Angecheckt: Mutable Instruments Beads Texture Synthesizer
Aus heiterem Himmel wurde vor wenigen Wochen der Nachfolger des längst zum Kult avancierten Clouds vorgestellt. Mutable Instruments Beads nimmt die Konzepte des Eurorack-Moduls auf und verfeinert diese an einigen Stellen. Viele haben auf eine Neuauflage gewartet, die verfügbaren Module waren schnell ausverkauft. Wer jetzt bestellt, muss ein paar Wochen auf die Lieferung warten. Lohnt sich das? Ich sage „auf jeden Fall“ und erkläre in diesem Angecheckt die Gründe.
Angecheckt: Mutable Instruments Beads
In diesem Artikel geht es in erster Linie darum, einen ersten Eindruck von Beads zu vermitteln. Das Eurorack-Modul ist nämlich äußerst „deep“ und um alle Funktionen im Detail zu beleuchten, müsste ich einen halben Roman verfassen.
An dieser Einleitung seht ihr schon, dass ihr es hier mit einem recht komplexen Ding zu tun habt, dass aus meiner Sicht auch einige Einarbeitung erfordert. Ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich mich wochenlang mit dem Modul beschäftigen muss, um alle Möglichkeiten zu erforschen. Langweilig wird es mit Beads definitiv nicht – das kann ich euch versprechen.
Was genau soll Beads eigentlich sein? Reverb, Granular-Prozessor, Delay, Chorus, Flanger, Beat-Slicer, Glitch-Effekt, Synthesizer? Nun, im Grunde alles gleichermaßen. Émilie Gillet, Gründerin und Entwicklerin von Mutable Instruments, nennt das Modul schlicht Texture Synthesizer.
Die Neuerfindung des berühmten Clouds basiert weiterhin auf der Idee eines Granular-Prozessors, der in Mono oder Stereo eingehendes Audiomaterial durch die Mangel nimmt und mit einem Reverb als „Topping“ kombiniert. Das wäre die einfachste und kürzeste Beschreibung.
Beads vs. Clouds
Ihr habt es hiermit aber nicht einfach nur mit einem verbesserten Clouds zu tun. Auch wenn das oben genannte Konzept durchaus die Basis bleibt und das Reverb auf dem gleichen Algorithmus basiert, wurde letztendlich alles von Grund auf neu entwickelt und mit vielen Features erweitert. Beads kann mehr und bietet außerdem einen neuen Klangcharakter, basierend auf den vier Quality-Modi (dazu gleich mehr).
Ich besitze als „Zuspätgekommener“ Clouds nicht im Original, sondern lediglich als Klon mit der erweiterten Parasite-Firmware. Trotzdem war für mich direkt klar, dass ich Beads in meinem Eurorack haben will. Die Kaufentscheidung fiel mir also nicht schwer.
Was mir direkt gut gefällt, ist die etwas kompaktere Größe. Beads beschränkt sich auf 14 TE und beschert im Vergleich zum Original (mit 18 TE) immerhin den Platz für ein weiteres kleines Modul. Bis auf die vier kleinen „Attenurandomizers“ sind die fünf „wichtigen“ Drehregler groß genug und weit genug auseinander, um vernünftig damit zu arbeiten. Und das ist hier durchaus wichtig, denn Beads mag es, wenn ihr daran herumschraubt. Doppelbelegungen von Buttons gibt es nicht, das ist ebenfalls sehr praxisorientiert!
Komplexe Features
Zwei Eingänge stehen für Audiosignale bereit, die entweder in Stereo oder in Mono sein können. Wenn kein Kabel in den Inputs steckt, spielt Beads nach kurzer Zeit Wavetables, die aus dem Plaits stammen. Der interne Prozessor nimmt Audio auf, Aufnahmezeit und der Klangcharakter hängen von der Wahl des Quality Mode ab. Vier Stufen gibt es da, die Qualität geht von 48 kHz und 16 Bit bis zu den Sound einer Kassetten-Emulation.
