von Lasse Eilers | Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten
FM-Synthese einfach erklärt

FM-Synthese einfach erklärt  ·  Quelle: Gearnews

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Wie funktioniert FM-Synthese? Seit dem Aufstieg des Yamaha DX7 zum erfolgreichsten Synthesizer aller Zeiten ist die Syntheseform von einer geheimnisvollen Aura umweht. Noch immer halten viele es für beinahe unmöglich, FM-Synthesizer selbst zu programmieren. Doch das muss nicht sein! In diesem Workshop erklären wir die Grundlagen der FM-Synthese – und die sind gar nicht schwer zu verstehen.

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Grundlagen der FM-Synthese

Nachdem sie zwischenzeitlich fast von der Bildfläche verschwunden waren (wahrscheinlich eine Gegenreaktion zum „FM-Overkill“ der 80er) sind FM-Synthesizer inzwischen wieder sehr beliebt. Viele neuere FM-Synthesizer (Hardware und Software) haben gegenüber den Klassikern aus den 80ern den großen Vorteil, dass sie deutlich einfacher zu durchschauen und zu bedienen sind. Trotzdem gelten sie immer noch als enorm kompliziert zu programmieren. Das ist auch nicht verwunderlich, denn im Vergleich zur subtraktiven Synthese ist die FM-Synthese tatsächlich erstmal eine ziemlich theoretische Angelegenheit. Doch wenn man sich mit den grundlegenden Zusammenhängen beschäftigt, stellt man schnell fest: So schwer ist das eigentlich gar nicht – und auch bei einem FM-Synthesizer kann man einfach durch Ausprobieren viele interessante Sounds entdecken.

Twisted Electrons MEGAfm MKII

Twisted Electrons MEGAfm MKII · Quelle: Twisted Electrons

„FM“ steht für Frequenzmodulation, also die Modulation der Frequenz einer Schwingung durch eine andere Schwingung. Die Syntheseform wurde in den 1960ern von John Chowning an der Stanford-Universität entwickelt. Zur Praxisreife verhalf ihr dann der Hersteller Yamaha, der im Jahr 1980 mit dem GS-1 den ersten kommerziellen FM-Synthesizer herausbrachte. Den endgültigen Durchbruch erlebte die Syntheseform 1983 mit dem berühmten DX7 – bis heute einer der meistverkauften Synthesizer aller Zeiten. Kaum eine Pop-Produktion kam in den 80ern ohne die prägnanten Sounds des DX7 und seiner Nachfolger aus und mit ihren durchsetzungsfähigen Bässen (Stichwort „Lately Bass“) drückte die FM-Synthese auch vielen elektronischen Stilen ihren Stempel auf. Und wer in den 90ern Gamer war, kennt die FM-Synthese ebenfalls bestens, denn die Soundchips vieler Soundkarten und Spielekonsolen dieser Ära basierten auch auf dem Prinzip.

Schuld am zweifelhaften Ruf der FM-Synthese ist wahrscheinlich die katastrophale Bedienoberfläche des DX7 und seiner direkten Nachfahren. Mit den Folientasten und dem Mini-Display war es tatsächlich äußerst mühsam, tiefer in die Klangerzeugung einzutauchen und die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Vielen Musikern war das zu kompliziert und sie begnügten sich mit den Werks-Presets und den vielen kommerziellen Sound-Packs, die für den DX7 erschienen. Mit heutigen Software- und Hardware-Synthesizern ist es aber ohne weiteres möglich, eigene Sounds zu erstellen – vorausgesetzt, man kennt die Grundlagen.

