von Lasse Eilers | Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten
Basis-Preset für das Sounddesign am Synthesizer selbst erstellen

Basis-Preset für das Sounddesign am Synthesizer selbst erstellen  ·  Quelle: Gearnews / Lasse Eilers

ANZEIGE

Ein neutrales Basis-Preset ist der ideale Startpunkt für das Erstellen eigener Sounds mit einem Synthesizer. Es öffnet die Tür zu Sounds, die mehr sind als nur modifizierte Werks-Presets – nämlich deine eigenen, von Grund auf neu erstellten! Mit ein paar Tricks kannst du ganz einfach ein Basis-Preset erstellen, das perfekt zu deiner Arbeitsweise und deinen klanglichen Vorstellungen passt.

ANZEIGE

Was ist ein Basis-Preset?

Beim Synthesizer-Sounddesign ist ein Basis- oder Start-Preset das sprichwörtliche weiße Blatt Papier. Es bildet einen neutralen Startpunkt zum Erstellen eigener Sounds – ohne dass die Ideen durch verschiedene Voreinstellungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. So lassen sich eigene Sounds von Grund auf neu erstellen, statt sich von vorhandenen Presets leiten zu lassen.

Bei einem subtraktiven Synthesizer besteht ein solches Start-Preset in der Regel aus einem einzelnen, möglichst neutral eingestellten Oszillator. Das Filter und alle Modulatoren wie Hüllkurven und LFOs sind so eingestellt, dass sie den Klang nicht oder möglichst wenig beeinflussen. Analog dazu würde man bei einem FM-Synthesizer einen neutralen Operator verwenden, bei einem Wavetable-Synthesizer ein beliebiges Wavetable ohne jegliche Modulation, etc. Von hier aus lassen sich dann eigene Sounddesign-Ideen realisieren. Je nach Synthesizer und persönlicher Arbeitsweise können bestimmte Modulations-Routings bereits vordefiniert sein; allerdings sollten die Modulationen noch nicht aktiv in den Klang eingreifen.

Warum sollte man ein Basis-Preset zum Sounddesign nutzen?

Die meisten gehen ihre ersten Schritte im Synthesizer-Sounddesign, indem sie vorhandene Werks-Presets nach den eigenen Vorstellungen modifizieren. Man passt also einzelne Einstellungen eines Presets an, damit der Sound sich besser in den Song einfügt. Und dagegen ist natürlich überhaupt nichts einzuwenden!

Möchte man jedoch eigene, völlig neue Sounds erstellen, kann dieser Weg ziemlich mühsam sein und hat einige Nachteile. Die Presets der meisten Synthesizer sind nämlich vollgestopft mit diversen Modulationen und Effekten. Sie sollen die Möglichkeiten des Synthesizers aufzeigen und sorgen dafür, dass der Sound für sich genommen eindrucksvoll und interessant klingt. In einer Produktion muss man allerdings oft einiges davon entfernen, damit ein Sound sich gut in den Mix einfügt. Darüber hinaus können diese Elemente und Zusammenhänge – über die man gerade bei komplexen Synthesizern nur schwer einen Überblick bekommt – beim Sounddesign vom Wesentlichen ablenken und die Wirkung anderer Elemente kaschieren.

Besser wäre es also, mit einem Sound zu beginnen, wo das alles noch nicht enthalten ist und erst bei Bedarf hinzugefügt wird – eben ein weißes Blatt Papier. Und hier kommt das Basis-Preset ins Spiel, das man selbstverständlich ganz nach den persönlichen Vorlieben gestalten kann.

ANZEIGE

Voreingestellte Basis-Presets bei Synthesizern

Viele Hard- und Software-Synthesizer verfügen bereits ab Werk über ein neutrales Basis-Preset. Dieses verbirgt sich zumeist hinter Namen wie „Init(ialize)“, „Default“, „Reset“ o.ä. Alternativ gibt es manchmal einen entsprechend benannten Knopf oder eine Tastenkombination, um alle Parameter auf neutrale Einstellungen zurückzusetzen.

In den meisten Fällen reicht das vom Hersteller vorgegebene Start-Preset völlig aus. Allerdings kann es je nach Gerät durchaus noch einige Modulations-Routings und andere Einstellungen enthalten, die vielleicht nicht zur persönlichen Arbeitsweise beim Sounddesign passen. Deshalb ziehe ich es vor, für jeden meiner Synthesizer ein eigenes Basis-Preset zu erstellen und abzuspeichern. So weiß ich genau, welche Einstellungen darin vorliegen und kann mir sicher sein, dass sie zu meiner Arbeitsweise passen.

