Lo-Fi Beats: Sounddesign Workshop für LoFi Hip-Hop und chillige Grooves
Lo-Fi Beats entspringen ursprünglich aus der Szene um Hip-Hop Instrumentals, durch eine besondere Ästhetik ist daraus aber ein eigenes Genre geworden. Bandcamp sowie ein paar Channels auf YouTube und Playlists auf Spotify haben Lo-Fi Beats zu einem weltweiten Phänomen gemacht. In diesem Artikel schauen wir uns an, was diesen Sound auszeichnet.
Lo-Fi Beats
Ob es sich zu Lo-Fi Beats besonders gut lernen und chillen lässt, soll hier nicht das Thema sein – einige behaupten das zumindest. Wir beschäftigen uns aber weniger mit der Wirkung, sondern konzentrieren uns auf das Sounddesign.
Lo-Fi – also Low Fidelity – gab es natürlich auch schon vor dem Hype um Lo-Fi Beats und beschreibt eine Ästhetik, bei der es nicht um technische Brillanz, besonders „sauberen“ Sound und perfekte Produktion geht. Stattdessen darf es auch mal rauschen, knistern, kratzen und brummen – billiges und sogar kaputtes Equipment wird bei der Produktion oft umarmt.
Lo-Fi Beats bestehen häufig aus verträumten und jazzigen Akkorden, leicht „wackeligen“ Grooves und Basslines sowie manchmal fast schon poppigen Melodien. Bei der Instrumentierung gibt es wenig Einschränkungen, harsche Sounds oder verzerrte Gitarren wirst du aber eher selten hören. Samples spielen eine große Rolle, auch dadurch ergibt sich oft eine besondere Soundästhetik.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Samples gehören zu Lo-Fi Beats wie Salz in die Suppe
Da sich dieser Stil aus dem Hip-Hop herauskristallisiert hat, bilden auch hier Samples ein wichtiges Fundament. Das können Beats und Rhythmen sein, Akkorde, einzelne Pads oder auch ganze Loops. Weil es extrem heikel ist, Passagen von anderen Künstlerinnen und Künstlern zu sampeln, bist du mit kommerziellen Sample-Packs auf der sicheren Seite. Es gibt ja ohne Ende Samples, die du kostenlos, gegen eine Zahlung oder im Abo bekommst. Stilistisch sollten sich diese in Richtung Funk, Jazz oder auch Pop bewegen – es gibt natürlich auch schon einige Packs speziell für dieses Genre.
Im Vergleich zu Stilen wie Trap, spielen bei den Drums typische 808 Kicks, Snares und Claps eine eher untergeordnete Rolle. Stattdessen solltest du auch hier nach „Breaks“ Ausschau halten, deren Stil sich ebenso an den gerade genannten Genres orientiert. Percussion-Instrumente sind eine wichtige Zutat und sorgen für die Auflockerung der Grooves.
Samples zerschneiden und selber aufnehmen gibt Lo-Fi Beats den unverwechselbaren Stil
Übernimm die Samples nicht einfach als stumpfe Loops, sondern zerlege diese besser in einzelne Parts und arrangiere sie neu. Das gilt besonders für die Drums. Selbst wenn du einen schönen Break als Ausggangsmaterial hast – zerschneide ihn. Dann kannst du speziell mit der Kick und Snare einen eigenen Groove bauen und diese Bestandteile zusätzlich mit anderen Samples layern.
Richtig cool wird es, wenn du auch selbst aufgenommene Sounds, Geräusche und Parts integrierst. Ein Mikrofon schadet also nicht! Und weil es ja um Lo-Fi geht, muss das nicht mal ein wahnsinnig teures Studiomikrofon sein. Selbst wenn du kein klassisches Instrument spielst, bringst du mit Aufnahmen und „Found-Sounds“ rhythmische Texturen in das Arrangement. Ein sehr guter und preisgünstiger Allrounder für diese Zwecke ist zum Beispiel das Shure SM57*.
