von Dirk | Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
1176 Kompressor Workshop am Beispiel der neuen Warm Audio WA76 Modelle

1176 Kompressor Workshop am Beispiel der neuen Warm Audio WA76 Modelle  ·  Quelle: Warm Audio

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Der Urei 1176 Kompressor und Peak Limiter ist eine Legende in der Studiotechnik. Entwickelt in den 1960er-Jahren, setzte der 1176 neue Standards durch die Einführung der FET-Technologie, die eine extrem schnelle und transparente Kompression ermöglicht. Heute ist der 1176 nicht mehr wegzudenken und in Form von Nachbauten und Plugins weit verbreitet. In diesem Workshop schauen wir uns die Geheimnisse des 1176 an und nutzen dafür den momentan neusten Nachbau von Warm Audio. Die grundlegenden Tipps funktionieren mit dem Original, heutigen Nachbauten und ebenso den meisten Plugin-Emulationen.

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1176 Kompressor Workshop am Beispiel von WA76-A und WA76-D

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Mit WA76-D und WA76-A bietet Warm Audio originalgetreue Nachbildungen des berühmten 1176 Kompressors an und das nicht nur in den zwei bekannten Ausführungen (die etwas „cleanere“ D-Revision sowie die als „Blue Stripe“ bekannte Ausführung), sondern ebenso in 1- und 2-Kanal-Ausführungen. Mit den 2-Kanal-Varianten lassen sich zwei Mono-Signale individuell bearbeiten und ebenso ganz problemlos Stereosignale! Das Original gab es wohlgemerkt nie als 2-Kanal-Variante, deshalb heben sich diese Nachbauten deutlich von dem Klassiker ab.

Zudem bietet dieser Kompressor/Limiter von Warm Audio ein paar Extras, die es bei dem Original nie gab. Dazu gehört die Möglichkeit, ohne viel Aufwand über den Mix-Regler eine Parallelkompression vorzunehmen, außerdem gibt es eine Bypass-Funktion, ein Sidechain-Filter und eine wählbare Eingangsimpedanz. In diesem Sinne sind WA76-A und WA76-D sehr flexible und moderne Versionen von einem Vintage-Klassiker.

Genau wie beim Original handelt es sich bei WA76-A und WA76-D übrigens um sogenannte FET-Kompressoren. Die Abkürzung steht für „Feldeffekttransistor“ – kurz gesagt soll diese Technik den Sound von Röhrenkompressoren nachbilden, ohne dabei Röhren zu verwenden.

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Warm Audio WA76-A und WA76-D bekommst du bei Thomann, hier alle vier Modelle im Überblick*.

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Die typischen Parameter bei einem 1176 Kompressor/Limiter

Input und Output: Im Vergleich zu vielen anderen Kompressoren besitzt ein 1176 keinen Regler für den Threshold – quasi den Pegel, ab dem die Kompression einsetzt, sobald dieser überschritten wird. Stattdessen steuert ein 1176 die Kompression durch das Verhältnis von Input- und Output-Level. Vereinfacht gesagt: Je lauter das Signal über den Input-Regler verstärkt wird, desto stärker fällt die Komprimierung aus. Der Output-Regler bestimmt den endgültigen Pegel.

Attack und Relase: Auch bei diesen zwei Parametern unterscheiden sich ein 1176 und detailgetreue Nachbauten wie Warm Audio WA76-A und WA76-D von vielen gängigen Kompressoren. Denn eine Linksdrehung der Regler für Attack und Release sorgen hier für langsamere Zeiten, nach rechts werden die Zeiten für Attack und Release hingegen schneller.

DIe typischen Bedienelemente an einem 1176 – hier am Beispiel des WA76-A
DIe typischen Bedienelemente an einem 1176 – hier am Beispiel des WA76-A · Quelle: Warm Audio

Mit Attack steuert der Kompressor, wie schnell dieser auf ein eingehendes Signal reagiert. Die Attack-Zeiten liegen bei einem 1176 Kompressor zwischen ultra-schnellen 20 Mikrosekunden und 800 Mikrosekunden. Die Release-Zeiten betragen je nach Einstellung zwischen 50 Millisekunden und 1,1 Sekunden. Mit der Release-Zeit bestimmst du, wie schnell der Kompressor sozusagen den Pegel „zurückfährt“.

