von Jan Rotring | Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten
Gitarrenlautsprecher - Unbesungene Helden

Gitarrenlautsprecher - Unbesungene Helden  ·  Quelle: Small World Images / Alamy Stock Foto

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Wir geben Tausende Euro aus für Röhrenverstärker, Gitarren, Pickups und Effektgeräte. Kabel dürfen auch gerne mal 100,- Euro und mehr kosten. Doch was ist eigentlich mit dem Teil der Signalkette, der tatsächlich den Sound generiert? Gitarrenlautsprecher sind die unbesungenen Helden in unserem Equipment und verdienen mehr Aufmerksamkeit. Gesagt, getan. Hier sind meine Gedanken zum Thema Speaker und deren Einfluss auf einen guten Gitarren-Sound.

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Das beste Equipment der Welt bringt rein gar nichts, wenn am Ende einer Signalkette nicht mindestens irgendeine Art von Lautsprecher angeschlossen ist. Ob das nun klassisch der Gitarrenlautsprecher in Combo oder Box ist, ein FRFR-System, HiFi-Lautsprecher oder Studiomonitor — ohne die Schallgeber können wir nur noch zur Akustik greifen.

Auffällig ist dabei, dass Gitarrenlautsprecher offenbar deutlich weniger „sexy“ sind, als allerhand handgelötete und zusammengesammelte Effekte oder Amps aus Großvaters Zeiten. Schaut man in den einschlägigen deutsch- und englischsprachigen Foren (zu mehr ist meine Sprachbegabung nicht fähig), wird man eine deutliche Unterrepräsentation von Gitarrenlautsprechern erkennen. Das mag zum einen an der Tatsache liegen, dass die technischen Zusammenhänge etwas (!) komplexer sind. 

Meine Interpretation ist allerdings deutlich oberflächlicher: Würde man die Speaker in ihren schicken Gehäusen auf der Bühne offen sehen, währen sie der Star der Show. Ich denke da an handgemalte Grafiken, edel farbig eloxierte Schrauben und so weiter … Kurz: Wären Gitarrenlautsprecher sichtbarer, würde mehr über sie gesprochen. Ändern wir!

Technische Grundlagen: Warum Lautsprecher den Klang prägen

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Um zu verstehen, warum Lautsprecher einen so großen Einfluss auf den Gitarrensound haben, lohnt es sich, einen detaillierten Blick auf die technischen Grundlagen zu werfen. Wie immer ohne Physikstudium. 

Lautsprecher sind elektroakustische Wandler, die elektrische Signale in Schallwellen umwandeln (schöner kann die deutsche Sprache kaum sein). Diese Umwandlung erfolgt durch die Bewegung einer Membran, die wiederum durch eine Schwingspule in einem Magnetfeld angetrieben wird. Dabei spielen mehrere technische Faktoren in den Sound der Gitarrenlautsprecher — und die schauen wir uns, innen wie außen, im folgenden Teil einmal aus der (theoretischen) Nähe an.

Innere Werte: Membran, Magnete und Co.

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Gitarrenlautsprecher - Innere Werte
Gitarrenlautsprecher – innere Werte · Quelle: Tim Cordell / Stockimo / Alamy Stock Foto

Membranmaterialien: Die Wahl des Membranmaterials beeinflusst die Klangfarbe und die Frequenzbreite eines Gitarrenlautsprechers erheblich. Während im HiFi-Bereich oder bei Basslautsprechern gern auch Kevlar oder Glasfaser eingesetzt werden, ist die Papiermembran noch immer die Nummer 1 bei Gitarrenlautsprechern. Der natürliche Werkstoff bietet eine gewisse natürliche Dämpfung und erzeugt einen warmen, resonanten Ton mit reichhaltigen Mitten. Und da fühlen sich Gitarren nunmal von Haus aus wohl. 

