von Moogulator | Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten
Korg Radias Synthesizer heute

Korg Radias Synthesizer heute  ·  Quelle: Sequencer.de

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Guten Tag, ich bin der Korg Radias – bin ich schon Vintage? Nein, aber über mich wird gesprochen. Der Microkorg überlebte deutlich länger als der Desktop (MS-2000), der eigentlich etwas mehr kann und echte Knöpfe hatte. Wäre das heute wieder so?
Korg hat 2006 den „Microkorg Effekt“ wiederholt und drei Varianten vorgestellt, die dem extrem erfolgreichen Microkorg einen würdigen Nachfolger nachschieben sollten.

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Radias Geschichte

Das waren Radias, R3 und Microkorg XL (und später XL+). Als erstes flog der Radias wieder aus der Liste der kaufbaren Geräte. Demnach funktionierten nur die billigen Geräte wirklich gut. Den XL gibt es heute noch, könnte aber durchaus vor dem Microkorg alter Bauart aus dem Programm fliegen, so wie der R3. Radias und Co. entstammen der Ur-Oasys Plattform und dem was Prophecy, Z1 und andere Synthesizer vorher bereitet hatten. Eigentlich war der Microkorg und Gefolge eine Reduktion, da man dem „VA-Hype“ folgte.

Würde Korg den Radias wie er ist heute als neu anbieten, würde er verdammt gut abschneiden. Hier ist wieso: Bei den wirklich erfolgreichen Geräten stimmt bei Korg vieles in jener Zeit. Der Microkorg wurde wegen seines Formats und Preises gerne gekauft, der Radias wurde etwas zu früh vom Markt gerissen. 19″ ist zwar nicht so in, aber er wurde mit einem futuristischen Keyboard-Anbau angeboten und man sparte allerdings an einer anständigen Tastatur. Sie hat nämlich kein Aftertouch.

Wem das bekannt vorkommt, liest richtig. Korg ist diesbezüglich ein Sparnudelverein™, auch heute – so sehr ich jeden der drei Synthese-Minis sehr empfehlen kann – aber nicht ohne Aftertouch. Aber Radias und Co. sind sehr musikalisch, wirklich gut im Kern und verstehen intern selbstverständlich Aftertouch. Übrigens kann man leicht seine eigenen Skalen bauen, wenn man Microtuning nutze möchte. Kann er!

Im Microkorg stimmten die Eckdaten – der wurde zum Star der Drum and Bass / Jungle-Szene und fehlt bei keiner Indie Band quer durch alle Szenen. Im Radias stimmt noch mehr und er ist multitimbral. Alles Dinge, die heute verdammt attraktiv sind. So wie der Roland SH-4D heute, bei dem Roland mit der Lieferung kaum nachkommt. Was da „stimmt“, kommt jetzt:

Das Geheimnis des Radias

Wie beim MS-2000 und Microkorg stimmt auch beim Radias das Wesentliche. Die LFOs laufen hoch in den Audiobereich und lassen damit besondere FMartige Klänge und bessere Texturen erschaffen, die Hüllkurven schnappen zu und sind dazu noch sehr „einstellbar“ für knackige und weiche Klänge. Dazu ist der Grundklang ordentlich und das FilterKonzept vielseitig. Er klingt etwas mehr HiFi im Vergleich zu seinen Vorgängern, da Wandler und Auflösung von 18 auf 24Bit erhöht wurden.

Die Engine ist eine massive Erweiterung gegenüber dem Vorgänger und integrierte alles, was Korg damals zu bieten hatte. Es gab nun 3 Hüllkurven mit Kurveneinstellungen mit extrem schönen NadelpulsSounds, eine vollständige größere Modulationsmatrix mit faktisch allem als Quelle und Ziel, zwei Multi-Filter mit fließendem „Morph/SEM-Style“-Übergang zwischen den Filtertypen im ersten Filter und u.a. Kammfilter im zweiten sowie eine „Zwei-Kanal“-Bearbeitung, bei der der erste Oszillator jeweils getrennt vom zweiten zusammen mit dem Rauschgenerator einen Strang ergibt, der auf Wusch separat gefiltert werden kann.