Frequenzmodulation

Was passiert also genau bei der Frequenzmodulation? Einfach gesagt, wird die Frequenz einer Schwingung durch eine andere Schwingung beeinflusst, also moduliert. Dabei verändert sich das Obertonspektrum, was eine große Bandbreite von Sounds ermöglicht. Kombiniert man noch mehr Schwingungen miteinander, werden umso komplexere Sounds möglich. Im Gegensatz zu einem subtraktiven Synthesizer, der verschiedene Klangfarben durch Entfernen bestimmter Frequenzen aus obertonreichen Schwingungen erreicht, entstehen die Sounds eines FM-Synthesizer also durch die gegenseitige Beeinflussung zweier oder mehrerer Schwingungsformen. Ein Filter ist nicht notwendig (obwohl viele aktuelle FM-Synthesizer zusätzlich eines haben) – das gewünschte Obertonspektrum entsteht bereits durch Zusammenwirken der Oszillatoren bzw. Operatoren. Beim DX7 und den meisten anderen Synthesizern aus der ersten FM-Blütezeit kamen ausschließlich Sinusschwingungen zum Einsatz; neuere FM-Synths bieten mitunter auch andere Schwingungsformen und somit eine noch größere Bandbreite an Klängen.

FM-Synthese

Durch Modulation einer Schwingung durch eine andere mit verschiedenen Intensitäten entstehen unterschiedliche Schwingungsformen · Quelle: ​English Wikipedia user Tlotoxl, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

FM-Synthese: Carrier und Modulator

Die ersten beiden Begriffe, die man sich für die FM-Synthese merken sollte, sind Carrier und Modulator. Der Carrier ist die Schwingung, die moduliert wird und am Ende zu hören ist. Der Modulator ist die modulierende Schwingung. Der Modulator ist nicht selbst zu hören, sondern dient nur als Modulationssignal. Variiert man die Modulationsintensität und die Frequenz des Modulators im Verhältnis zum Carrier, entstehen verschiedene Obertonspektren.

In den folgenden Grafiken (erstellt mithilfe von Native Instruments FM8) seht ihr die Auswirkungen verschiedener Modulationen. So verändert sich eine Sinusschwingung bei Modulation durch eine weitere Sinusschwingung gleicher Frequenz mit 20, 40, 60, 80 und schließlich 100% Modulationsintensität:

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Und das passiert, wenn man die Frequenz des Modulators im Verhältnis zum Carrier erhöht (Modulationsintensität jeweils 50%).

Ein Blick auf die vielen verschiedenen Schwingungen, die aus diesen Modulationen resultieren, macht klar: Allein durch die Frequenzmodulation einer Sinusschwingung durch eine weitere können die verschiedensten Schwingungen und damit komplexe Sounds entstehen. Und wenn das dann im Zeitverlauf gesteuert wird und ggf. noch weitere Carrier-/Modulator-Paare hinzukommen, haben wir einen kompletten Synthesizer.

FM-Synthese: Operatoren

Wenn es um FM-Synthesizer geht, wird oft die Anzahl der Operatoren genannt. Doch was ist das genau und was macht ein Operator?

Bei der FM-Synthese nach dem Yamaha-Prinzip besteht ein Operator aus einem Sinus-Oszillator, einem Verstärker und einer Hüllkurve, die diesen Verstärker steuert.

FM-Synthese Operator

Ein Operator besteht aus einem Oszillator, einem Verstärker und einer Hüllkurve · Quelle: Lasse Eilers

Jeder Operator kann als Carrier oder als Modulator genutzt werden. Im einfachsten Fall gibt es zwei Operatoren (einen Carrier und einen Modulator). Die Hüllkurve des Modulator-Operators steuert dann die Modulationsintensität – also wie stark der Modulator den Carrier moduliert. So lassen sich Veränderungen der Klangfarbe im Zeitverlauf erzielen, ähnlich der Filterhüllkurve eines subtraktiven Synthesizers. Die Hüllkurve des Carrier-Operators steuert hingegen den Lautstärkeverlauf des hörbaren Klangs.

FM-Synthese mit 2 Operatoren

FM-Synthese mit 2 Operatoren · Quelle: Lasse Eilers

Eine Sonderform des Operators ist der sogenannte Feedback-Operator, der sich selbst moduliert. Sein Ausgangssignal wird zurück in seinen Modulationseingang geleitet. Somit wird seine Schwingung von einer Schwingung derselben Form und Frequenz moduliert. Dies ermöglicht beispielsweise das Formen einer Sinusschwingung zu einer (annähernden) Sägezahnschwingung. Nicht alle FM-Synthesizer bieten diese Möglichkeit.

