EMG Pickups – vom Aufstieg der aktiven Tonabnehmer
Warum die aktiven Tonabnehmer nicht nur für Metal passen
Kaum ein Name ist derart eng mit aktiven Tonabnehmern verknüpft wie EMG Pickups. Und doch fristen sie, ähnlich wie das ganz hervorragende Boss Metal Zone, ein Dasein als Zaungäste des gebildeten musikalischen Gesprächs. Völlig zu Unrecht, wie ich in diesem Artikel darlegen werde. Denn wer denkt, dass EMG Pickups ausschließlich für übertriebenen Output und fehlende Dynamik stehen, liegt falsch. Mein Plädoyer für aktive Tonabnehmer und eine stolze Liebesbekundung zu meinem liebsten Pickup-Hersteller.
Table of Contents
Bevor ich mich aber in zu großen Worten versteige, bauen wir das ganze Ding mal vom Anfang her auf. Zunächst also ein Blick auf die Historie und die Entstehung der PUs, dann auf die technischen Besonderheiten aktiver Tonabnehmer. Und schließlich natürlich ein paar ganz beliebte Vertreter aus dem Lineup von EMG Pickups. Let’s go.
Die Geschichte von EMG Pickups
Im Jahr 1976 gründete Rob Turner in Kalifornien ein kleines Unternehmen namens „Dirtywork Studios“, später (ab 1978) „Overlend“. Seine Vision war damals eine rein musikalische: Der Sound der E-Gitarre sollte klanglich auf das nächste Level gehoben werden.
Schon bald erkannte Turner das Potenzial aktiver Pickups und spezialisierte sich und das noch junge Unternehmen darauf. Den Durchbruch verhalf Turner schließlich die gute, alte Musikmesse: Mittlerweile als Standardtonabnehmer auf Gitarren und Bässen des Boutique-Herstellers Strandberg installiert, machten die EMGs (die seit 1983 nun auch so hießen) schnell die Runde in Rock- und Metal-Kreisen der 1980er-Jahre.
Und der Rest? Ist Geschichte, wie man so schön sagt: Die Liste der offiziellen und inoffiziellen Endorser von EMG Pickups ist endlos und umfasst zu irgendeinem Zeitpunkt jeden Rock- und Metal-Gitarristen der letzten Jahrzehnte. Beispiele? Gern: James Hetfield, Alexi Laiho, Kirk Hammett, Zack Wylde, Marty Friedman, Gary Holt, Richie Faulkner, David Gilmour, Jeff Hanneman, Jim Root, Brent Hinds — die Liste ist lang.
Die Idee hinter den aktiven Pickups
Wer schon einmal eine klassische Telecaster auseinander gebaut oder seine Les Paul beim Setup näher betrachtet hat, wird sich über die passive Einfachheit der Elektronik sicher gefreut haben. Doch die Idee hinter aktiven Tonabnehmern ist genial.
Rob Turner wollte das Signal-Rausch-Verhältnis der Pickups verbessern und Gitarristen mehr Kontrolle über ihren Sound geben — gerade in gainlastigeren Settings. Durch die Integration eines Vorverstärkers direkt im Pickup kann das Signal verstärkt und unerwünschte Störgeräusche minimiert werden. Das Ergebnis: ein kraftvollerer, klarerer Ton mit beeindruckender Dynamik. Die Batterie im Inneren mag klein sein, aber ihre Wirkung ist groß. Es sei denn, ihr versucht, sie in ein passives System einzubauen. Dann ist sie gigantisch und passt ohne Fluchen sicherlich nicht.
Aktive Tonabnehmer — Technik
Ich habe es schon angesprochen: Im Gegensatz zu passiven Pickups verfügen aktive Tonabnehmer über einen eingebauten Vorverstärker, der das Signal direkt an der Quelle verstärkt. Dies erfordert eine Stromquelle, meist eine einfache 9-Volt-Blockbatterie, wobei Mitbewerber Fishman etwa beim hervorragend klingenden Gristle Tone Set bereits einen per USB aufladbaren Akku verbaut hat.
Aktive Pickups bieten durch diese Arbeitsweise mehrere Vorteile:
- höhere Ausgangsleistung
- weniger Rauschen (ein Traum für jeden, der Störgeräusche hasst)
- klarerer Sound
- konstante Performance: (fast) Unabhängig von Kabel- oder Verstärkerimpedanz bleibt der Ton stabil.
Der Sound — aktive Pickups sind nur was für Metal
Alle wach? Gut. Die Einführung aktiver Pickups hat den Metal-Sound natürlich nachhaltig geprägt. Härtere und präzisere Riffs wurden möglich, ohne an Klarheit zu verlieren. Gitarristen konnten nun extreme Verzerrungen nutzen, ohne im Klangbrei zu versinken. EMG Pickups setzten neue Maßstäbe für Sustain und Artikulation, was besonders bei High-Gain-Einstellungen zum Tragen kommt.