Dazu sind ein Sequencer, Arpeggiator und oben drauf 3 Modulations-Sequencer (für 3 Parameter) vorhanden. Die Oszillatoren haben noch mehr Fähigkeiten wie FM, Shaping, Verdopplung auf Oszillator-Ebene (ähnlich Super/Hyper-Saw), Formant und Noise-Generatoren. Außerdem kann im ersten Oszillator primär kurze als auch einige wenige längere Samples und Drums abspielen.

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Der zweite Oszillator hat die Grundwellenformen unter sich und die Ringmodulation, Sync Optionen (auch gleichzeitig). Es gibt 2 Insert-Effekte, einen Master-Effekt und den erwähnten EQ. Der Sequencer ist ein bisschen wie eine kleine Groovebox – er kann notfalls als ein langer oder zwei kurze Sequenzen sorgen im klassischen Sinne eingesetzt werden. Dazu kommen die erwähnten MOD-Sequencer für 3 Zielparameter.

Radias Drums

Patches können grundlegend als Drumsounds in eine eigene Liste von 32 Klängen, die gleichzeitig pro Multimode-Slot zur Verfügung stehen, bereitgestellt werden. Diese Drumsounds sind Referenzverweise auf die eigentlichen Patches und daher eigentlich nur simple Zusammenstellungen. Darauf muss man nur später beim Verwalten des Klangs gut achten, um nicht aus Versehen einen Drum-Patch-Sound zu löschen. Deshalb ist es ratsam einfach die letzten 32 Plätze als Drums zu verwenden.

Ideal wären natürlich eigene Speicher für diese Sounds (wie beim Nord Lead 2). Aber so ist es auch prima und besser als ohne diese wirklich tolle Funkion. Bisher haben nur der Nord Lead 2 und der Waldorf Q überhaupt etwas in der Art. Beim Q ist es so ähnlich wie hier im Radias umgesetzt. Das sollte eigentlich jeder Synth haben, gern und lieber mit eigenem Speicher, denn das war das Beste am Nord Lead 2 und 2x. Ich vermisse dort die Einfachheit der Bedienung.

Aber mit so einem Drum Mode wagt man sich einfach mehr Sounds per Synthese für Drums zu nutzen, auch sehr verrückte Sachen. Zu diesen Elementen ist parallel ein Vocoder Einsatzbereit und eine Art Speicher-Formant-Vocoder, mit dem man eigene Phrasen aufnehmen kann. Wer einem Part Drums, den drei weiteren Parts Bass, Flächen und Leads zuweist, kann durchaus schon einen Song aufbauen.

Der Nerd kann ebenso erfahren, dass der 14 Dollar schwere Prozessor ein Texas Instruments TMS320VC5502 mit 300 MHz in einem Kern ist.

Korg Radias (LFOs)
Quelle: Sequencer.de

Radias im Fokus

Sehr schön ist die Option, dem VCA mit diversen Sättigungen und Bitcrushing mehr Leben einzuhauchen, was mit dem Distortion-Schalter des Microkorg und den damit verbundenen Drum and Bass Klassikern mit viel Fundament harmoniert. Allerdings gibt es natürlich viel Charme, den die alte Serie hatte, die genau so auf dem Radias nicht klingt, aber man kann sich über den internen EQ und jene VCA-Optionen nähern. Drones und Texturen für Pads leben sehr davon, aber auch scharfe Leadsounds für Techno, Jungle und faktisch allen Stilen, die vom Standardklang abrücken.

Die Idee die Resourcen der Firma Korg mit ein bisschen ROM Samples einzusetzen, wertet immer deutlich auf. Das hat ebenso Roland mit ZEN und anderen gezeigt, leider aber zu den Kosten langsamer ENV/LFOs. Allein solche Klänge einmal per FM oder Transposition in einen Texturenmalkasten zu verwandeln, geht bereits in einem JD800 und man ärgert sich dort keine FM oder Ringmod zu besitzen. Der Radias hat’s. Er hat aber kaum lange und ausgewachsene Samples. Einen netten Streicher und ein Piano sind zwar da, aber da ist die Grenze. Korg hat damals den M3 mit genau diesen Features angeboten.