Um noch komplexere und vielschichtigere Sounds zu erzielen, haben die meisten FM-Synthesizer vier oder mehr Operatoren. Der DX7 hat sechs; bei modernen FM-Synthesizern wie dem Native Instruments FM8 oder der FM-X-Engine im Yamaha MODX und Montage sind es sogar acht.

FM-Synthese: Algorithmen

Wie die Operatoren miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig beeinflussen, wird bei der FM-Synthese durch den sogenannten Algorithmus festgelegt. Ein Algorithmus bestimmt also darüber, wie viele Operatoren zum Einsatz kommen und welche davon als Carrier oder als Modulator arbeiten. Der DX7 bietet 32 vordefinierte Algorithmen, die praktischerweise als Diagramme auf dem Bedienfeld aufgedruckt sind. Man kann also durchaus auf einen Blick erkennen, was wodurch moduliert wird – nur beim Bearbeiten wurde es beim DX7 dann kompliziert.

FM-Synthese Algorithmen

Aufgedruckte Algorithmen beim Twisted Electrons Blast Beats · Quelle: Lasse Eilers

Bei manchen modernen FM-Synthesizern wie dem FM8 ist man nicht auf vorgefertigte Algorithmen festgelegt, sondern kann die Struktur eines FM-Sounds frei bestimmen. Das sorgt natürlich für deutlich mehr Flexibilität und klangliche Möglichkeiten als bei den frühen Hardware-FM-Synthesizern.

Erste Schritte mit der FM-Synthese

Wie fängt man am besten an, wenn man in das Sounddesign mit der FM-Synthese einsteigen möchte? Während man bei subtraktiven Synthesizern viel lernen kann, indem man ein Preset aufruft und einfach an verschiedenen Reglern dreht, sind die Zusammenhänge bei der FM-Synthese doch etwas komplexer. Auch, wenn man sich schon etwas auskennt, erschließt sich nicht immer sofort, warum sich ein bestimmter Effekt einstellt, wenn man einen Parameter verändert. Deshalb ist meine Empfehlung, sich zunächst mit den Grundlagen zu beschäftigen.

Fang mit einem einfachen Algorithmus an, der aus einem Carrier und einem Modulator besteht so wie in den obigen Beispielen, und experimentiere mit den Frequenzen der beiden Oszillatoren und mit der Modulationsintensität. So bekommst du bald ein Gefühl dafür, welche Klangfarben sich aus bestimmten Frequenzverhältnissen ergeben. Dann kommen die Hüllkurven dazu. Mit der Carrier-Hüllkurve steuerst du den Lautstärkeverlauf des Sounds, genau wie bei der Amp-Hüllkurve eines subtraktiven Synthesizers. Die Modulator-Hüllkurve beeinflusst die Intensität der Modulation, was eine Veränderung der Klangfarbe im Zeitverlauf zur Folge hat. Schon mit diesem einfachen Setup kann man sehr interessante Klänge bauen.

Wenn du ein Gefühl für das Zusammenwirken von Carrier und Modulator bekommen hast, kannst du dich an komplexere Algorithmen mit mehr Operatoren herantasten. An diesem Punkt kann es dann auch sehr hilfreich sein, den Aufbau einiger Presets deines FM-Synthesizers zu analysieren und zu erkunden, was da eigentlich passiert – am Anfang ist das meist eher verwirrend.

Aktuelle FM-Synthesizer – Hardware

Das wiederentdeckte Interesse an der FM-Synthese schlägt sich auch im Angebot entsprechender Synthesizer nieder – mittlerweile gibt es wieder viele interessante Instrumente zu kaufen. Da ist für jedes Budget und jeden Anspruch etwas dabei!

Korg opsix

Der Korg opsix ist ein 32-stimmiger FM-Synthesizer mit sechs Operatoren. Durch viele Regler auf dem Bedienfeld sind die Syntheseparameter deutlich besser in Echtzeit steuerbar als beim DX7. Ein weiteres Highlight ist der polyphone Step-Sequencer, der auch Reglerbewegungen aufzeichnen kann (Motion Sequencing). Der opsix ist auch als Plugin erhältlich.

