Mischpulte als Musikinstrument – Sind sie noch relevant???
Mischpulte waren über Jahrzehnte das Rückgrat beinahe jeder Form von Musikproduktion. Abgesehen von Aufnahme und Mixdown rückten Mischpulte als Musikinstrument in vielen Stilen in den Mittelpunkt des kreativen Schaffens. Nachdem große Konsolen in Tonstudios keine zwingende Notwendigkeit mehr darstellen, stellt sich natürlich die Frage: Wurden Mischpulte auch als Kreativwerkzeug von der allmächtigen DAW abgelöst? Mitnichten! Ein Plädoyer für Mischpulte als Musikinstrument.
Tatsächlich sind die Musikrichtungen, in denen Mischpulte als Musikinstrument zum Einsatz kommen, so vielfältig wie die Kunst selbst. Die Pionierarbeit Karlheinz Stockhausens, psychedelisches Dub Mixing von King Tubby und das kolossale Live-Studio der Chemical Brothers sind hier nur prominente Beispiele. Ungeachtet dessen gibt es eine Reihe von Aufgaben, in denen Mischpulte ihre Stärken auch in den 2020er Jahren ausspielen können.
Mischpulte als Musikinstrument: Das (mehr oder weniger) Offensichtliche
Im Grunde genommen sind Mischpulte nichts anderes als eine aufeinander abgestimmte Ansammlung tontechnischer Werkzeuge. Preamps für Instrumente und Mikrofone, Equalizer, manchmal auch Dynamics und Effektgeräte sowie umfangreiche Tools für die Beschickung von zusätzlichem Equipment. Also Dinge, von denen man im Studio nie genug haben kann. Zudem hat jedes Modell einen eigenen Charakter. Die Kanäle analoger Pulte lassen sich in vielen Fällen großartig übersteuern und bieten sich dadurch als mehrkanaliger Sättigungseffekt an. Dabei muss nicht zwingend auf hochpreisige Konsolen wie das SSL Big SiX zurückgegriffen werden. Griffige EQs von Allen&Heath Mixern oder die Verzerrung älterer Kleinmischpulte wie dem Boss KM-60 hauchen digitalen Signalen neues Leben ein und geben Drum-Machines mit Einzelausgängen den letzten Schliff.
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Arrangements in Echtzeit
Obwohl DAWs wie Ableton Live zahlreiche Werkzeuge für das Arrangieren in Echtzeit bereitstellen, ist die one-knob-per-function Philosophie eines analogen Mischpults in ihrer Unmittelbarkeit unübertroffen. Vor allem in elektronischen Musikrichtungen. Während die unendlichen Korrekturmöglichkeiten einer DAW für viele Artists lähmend sind, zwingt die Arbeit am analogen Mischpult dazu, Entscheidungen zu treffen. Durch den direkten Zugriff auf Mutes, Fader, FX Sends und Busse lassen sich im Handumdrehen neue Variationen eines Tracks erschaffen. Auf jeden Fall sind für diese Arbeitsweise hochwertige Mehrkanalwandler hilfreich, es lassen sich aber auch respektable Ergebnisse mit Audiointerfaces aus dem mittleren Preissegment erzielen.
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Integration von Outboard-Effekten
Die spielerische Integration von Effekten und Outboard-Gear ist oftmals nicht nur Sahnehäubchen, sondern essentieller Bestandteil der Performance. Analoge Mischpulte bieten dafür die idealen Rahmenbedingungen. Zwar sind viele klassische Studioeffektgeräte immer noch sehr kostspielig, durch die digitale Revolution in der Live-Tontechnik wurde jedoch der Gebrauchtmarkt mit gut klingenden und günstig erhältlichen Rack-Geräten überschwemmt. Darüber hinaus lassen sich auch Effektpedale einbinden. Obwohl einige Bodentreter mit den Pegeln und Impedanzen von professionellen Mischpulten umgehen können oder die entsprechenden Fehlanpassungen zu interessanten Ergebnissen führen, ist hier die Verwendung von Reamping- und DI-Boxen empfehlenswert. So kann das Meiste aus den kleinen Kisten herausgeholt werden.
Vor allem Fuzz-Pedale reagieren sehr empfindlich auf falsche Pegel und Impedanz-Fehlanpassung:
Das Mischpult als Synthesizer
Digitaltechnik ist aus dem Musikproduktionsalltag nicht mehr wegzudenken. Nichtsdestotrotz gibt es einen Trumpf, den ausschließlich analoge Geräte ausspielen können: keine Latenz. Dies macht sich nicht nur in einer größeren Direktheit bei der Bedienung bemerkbar, zahlreiche Tricks und Kniffe werden dadurch erst möglich. Vor allem in experimentellen Musikrichtungen kommen Feedback-Schleifen oder so genanntes “No Input Mixing” zum Einsatz. Durch das Beschicken eines Aux-Sends vom entsprechenden Aux-Return mutiert jedes Mischpult zum Oszillator. Außerdem kann durch die Verwendung der EQs, Übersteuerung des Kanals und dem Einschleifen zusätzlicher Effektgeräte wie Halls, Delays und Filter die Klangpalette erweitert werden. Nicht zuletzt sind bei moderatem Einsatz dieser Methode auch dezente Verzerrungen und subtiles Andicken von traditionellen Mixes möglich.
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Für „No Input Mixing“ eignen sich auch kleine Mischpulte der untersten Preiskategorie.
Mischpulte als Musikinstrument: Die Trickkiste
Abschließend noch zwei kleine Tricks für die Arbeit mit analogen Mischpulten. Während es DAWs und Digitalmischpulte sehr einfach machen, dasselbe Signal auf mehreren Kanälen anzulegen, benötigt man in der analogen Welt dafür ein Y- oder Split-Kabel. Im Falle von Brummschleifen können hier Trennübertrager wie der Palmer PLI-05 Abhilfe schaffen.
