Android DAW und Recording statt mit iOS?
Professionelles Recording ist schon lange nicht mehr nur den DAWs mit Computer als Unterbau vorbehalten. Sicherlich haben PCs mit macOS, Windows und Linux ihre Vorteile bei der Audiobearbeitung oder im Studio – aber wirklich mobil sind die nicht. Warum also nicht ein Gerät nutzen, das eh schon im Haushalt herumschwirrt. Vermutlich besitzen fast alle von euch ein Smartphone und viele ein Tablet. Da ich mich von iOS gelöst habe, führt der Weg zu Android. Und es gibt mehr als nur eine Android DAW. Eine Art Erfahrungsbericht aus beiden Welten.
iOS oder Android DAW?
Apple hatte von Anfang an das bessere Händchen für Menschen mit Kreativanwendungen, damit auch Audio. iOS ist ein guter Begleiter und eine gute Plattform für Audio-Dinge. Nahezu alle mobilen Apps, die überhaupt für Audio geschrieben wurden, laufen darauf. Und zwar einwandfrei. Und es gibt tolle iOS-DAWs. Allerdings wollen und können nicht alle die Apple-Preise zahlen (gerade für die Pro-Modelle), hätten aber doch gern ein solches Gerät – und da kommt Android ins Spiel. Der Markt ist extrem vielseitig und hat weit mehr als gefühlt 3 Modelle jährlich zu bieten. Eben für alle Geldbeutel eine Variante, von super lahm und billig bis premium und kostenintensiv.
Der Segen der Auswahl ist auch gleichzeitig der Fluch. Entwickler/-innen müssen viel mehr Hardware abdecken (24000 Geräte mit Android vs. 61 iOS-Geräte insgesamt) und haben in Sachen Audio leider auch nicht einen so guten Unterbau. Androids Audio-Ebene wurde (grob gesagt) fürs Telefonieren entwickelt und basiert auf einem älteren Linux-Kernel. Diese konnten nur über einen speziellen „Hack“ für Echtzeit-Audio sinnvoll genutzt werden. Android nutzt diesen Unterbau mit Priorisierung für Echtzeit-Audio leider auch nicht. Daher ist es schon als Voraussetzung nicht so einfach, Audioanwendungen dafür zu entwickeln, die auch Spaß machen bzw. sinnvoll nutzbar sind.
DAWs für Android
Es ist also nicht nur schwieriger, für Android Audio-Programme zu entwickeln und alle Geräte einzuschließen. Es ist auch noch schwerer, Audio in Echtzeit „darzustellen“. Das hält Entwickler aber nicht davon ab, es dennoch zu tun. Gleichzeitig wird es immer besser mit der brauchbaren Hardware – denn auch hier erreichen Firmen problemlos Apple-Gefilde, sofern entsprechend hochwertige Hardware reingepackt wird. Ich schaue hier vor allem in Richtung Samsung. So ein Galaxy Tab S6 Lite hat sich auch zu mir verirrt. Das ist zwar nicht so performant und hochwertig wie das Galaxy Tab S6 ohne Lite, kostet dafür auch nur ein Bruchteil. Und die Android DAW Cubasis läuft auf darauf.
Das Beste: Es gibt einige DAWs und Apps, die auf euch warten, um euch mobil zur Seite zu stehen.
All diese Android-DAWs können zumindest in Ansätzen deinen Computer oder Laptop ersetzen. Wenn deine Hardware entsprechend performant ist, dein Touch-Display die Berührungen genau umsetzt und groß genug ausfällt und du auf die Touch-Bedienung stehst. Ich denke da vor allem an lange Autofahrten (wenn du nicht selbst fährst) oder Zug oder Flugzeug. Oder wenn du gerade unterwegs Atmos oder „Musique Concrète“ Samples aufnimmst.