„Wonky“ Beats
Ein entscheidendes Stilelement liegt in den Grooves und Beats. Denn die werden häufig nicht quantisiert und fühlen sich „lose“ an. Viele sagen, dass dieses Stilmittel auf die Produktionen von J Dilla zurückgeht – einem legendären Producer und „Beat-Schmied“ aus Detroit. Es gibt sogar ein ganzes Buch, das sich mit dem besonderen Timing dieses Produzenten beschäftigt: Dilla Time (hier bei Amazon kaufen*).
Die einzelnen Drums liegen also nicht zwingend auf dem Taktraster, sondern sind oft etwas versetzt nach vorne oder nach hinten gezogen. In der DAW bekommst du das schnell hin, indem du die Samples oder MIDI-Noten auf der Timeline verschiebst. Bei Grooveboxen wie dem Digitakt* gibt es Einstellungen für Micro-Timing und es lohnt sich auch, mit Swing-Einstellungen zu experimentieren.
„Falsch“ spielen und dabei trotzdem einen (eigenwilligen) Groove erzeugen – das klingt in der Theorie einfach, in der Praxis musst du aber schon ein bisschen experimentieren.
Tipp: Wenn du dir genau anschauen willst, wie die Beats dieses Stils konstruiert sind, öffne doch einfach mal das ungewarpte Audiofile eines Referenz-Tracks in der DAW. Passe das Grid an das Tempo an, setzte den Startpunkt an die richtige Stelle — schon siehst du genau, wo die einzelnen Drums sitzen.
Mehrere HiHats, ein paar Shaker, Found-Sounds und Percussion eignen sich super für das Anreichern der Grooves. Ein interessanter Effekt ergibt sich aus Layern, versuche dabei mal, die Sounds immer etwas zueinander versetzt zu „stapeln“.
Das Tempo bewegt sich ungefähr zwischen 70 und 90 BPM, aber noch ein bisschen langsamer oder etwas schneller darf es auch mal sein.
Der Bass muss drücken
Basslines sorgen neben einer tiefen Kick (gerne auch im Layer mit einer 808 oder einer Sinus-Schwingung) für den notwendigen Druck. In Lo-Fi Beats übernimmt der Bass auch gerne mal die Melodie. Funky wird es, wenn du mit dem Pitchwheel die Tonhöhe in Bewegung bringst.
Falls du die Bass-Parts mit einem Synthesizer einspielen möchtest, hier ein paar Empfehlungen:
Behringer Model D* oder Poly D* orientieren sich klanglich am berühmten Minimoog* – einem seit jeher sehr beliebten (Bass-) Synthesizer im Hip-Hop. Moog Minitaur* ist ein kompakter Spezialist für ultratiefe Bässe. Und auch eine Novation Bass Station II* eignet sich hervorragend für Bass-Sounds und selbstverständlich ebenso für Leads.
Textur ist ganz wichtig
Durch die Samples ergibt sich bei Lo-Fi Beats eine besondere Textur. Auf der einen Seite hörst du das Knistern von Schallplatten oder das Rauschen von Tapes, auf der anderen Seite haben die Samples oft einen „Bitcrushing-Charakter“, der durch die Sampler selbst entsteht.
Knistern und Rauschen fügst du bei Bedarf einfach durch entsprechende Samples hinzu, die du entweder selbst aufnimmst oder bestimmt irgendwo als Download findest. Diese lässtt du dann einfach als Hintergrund im Mix laufen.
Tipp: Bei zugemischtem Vinyl- und Tape-Rauschen kann es sehr effektvoll sein, wenn du hier die Dynamik mit einem Kompressor und zusätzlichen Sidechaining bearbeitest. Das Trigger-Signal für die Sidechain muss nicht unbedingt Kick und Snare sein, ebenso eignet sich ein melodiöses Element oder der Bass. Auch Spielereien mit einem Filter sind hier sehr wirkungsvoll.
Um Samples oder eigenen Aufnahmen mehr Vintage-Feeling einzuhauchen, bearbeite diese ein bisschen mit einem Filter und einem Bitcrusher. Du solltest aber auch mal mit den Warping-Einstellungen in einer DAW wie Ableton Live experimentieren.