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Korg opsix
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Yamaha reface DX

Der 8-stimmig polyphone Yamaha reface DX bietet vier Operatoren und 12 Algorithmen. Am Gerät selbst ist die Programmierung zwar einfacher als beim DX7, aber immer noch kein Genuss. Abhilfe schaffen verschiedene Apps und Editoren, die eine einfache Programmierung per Software ermöglichen.

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Yamaha Reface DX
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Yamaha MODX+

Die Synthesizer der Yamaha MODX+-Serie bieten zusätzlich zu einer samplebasierten Klangerzeugung die sehr leistungsstarke FM-X-Engine mit acht Operatoren und 88 Algorithmen. Zusammen mit dem großen Bruder Montage bietet der MODX+ damit die komplexeste FM-Synthese, die es zurzeit in einem Hardware-Synthesizer gibt.

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Yamaha MODX6+
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Yamaha MODX7+
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Yamaha MODX8+
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Elektron Digitone

Der Elektron Digitone ist ein 8-stimmig polyphoner FM-Synthesizer, der um den Elektron-typischen Sequencer herum konzipiert ist. Neben vier Synth-Tracks stehen vier MIDI-Tracks zur Steuerung von externem Equipment zur Verfügung. Zum Erlernen der FM-Synthese ist der Digitone meines Erachtens eher weniger geeignet – umso mehr aber zum kreativen Jammen und Performen mit FM-Sounds.

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Elektron Digitone
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Twisted Electrons MEGAfm MKII

Der Twisted Electrons MEGAfm MKII basiert auf den Yamaha-Soundchips aus dem SEGA Mega Drive mit vier Operatoren und acht Algorithmen. Das Besondere: Alle Parameter sind direkt auf dem Bedienfeld zugänglich und in Echtzeit steuerbar. Das macht den MEGAfm ideal zum Experimentieren.

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Aktuelle FM-Synthesizer – Software

Native Instruments FM8

Den NI FM8 gibt es gefühlt schon eine Ewigkeit, aber er gehört immer noch zu den flexibelsten FM-Synthesizern. Er bietet acht Operatoren, von denen sechs oszillatorbasiert sind, während Operator 7 auf Rauschen und Operator 8 auf einem Filter basiert. Die FM-Matrix gibt einen sehr guten Überblick über das Zusammenwirken der Operatoren.

FM8 ist Bestandteil von Native Instruments Komplete.

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Arturia DX7 V

Der Arturia DX7 V ist eine Emulation des gleichnamigen Klassikers von Yamaha – jedoch zum Glück mit einem völlig anderen, viel übersichtlicheren Bedienkonzept und erweiterten Features.

DX7 V ist Bestandteil der Arturia V Collection 9.

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Sugar Bytes Aparillo

Aparillo ist ein 16-stimmiger FM-Synthesizer, der vor allem für cineastische Sounds mit viel Bewegung konzipiert ist. Aus der Kombination von FM-Synthese mit Filtern, Waveshaping, Effekten und Modulation entstehen weitläufige Klangwelten.

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BLEASS Omega

FM-Synthese BLEASS Omega

Omega · Quelle: BLEASS

BLEASS Omega ist ein Software-Synthesizer mit vier Operatoren, der sich vor allem durch seine sehr übersichtliche Oberfläche auszeichnet – perfekt für den Einstieg! Omega ist für macOS, Windows, iOS und iPadOS verfügbar.

Digital Suburban Dexed

DEXED

DEXED · Quelle: Gearnews / Robin Vincent

Dexed ist ein kostenloser Software-Synthesizer, der den Yamaha DX7 emuliert. Durch die vielen Regler lassen sich Sounds viel einfacher editieren als beim Original. Dexed kann Presets des DX7 laden und auch als Editor für die Hardware benutzt werden – also ist das Plugin auch eine ideale Ergänzung für alle Besitzer eines DX7.

Videos zur FM-Synthese

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