Trotz aller Begeisterung für die neu gewonnene Entscheidungsfreude durch eine analoge Arbeitsweise gibt es Fälle, in denen man auf Nummer sicher gehen will. Zwar bieten viele Mischpulte Direct-Outs an, die eine diskrete Aufnahme von Einzelsignalen zulassen. Vor allem bei kleineren Mixern fehlen diese jedoch häufig. Hier bietet sich die Möglichkeit an, Inserts zu Direct-Outs umzufunktionieren. Dafür muss ein Monoklinkenkabel bis zum ersten Klick in die Insertbuchse eingeführt werden. Keinesfalls vollständig einstecken, der Signalweg wird sonst unterbrochen!
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Natürlich ist es verlockend, auf All-in-one Lösungen wie das Tascam Model 16 oder eventuell sogar ein digitales Modell wie das Behringer X32 zurückzugreifen. Vor allem Letztere bieten viele Features, die sich auf analogen Konsolen erst ab einer gewissen Größe finden lassen und die Live-Performance erheblich erleichtern. DAW-Steuerung, VCAs und Mute-Gruppen sind hier nur der Anfang. Diese Annehmlichkeiten gehen jedoch oft zu Lasten der Experimentierfreudigkeit und verhindern die kreativen Fehler, die die Arbeit mit Mixern der alten Schule so interessant machen.
Sind Mischpulte auch für euch ein Musikinstrument, nur Mittel zum Zweck oder haltet ihr diese Gerätegattung generell für veraltet? Was sind eure Lieblingstricks bei der Arbeit mit analogen Mixern? Wir freuen uns auf einen Kommentar von euch!
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14 Antworten zu “Mischpulte als Musikinstrument – Sind sie noch relevant???”
Na dann, ich habe einen Behringer RX1602 V2, dieser hat 8 Stereokanäle, diese nutze ich aber nicht für das Aufnehmen, sondern eher um verschiedene Klangquellen in meinem Studio abzuhören unter anderem ein
-Audiointerface x 2,
-3,5mm x 1 Aux In,
-3,5mm x 1 Aux für Smartphone,
-Bluetoothempfänger x 1,
-USB Mic x 1
Also ganz anders als gedacht. Alles andere Läuft in the box und wenn etwas aufgenommen wird dann direkt in das Audiointerface.
Schwachsinniges Gedudel, in der Anwendung im Tonalem Verhalten gar nicht anwendbar, wenn es um einen Boost Effekt im Loop Modus ginge wäre es ja noch akzeptabel aber was da im Video gezeigt wird ist schlicht Blödsinnig.
Kannst du bitte kurz eine Stelle und das Video nennen? Was meinst du? (Habe die Videos nur kurz überflogen). Danke!
Nö, ist es nicht. Dein Kommentar ist so sinnig wie ein Hinweis darauf, dass kein Benzin ins E-Auto passt, weshalb E-Mobile blödsinnig sind. Mach halt deinen Kram auf deine Weise.
Ahh ok du meinst das Processing Drum Machines with a 70s Boss KM-60 Mixer Video? Die Sounds bei ca 6:50?
Wenn ich außerhalb der DAW mit den Maschinen arbeite, dann ist das in Echtzeit-Schrauben während der Aufnahme ein muss. Mein Favorit ist die Mackie VLZ Reihe. Ich habe den 1202 und den 1402. Letzterer mit seinen 4 Stereo-Returns ist perfekt für ein kleines Studio. Der 12er ist super kompakt bei gleichem Sound. Nach Yamaha, Soundcraft, Behringer und so weiter, war der Wechsel auf Mackie ein wahrer Ohrenöffner. Schwer zu beschreiben. Irgendwie direkter, roher, punchier. Ich liebs.
Ein Mischpult ist ebenso wenig ein Musikinstrument,wie DJs Musiker sind.
Wenn das Mischpult zum Oszillator umfunktioniert wird – somit zu einem Synthesizer wird – dann ist es doch ein Instrument?
Und wenn man einem Fahrrad das Fliegen beibringt, ist es ein Flugzeug. *facepalm*
Streng genommen bedeutet Instrument eigentlich nur „Werkzeug“. Ein Musikinstrument ist also zunächst nichts anderes als ein Werkzeug zur Erzeugung von Klängen.
Nicht nur technische Veränderung machten es notwendig,
die künstlerische Kompetenz musikalischer Gestaltung
auf Kommunikationsstrukturen zu übertragen, der sich
auch ein Musiker unterordnen muss. Das dirigieren eines
Orchesters, Takt, Tempo, Lautstärke kontrollieren, setzt
im allgemeinen, ein musikalisches Verständnis voraus.
Live zu mischen ist Grundvoraussetzung, nicht nur in der
elektronischen Musik, um eine optimale Umsetzung klanglicher
Strukturen bei Auftritten zu gewährleisten. Als Musiker
liefert man ab was der Arrangeur verlangt, das nennt man
Profession.
Manche sind wie immer nicht in der Lage über das eigene Tellerrand zu schauen. Begrenzung ist was für BWL’er und Sparkassenmitarbeiter, meine sehr verehrten Damen und Herren :)
Vorsicht. Du machst dir Feinde. Wir sind hier von Sparkassenmitarbeitern umzingelt. Die verstehen kein Spaß ;o)
Habe ich auch gerade gedacht. Mannomann. Wo sind wir denn hier? Aber immer schön die neuesten Innovationen haben wollen. Naja, selbst Schuld :)
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