P.A.S. – Plug-in Acquisition Syndrome: Süchtig nach Plug-ins
Ihr kennt das G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome), was auf Deutsch ungefähr Geräte-Anschaffungs-Syndrom bedeutet und sogar zu einen eigenen Wikipedia-Eintrag gekommen ist. Die Bedeutung muss ich euch vermutlich nicht weiter erklären, wer diese Website regelmäßig besucht, ist vermutlich zu großen Teilen (genau wie die hiesigen Autoren) ebenfalls davon betroffen. Wir können hier gerne über G.A.S. diskutieren, ich will mich in diesem Artikel aber auf eine „ähnliche Krankheit“ konzentrieren. Es soll nämlich um das P.A.S. gehen, die Abkürzung steht für Plug-in Acquisition Syndrome. Aus eigener Erfahrung kann ich nämlich drüber berichten.
Plug-in Acquisition Syndrome (P.A.S.)
Ganz klar, wer in erster Linie „DAW-less“ (also ohne Rechner und DAW) Musik macht, kennt dieses spezielle Syndrom nicht (vermutlich aber das oben erwähnte G.A.S.). Computer, Software und Plug-ins machen heutzutage natürlich all das möglich, was noch im letzten Jahrhundert ein Traum aller Musiker und Musikerinnen war. Das Studio „in the box“ verspricht virtuelle Klangerzeuger, Sequencer, Effekte und Mischpulte ohne Ende – die einzige Begrenzung liegt im Prinzip nur in der vorhandenen Rechen-Power. Die wird bei Herstellern auch dementsprechend immer mehr mit maximalen Instanzen von Spuren und Plug-ins gemessen. Speicher kostet quasi nichts mehr, so kann eine Sample-Library auch mal locker 50 GB einnehmen.
Auf dem sich auf dieser Basis entwickelten Markt tummeln sich kommerzielle Hersteller und Freizeit-Coder gleichermaßen und bringen immer wieder erstaunliche Produkte heraus. Okay, manchmal herrscht da auch eine gewisse Redundanz, besonders bei Equalizern denke ich da immer häufiger drüber nach. Anderseits entwickeln sich die Prozessoren ja konsequent weiter und damit ergeben sich neue technische Möglichkeiten. Mehrfaches Oversampling, ausgefuchstere Algorithmen, neuronale Netzwerke, maschinelles Lernen und weitere Innovationen versprechen noch genauere Emulationen, besseren Klang und völlig neuartige Ansätze.
Natürlich erzeugt ein Markt immer wieder neue Produkte, wir wollen ja auch schließlich nicht ewig mit dem alten Auto durch die Gegend fahren oder uns mit dem Fahrrad abstrampeln, wenn es doch E-Bikes gibt. Also wird auch der Plug-in-Markt ordentlich geflutet. Manchmal habe ich aber die Befürchtung, darin zu ertrinken.
Der Plug-in-Ordner quillt über
Wenn ich so durch meinen Plug-in-Ordner scrolle, sehe ich da lauter Sachen, die ich mir irgendwann mal zugelegt habe und teilweise noch nicht einmal nach der Installation wieder angeklickt habe. Eine Schande, mit der es sich aber relativ gut leben lässt.
Die sich in meinem Besitz befindlichen Plug-ins kann ich grob in drei Kategorien einteilen. Da sind zunächst solche, die ich wirklich haben wollte und auch gerne benutze. Die zweite Gruppe sind die Produkte, die ich zum Teil einfach nur besitze, weil sie eben kostenlos sind. Einige davon sind selbstverständlich auch superpraktisch und sogar essentiell. Einen nicht unerheblichen Anteil davon brauche ich aber eigentlich nicht. Die dritte Kategorie bezeichne ich mal mit dem Schlagwort Deal.
Viele Sachen habe ich mir nämlich geholt, weil sie zum Zeitpunkt des Kaufs einfach so unglaublich günstig waren. Oder glaubt ihr etwa, dass wir Autoren nicht selbst zuschlagen, wenn etwas im Angebot ist und wir auch noch darüber berichten? Eigentlich ist das sogar eine Art Berufskrankheit. „In Kauflaune schreiben“ haben wir das schon mal scherzhaft genannt. Manchmal bieten uns die Hersteller sogenannte NFRs an, was im Prinzip „kostenlose Testversion“ bedeutet und ich bin einer der Letzten, der so ein Angebot ablehnt. Wenn ich meine E-Mails checke, sehe ich ständig irgendwelche Loyalty-Voucher, die mir für braves Einkaufen regelmäßig zugesprochen werden. Und die sollten möglichst nicht verfallen!