Man kommt per MIDI und Controller überall heran und kann nur ein Gerät mitnehmen, wo andere 4 benötigen. Der Radias ist extrem flach und damit sehr transportabel. Vermutlich würde man ihn heute als eine Art Desktop anbieten, da 19″ etwas aus der Mode gekommen ist.

Korg Radias
Quelle: Sequencer.de

Radias-Magie

Jedes Mal wenn ich ihn verwende, überrascht er mit einigen Fähigkeiten zur Interessant-Machung und wie gut und klar das klingt. Die Kombination aus den sehr zackigen Hüllkurven mit maximaler Flupptizität, modulierten VCA-Veränderungen und Effekten und grundlegend der Vielfalt bei den Oszillatoren inkl. der DWGS/Samples, legen eine sehr große Diversität von Sounds nahe. Er ist kein 1-Trick-Pony, deshalb ist er als „einziger“ Synth aber auch als „iTüpfelchen“ eine gute Maschine.

Beispielweise dreamy, IDM, oder auch verspielt lebendige Flächen und dynamische Sequencer-Sounds – er kann Beides gut. Es ist einfach gut, wenn man ein paar Grundwellen jenseits von Wavetables mit Samples würzen, schnell einmal als Teil von Klängen nutzen oder sie transponiert neu als kreative Idee nutzen kann. Es macht hier einfach die Mischung all dieser Methoden. Nachfolger des Radias hätten sicher ein Basis-ROM-Vorrat plus der sehr effizienten Reihe von DWGS Waves, die 1-Cycle-Microsamples sind, und als Alternative für Grundwellenformen schon sehr viele Klänge einfacher machen lassen.

Ich würde das Ding SOFORT kaufen. Gern mit eigenen Samples und es wäre ein irrsinnig guter Allrounder für ALLES. Es gibt faktisch von allem etwas und dadurch bewährt sich der Radias in der heutigen Welt noch sehr gut, zumal die Moden eher Synth-Sounds statt Samples bevorzugen. Aber wie er ist, ist er bereits gut. Man kann nur sehr hinkend einen modwave als Alternative empfehlen, der ebenfalls ein fantastischer Synth ist – aber eine gewisse Magie hat. Und das im Vergleich zum Radias mit mehreren seiner Baugruppen und Komponenten, obwohl er voll digital ist. Oder gerade deshalb.

Es gibt durch die beiden Filterwege Channels, wie eins bei Yamahas leicht unterschätzter Mono-CS-Serie (CS-15 und CS-30), und eine Menge von Dingen, die mit heutigen Synthesizern noch nicht möglich sind. Ihnen fehlt meist gerade heute eher etwas.

Andere ältere Alternativen?

Korg hatte dem Radias den eher unterschätzten KingKorg folgen lassen, der verschiedene Synthese-Minimethoden im Oszillator bereitstellt und dafür 3 Oszillatoren anbietet. Dadurch wurden die 2-Oszillatoren-Synthesemodelle (Sync,Ringmodulation) weggelassen, jedoch auf die Oszillatoren umgelenkt, wie man das von Novation und Modal her kennt. Hier liegt aber die Vielfalt in der eigenen Entscheidung die Filter zu splitten, unterschiedlich zu justieren und es wäre sogar heute noch denkbar, dass ein solcher Synth noch einmal einschlagen könnte.

Damit ist der Kingkorg keine Alternative zum Radias, sondern nur noch ein interessanter Synth, der aber bei den Filtern, vieler Details und Multimode leider beraubt wurde. Daher muss man ihm ein eigenes Special widmen. Er hatte erstmals „MS20“-Filter, aber nur eins, und ist so anders konzipiert, dass er einfach anders ist. Den Radias könnte ich für ihn nicht hergeben.