Interfaces für Android
Hier kann das etwas freiere Betriebssystem gegenüber Apple iPads und Co. ordentlich flexen. Denn es kann über einen USB-Adapter nahezu jedes (Class Compliant) Interface betrieben werden. Vor allem gibt es USB-C-USB-A-Adapter quasi geschenkt. Das geht zwar in der Theorie bei iPads und iPhones auch, jedoch liefern die je nach Adapter oder Interface nicht genug Strom am Lightning-Anschluss. Ergo muss ein aktiver Adapter/Hub her (oder ein Pro-Modell). Was zu Hause weniger das Problem wäre, mobil aber zum Ausschlussargument wird.
Das Gleiche kann ich von Interfaces von Behringer*, Steinberg* und Presonus* berichten. Keine Probleme. Einfach nur Plug-and-Play. Das hier abgebildete IK Multimedia iRig gibt es auch als neuere I/O-Version* für Android.
Ist eine Android DAW möglich?
Ich hatte mit meinem Focusrite Scarlett 2i2 2nd Gen* überhaupt kein Problem mit dem Galaxy Tab S6 Lite* oder meinem damaligen Galaxy S7* oder Galaxy S10*. Jedoch mit meinem normalen iPad* (meins ist von 2018) und auch mit meinem damaligen iPhone 6. Für beide i-Devices hätte ich einen aktiven Hub benötigt und einen teuren Adapter. Für ernsthafte Aufnahmen würde ich aber mindestens zum Tablet greifen. In den Androids kann ich auch eine SD-Karte nutzen.
Mehrspuraufnahmen, Editieren und Exportieren sind für mich mit Touch nicht allzu komfortabel, allerdings ist das Packmaß ohne Laptop unschlagbar. Und es ist auch etwas schneller einsatzbereit. Das Netzteil ist nur ein USB-C-Kabel. Und sofern die Interfaces class-compliant sind, sehe ich auch bei ganzen Band-Setups mit 8-16 Spuren simultan keine Probleme. Keine Probleme beim Timing, keine Aussetzer, auch nicht beim Editieren oder Arbeiten mit Effekten in der Android DAW.
Für Editing gehe ich dann aber in der Regel doch zurück an Maus und Tastatur und einen großen Bildschirm. Das könnte ich zwar auch dank Wahlfreiheit an mein Tablet anschließen, aber wirklich komfortabel ist das nicht. Auch Samsung DeX ist noch nicht so weit, dass ich es als Multitasking-Desktop-Ersatz bei Audio-Anwendungen akzeptieren könnte. Im Notfall geht das aber sicherlich. Für Podcasts beispielsweise.
Wünsche
Mir fehlen aktuell neben potenterer und gleichzeitig etwas preiswerterer Hardware auch einige Apps zum Glücklichwerden. Während iOS mit tollen virtuellen Klangerzeugern punkten kann, sind bei Android gerade einmal eine handvoll DAWs angekommen. Die Synthesizer sind … okay bis nicht vorhanden.
Für reines Recording und „Musique concrète“ würde eine Android DAW immerhin ausreichen. Gerade mit Cubasis habe ich ein tolles Werkzeug an der Hand. Mit dem S6 Lite-Tablet ist es allerdings an manchen Stellen bei der Bedienung behäbiger als mit meinem iPad – vermutlich liegt das an der etwas langsameren Hardware, ist aber kein echtes Argument gegen das Setup, da es nur marginal auftritt.
Routing mit Android
Außerdem hätte ich gern Routing-Apps. Während ich am Computer JACK nutzen kann, auf meinem iPad AudioBus oder sinnvoll programmierte IAA-Plugins, sieht es bei Android mau aus. Bringt die DAW nix mit, wird’s eng mit hochwertigen Plugins. Ein Henne-Ei-Problem, das zumindest die Hersteller oben versuchen zu durchbrechen. Gerade Yamaha/Steinberg ist ein bedeutender Player und bekommt dafür von mir Kudos für den ersten Schritt in Sachen Android DAW. Ob da irgendwann sogar Cubase für Linux folgt?