Sammler und Schnäppchenjäger
Ich gestehe, dass in mir eine Art „Sammler-Gen“ steckt. Mit anderen Worten: Ich muss mich permanent kontrollieren, dass es nicht ausartet. Wenn ich zum Beispiel das Produkt eines bestimmten Herstellers mag, muss ich fast zwanghaft auch die anderen haben. Praktisch, dass es da häufig gleich Suiten und Bundles gibt, bei denen ich ja sogar noch was sparen kann (besonders wenn diese gerade im Sale sind).
Es fällt mir außerdem äußerst schwer, auf das (kostenpflichtige) Upgrade zu verzichten, das früher oder später ja immer kommt. Kurz nach Erscheinen gibt es ja meistens einen Vorzugspreis, die Uhr tickt also ständig. Aber das Verlangen nach der neusten Version ist schon sehr stark ausgeprägt.
Als Schnäppchenjäger habe ich selbstverständlich ein Gespür dafür, wann es etwas zu holen gibt. Ostern, Thanksgiving aka Black Friday (OMG!), Weihnachten – das sind immer gute Gelegenheiten, sich ein paar preisreduzierte Plug-ins oder iOS-Apps anzuschaffen, die möglicherweise nur zu diesen Zeitpunkten für mich wirklich relevant sind.
Abos kommen bei mir (trotz einigen dafür sprechenden Argumenten) übrigens nicht in Frage — ich will die Software besitzen!
Magic Cleaning
Es klingt paradox, denn gleichzeitig bin ich eigentlich auch ein Fan und Befürworter von Effizienz und Minimalismus. Ich weiß, dass es am besten ist, wenn ich mich auf die wichtigsten Tools beschränke und diese in- und auswendig kenne. Deshalb muss ich mich ständg mit quälenden Fragen beschäftigen. „Brauche ich wirklich drei Wavetable-Synthesizer?“, „Welchen EQ habe ich noch nie benutzt?“ oder „Macht Bitcrusher XY nicht das Gleiche wie YX?“. Impulsiv gehe ich dann meine Sammlung durch und lösche Sachen, die ich streng genommen nie benutze. Manchmal entdecke ich da auch Plug-ins, deren Namen mir nicht einmal mehr etwas sagen – das geht mir übrigens bei einigen Installern in meinem Download-Ordner ähnlich.
Dass ich jemals einen Zen-artigen Zustand wie von Marie Kondo gepredigt erreiche, darf bezweifelt werden. Aber ab und an mal die Festplatte aufräumen, kann nicht schaden. Dabei mache ich wahrscheinlich jedes Mal so ein gequältes Gesicht wie die armen Seelen in diesen Messi-Dokus. Aber das Tolle ist ja, dass Software nicht wirklich verloren geht und ich sie jederzeit neu installieren kann!
Ich weiß, ich bin nicht allein
Selbstverständlich ist das hier ein reines Luxusproblem. Und ich leide im Gegensatz zu wirklich Suchtkranken auch nicht darunter. Ich bin nicht kaufsüchtig und kann mich in vielen Fällen zurückhalten (okay, bei richtig krassen Deals ist es nicht so einfach). Und ich weiß, dass es vielen ähnlich geht – ich kenne da genug „Bekloppte“.
Vielleicht gehören ja auch ein paar von euch dazu, jetzt ist eine gute Gelegenheit, sich zu outen ;)
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22 Antworten zu “P.A.S. – Plug-in Acquisition Syndrome: Süchtig nach Plug-ins”
das Vorhandensein von eigentlich überflüssigen, für die Information nicht notwendigen Elementen; Überladung mit Merkmalen – GAS oder SAS. Es gibt sogar eine lustige Facebook Gruppe der man sich anschließen kann! Dort kann man sich mit anderen Betroffenen gemeinsam über seine neueste Beute freuen. Mit Bildern und einem bemitleidenswerten Text kann man sich feiern lassen. Ironie hoch 3! Bei Plugins begrenzen auch der Geldbeutel seine eigene Aktivitäten. Abos sind wie selbstfahrende Autos und Software belegt keinen Platz in der Wohnung sondern nur im Kopf. 🤟🤣🤘Lady Diana hatte zu viele Schuhe und ich habe einen im TV gesehen der Wanduhren sammelt. Der nächste Kanzler wird noch schlimmer, die Geschichte wiederholt sich solange es Menschen gibt. Ich habe inzwischen 4 Katzen 🐹🐹🐹🐹es gibt nichts was man nicht sammeln könnte!