Magnettypen: Die Art des verwendeten Magneten hat einen Einfluss auf die Dynamik und den grundlegenden Charakter des Lautsprechers. Alnico-Magnete („Alnico“ steht für die Materialverbindung Aluminium-Nickel-Cobalt) sind für ihren weichen und komprimierten Ton bekannt und werden gern mit Vintage-Verstärkern assoziiert — siehe Celestion Alnico Blue. Alternativ werden Keramikmagnete für Gitarrenlautsprecher eingesetzt — sie sind im Grundsatz kostengünstiger und bieten einen direkteren Sound mit höherem Ausgangspegel. Besonders interessant natürlich für alle, die bei hohen Lautstärken und stark verzerrten Sounds ihr Zuhause finden. Ein klassisches Beispiel wäre hier der Celestion G12M-65 Creamback.

Schwingspule und Korbaufsatz: Achtung, wir betreten das Reich der Kleinteilerei: Die Schwingspule, die die Aufgabe hat, elektrische Signale in mechanische Bewegungen zu verwandeln, kann in ihrer Wicklungsdichte und Materialzusammensetzung variieren, was (theoretisch) die Effizienz und die thermische Belastbarkeit des Lautsprechers beeinflusst. Der Korbaufsatz wiederum, der die Membran und die Schwingspule selbst hält, kann offen oder geschlossen ausgeführt sein. Besonders feinfühlige Ohren (ich habe sie, ganz ehrlich, nicht), hören bei offenem Design einen räumlicheren Klang, während ein geschlossenes Gehäuse den Bassbereich verstärkt. 

Frequenzgang und Resonanzfrequenz: Jeder Lautsprecher hat einen spezifischen Frequenzgang, der beschreibt, wie gut er verschiedene Frequenzen (sprich: Höhen, Mitten und Bässe) wiedergibt. Gitarrenlautsprecher sind qua Einsatzbereich oft so abgestimmt, dass sie die Mitten betonen und die extremen Höhen und Tiefen abschwächen. Die Resonanzfrequenz des Lautsprechers bezeichnet die Frequenz, bei der die Membran am meisten schwingt. 

Äußere Werte: Von offenen und geschlossenen Gehäusen

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Das Design des Lautsprechergehäuses spielt eine entscheidende (auch für mich hörbare) Rolle bei der Klangformung: Offene Gehäuse (Open-Back) strahlen den Schall sowohl nach vorne als auch nach hinten ab. Ein räumlicher, weniger basslastiger Sound ist die Folge. 

Geschlossene Gehäuse (Closed-Back) hingegen verhindern die Schallabstrahlung nach hinten und erzeugen einen dichteren, fokussierteren Klang mit stärkerem Bass. Und sie lassen sich problemlos an die Wand im Proberaum stellen, ohne dass es sofort zu flatternden Bässen kommt. 

Eine Besonderheit sind die sogenannten Ported Cabinets, die über Öffnungen oder Ports im Gehäuse verfügen. Sie kombinieren die Eigenschaften von offenen und geschlossenen Gehäusen und bieten eine erweiterte Basswiedergabe und mehr Lautstärke. 

Ob innere oder äußere Werte: Die technischen Feinheiten von Gitarrenlautsprechern machen deutlich, warum die Wahl des Lautsprechers nicht nur eine Frage der Kompatibilität mit dem Verstärker ist, sondern maßgeblich den gesamten Sound des Setups beeinflusst. 

Die Interaktion zwischen Verstärker und Lautsprecher

Die Wechselwirkungen zwischen Verstärker und Lautsprecher prägen den Sound maßgeblich — egal ob bei Gitarren-Amps oder im HiFi-Bereich. Röhrenverstärker, bekannt für warmen und dynamischen Sound, harmonieren besonders gut mit Lautsprechern, die weiche Membranen und Alnico-Magnete verwenden: Obertöne und natürliche Kompression werden hervorgehoben. Transistorverstärker, die eher als klar und präzise gelten, profitieren auf dem Papier von Lautsprechern mit härteren Membranen und Keramikmagneten. 