Wie sollte ein optimales Start-Preset aussehen?

Den grundlegenden Aufbau eines typischen Basis- oder Default-Presets hatte ich ja oben bereits kurz beschrieben. Bei einem subtraktiven (Analog-)Synthesizer wird der Oszillator auf eine der Grundschwingungsformen eingestellt; in den meisten Fällen nimmt man einen Sägezahn. Verfügt der Synthesizer über Funktionen zur Modifikation der Schwingungsformen (wie eine stufenlose Überblendung, Waveshaping, PWM o.ä.), solltest du diese deaktivieren, ebenso wie Oscillator Sync, FM und ähnliche Funktionen. Bei Synthesizern mit mehreren Oszillatoren werden zudem alle bis auf einen deaktiviert. Das heißt, die Oszillatoren 2, 3 und ggf. weitere werden abgeschaltet oder im Mixer ganz heruntergeregelt. Das gleiche gilt für einen eventuell vorhandenen Suboszillator.

Basis-Preset Oszillator

Ein typisches Basis-Preset besteht aus einem einzelnen, neutral eingestellten Oszillator. · Quelle: Gearnews / Lasse Eilers

Stichwort Mixer: Hier wird nur der erste Oszillator aufgedreht. Man könnte jetzt versucht sein, den Regler einfach auf das Maximum zu stellen. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass einige Analogsynthesizer (z.B. von Moog) in der Maximalstellung einen so hohen Pegel an das Filter schicken, dass dieses bereits zu verzerren beginnt. Das ist durchaus so gewollt und kann bei bestimmten Sounds sehr wirkungsvoll sein. In einem Basis-Sound für das Sounddesign wäre ein übersteuerndes Filter aber eher fehl am Platz. Deshalb ist es besser, einen moderaten Pegel von z.B. 75% zu wählen.

Synthesizer Sounddesign

Im Mixer wird nur Oszillator 1 aktiviert bzw. aufgedreht. · Quelle: Gearnews / Lasse Eilers

Filter und Modulatoren

Das Filter sollte so eingestellt sein, dass es „offen“ ist, also den Klang nicht beeinflusst. Bei einem Tiefpassfilter bedeutet das: Cutoff auf Maximum, Resonance auf Minimum. Zudem sollte die Intensität der Filterhüllkurve auf Null gesetzt werden, das gleiche gilt für etwaige LFO-Modulationen des Filters. Falls vorhanden, deaktiviert man außerdem das Filter-Keytracking und alle weiteren Funktionen, die sich auf die Cutoff-Frequenz auswirken.

Bei der Lautstärke-Hüllkurve regele ich die Zeiten (Attack, Decay und Release) ganz herunter, während der Sustain-Pegel auf Maximum steht. Das hat zur Folge, dass die Hüllkurve effektiv nichts tut und der Ton einfach an und aus geht. Je nach Synthesizer kann es sinnvoll sein, eine sehr kurze Release-Zeit einzustellen, um ein eventuell auftretendes Knacken zu verhindern. Bei Synthesizern, die diese Möglichkeit bieten, kann man auch die Hüllkurvensteuerung des VCA komplett deaktivieren, indem der betreffende Schalter von „Env“ auf „Gate“ o.ä. gestellt wird.

Ich habe mir angewöhnt, auch alle anderen ggf. vorhandenen Hüllkurven nach diesem Schema einzustellen, obwohl sie momentan noch gar nicht zum Einsatz kommen. So beginne ich auch hier mit einer neutralen Einstellung, wenn ich sie später nutzen möchte.

Zu guter Letzt sollten alle ggf. verfügbaren Effekte wie Hall, Delay, Chorus und/oder Distortion komplett abgeschaltet werden, ebenso wie Portamento/Glide.

Basis-Preset Envelopes

Die Hüllkurven sollten neutral eingestellt oder deaktiviert sein. · Quelle: Gearnews / Lasse Eilers

Modulations-Routings in einem Basis-Preset

Beim Thema der Modulationsverbindungen kann man auf verschiedene Weisen verfahren. Nicht zuletzt kommt es darauf an, welche Möglichkeiten der Synthesizer bietet. Bei einfachen Geräten ohne komplexe Modulationsmatrix genügt es meist, alle Modulationsintensitäten der Hüllkurven und LFOs auf Null zu setzen. Der Rest ergibt sich dann beim Sounds bauen.