Die Granular-Synthese ist in drei Modi möglich. Latched (kontinuierlich), Gated (über Drücken des Seed-Buttons oder ein Gate-Signal gesteuert) sowie Clocked (gesteuert über ein Gate- oder Clock-Signal mit Einstellungen für Division und Zufall). Vier Parameter kontrollieren das Verhalten der Grains – alle sind über CV steuerbar und können über die bereits gerade genannten Attenurandomizers auch mit Zufallsfunktionen versehen werden. Time reguliert die Position im Audio-Buffer, Size bestimmt die Größe des Grains und ob dieses vor- oder rückwärts gespielt wird. Shape bietet vier Formen für die Hüllkurve und wechselt ebenso fließend dazwischen. Pitch verändert die Tonhöhe und ist wie bereits gesagt auch über CV steuerbar.
Der zusätzliche Density-Regler kontrolliert die Rate, mit der Beads die Grains abspielt. Beginnend bei der 12-Uhr-Stellung wird diese im Uhrzeigersinn immer mehr zufällig moduliert, beim Drehen nach Links hingegen in konstanten Abständen. Ist ein Clock- oder Gate-Signal auf den Seed-Eingang gelegt, funktioniert Density gegen den Uhrzeigersinn wie ein Divider und in die andere Richtung wie ein Probability-Regler.
Wenn der Regler für Size komplett auf Rechtsanschlag steht, verwandelt sich Beads in ein Delay oder Beatslicer – abhängig davon, wie ihr Seed und Density einstellt. Das Tempo lässt sich dafür ebenfalls über CV steuern aber genauso über den Seed-Button „eintappen“.
Der Feedback-Parameter bestimmt, wie viel von dem ausgehenden Signal wieder zurück in den Audioprozessor geht. Den Abschluss bildet letztendlich das herrlich wolkig klingende Reverb — das darf einfach nicht fehlen! Für den Granulizer sowie den Reverb-Effekt gibt es einen Dry-Wet-Regler, dessen Anteile ihr genau wie das Feedback über CV steuern könnt.
Spaß ohne Ende
So furztrocken und ermüdend sich die Funktionen lesen, in der Praxis macht das Modul extrem viel Spaß. Am besten versteht ihr Beads sowieso beim Spielen damit. Und selbst wenn ihr nicht durchblickt, kommen immer wieder überraschende Ergebnisse heraus. Wie die einzelnen Parameter im Zusammenspiel funktionieren, erschließt sich nicht unbedingt sofort aus der Lektüre der sehr knappen Anleitung. Learning by Doing ist hier vielmehr angesagt.
Je nach Patch und eingestellten Parametern lässt sich das Modul für eine Vielzahl von Anwendungen gebrauchen, das Video von DivKid weiter unten zeigt euch einige sehr spannende Beispiele. Und da seht ihr, dass sogar Sachen wie Karplus-Strong-Synthese denkbar sind.
Da Beads ja ziemlich neu ist, habe ich das Modul noch nicht lange in meinem Eurorack verschraubt. Ich weiß aber jetzt schon, dass ich mich damit lange beschäftigen werde. Gibt es Kritikpunkte? Da fällt mir im Augenblick nichts ein – außer vielleicht das fest verschaltete Routing von Granular-Sektion und Reverb. Aber hey, das ist wirklich meckern auf hohem Niveau und es lässt sich darüber streiten, ob das überhaupt einen großen Sinn ergeben würde. Die kleinen Attenuverter werden bestimmt auch nicht allen gefallen, da ist nämlich Fingerspitzengefühl gefragt.
Fazit
Beads bietet umfangreiche Optionen für Sounddesign und Experimente. Ihr könnt hiermit komplexe, einschmeichelnde Klanggebilde erzeugen und genauso schräge Geräusche und verglitchte Sounds. Eine kleine Drehbewegung entscheidet oft, wie brauchbar das Ergebnis klingt. Vom leichtem Effekt bis zur völligen Audiozerstörung ist alles möglich. Interessant klingt es irgendwie immer.
Ich kann hier wirklich nur die uneingeschränkte Empfehlung geben. Da die Anfrage groß ist, solltet ihr mit der Bestellung nicht warten – ein bisschen Geduld müsst ihr aber trotzdem mitbringen. Aber das Warten lohnt sich!
Verfügbarkeit und Preis
Mutable Instruments Beads kostet 289 Euro. Wenn ihr jetzt bei Thomann bestellt*, müsst ihr bis zu neun Wochen für die Lieferung einkalkulieren.
Weitere Infos
Weitere interessante Produkte unserer „Angecheckt“-Reihe findet ihr hier. Ihr habt Vorschläge? Dann her damit!
Video
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