Ratio: Der 1176 bietet die vier Ratio-Einstellungen von 4:1, 8:1, 12:1 und 20:1. Grundsätzlich dienen die ersten zwei genannten Ratios für eine Komprimierung, bei 12:1 und 20:1 verhält sich der 1176 hingegen mehr wie ein Limiter. Je höher die Ratio eingestellt ist, desto mehr wird das Signal insgesamt komprimiert und „plattgedrückt“.

Interessant ist hier der Trick, mehrere oder gleich alle vier Ratio-Buttons gemeinsam zu drücken. Der „All-Button-Modus“ (einige nennen es auch den „British-Modus“) verpasst Signalen einen deftigen Crunch und führt mitunter zu heftigem Pumpen und Verzerren (besonders in Kombination mit schnellen Attack- und Release-Zeiten) beim so bearbeiteten Signal. Dieser Trick wird nicht nur bei der Abnahme von Drums mit Raummikros geschätzt, sondern passt ebenso super zu Gitarren und vielen anderen Signalen – auch zu Vocals! Mit dem All-Button-Modus erzeugst du neben diesem besonderen „Gritty“-Sound auch harmonische Obertöne – das Signal wird also musikalisch gefärbt.

Die Buttons neben dem VU-Meter: Neben dem VU-Meter sitzen vier Buttons, mit denen du zunächst den Kompressor ein- und ausschalten (OFF) kannst. GR schaltet die Anzeige auf Gain Reduction – hierbei zeigt der Kompressor an, in welchem Maß die Signale beim Komprimieren abgesenkt werden. Mit +4 und +8 hingegen wird der Ausgangspegel angezeigt. Die Stellung „0“ bedeutet bei +4, dass das ausgehende Signal bei +4 dBm am Ausgang liegt, +8 steht für +8 dBm (bei Nullstellung am VU-Meter) am rückseitigen Ausgang.

Das VU-Meter am WA76-D
Das VU-Meter am WA76-D · Quelle: Warm Audio

Die zusätzlichen Funktionen an WA-76A und WA-76D

Wie bereits erwähnt, bieten die neuen Nachbauten einige Funktionen, die über die des originalen 1176 hinausgehen. Hier sind besonders zwei Eigenschaften hervorzuheben:

Mit dem Sidechain-Filter lässt sich das Signal vor der Komprimierung etwas in den tiefen Frequenzen „ausdünnen“ – so dass energiereiche Bassfrequenzen nicht so stark beeinflussen wie der der Kompressor auf das eingehende Signal reagiert. Dieses Filter lässt sich von 30 Hz bis 300 Hz mit einer Flankensteilheit von 12 dB/Oktave einstellen. Die Modelle mit einem Kanal bieten sogar einen vollständigen Sidechain-Eingang an, um den Kompressor durch ein externes Signal zu steuern.

Der Mix-Regler bestimmt das Verhältnis von eingehendem und bearbeitetem Signal. Diese Funktion ist äußerst praktisch, wenn du eine Parallelbearbeitung vornimmst. Diese wird gerne als NY Compression bezeichnet – in diesem Beitrag liest du mehr darüber.

Nützlich ist auch der neue Button, um die Eingangsimpedanz auf 10 Ohm umzuschalten. Diese lässt die Modelle von Warm Audio noch besser im Zusammenspiel mit heutigen Audiointerfaces (und deren Ausgangssignal) zusammenspielen.