Und der Unterbau sollte nicht mehr auf einem ollen Linux-Kernel basieren, sondern (wenigstens optional) auf einem neueren oder einem mit Realtime-Prio. Dann wird’s auch was mit der DAW auf Android statt iOS. Ich bin bei allem Komfortverlust ziemlich froh, nicht mehr im Apple-Universum „gefangen“ zu sein. Google kann ich bei Bedarf in Android mit alternativen Betriebssystemen komplett raushalten, Apple aus iOS nicht. Und das was ich von dem Gerät erwartet habe, mobil Dual-Mono-Aufnahmen und einfache Edits durchzuführen, kann ich machen. Nächstes Level ist dann Surround und 3D-Audio. ;)
Fürs reine Stereo-Recording würde ich dann doch eher einen echten Handy-Recorder empfehlen. Sobald es mehr als zwei Spuren sind oder Overdubs hinzukommen, wäre es mit Cubasis (meiner Erfahrung nach) auf jeden Fall machbar. Aber da ist generell noch Luft nach oben.
Deine Meinung zu Android DAW
Was nutzt du? Android oder iOS? Hast du schon einmal mit einer Android DAW herumprobiert, es als DAW-Ersatz oder als Klangerzeuger zu nutzen? Gerade Letzteres ist bei der Synthi-Fraktion durchaus möglich. Hast du Probier-Tipps? Hexen soll gut sein.
Die Moog Apps klingen beispielsweise richtig toll. Oder der SynthOne. Aber die gibt’s ja beide nur für iOS. Meh. Hast du Tipps für Android Klangerzeuger?
Man wird ja noch träumen dürfen …
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9 Antworten zu “Android DAW und Recording statt mit iOS?”
Check mal Hexen auf Android
Spannend. Bekommt man das Signal irgendwie in eine andere App?
Ich habe den Kauf von Cubasis sehr schnell bereut. Ich kann auch gar nicht nachvollziehen, dass das für so viele Menschen so ein großes Thema ist. Nicht mal als Ergänzung hat es mir etwas gebracht. Das ist meine Meinung, kann ja jeder anders sehen. Ganz schlimm finde ich diese Drummachines von Cubasis. Allgemein ist die Bedienung ausschließlich umständlich und es macht in keinster Weise Spaß mit dem Finger im Pianoroll zu hantieren.
Es gibt für mich nicht einen Grund von meinem schönen MacBook auf ein Tablet/iPad umzuschwenken.
Ganz besonders nervt mich bei Cubasis, dass das Projekt immer automatisch gespeichert wird. Was soll das? Manchmal möchte man ja auch einfach etwas ausprobieren, was so nicht gespeichert werden soll.
Ich benutze Cubasis mit Stylus auf dem Samsung 6Slite im Unterricht. Funzt prima, auch mit USBMidi Hardware.
G-Stomper, Caustic und Sunvox sind für mich die Klassiker und immer noch die besten oder spaßigsten Apps um Musik unter Android zu machen.
Hexen ist auch ganz nett. Nanoloop sollte man auch nicht vergessen.
Zenbeats UI und Workfloe ist einfach nur furchtbar. Dann als DAW lieber Bandlab oder Audio Evolution. Aber mehr als nebenher nur etwas Spaß ist meiner Meinung nach schwierig unter Android.
Ich benutze Roland ZEN Beats und Koala Sampler, macht Spass aber die Spassbremse ist hier Realtime Audio, wird aber bestimmt in Zukunft besser werden.
Kein Loopy Pro für Android.
Die Diskussion über die schlechten Audio Eigenschaften für Musik Apps kenne ich schon seit über 10 Jahren. Und es hat sich nichts getan. Open Handset Alliance ist offensichtlich nicht daran interessiert die Audio Eigenschaften von Android zu verbessern . Und so bleibt ein iOs Device die erste Wahl.
Würde gerne mein S8+ als externen Spektrum und Stereo-Analyzer hernehmen (Goniometer). Cubasis3 hat keinen davon an Bord. FL Mobile sogar einen gut aussehenden. Momentan frage ich dort an, wie ich von LogicPro in FL Mobile komme, ob die App das überhaupt zulässt.
Den Rechner für die Haupt-DAW (LogicPro) zu entlasten, in dem die FFT extern auf einem starken Tablet ausgeführt wird, ist nicht neu. Und doch finde ich kaum Ressourcen oder Nutzer, die das getan haben?
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