Meine Schallplatten- und Videogames-Sammlungen habe ich für diesen Artikel einfach mal außen vor gelassen. ;)
Inzwischen gibt es ja alles was man sich vorstellen kann, und jede angebliche Neuankündigung kann mich nur noch langweilen. Damit haben auch die Erfinder von neuen Synthesizern zu kämpfen, dass es immer mehr Musiker gibt die schon gar keine Lust mehr haben sich wieder was neues anzuschaffen. Gerade die ganzen vielen vsts gehen mir nur noch auf den Keks. Bei Hardware Synthesizern geht’s schon eher, aber auch hier ist jede Woche was neues und da hab ich auch schon ausgesorgt. Inzwischen habe ich wieder ganz viele alte Synthesizer aus den 80ties und 90zigern die mir mehr Spaß machen, weil die auch teilweise eingeschränker sind und deshalb fördern sie die Kreativität mehr als die neusten Allinoneallesmöchtegernkönnerkisten. Dann lieber ein paar Spezialisten aus verschiedenen Zeiten und Generationen und die gut kennen. Damit fühle ich mich am kreativsten und auch der ständige Drang nach was neuem erlischt. Ausprobiert habe ich schon genug, ich mach inzwischen lieber richtig Musik.
Ich habe vor gut einem Jahr damit begonnen einen ganzen Haufen Plugins vom Rechner zu löschen.
Es ist übersichtlich geworden. 😄
Ich beschäftige mich intensiver mit den verbliebenen PlugIns. Kommt am Ende des Tages vermutlich das gleiche bei raus.
Nächster Schritt den ich aktuell angehe… die Hardware… ein Synth ist schon verkauft, weitere werden folgen. 🤓
Womit ja auch immer Platz für neue Anschaffungen gegeben ist. :)
Könnte man die Frage auch auf die Verwendung von Module für z.B. VCV Rack erweitern? Ich mag eine gewisse Opulenz und entscheide mich lieber für reichhaltige Auswahl statt der gelobten Askese und Beschränkung aufs Wesentliche, die angeblich mein kreatives Potential erst richtig wachküßt. Warum auch nicht? Es wäre traurig, wenn es wie im Grafiksektor nur noch einen Platzhirschen (wie Photoshop) gäbe und danach erstmal nichts.
Leider ist mein dezeitiger Laptop nicht fit genug für VCV, bis ich mir (hoffentlich dieses Jahr) einen neuen zulege, sammle ich regelmäßig alles ein, was der VCV-Library hinzugefügt wird :D Diese von dir genannte Opulenz ist bei diesen virtuell modularen Synthesizern ja auch das geniale. In der Hardware-Welt fehlt ja meistens immer irgendwas beim Patchen.
Kann verstehen das sich so mancher durch ein üppiges Angebot
verleitet sieht mehr zum Sammler als zum Anwender zu werden.
Denn nicht jeder fokussiert die Umsetzung, aber ein jeder darf
doch träumen. Entscheidend dabei ist, das diese vielen Träumer,
es einigen wenigen ermöglichen auch davon leben zu können.
Hallo! Natürlich ist das Angebot an VST Instrumenten sehr verlockend! Aber genau das liebe ich, wie 100 Sorten Joghurt im Supermarkt. Und die Freiheit bei diesem tollen Angebot wählen zu können. Aber natürlich kann ich mir, wie viele andere, nicht jede Software leisten und vieles entspricht einfach auch nicht dem, was ich machen will. Aber dafür bin ich mündig genug, das Angebot auf seinen Nutzen für mich abzuklopfen.
Und manchmal werde ich auch einfach schwach….:)
(Anmerkung: Der Kommentar wurde von der Redaktion gekürzt)
Das Thema erinnert mich an dieses Video ( Ab 01:20 )…echte „Plug in-Romantik“
https://youtu.be/SNYg1RycL6M
<3 I love it!