Aber: Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass EMG Pickups ausschließlich für Metal-Gitarristen geeignet sind. Künstler wie David Gilmour nutzen EMG Pickups, um ihren charakteristischen, atmosphärischen Sound zu erzeugen. Das EMG DG20 Set kombiniert den warmen, glockenähnlichen Klang traditioneller Single-Coils mit der Klarheit und dem niedrigen Rauschen aktiver Elektronik.
Auch Steve Lukather von Toto schwört auf EMG, um die Vielseitigkeit und Ausdruckskraft zu erreichen, die seine Musik erfordert. Die aktiven Pickups ermöglichen es, einen individuellen Sound zu formen, ohne dabei auf den charakteristischen Ton ihres Instruments verzichten zu müssen. Also von wegen steril und kalt: Warum sich mit Vorurteilen aufhalten, wenn man mit EMG Pickups die gesamte Klangpalette erkunden kann?
Bekannte Setups: Die wichtigsten EMG Pickups im Porträt
Vielleicht mag ich EMG Pickups so gerne, weil ich die Produktbezeichnung so herrlich einfach finde. Keine Bare Knuckle-mäßigen Kunstbezeichnungen, sondern schlichte Nummern geben den jeweiligen Modellen ihre Kennung. Und das ist super für Menschen wie mich, die ihre Hosen auch anhand der dreistelligen Nummer auf dem Lederetikett auswählen.
Hier kommen die wichtigsten Nummern der Standardserie:
EMG 81
Der EMG 81 ist einer der bekanntesten aktiven Humbucker von EMG, berühmt für seinen hohen Output und aggressiven Ton. Er wird oft in der Stegposition verwendet und liefert einen scharfen Attack und langes Sustain, ideal für Lead-Spiel und Heavy-Metal-Genres.
EMG 60
Der EMG 60 zeichnet sich durch seinen klaren, artikulierten Ton mit betonten Mitten aus. Mit seinem keramischen Magneten eignet er sich hervorragend für rhythmisches Spiel und saubere Cleans, oft in der Halsposition eingesetzt.
EMG 85
Ausgestattet mit Alnico-V-Magneten bietet der EMG 85 einen warmen, vollen Ton mit hohem Output. Er wird häufig in der Halsposition verwendet und liefert einen cremigen Sound für Soli, kann aber auch in der Stegposition für einen kräftigeren Rhythmus-Ton genutzt werden.
EMG 57
Der EMG 57 verbindet den klassischen Charakter eines PAF-Humbuckers mit der modernen Klarheit eines aktiven Pickups. Mit einem ausgewogenen Tonprofil und tightem Bassbereich ist er vielseitig einsetzbar und eignet sich für verschiedene Musikstile.
EMG 66
Entwickelt als perfekter Partner zum EMG 57, bietet der EMG 66 in der Halsposition einen warmen, sanften Ton. Seine Alnico-V-Magnete sorgen für ein ausgewogenes Klangbild mit klaren Höhen und definierten Bässen, ideal für detailreiche Clean-Sounds und melodische Soli.
EMG SA
Der EMG SA ist ein aktiver Single-Coil-Pickup, der den klassischen Stratocaster-Ton mit moderner Technik verbindet. Er liefert einen warmen, glockenähnlichen Klang mit verbessertem Sustain und reduziertem Rauschen, perfekt für Blues, Rock und Pop.
EMG S
Der EMG S ist ein weiterer aktiver Single-Coil, der den hellen und schimmernden Ton traditioneller Single-Coils bietet, jedoch mit höherem Output und weniger Nebengeräuschen. Ideal für Spieler, die den typischen Strat-Sound suchen, aber von den Vorteilen aktiver Elektronik profitieren möchten.
EMG Signature Pickup Sets
Was einzeln gut ist, wird im Set brillant. Die Zusammenarbeit mit zahlreichen Künstlern (siehe oben) hat eine ganze Bandbreite an Signature-Sets hervorgebracht. Die wichtigsten in Kürze:
EMG JH James Hetfield
James Hetfield ist mein persönlicher Gitarren-Held und der Musiker, der mich einst an das Instrument gebracht hat. Klar, dass der Metallica Frontmann sein eigenes EMG-Set hat. Die neu entwickelten Pickups liegen klanglich nah an dem von James früher genutztem Set aus 81er an der Bridge und 60er am Hals, liefern aber ein wenig mehr Attack und ein knackiges Anschlagverhalten. Mein persönlicher Favorit und derzeit in meiner Les Paul verbaut.
EMG ZW Zakk Wylde
Zakk Wylde ist nicht nur durch seine Arbeit mit der Black Label Society, sondern auch seine Zeit bei Ozzy ein Begriff. Lange schon spielt das Ausnahmetalent für Pinch-Harmonics die klassische 85/85 Kombination — die auch in diesem Set steckt.