Wie immer ist das allerdings nur ein Anhalt und keinesfalls in allen Bereichen richtig. Ich persönlich habe eine ganze Zeit lang eine Laney Vollröhre mit den oben bereits genannten Celestion G12M-65 Creambacks betrieben — ich fands cool. Zugegeben wird mir mitunter auch gefährliches Halbwissen vorgeworfen …

Klangcharakteristiken und Anwendung

Vintage Gitarrenlautsprecher müssen einiges einstecken
Vintage Gitarrenlautsprecher müssen einiges einstecken · Quelle: Adam Gasson / Alamy Stock Foto

Lautsprecher können den Klangcharakter einer Gitarre erheblich beeinflussen. Vintage-Lautsprecher wie der Celestion Greenback sind bekannt für ihren warmen, mittigen Klang, ideal für klassische Rock- und Blues-Töne. Klarere Lautsprecher wie der Celestion V30 bieten eine hellere, präzisere Wiedergabe, die sich (zumindest in den meisten Settings) gut für Metal und andere aggressive Musikstile eignet.

Daher gilt: Bestimmte Lautsprecher sind besser für bestimmte Musikstile geeignet. Für Blues, Rock und Co. sind Gitarrenlautsprecher mit betonten Mitten und weicherem Charakter ideal, während für Metal oder auch Jazz Lautsprecher mit klarer, detailreicher Wiedergabe bevorzugt werden — und eben einem ansprechenden Lautstärkeverhalten.

Auswahl und (mini) Kaufberatung

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Ihr seht schon: Die Wahl des richtigen Gitarrenlautsprechers ist entscheidend (kann entscheidend sein), um den gewünschten Sound zu erreichen. Um einem späteren, ausführlichen Kaufberater nicht vorzugreifen, sind hier die wichtigsten Faktoren noch einmal zusammengefasst, die bei der Auswahl für dein Setup zu berücksichtigen wären:

Membranmaterial:
Papier, Kevlar und Glasfaser haben unterschiedliche Klangeigenschaften. Papier bietet warme und resonante Töne, Kevlar und Glasfaser hingegen liefern eine präzisere und hellere Wiedergabe und werden in der Regel vor allen bei HiFi- und FRFR-Systemen eingesetzt. Der Klassiker und die Empfehlung für Gitarrenlautsprecher ist daher Papier — Experimente sind erwünscht! 

Magnettyp:
Alnico-Magnete liefern einen weicheren, komprimierten Ton, ideal für Vintage-Sounds, während Keramikmagnete einen härteren, direkteren Sound mit höherem Ausgangspegel bieten, der besonders für moderne Musikstile geeignet ist. 

Empfindlichkeit:
Lautsprecher mit hoher Empfindlichkeit (gemessen in dB/W/m) können bei geringerer Verstärkerleistung höhere Lautstärken erreichen, was besonders in Live-Situationen vorteilhaft sein kann. Bei Recording oder Direktabnahme wiederum können geringere Empfindlichkeiten helfen. 

Gehäusedesign:
Offene Gehäuse (Open-Back) bieten einen luftigen, räumlichen Klang, während geschlossene Gehäuse (Closed-Back) einen dichteren, fokussierteren Klang mit stärkerem Bass erzeugen. Ported Cabinets kombinieren Eigenschaften beider und bieten erweiterte Basswiedergabe und Lautstärke.

Preis-Leistungs-Verhältnis:
Nicht jeder hochwertige Lautsprecher muss teuer sein. Viele Hersteller bieten Modelle an, die hervorragende Klangqualität zu vernünftigen Preisen liefern. Gründliche Recherche und Tests zeigen auch bei Marken wie CelestionEminence und Jensen eine breite Auswahl an Modellen für verschiedene Budgets und Klangvorlieben.

Fazit

Die Bedeutung von Gitarrenlautsprechern im Setup wird oft unterschätzt, obwohl sie einen erheblichen Einfluss auf den Gesamtsound haben. Während Effektgeräte und Verstärker häufig im Fokus unseres kollektiven GAS stehen, zeigt sich, dass die Wahl des richtigen Lautsprechers den Klangcharakter entscheidend prägen kann. Verschiedene technische Aspekte wie Membranmaterial, Magnettyp, Empfindlichkeit und Gehäusedesign spielen eine wesentliche Rolle bei der Klangformung und der Auswahl eines passenden Speaker.

Mehr Infos zum Thema Gitarrenlautsprecher

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