Gegenüber dem original 1176 Kompressor/Limiter bieten die neuen WA76-Modelle Extras wie einen Mix-Regler oder ein Sidechain-Filter.
Gegenüber dem originalen 1176 Kompressor/Limiter bieten die neuen WA76-Modelle Extras wie einen Mix-Regler oder ein Sidechain-Filter. · Quelle: Warm Audio

Typische Anwendungen für einen 1176 Kompressor/Limiter

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Einige der bekannten Anwendungsgebiete für einen Kompressor/Limiter im Stil des 1176 haben wir bei der Erklärung der einzelnen Parameter bereits angesprochen. Ein Gerät in diesem Stil ist jedenfalls für eine Reihe von Bearbeitungen sehr praktisch – das gilt ganz besonders für die in den Funktionen erweiterten Modelle (wie die neuen Geräte von Warm Audio).

1176 als Preamp verwenden: Es geht auch komplett ohne Kompressor! Der 1176 wird nämlich für die bereits leichte Klangfärbung der eingebauten Übertrager geschätzt. Schicke ein (Line-) Signal dafür durch das Gerät, das Original wird dabei über die langsamste Attack- und Release-Zeit auf Bypass gestellt. Bei den Modellen von Warm Audio lässt sich gesondert ein aktiver Bypass einschalten – die Funktion True Bypass eignet sich hingegen für A/B-Vergleiche (von komprimiertem und unkomprimiertem Signal).

All Buttons In: Wenn alle vier Ratio-Buttons gedrückt sind, komprimiert ein 1176 und die meisten Nachbauten besonders heftig.
All Buttons In: Wenn alle vier Ratio-Buttons gedrückt sind, komprimiert ein 1176 und die meisten Nachbauten besonders heftig. · Quelle: Remise 3

Aufnahmen von Drum-Room- und Overhead-Mikrofonierungen: Hierfür bietet sich speziell der bereits oben erklärte All-Buttons-Modus an. Stelle zusätzlich Attack und Release auf sehr schnelle Zeiten ein – so wird das Signal auch mit harmonischen Obertönen angereichert.

Gitarre, Bass, Synthesizer-Leads und Vocals bearbeiten: Nicht nur diese Instrumente eignen sich hervorragend für ein „Aufbrezeln“ mit dem 1176. Auch hierfür lässt sich eine Kombination aus schnellen Attack- und Release-Zeiten nutzen, für noch mehr „Grit“ kannst du zusätzlich den All-Buttons-Trick verwenden.

Dr. Pepper Einstellung: Der Name bezieht sich tatsächlich auf eine frühere Werbung für den bekannten Soft-Drink! Starte mit einer Einstellung von ungefähr „10 Uhr“ für Attack, „2“ Uhr für Release und einer Ratio von 4:1. Dies ist eine gute Einstellung, um dich an die Bearbeitung von diversem Audiomaterial heranzutasten. Die Regler für Input und Output solltest du dabei für den gewünschten Sound justieren.

Parallelbearbeitung: Eine heftige Komprimierung mit schnellen Werten für Attack und Release in Kombination mit All-Button-Modus wird hierbei wohl dosiert mit dem unkomprimierten Signal zusammengemischt. Das geht bei WA76-A und WA76-D problemlos mit dem Mix-Regler. Das Ergebnis bekommt damit mehr Punch und Charakter, ohne zu viel von der Dynamik zu verlieren.

Mit WA76-A und WA76-D gibt es jetzt moderne 1176-Nachbauten in 1- und 2-Kanal-Varianten
Mit WA76-A und WA76-D gibt es jetzt moderne 1176-Nachbauten in 1- und 2-Kanal-Varianten · Quelle: Warm Audio

Fazit

Der 1176 Kompressor und Peak Limiter ist ein sehr flexibles Werkzeug für die Bearbeitung von Audiosignalen. Mit einem 1176 lässt sich nicht nur die Dynamik von einzelnen Instrumenten, Drums und Gesang bearbeiten – Signale können ebenso eine warme analoge Färbung oder auch eine kräftige Verzerrung bekommen. Und mit den verfügbaren Nachbauten und Plugins werden die kreativen Möglichkeiten oft sogar erweitert.

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