Lol, gutes Timing….Ich hatte vor ein paar Tagen erst in einem Forum geschrieben, dass es mich wundert dass P.A.S. nicht so ein großes Thema ist^^
Mittlerweile sind die Rabatte ja auch krass…Dazu die Firmen bzw. Plattformen mit ihren „Flash Sales“ und neue Gutschein Codes hat man auch alle drei Tage im Email Postfach…
Ich hatte eigentlich vor ein paar Jahren erst meinen Pluginordner ausgemistet, hatte mir jedes Plugin in die DAW geladen und überlegt ob ich das wirklich brauche…Dauerte ein paar Wochen, aber danach waren nur noch Plugins übrig, die ich auch wirklich nutze.
Also ich finde es hat sich gelohnt! In der Zwischenzeit sind natürlich wieder neue dazugekommen…
Noch so’n unterschätzter Aspekt beim Löschen von ungebrauchten Plugins: „Nein, dieses Plugin kann ich nicht löschen, auch wenn ich es seit Jahren nicht mehr verwendet hab, denn wenn ich irgend ein altes Projekt mal wieder öffnen will, wo es zufällig drinnen ist, hab ich ein Problem. Also lieber lassen…“ :) Oh ja, ich kenne P.A.S. :)
Das hättest du nicht schreiben sollen! Jetzt kann ich heute Nacht nicht mehr schlafen…
Mach dir doch einen Extra-
Ordner für Plugins, die du evtl. noch für alte Projekte brauchst.
Wenn du deine Lizensen nicht verlegst kannst du doch eigentlich sowieso jedes Plugin schnell wieder installieren…
Das war etwas ironisch gemeint ;)
Ich benutze Ableton Live und mache das da über farblich gekennzeichnete Favoriten. Da sehe ich auch nur die Plug-ins, die ich gekennzeichnet habe.
Ich räume meine Pluginsammlung tatsächlich so auf^^
Wenn schon G.A.S. und P.A.S. – dann aber richtig! :P
Dieses PAS ist bei UVI aber nicht möglich oder? Da kostet ein Bundle 600 €. Also alles eine Frage des Herstellers 🤣
Jetzt kann ich endlich Mal den Spruch loslassen und sagen:
Lieber etwas haben und nicht brauchen, als etwas brauchen und nicht haben.
Eine gewisse Ironie steckt ja schon da drin.
Aber mal Hand aufs Herz auch ich habe das PAS Problem, ich habe jetzt nicht Plugins im 3 stelligen Bereich die schon fast 600 Stck sind wie bei unserem Schreiber aber ich habe glaube ich schon fast 81 Plugins an Synths und und noch ein paar unzählige Effektplugins und Mastering Plugs, die ich jetzt nicht mehr zählen werde.
Und dabei bin ich ja eher der Minimalist aber da kann man einfach nicht widerstehen. Totaly adicted
Kann den Autor des Artikels hier nur zustimmen. VSTs von 0 bis zig hunderten Euros für alles Erdenkliche. Habe erst vor Kurzem zwei Gitarren-Amps (1xFreeware und 1×9,90) „entdeckt“ und stelle nun allmählich fest, dass ich meine anderen gefühlten 50 Sim-Amps (teilweise über €100) eigentlich gar nicht mehr benötige :). Wie der Autor kommen Abos für mich aber nicht in Frage. Oh, gerade eine E-Mail mit einem Voucher-Code erhalten…
In Cubase kann man sich die VSTs mit eigenen Profilen ordnen und Listen anlegen. Dabei kann man ungebrauchte Plugins verschwinden lassen ohne sie zu deinstallieren! Sicher ist, was ich bezahlt habe wird auch benutzt. Freeware dagegen bleibt oft ungenutzt und weil mein Fass auch immer einen Boden hat sind die bezahlen Plugins nicht zu viele. Vernunft vor Kaufdrang, wie soll da gehen? Leider garnicht. Deshalb hilft hier nur, Augen zu und Finger weg von der Werbung. Emails automatisch on Spam wandern lassen und Magazine meiden. Lieber Musik machen als ständig nur mit neuem Kram beschaffen beschäftigt sein.
Zugegeben … ich leide auch an P.A.S. … habe aber vor ca. 2-3 Jahren eine gute Therapie gefunden. Liest sich ein neues PlugIn auch in Tests interessant, zieh ich mir das Demo davon und vergleiche es dann qualitativ mit den Ohren direkt mit den vergleichbaren Pluggies, die schon länger im VST Ordner liegen. Und schwupps: an die 97% weniger Neukäufe! (Bloß das mit dem VST-Ordner mal ausmisten, das hab ich immer noch nicht geschafft …)
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