Etwas komplizierter wird es bei Synthesizern, die sehr flexible Modulationszuweisungen ermöglichen, zum Beispiel über eine Modulationsmatrix. In diesem Fall kann man entweder den Ansatz verfolgen, alle Zuweisungen zu löschen und sie während des Sounddesigns nach Bedarf neu zu erstellen. Oder man nutzt die Gelegenheit, um bestimmte Zuweisungen vorzudefinieren, die man immer wieder braucht. Benutzt man zum Beispiel gern einen bestimmten LFO zur Filter- oder Pulsbreitenmodulation, kann man diese Verknüpfungen im Basis-Preset bereits vorbereiten. Die Intensitäten sollten aber vorerst natürlich auf Null bleiben. So lässt sich das Start-Preset an die individuelle Arbeitsweise beim Sounddesign anpassen.

Basis-Preset: Bennenen und Speichern nicht vergessen!

Nachdem das Start-Preset fertig erstellt ist, bekommt es einen aussagekräftigen Namen (sofern möglich) und wird gespeichert. Ich habe mir angewöhnt, mein Basis-Preset auf dem höchsten verfügbaren Speicherplatz abzuspeichern. Der Grund ist, dass viele Synthesizer in diesem Bereich „leere“ Speicherplätze haben, die nicht mit Werkssounds belegt sind. Zum Beispiel ziehe ich es vor, mein Start-Preset auf einem leeren Platz mit der Nummer 999 abzulegen, statt den vorhandenen Sound auf Platz 001 damit zu überschreiben.

Sofern der Synthesizer diese Möglichkeit bietet, ist es darüber hinaus sinnvoll, das Basis-Preset extern zu sichern, zum Beispiel per SysEx oder über eine Editor-Software. Beim Sounddesign passiert es sonst leicht, dass man es versehentlich überschreibt. Gewöhne dir am besten an, das Preset gleich zu Beginn einer Sounddesign-Session auf einen anderen Speicherplatz zu kopieren und anders zu benennen. So läufst du nicht Gefahr, deinen mühevoll erstellten Default-Sound aus Versehen zu löschen.

Spezielle Basis-Presets für bestimmte Sounds

Ausgehend vom hier beschriebenen Prinzip bietet es sich außerdem an, spezielle Start-Presets für bestimmte Arten von Sounds zu bauen. Wer zum Beispiel viele Drumsounds selbst erstellt, wird statt mit einem Oszillator vielleicht eher mit einem Rauschgenerator beginnen, was im Start-Preset entsprechend eingestellt werden kann. Oder man entkoppelt die Frequenzen der Oszillatoren von der Tastatur bzw. den MIDI-Noten. Im Fall eines Basis-Presets für Drumsounds kann auch eine perkussiv eingestellte Hüllkurve statt der oben beschriebenen Variante sinnvoll sein.

Weitere Möglichkeiten sind spezielle Basis-Presets für Pads, Bässe oder Arpeggiator-Sounds oder für monophone und polyphone Sounds. Und wenn der Synthesizer über einen integrierten Sequencer verfügt, kann man natürlich auch diesen in das Basis-Preset einbeziehen und gewisse Voreinstellungen bereits vorbereiten. Je mehr eigene Sounds du programmierst, desto mehr wirst du herausfinden, welche Einstellungen für deine Zwecke am sinnvollsten sind.

Mehr Tipps zum Synthesizer-Sounddesign

Möchtest du mehr über das Erstellen eigener Synthesizer-Sounds erfahren? Dann wirf mal einen Blick auf die folgenden Bücher*, in denen du viele interessante Tipps und Profi-Tipps zum Thema Sounddesign findest!

Affiliate Links
PPV Medien Synthesizer
PPV Medien Synthesizer
Kundenbewertung:
(17)
Bjooks Patch & Tweak With Moog
Bjooks Patch & Tweak With Moog
Kundenbewertung:
(58)
Bjooks Patch & Tweak With Korg
Bjooks Patch & Tweak With Korg
Kundenbewertung:
(2)
Bjooks Patch & Tweak
Bjooks Patch & Tweak
Kundenbewertung:
(104)

Mehr zum Thema Synthesizer und Sounddesign

* Hinweis: Dieser Artikel enthält Werbelinks, die uns bei der Finanzierung unserer Seite helfen. Keine Sorge: Der Preis für euch bleibt immer gleich! Wenn ihr etwas über diese Links kauft, erhalten wir eine kleine Provision. Danke für eure Unterstützung!

ANZEIGE

Kommentare sind geschlossen.