Musiktheorie für Gitarristen: „Nach Gehör spielen ist auch eine Theorie – oder?“
Mein Plädoyer für mehr Musiktheorie!
Sein wir doch mal ehrlich: Musiktheorie für Gitarristen ist in etwa so beliebt wie ein Saitenwechsel mit Floyd Rose Tremolo. Vielfach habe ich in meiner persönlichen Karriere Gitarristen getroffen, die voller Stolz verkündet haben, keinerlei Erfahrung oder gar Kenntnisse mit „Noten Lesen“ zu haben.
Gemeint war vielfach sicherlich die Musiktheorie als solche. Und da sich theoretische Grundkenntnisse leider nur schwer im Rahmen einer Performance vorzeigen lassen (ja, Band-Leader, ich schaue auf euch), werden sie seit den Tagen von Hendrix und Clapton gern beiseite gewischt. Doch es bleibt die Frage: Ist die Ist die Ablehnung der Musiktheorie für Gitarristen begründet oder nur eine Ausrede für Faulheit? Brauchen wir das tatsächlich nicht? Oder investieren wir doch lieber in Equipment als in theoretische Kenntnisse?
Musiktheorie für Gitarristen – Inhalt
Ursprünge der Vorurteile gegen Musiktheorie
Es ist ein Phänomen, das wohl jedem Gitarristen schon untergekommen ist: Der Gitarrist, der keine Noten lesen kann und auch dann nicht sagen könnte, wie die Dur-Parallele zu a heißt, wenn sein Leben davon abhinge. Aber woher kommt diese Unkenntnis, ja, Ignoranz unter uns Gitarristen? Denn: Wieviele Pianisten kennt ihr, die keine Noten lesen können? „Ja, aber die müssen das ja auch“. Eben.
Ich gehe davon aus, dass die Gitarre als Jedermann-Instrument schon traditionell eher „robust“ gespielt und gelehrt wurde: Griffmuster zu Akkorden lassen sich schnell und einfach am Lagerfeuer erlernen und wenn es dann klingt, passt es doch. Doch so richtig Öl ins selbige gegossen haben dann schließlich die großen Guitar-Heroes der 60er-Jahre, die großspurig von ihrer Unfähigkeit berichteten, Noten lesen zu können.
Und schon taucht das erste Missverständnis auf. Denn Noten lesen ist nicht dasselbe, wie Musiktheorie für Gitarristen. Und ja, es gibt die Interviews, in denen Hendrix und Clapton versichern, keine Noten lesen zu können. Wer mir aber allen Ernstes erzählen will, dass ein Jimi Hendrix nicht mit Skalen umgehen konnte oder dass ein Eric Clapton nicht weiß, was für ein Solo er über ein Blues in g zu spielen hat, der kann hier aufhören zu lesen.
Also: Die Vorurteile gegen Musiktheorie dürften vorrangig aus zwei Richtungen kommen. Zum einen die autodidaktische Tradition der Gitarre. Und zum anderen der Mythos rund um die Meistervirtuosen, die keine „Noten lesen konnten“.
Doch wieviel Theorie braucht ein neuer Gitarrist denn nun?
Die Realität – wie viel Musiktheorie braucht ein moderner Gitarrist?
Also, mal ganz ehrlich: Muss man wirklich Noten lesen und Skalen auswendig spielen können, um ein guter Gitarrist zu sein?
Sicherlich nicht, schließlich ist die Musiktheorie auch für Gitarristen eher Leitlinie denn Gesetz. Und es muss erst beantwortet werden, was denn „gut“ nun wirklich ist. Wer Technical Difficulties im Originaltempo spielen, ist mit Sicherheit „gut“. Und braucht doch keinerlei Wissen über Musiktheorie — Paul Gilbert würde vor Schreck erblassen, ist aber so.
Wer aber einen eigenen Song schreiben möchte, der kommt ohne Theoriekenntnisse schnell an seine Grenzen. Wie beschreibt es Jake Lizzio so schön? Gitarre spielen, ohne Theoriekenntnisse, ist wie eine Spritztour durch eine unbekannte Gegend ohne Landkarte. Man kann durchaus an tolle Orte gelangen, es dauert nur sehr viel länger.
Gerade wenn es darum geht, Musik zu schreiben, ist eine gewisse Grundkenntnis von theoretischen Grundlagen extrem wichtig. Klar, vieles funktioniert durch Gehör und Muskelgedächtnis. Doch musikalische Kniffe, die Gefühle und eine gewisse Kohärenz innerhalb einer Songstruktur schaffen, sind Gold wert, um den Prozess zu optimieren.
Doch es gibt auch Argumente gegen das Büffeln von Musiktheorie für Gitarristen.
Das Gegenargument – Spielgefühl über Theorie?
