von peter | Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten | Unsere Wertung: 4,5 / 5,0
Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät  ·  Quelle: gearnews

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Vor einiger Zeit wurde ich im Rahmen eines Indiegogo-Launches auf ein Effektgerät namens Reminder von Enjoy Electronics aus Italien aufmerksam. Die elegante, in Holz gefasste Kombination aus Filter, Delay, Reverb und LFO wendet sich an Produzenten, Musiker, DJs und Live-Performer und kommt im attraktiven Landscape Desktop-Format ins Studio. Jetzt lässt sich das Gerät bestellen. Wir haben uns die Effektkiste einmal näher angeschaut und wollen sie euch in diesem Angecheckt vorstellen.

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Erster Eindruck

Der elektronische Klangverbieger von Enjoy Electronics wird in einem unscheinbaren braunen Karton nebst Umverpackung angeliefert. Understatement von außen, weich gepolstert von innen, darin eine schicke Effekteinheit mit schwarz-grauem Industriedesign-Finish in einem schicken Holzkorpus, was schon beim bloßen Anblick Appetit auf mehr macht.

Die Reminder-Box misst 46 x 16 cm und wiegt 3 kg. Am wohlsten fühlt sich der Multieffekt auf dem Desktop. Ich hatte ihn im Test zunächst auf einen Crane Stand hinterm DJ-Mixer aufgebaut, das war schon etwas wackelig. Auf einem Hercules Stand (DG400BB) hat es dann gepasst. Je nach Möglichkeiten räumt man also mitunter lieber woanders Platz frei, wenn man die Unit an den Send/Return eines DJ-Mischpults andocken möchte oder besorgt sich einen geeigneten Laptopständer mit ausreichender Breite. Ein weiterer Tipp: Bei einem großen Schwedischen Möbelhersteller gibt es für kaum 10 Euro einige aus Plastik gefertigte „Laptop-Ablagen“, auf denen man in zweiter Reihe gut an seine Geräte kommt.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

Keine Frage: Auf den ersten Blick gefällt mir die Kiste mit ihren fetten Knobs, dem übersichtlichen Aufbau und den zahlreichen Stellschrauben zum Experimentieren echt gut. Das holzgefasste Metallgehäuse wirkt wertig, die orangene Beleuchtung passt stimmig ins Konzept und lässt das Ganze sehr edel anmuten. Die Drehgeber lassen sich gut bedienen, das Display ist klein, aber crisp und informativ.

Display

Auf dem 20 x 30 mm großen Display werden sämtliche relevanten Funktionen dargestellt, je nachdem, welcher Regler gerade getweakt wird. Wird kein Regler bedient, zeigen die unteren Dreiecke im Bildschirm stets den Input-Pegel an, die mittlere Raute das Delay und die obere Zeile das Double-Pulse-Delay, alles im Takt und Tempo mitschwingend. Filterfahrten werden als Kurve mit den jeweiligen Resonanz-Peaks angezeigt. Delay-Zeiten als Raster, Arbeitsmodi als Text,  das Reverb als Kegel usw. Auf einem Raster erscheint auch die DPD-Position und die Stärke wird über die Punktgröße visualisiert, für LFO werden Schwingungsformen und Timings angezeigt. Das Output-Routing wird im Blockformat dargestellt, der Mixer anhand virtueller Pegelstände. Das hat man schnell verinnerlicht und man kommt prima damit zurecht. Weitere Infos umfassen die Preferences, Zugriff auf Quellen und Outputs, FX-Routing, MIDI, funktionale Settings und weitere Parameter. 10 persönliche Effekt-Presets lassen sich im Gerät abspeichern und wieder aufrufen.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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Enjoy Electronics Reminder Anschlüsse

An der Rückseite verfügt der Multieffekt über zwei Klinkeneingänge (L/R), sowie vier unsymmetrische Klinkenbuchsen als Ausgänge. Damit lassen sich zwei identisch oder unterschiedlich effektierte Signalpfade ausgeben oder auch ein quadrophonisches Setup einrichten, um vier Boxen anzusteuern.

Weiter westlich notiere ich ein MIDI-Trio (In/Out/Through), zwei Fußcontroller-Anschlüsse für Trigger, Tap-Tempo und Bypass und eine USB-Buchse Typ-B sind ebenfalls an Bord. Letztgenannte verbindet das integrierte USB-Audiointerface mit dem Rechner für die USB-MIDI-Clock und um ein USB-Audiosignal in den Multieffekt zu schicken. Wer nach einem Netzteilanschluss sucht: Gepowert wir der Reminder ausschließlich über die USB-Buchse. Computer, USB-Netzteil, Powerbank (was der Hersteller bei einer potenziellen Brummschleife empfiehlt)– wie es euch beliebt.

