Außerdem ist sogar eine Drum-Abteilung mit Filtern und einen Zugang für „Lunetta Schaltungen“ vorhanden.
Logic Noises werden durch Verschaltungen möglich. Verbindet man zwei Reckteck-Oszillatoren mit einem XOR (Exklusiv-Oder), so wird daraus ein Ringmodulator. Diesen „Trick“ nutzen übrigens viele Synthesizer-Hersteller schon sehr lange, um einfach und schnell und vor allem billig an metallische Klänge zu kommen. „Der Bossanova ist auch nur ein XOR„, witzelt der Nerd, und alle die mit so etwas zu tun haben werden es verstehen, aber alle anderen nicht. Das ist auch irgendwie schön. Endlich mal normale Leute!
- Mehr dazu findest du auf der Hackaday Page für und zum Klangorium
Arduino Experimente für eine bessere Menschheit
Das ist ein Synthesizer, der mit eingebautem Lautsprecher ausgerüstet werden kann und generell bereits vorbereitet ist als Synthesizer zu dienen. Wie funktioniert Löten und wie macht man das richtig? Irgendwo muss man das mal lernen, dort ist der richtige Platz.
Leute vom Congress sind an Tiefe, Einblicke, Verstehen und Vermitteln von Wissen interessiert. Deshalb gibt es viele experimentelle Plattformen und DIY–Projekte. Ein weiteres ist etwa der ArduTouch Workshop, dessen Namen man bereits entnehmen kann – hier wird mit dem Arduino gearbeitet.
Auch wir haben schon über den $30 schweren ArduTouch berichtet.
Tanzende Nerds und weitere Dinge über CCC & Congress
Aber ja, es gab ebenfalls diverse Stellen, an denen Musik- sowie Synthesizer-Performance und DJing in 2h- und 30-Minuten-Slots gezeigt wurden. Bei den Workshops sind es jeweils 1 Stunde und 15 Minuten-Gespräche. Das macht man dann meist und gern über DIY–Synthesizer, Instrumente und kreatives Nutzen von Technik. Das ist nunmal ein Laden, in dem man einfach Lust auf Technik hat. Gut so!
Hast du es anders erwartet? Oder warst du einmal dort? Oder vor Ort bei einem der lokalen Clubs des CCC? Oder auch mal auf dem Congress? Wir freuen uns auf jedes Melden, selbst wenn es nur eine(r) ist.
Generelle Resourcen
- Chaos-Radio & Podcasts: Discovering Electronic Music, CRE: Synthesizer mit Andreas Schneider Folge 149, Tim Pritlove ist übrigens einer der bekanntesten Podcaster vom CCC und hat ein ganzes „Metaversum“ an Sendungen.
Zum Congress wird eifrig auf und in der Freak-Show gesprochen, die früher als „Mobile Macs“ startete. „Thats all what we have for you today! Thank you and see you soon.“
Hinweis: Ich bin übrigens nur Beobachter. Du kannst gerne Dinge ergänzen, Insiderzeug hinzufügen oder einfach „Hallo“ sagen. Grüße von Nerderney.
Das Congress Foto-Problem
Prinzipell ist es schwer, etwas herauszufinden. Die Leute mögen per Definition nicht, wenn fotografiert wird. Man ist datensparsam. Daher ist dies ein fotoarmer Beitrag. Ich riskiere zu wenig Klicks zu haben und zu bekommen, weil es so ist. Aber – ich finde diese sehr sympathische Welt muss ein positives Wort haben. Es passieren tolle Dinge hinter den verschlossenen Türen von Social Media. Websites und Information hingegen gibt es meist zwischen vielem anderem und viel „technischen Unterlagen“ etwas „versteckt“.
Wenn irgendwelche Synthfluencer dort auftauchen würden, so würde man ihnen zuerst erklären, dass die Leute keinen Bock auf Bilder von sich haben. Das Recht auf das eigene Bild ist Teil der Identität des CCC. Du kannst also als Familienmensch oder mit allem wie du bist dort sein, ohne von irgendwem abgelichtet zu werden und dich auf Facebook wieder finden.
Um auf den Congress zu gelangen, muss man sich allerdings um ein Einlassticket bemühen. Das schafft nicht jeder, deshalb hören wir uns einfach so um. Man muss jeden fragen, wenn man etwas abbilden möchte. Sobald also jemand erkennbar auf dem Bild ist, der nicht gefragt wurde, gibt es keine Bilder vom Chaos Communication Congress.
Warum die Strenge? Hier ist etwas dazu, für alle, die die Regeln kennenlernen möchten. Deshalb gibt es dort weniger Foto-Journalismus. Leere Räume sind erlaubt. Selbstschüsse auch, so niemand sonst drauf ist. Bilder müssen bei Personen so unscharf sein, dass niemand klar erkennbar ist. Nicht nachträglich, sondern auf Fotoebene. Also wundere dich nicht, dass man davon wenig hört:
Artwork und interessante Aufbauten sind aber etwas, was man dort ebenfalls sehen kann. Wegen des Fotoproblems schau dir mal die Bilder im Video oben an. Sie selbst ist Fotografin und beschreibt, wie sie arbeitet. Und das hier ist einfach bunt und schön und hat nichts mit dem Congress zu tun. Wie flüssige Platinen.
3 Antworten zu “Der Congress tanzt! Chaos Computer Club vs. Synthesizer?”
Danke für den Artikel, hab ihn trotz fehlender Bilder gelesen. Bilder sind zum Gucken, Text ist zum Lesen. Ich hab übrigens vollstes Verständnis für die Kamerascheu. Der CCC wurde 1981 von den Überresten der Kommune I gegründet. Die waren Aktivisten, andere Zeiten. Damals flogen Steine, Rasterfahndung, Vorratsdatenspeicherung. Auch wenn der CCC ein Verein ist und durch Computernerds und Gamerkids verwässert, ist er immer noch sehr systemkritisch. Weniger radikal als Früher, aber im Kern noch eine utopische Gegenkultur, die an der Gesellschaft rüttelt. Nur weil Schneiders Laden zu lesen ist, ist es keine Superbooth.
Finde es toll, wenn DIY wieder zu seinen Ursprüngen zurück findet. Sollte einfach mehr sein als Bastelei. Es war schließlich mal eine Protestkultur. Counter Culture.
Nur Mut zu solchen ‚unpopulären’ Artikeln. Das Leben besteht aus mehr als nur Klicks und Likes.
Das mit der Datensparsamkeit und photografischen Anonymität ist mir sehr sympathisch!
Danke für diese wunderbaren Rückmeldungen.
Ja, das mit den Likes und Clicks ist zugegeben hier bei uns nicht unwichtig. Deshalb begehe ich hier und da mal „journalistischen*“ Selbstmord.
Ich finde, diese Welt ist es wert. Es wird sicher auch weiter keine Artikel sonst darüber geben. Vielleicht ein Interview mit Linus Neumann über Cyber.
Hatte ich Logbuch Netzpolitik erwähnt? Nein? Naja, ist ja auch nicht Thema in GN, aber – es gibt sehr viele spannende Themen zu entdecken.
Danke nochmal an alle, die bis hier gekommen sind.