EMG SL20 Steve Lukather
Steve Lukather und Toto sind nicht unbedingt die typischen Endorser von EMG Pickups — umso genialer ist dieses Strat-Set. Klare, glasige Höhne bei voller Präzision und absoluter Rauschfreiheit.
EMG DG20 David Gilmour
Na, was soll man da noch sagen? Dass David Gilmour Sound als Lebensgefühl versteht, dürfte allen auch nur halbwegs musikinteressierten Lesern bekannt sein. Und dass sich der Pink Floyd Großmeister seit vielen Jahren auf die EMGs verlässt, verrät einiges über die Qualität der Pickups.
EMG Pickups — Fazit zu einer echten Ausnahmeerscheinung
EMG Pickups sind, ohne Frage eine absolute Geschmacksfrage. Darüber bin auch ich als großer Fan der Marke und des Sounds bewusst. Was ich nicht stehen lassen möchte, ist der Vorwurf, wonach sie steril oder kalt klängen.
Sie können diese Sounds erzeugen, wenn man es darauf anlegt, ja. Aber sie können auch viel, viel mehr. Meine Empfehlung ist daher, die aktiven Tonabnehmer mal zu testen. Auch wenn man sich selbst nicht als großen Metalhead bezeichnet: Die Bandbreite, die mit aktiven EMG Pickups abgedeckt werden kann, ist gigantisch!
Hinweis: Dieser Artikel enthält Werbelinks, die uns bei der Finanzierung unserer Seite helfen. Keine Sorge: Der Preis für euch bleibt immer gleich! Wenn ihr etwas über diese Links kauft, erhalten wir eine kleine Provision. Danke für eure Unterstützung!
3 Antworten zu “EMG Pickups – vom Aufstieg der aktiven Tonabnehmer”
Alexi Laiho hat aber die passiven EMG-HZ gespielt, wie auch in dem verlinkten Video oben. Die wären ggf. auch eine Erwähnung wert, obwohl sie im Vergleich zu modernen PUs wie den SD Blackwinter doch ziemlich abfallen.
Sehr gut beobachtet! Ich habe ihn als altes Idol meiner selbst reingenommen. Und ja, er nutzte gern die passiven EMGs, allerdings in Kombination mit der ESP MM-04 Active Boost Schaltung – vgl. hier: Ripped Sawtooth
Beste Grüße!
Ich habe in meinen 35 Jahren als Gitarrist (fast ausschließlich Metal) viel an verschiedensten Gitarren selbst und z.T. umfangreich umgebaut. Aktive EMG, Seymour Duncan und Fishman Pickups habe ich eine Zeit lang in einigen meiner Gitarren verwendet, habe aber inzwischen sämtliche Gitarren aus folgenden Gründen mit ausschließlich passiven PUs ausgestattet:
– es gibt viele gute passive PUs, die eine höhere Ausgangsleistung als die aktiven haben
– weniger Störgeräusche konnte ich bei den aktiven PUs nicht feststellen
– je nach verwendetem PU kann bei passiven Modellen die Dynamik sogar deutlich höher als bei aktiven sein
– ein konstante Performance habe ich eher mit passiven als mit aktiven PUs, da eine Batterie als zusätzlicher Faktor nicht vorhanden ist. Kabel und/oder Verstärker ändere ich nicht ständig, so dass dies keine Rolle spielt… und wenn ich es ändere, dann bewusst und in der Erwartung, dass sich am Sound etwas ändert.
Vor kurzem habe ich eine gebrauchte Gitarre gekauft, die ab Werk mit aktiven Seymour Duncan Blackout Pickups ausgestattet war. Der Sound war ok, aber im direkten Vergleich mit meinen passiven Gitarren tatsächlich dünner und weniger dynamisch, Ich habe diese Gitarre dann auf passive Pickups (Seymour Duncan und DiMarzio) umgebaut und siehe da: die Sonne ging auf! Ich habe noch nicht einmal Pickups mit explizit extrem hohem Output verwendet, sondern einfach nur moderat kräftigere Modelle… selbst diese lassen die aktiven Pickups alt aussehen, sowohl beim Output, in der Klarheit aus auch Dynamik. Bezüglich evtl. Störgeräusche konnte ich keinen Unterschied feststellen.
Fazit für mich: na klar klingen aktive Pickups nicht schlecht und letztlich ist das sowieso Geschmackssache. Aber die häufig beworbenen angeblichen Vorteile gegenüber passiven Pickups konnte ich in den ganzen Jahren und vielen verschiedenen Gitarren-/Pickup-Modellen nicht feststellen. Es war sogar immer (!!!) das Gegenteil der Fall. Dabei waren so ziemlich alle namhaften Hersteller im Spiel, das Ergebnis entsprach stets dem oben beschriebenen.