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Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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Aufbau Enjoy Electronics Reminder

Enjoy Electronics Reminder ist in sechs unterschiedliche Bereiche aufgeteilt

  • Filter
  • Power Delay
  • Mixer
  • Reverb
  • LFO
  • Commander

Filter

Zunächst gelangt das Eingangssignal in die Filter-Bank mit dem doppeltem 12 dB/Oktave (Chamberlin) LP/HP-Filter, das sich über eine Pre/Post-Taste vor oder hinter die Effektkette schalten lässt und mit einer vergleichsweise etwas zahmen Resonanzregelung aufwartet. Es gibt noch einen zweiten Kombi-Filter-Regler in diesem Bereich, dieses ist allerdings für das Double-Pulse-Delay reserviert, darauf komme ich noch zu sprechen, nur so viel vorweg: Die Resonanzeinstellung trifft immer für beide Filter simultan zu, mitunter hätte man hier via Push-Funktion separieren können, wie es an anderen Stellen der Fall ist.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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Power Delay und Double Pulse Delay

Vom Filter aus geht es dann in das Power-Delay. Besonders schön hier: Die Delay-Sektion bietet unterschiedliche Timings für den rechten und linken Kanal an (1/2 – 1/16, Triplets, Dotted), außerdem einen Offset des rechten Kanals relativ zum linken von 1/8 – 7/8 so gewünscht und einen Feedback-Regler. Damit lassen sich bereits mit einer simplen Kick und HiHat spannende Grooves erzeugen, die obendrein durch ein Double-Pulse-Delay erweitert werden können und zwar auf beiden Kanälen, was die Delays auf insgesamt sechs erhöht.

Das Double-Pulse-Delay kann dabei rechts und links frei auf einem Raster auf acht Positionen gemäß Bildschirm verschoben werden, das Handling gefällt und so entstehen schnell komplexere individuell formbare Rhythmen, begünstigt auch durch die Filtermöglichkeiten, durch die sich beispielsweise eine Bassdrum und eine HiHat eines durch das Double-Pulse-Delay geschickten Signals mittels Kombifilter separat isolieren lassen.

Die Steuerung lässt sich hier auf Wunsch „invertieren“, sodass die DPDs via Fat-Knobs und die Power-Delay-Timings via Raster festgelegt werden können. Ich bin allerdings mehr beim Original-Setup.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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Mixer

Weiter unten trifft man auf einen kleinen Mixer-Bereich mit drei Reglern. Hier können DRY-, WET- und DPD-Signal summiert werden. Recht so.

Reverb Sektion Enjoy Electronics Reminder

Nächster im Bunde ist die Reverb-Sektion mit Amount- und Size-Regelung, daneben steht ein Hochpassfilter bereit, ebenfalls schön aufbereitet am Display. Insgesamt stellt euch der Reminder vier Reverb-Presets zur Verfügung, einmal das „normale“ Reverb und dazu könnt ihr noch drei Custom-Reverbs definieren und speichern, die sich anhand folgender Parameter tunen lassen: HP, LP, PDT (Pre-Delay-Time), PD (Pre-Delay-Size), Max-Size, Absorb, Diffusion und Kompression. Eingestellt werden die Parameter dann über den LFO-Rate-Knopf, hier muss dann mitunter schon ein wenig gekurbelt werden, aber es lohnt sich.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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LFO-Power

Die LFO-Sektion bietet vier unterschiedliche Schwingungsformen. Der LFO kann entweder zum Tempo (MIDI, USB, Tapped) synchronisiert oder unsynchronisiert per Hz-Zahl operieren. An Regelmöglichkeiten gibt es eine Intensitätsteuerung und die Anpassung des LFO-Timings. Was genau der LFO modulieren soll, könnt ihr (mit Ausnahme des Delay-Timings der Hauptsektion) über den Target-Regler festlegen. Möglich sind:

  • Filter Freq
  • Filter DPD
  • Double Pulse
  • Reverb Dry Wet
  • Reverb Filtere
  • REV Dry + Rev Filter
  • DPD + Reverb
  • Filter + Reverb
  • DPD Lev + DPD Filter
Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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Kommen wir nun zu den …

Working Modes

Um den Audiopuffer des Effektgerätes zu füllen, zu overdubben, partiell oder gänzlich neu zu beschreiben oder stummzuschalten, sind acht unterschiedliche Arbeitsmodi vorhanden, davon vier automatische und vier manuelle Varianten. Die automatschen Modi im Einzelnen sind: normal, auto change, talkover und add (fraction, einstellbar), die manuellen Modi sind add, manual change, talkover und manual add (fraction).