Korg MS-2000
Quelle: Sequencer.de

Shootout Radias

RadiasKurz gesagt – der Radias ist aktuell nicht der Synth über den alle reden, aber er ist sehr vielseitig. Ich habe ihn im zweiten „Shootout“ eigentlich freigeben wollen und merke jedes Mal, was einem entgeht, und lasse lieber andere Geräte gehen, die weniger nötig sind. Er hat USB-MIDI und hat für die Einzelbearbeitung im Pult oder Rechner zwei weitere Ausgänge. Und nicht selten kommt aus ihm eine Kombination aus Sequence und Drums oder eine Mischung daraus.

Der kleine Geheimknopf – Mod-Sequencer

Was MS-2000 und Radias gegenüber ihren kleinen Varianten unterscheidet, ist Multitimbralität und der Mod-Sequencer. Das sind leicht zuweisbare 16-Step-Sequencer jeweils für drei Parameter getrennt. Er animiert und bewegt nicht nur Tönhöhen, er spielt seine Fähigkeiten eher aus, wenn Sample-Waves oder Klangparameter gesteuert und damit ein Akkord oder Töne gespielt werden. Die kleine Magie des Sofort-Machens ist dabei das noch bessere Feature, da ohne lange Gedanken live in einer Performance so ein Modulationsweg aktiviert und zugewiesen ist. Es lässt sich mit dem Poti einspielen oder mit der Sequencer-Reihe pro Step justieren.

So erreicht man sehr schnell eine Art Wavesequence, Wavetable oder eine Art DrumGroove, wie man ihn auf einem Elektron Digitakt oder Polyend Play aufbauen würde. Nämlich durch Austausch der Klänge – das ist sehr effizient bei den Stimmen. Ich liebe das sehr und vermisse es immer am Microkorg. Der Nebeneffekt ist, dass auch innerhalb eines Patches eine Art kleine gezielte Drum-Sequenz erstellt werden kann. Diese Drums sind technisch nach wie vor innerhalb Oszillator 1 laufende Klangquellen, sodass Oszillator 2 und der Rauschgenerator mit den beiden Filtern jeweils getrennt bearbeitet werden können. Das ist neben dem Drum-Modus eine interessante Art undogmatisch mit „rhythmischen“ Sounds umzugehen und lässt Drums und Nicht-Schlaginstrumente leichter verschmelzen.

Welche Radias Alternativen gibt es nach 2024?

Wenn du jetzt Lust hat auf einen Radias, kannst du noch immer einen Microkorg XL+ kaufen, musst aber auf Multimode und den ModSequencer-Bereich verzichten.

UPDATE: Die neuen Kingkorg Neo und Microkorg 2 sind anders – und liegen etwas anders, da nur ein Filter und etwas einfacher – sie sind quasi die Volkssynthesizer-Versionen davon. Interessant ist, dass dieser Artikel genau vor dem bekannt werden der neuen Synths geschrieben wurde.

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Ich liebe und nutze den Microkorg S wegen seines rauhen aber extrem durchsetzungsfähigem Sound noch immer auf nahezu jedem Gig. Es gab noch nie ein Problem mit Präsenz, Vielseitigkeit und Tauglichkeit im Gegensatz zu anderen Geräten, deshalb ist er für Clubs, Indie-Acts einfach noch immer, trotz weniger Features, gut einzusetzen. Ich habe im Studio den MS-2000 als Programmer für den Microkorg dazugestellt, es geht schneller und intuitiver und es gibt den MOD-Sequencer. Gefühl to Synth klappt damit schonmal gut. Aber mit dem Radias gibt es sehr viel mehr Magic und ungleich mehr Funktion.

So lässt sich der Radias als „Programmer“ für den XL verwenden. Der XL+ hat noch ein paar Extra-ROM-Waves, die der Radias und die anderen Vorgänger nicht anbieten können, da musst du dann manuell nachdrehen.

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Ich hoffe, dass die nicht so kommerzielle Idee von sehr soliden Arbeitstieren, wie wir sie hier immer mal zwischendurch zeigen, auch spannend sind.

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