Tipp: Spiele eine Aufnahme um ein paar Semitöne oder vielleicht sogar gleich eine oder mehrere Oktaven nach oben transponiert ab – ohne dabei das Audio zu warpen. Dieses schneller laufende Sample bearbeitest du mit einem Bitcrusher und renderst das Ergebnis als neues Audiofile. Dieses Sample transponierst du wieder um den gleichen Faktor mit nach unten. Dadurch bekommt der Sound diesen „crispen“ granularen Charakter, der oft in Hip-Hop-Produktionen (aus den 90ern) zu hören ist.
Es gibt eine ganze Reihe von brauchbaren Bitcrushern, die meisten DAWs haben einen solchen Effekt sogar integriert. Ein richtig gutes Plugin für den typischen Sound der DA-Wandler alter Sampler liefert dir Decimort 2* von D16 Group. In dieser Liste findest du ein paar weitere Plugins, mit denen du den Charakter von Samples bearbeiten kannst. Und hier ein Workshop, der sich nur mit dem Sound von Oldschool Samplern beschäftigt.
Hardware-Sampler für Lo-Fi Beats
Mit einem Hardware-Sampler bekommst du den gewünschten Charakter sogar quasi frei Haus geliefert. Und der muss nicht mal so kostspielig sein. Der PO-33 von Teenage Engineering passt in Tasche, wird mit Batterien betrieben und verfügt sogar über ein integriertes Mikrofon. Die Originalversion ist aktuell nicht bei unserem Partner erhältlich, der PO-133 Street Fighter* ist aber dazu identisch und besitzt sogar ein paar Vorab-Samples aus dem Game Street Fighter II. Das ganze Design ist hier bereits auf Lo-Fi getrimmt – optimal!
Typische Sampler in der Szene um Lo-Fi Beats stellen die Modelle der SP-Serie dar und damit ist nicht die berühmte SP-1200 gemeint. Die ursprünglich von Boss erschienenen Geräte zeichnen sich ebenfalls durch einen gewissen „Spielzeugcharakter“ aus, sind aber stilprägend. Das liegt auch an den integrierten Effekten – dazu mehr in den nächsten zwei Absätzen. Das aktuellste Modell wird unter der Roland-Flagge hergestellt und heißt SP-404MKII*, alleine mit diesem Gerät kannst du ganze Tracks erstellen.
Wow- und Flutter-Effekte erzeugen die typische Stimmung von LoFi Beats
Dir ist bestimmt schon mal aufgefallen, dass viele Tracks dieses Genres einen etwas „leiernden“ Charakter haben – so, als ob sie mit einem alten Tonbandgerät oder etwas abgenutzten Tape-Deck aufgenommen wurden.
Praktischerweise gibt es eine ganze Reihe von Plugins, um diesen Effekt in der DAW kontrolliert zu emulieren. Dafür packst du so eine Tape- oder auch Vinyl-Simulation einfach auf den Master-Channel. Praktischer Nebeneffekt: Du hast meist gleich auch Vinyl-Knistern oder Bandrauschen dabei.
Eine andere Möglichkeit: Die Tonhöhe von Pads, Bässe, Leads oder vielleicht sogar ganzen Loops modulierst du über einen LFO. Hier solltest du dich aber behutsam herantasten und versuchen, das Tempo des LFOs dezent per Automationen zu verändern. Das kann aber eine ziemliche Arbeit werden und viel Zeit verschlingen – mit einem extra dafür gemachten Plugin ist es schon sehr komfortabel.
Kompression
Der Einsatz eines Kompressors auf der Summe ist ebenfalls ganz typisch für Lo-Fi Beats. Kompression ist ein Thema für sich, denn es gehört zu den komplexeren Aspekten bei der Musikproduktion. Im Gegensatz zu vielen anderen Effekten ist es nämlich schwierig, eventuell gemachte Fehler wieder nachträglich auszubügeln.