Der Normal-Mode ist die Standardfunktionsweise des Delays. Drückt hier jedoch auf die Trigger-Taste, unterbricht man das Beschreiben des Puffers bis nur noch das unbearbeitete Signal durchgereicht wird – ein temporärer smooth-fadender FX-Mute sozusagen. Im Manual-Mode funktioniert dies genau umgekehrt.

Change hingegen beschreibt den Puffer neu, je nach Dauer des Gedrückthaltens der Trigger-Taste partiell oder komplett. Der automatische Mode arbeitet hier anhand eines in den Preferences vom User voreingestellten Schwellwerts. Der Talkover-Modus unterdrückt die Delay-Line, solange die Taste gedrückt ist (manual) oder der Threshold (auto) überschritten wird.

Last but not least gibt’s fractional add. Hier addiert man nur einen Snapshot voreingestellter Länge (1/2 bis 1/32) zur Delay-Line. Mit den unterschiedlichen Modi lassen sich problemlos gelayerte Beats, Drones und verschwurbelte Sounds erstellen, der Puffer einfrieren und drüber spielen oder was einem sonst in den Sinn kommen mag. Auf ein Reverse oder Pitching muss man jedoch verzichten.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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MIDI, USB, Audiointerface

Neben dem MIDI-Trio (In/Out/Through –  clock receive: ja – send: nein) offeriert Reminder via Settings auch USB-MIDI und fungiert obendrein als USB-Audiointerface, beispielsweise wenn ihr das Signal einer DAW oder eines Plugins direkt in die Desktop-Box schicken wollt. Recording ist vorerst nicht geplant. Das Interface stellt sich am Mac als „Reminder Audio MIDI 1“ mit 2 Inputs und „Reminder Audio MIDI 2“ mit 2 Outputs vor und arbeitet mit 16 Bit und 44,1 kHz.

Quadrophonisches Setup

Wie eingangs erwähnt, lassen sich mit dem Reminder auch quadrophonische Setups einrichten, wobei die Effekte auf die unterschiedlichen Outputs geroutet werden können. Hier könnt ihr jeweils separat das Wet-Signal, das DPD und das Reverb den Ausgängen ½ und ¾ zuweisen (Output 1-2: Wet, Rev, DPD / Output 3-4: Rev, DPD), bzw. vorne R/L und hinten R/L.

Der Hersteller hatte mir zudem eine experimentelle Firmware zur Verfügung gestellt. Dabei wandern ein weißer Ball und ein schwarzer Ball auf einem Kreisbogen, der den Raum darstellt und können in Richtung, Tempo und in der Entfernungsachse zur Begrenzung manipuliert werden, um beispielsweise Intensität, Tempo und Position zu verändern. Ich fand den Versuchsaufbau mit vier Monitoren und das Handling höchst interessant und wollte es nicht unerwähnt lassen, wobei allerdings noch nicht klar war, inwieweit das „Spinning Circle“-Feature tatsächlich in ein offizielles Built Einzug halten wird.

Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät

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Resümee

Enjoy Electronics Reminder ist ein tolles Performance-Effektgerät für komplexere Delay-Lines, Sounds und Rhythmen, das einfach geschraubt werden will. Und das macht aufgrund der möglichen Klangformung mittels zusätzlichen Filtern, Reverb und LFO, des logischen Layouts und der schnell verinnerlichten Bedienung einfach Laune. Man kann es im DJ-Setup verwenden, denn es bietet weitreichendere Möglichkeiten als manches Mischpult und kann eure Tracks heftig durch die Mangel drehen. Primär würde ich es allerdings im Stage- oder Studiokontext, der Live-Performance mit Synth, Trommelmaschine oder Groovebox sehen, doch hier hat jeder sicherlich seine eigene Ideologie.

Was die Bedienung angeht, gibt es für jede wichtige Funktion quasi einen eigenen griffigen Knopf, deren Parameter das Display direkt aufbereitet. Das gefällt und lässt sich gut bedienen. Meiner Meinung nach ist Enjoy Electronics mit der Kombination aus Hoch- und Tiefpassfiltern, Delays, Reverb und LFO bzw. ihrem Erstlingswerk ein großer Wurf gelungen, besonders auch was die quadrophonischen Möglichkeiten angeht. Und ein optischer Hingucker ist das Teil allemal. Wer als Producer, Musiker, DJ oder Live-Performer noch auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Hardware-Effekt ist und den Preis von aktuell 649 Euro nicht scheut, sollte Reminder einfach mal antesten.

Weitere interessante Produkte unserer „Angecheckt“-Reihe findet ihr hier. Ihr habt Vorschläge? Dann her damit!

Weitere Infos

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Eine Antwort zu “Angecheckt: Enjoy Electronics Reminder Effektgerät”

    dflt sagt:
    0

    sieht interessant und spannend aus… aber warum wieder als desktop-gerät? als 19“ rack wäre das sicher eine überlegung wert gewesen, aber so…

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