Was bringt Gain Staging: Mythen, Methoden und Workflows
Über Gain Staging wird heutzutage fast so viel diskutiert und gestritten wie über Mastering, den „richtigen“ LUFS-Wert oder den „besten“ Kompressor. Dabei überschneidet sich viel von analog geprägtem Studio-Workflow, Plugin-Emulationen und gefährlichem Halbwissen. Schaffen wir Klarheit!
Was ist Gain Staging?
„Gain Staging“, grob übersetzt Pegel-Stufen, bedeutet grundsätzlich, auf eben diesen Pegel von der Aufnahme zum Spur-Pegel durch die Insert-Effekte hin zu den Gruppen-Effekten zu achten und diesen möglichst konstant zu halten. In rein analogen Studio-Workflows hatte Gain Staging zum einen den Zweck, zwischen Noisefloor und Headroom die optimale Balance zu finden. Zum anderen ist vieles Mixing-Gear auf einen Pegel wie beispielsweise -18 oder -12 dBFS hin geeicht.
Fährt man es zu laut an, verzerrt es. Ist der Pegel zu niedrig, kommt der oft besondere Klangcharakter eines Kompressors oder EQs nicht zur Geltung. Dazu ist der Noisefloor deutlicher hörbar. Also war ein wichtiger Schritt Gain Staging. Man pegelte Signale vor und nach Effekten wieder auf den gleichen oder ähnlichen Wert ein.
Was bedeutet das für den Workflow in-the-box?
In den letzten zwanzig Jahren war bei Mixing-Effekten kaum etwas so wichtig und verbreitet, wie die möglichst genaue Emulation von Studioequipment – von Kompressoren wie dem 1176* über EQs wie dem Pultec EQP-1A hin zu Studer-Bandmaschinen. Und auch hier kommen viele VSTs, die analoges Gear emulieren, mit einem optimalen Eingangspegel.
Gain Staging kann also helfen, auch in-the-box ein möglichst realistisches Ansprechverhalten eines Kompressors oder EQs zu erreichen. In der Praxis bedeutet das, in der DAW über Clip Gain oder ein Utility Plugin (fast jede DAW hat ein einfaches Mixing-Plugin, das nur den Pegel der Spur verändert), den Pegel einer Spur in einen für das erste Insert-Plugin optimalen Bereich zu bringen.
Gain Staging ohne Emulationen
Meiner Erfahrung nach gibt es aber beim Produzieren und vor allem beim Mixing einen anderen, viel wichtigeren Grund, warum man mit Gain Staging in der DAW arbeiten sollte. Auch, wenn man ausschließlich mit den hauseigenen Effekten der DAW oder anderen VSTs ohne jeden Analog-Flavor und nur mit normalisierten Samples arbeitet.
Denn kaum etwas „betrügt“ unserer Ohren so sehr, wie Lautstärke. Laut = besser. Wie sehr das aber in die Falle führt beim Abmischen, werden die meisten von euch wissen, die das auch erlebt haben. Schön einen Kompressor auf die Kick oder die Vocals packen, schon schiebt und knallt es mehr. Und dann noch einen auf den Bass. Und die Snare. Und die Drum-Gruppe. Und alles schiebt und knallt und schiebt und knallt.
Aber für den Pegel eines Instruments oder einer Gruppe haben wir doch die Fader! Wer das verinnerlicht. Wer bei der Arbeit mit VSTs darauf achtet, dass sich der Sound einer Spur oder einer Gruppe durch einen Kompressor, EQ oder Distortion-Effekt verändert, aber NICHT der Pegel. Der wird mit Gain Staging einen viel schnelleren und zielgerichteteren Mixing-Workflow erreichen.
Auto Gain vs. Output Level
Vielleicht sind manche von euch schon dabei, lange Abhandlungen über die besten und optimalen dBFS-Werte abzutippen und warum ich diese nicht erwähnt habe. Die habe ich ganz bewusst weggelassen, zu unterschiedlich sind Genres, Hörgewohnheiten und eingesetzte Plugins. Es gilt nur die Regel, dass man 0 dbFS möglichst nicht überschreiten sollte, spätestens am Master.
Es wächst die Zahl der Plugins, die eine „Auto-Gain“-Funktion bieten. Wo also der Pegelanstieg durch automatisches Herunterpegeln am „Output Level“ kompensiert wird. Wo das fehlt, muss man manuell nachhelfen. Entweder es gibt einen dedizierten Regler im VST. Oder, falls nicht, man muss eben nach jedem Insert noch ein Utility-Plugin setzen und mit diesem den Pegel anpassen.
Infos zu Gain Staging und Plugins
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