Tatsächlich gehört diese Musikrichtung zu den Stilen, bei denen Kompression eigentlich etwas „falsch“ eingesetzt wird. Genau dadurch ergibt sich dieser leicht plattgerückte und manchmal pumpende Sound. Die prägende Ästhetik hängt ursprünglich mit der Wahl der Produktionsmittel zusammen. Denn die bereits erwähnten Sampler der SP-Reihe verfügen über die sogenannte Vinyl Sim Kompression. Dieser Effekt erzeugt quasi gleichzeitig das Plattenknistern, das bereits angesprochene „Leiern“ und zugleich die markante Dynamikbearbeitung.
Die „Abkürzung“ zu diesem Ergebnis liegt also in der Anschaffung einer gebrauchten SP-303, SP-404 oder eben der neusten Auflage (siehe oben). Es gibt ein Plugin, das sich fast wissenschaftlich nur mit diesem Effekt beschäftigt, das lässt sich der Hersteller Goodhertz beim Vulf Compressor aber auch recht teuer bezahlen. Eine gute (wenn auch nicht 1:1 vergleichbare) Alternative stellt SketchCassette II dar, das du im Augenblick sogar günstig im Bundle* mit dem ebenfalls sehr interessanten Digitalis bekommst.
In der DAW solltest du mal versuchen, verschiedene Busse/Gruppen zu erstellen und diese dann über einen Kompressor mit Sidechain zu bearbeiten. Kick und Snare sollten dabei eine eigene Gruppe bilden und können als Sidechain-Trigger für die restlichen Busse dienen. Und auf der Summe verwendest du dann einen weiteren Kompressor. Das Gute bei der Arbeit in der DAW ist ja, dass du so lange experimentieren kannst, bis du mit dem Ergebnis zufrieden bist.
In diesem Artikel findest du übrigens ein paar Anregungen, wie du den Kompressor kreativ einsetzt.
Welche Tricks möchtest du teilen?
Nun bist du gefragt. Falls du ein paar deiner Tricks für die Produktion von Lo-Fi Beats teilen willst, schreibe doch einen kleinen Kommentar. Welche Tools gehören zu deinen „Geheimwaffen“? Welche Tricks sind essentiell? Wir freuen uns auf deine Infos!
Weitere Infos
- Mehr über Lo-Fi und LoFi ;)
- Mehr über Tape-Sound
- Mehr über Samples
- So benutzt du den Kompressor als kreativen Effekt
Videos
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
*Hinweis: Dieser Artikel enthält Werbelinks, die uns bei der Finanzierung unserer Seite helfen. Keine Sorge: Der Preis für euch bleibt immer gleich! Wenn ihr etwas über diese Links kauft, erhalten wir eine kleine Provision. Danke für eure Unterstützung!
2 Antworten zu “Lo-Fi Beats: Sounddesign Workshop für LoFi Hip-Hop und chillige Grooves”
Schöner Artikel, der wirklich Lust auf Ausprobieren macht.
Ich würde an Plugin noch Unfiltered Audio Needlepoint in die Runde werfen. Da lohnt es sich auf jeden Fall immer mal zu schauen, ob es das Plugin im Angebot gibt.
Zum „Lofi“ von Samples gehört auch einfach mal das Leiern der Tapes. Wie bekommt man das ohne Plugins hin?? Habe ein Yamaha Reface YC mit tollen Rhodes-Piano-Sounds und einem Delay. Das Piano hat kein Pitchbend aber dieses einfache Delay, .. Akkord spielen und das Timing des Delays mal minimal verändern.. das liefert dann diesen Tape-Vibe. Ich denke, das geht auch mit jedem anderen Instrument und einem einfachen Delay-Pedal für wenige Euros. Erwähnenswert wäre auch das Genre „Caffee-House“. Zum Thema Timing würde ich sagen, dass man sich vorstellen können muss, dass da mehrere Musiker nebeneinander jammen und sich den Solopart rüberreichen. Es hat für mich immer etwas von „live“, als würden hier 3 -4 Musiker zusammenspielen und das hat dann jemand live aufgenommen.