Vielerorts wird über „Spielgefühl“ gesprochen, als wäre es ein völlig von der theoretischen Grundlage befreites Medium. Das ist nicht richtig, denn die Gründe, warum sich ein bestimmter Wechsel dynamisch, melancholisch oder dramatisch anhört, lassen sich mit Hilfe von Musiktheorie recht genau beschreiben.
Interessanter ist die Frage, ob die Kenntnis von musikalischen Theoriegrundlagen die Kreativität einschränkt. Hier ist sicherlich was dran. Nehmen wir wieder die Landkarten-Analogie, könnte man schließlich argumentieren, dass zufällige Entdeckungen immer seltener werden, je genauer man den Fahrtweg kennt (und nachfährt).
Also. Was machen wir? Schwarz oder Weiß? Na, ist doch klar: Musiktheorie ist ein Werkzeugkasten, dass es uns ermöglicht, bestimmte Zugänge, Veränderungen und Anpassungen vorzunehmen. Je besser wir mit theoretischem Wissen umzugehen wissen, desto voller ist der Werkzeugkasten. Und desto wahrscheinlicher ist es, dass ein passender Schraubenschlüssel drinliegt, um bei der Metapher zu bleiben.
Gleichzeitig darf nicht jeder musikalische Gedanke ausschließlich von theoretischen Überlegungen getrieben sein. Vielfach sind bestimmte „geile Riffs“ theoretisch betrachtet das blanke Chaos. Und funktionieren eben doch — manchmal sogar deutlich besser als alles, was die reine Lehre vorschreiben würde. Warum? Weil es überrascht und menschlich klingt.
Musiktheorie für Gitarristen — praktisch Theorie lernen
Was gibt es Schöneres, als ein Buch über Musiktheorie in unterschiedlichen Kontexten durchzuarbeiten? Vieles, stimmt. Daher kommen hier drei Tipps, wie ihr die Arbeit am Werkzeugkasten (s. o.) in der Praxis so gestalten könnt, dass es nicht langweilig wird.
Looping-Station für Harmonie und Rhythmus
Mit einer Looping Station wie dem Boss RC-5 lassen sich neben hervorragenden Loop-Tracks auch gezielt harmonische und rhythmische Konzepte trainieren. Gerade das Harmonisieren unterschiedlicher Phrasen anhand von Quinten, parallelen oder konträren Bewegungen macht mit einem Looper richtig viel Spaß. Die eine oder andere 80s-Harmonie inklusive.
Positive Grid Spark 40 Übungsamp mit AI-Unterstützung
Die Möglichkeiten moderner Software-Unterstützung sollten auch im Zusammenhang mit der guten alten (angestaubten) Musiktheorie nicht außer Acht gelassen werden. Übungsamps wie der Positive Grid Spark 40 bieten heute die Möglichkeit, sogenannte Smart-Jams zu starten. Dabei werden Spieler anhand des erkannten Spielmusters, Rhythmus und Tonalität vom Amp begleitet. Der ultimative Backing-Track also, um Ideen direkt zu testen und euer Theoriewissen in die Tat umzusetzen.
Lernt die Noten auf dem Gitarrenhals
Leider viel zu oft übersehen ist die Fähigkeit, die Noten auf dem eigenen Instrument zu finden. Dabei ist das die Grundlage für alle harmonischen Theoriegrundlagen. Gut, dass es diverse Möglichkeiten gibt, sich diesen Themas anzunehmen. Ich als Freund der „Gamification“ nutze gern den FaChords Fretboard-Trainer. Aber auch Online-Kurse bieten eine ganze Reihe von Ansätzen, mit denen ihr eure Fähigkeiten aufbohren könnt.
Fazit: Musiktheorie für Gitarristen — Landkarte, Werkzeugkasten oder eben Kreativitäts-Blocker?
Es ist unbestritten ein Gitarristen-typisches Phänomen: Theoriegrundlagen werden regelmäßig lieber ignoriert, denn gelernt und häufig lastet der Musiktheorie für Gitarristen sogar ein schlechter Ruf an. Zu „blockierend“ sei die Theorie, zu wenig frei.
Ein Fünkchen Wahrheit ist wohl dran, doch befreit ein gewisses Maß an theoretischem Grundwissen auch vor Schreibblockaden und eintönigem Spielen. Mit modernen Hilfsmitteln wie Loopern, Backingtracks und Online-Tutorials macht es mittlerweile sogar richtig Spaß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Bleibt mir nur zu sagen: Keine Sorge vor der Theorie — mit ein bisschen Geduld kommt dabei sogar richtig Freude auf!
Mehr Infos und Videos zum Thema Musiktheorie für Gitarristen
- Bonedo: Thema Gitarrentheorie
- Ich selbst zum Thema: E-Gitarre lernen für Kinder
- Thomann Blog: Workshop Gitarre verstehen
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